Kolumne des Herausgebers Dr. Rafael Korenzecher

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

der Sommer 2020 schreitet voran und vor Ihnen liegt bereits die August-Ausgabe unserer JÜDISCHEN RUNDSCHAU. Sieht man von den ersten anderthalb bis zwei Monaten dieses Jahres ab, dann ist an unserem Leben nichts mehr so wie wir es bisher kannten und mochten. Corona hat uns und den Rest der Welt – allen fragilen und widerruflichen Lockerungen zum Trotz – fest im Griff, und hat so ziemlich alles an uns und um uns verändert, was uns lieb und teuer war. Nahezu alles was wir bisher in unserem Arbeits-Alltag, in unserer freien Zeit und in unserem privaten Tun für selbstverständlich, konstant und unkaputtbar gehalten haben, hat sich in den wenigen Monaten seitdem das Virus – warum und wie auch immer – urplötzlich die Welt angehalten hat, als brüchig, verwundbar und unsicher erwiesen.

Sicher dürfte nur eins sein: So schrecklich unberechenbar und bedrohlich es auch für die Gesundheit und das Leben eines kleineren, wenn auch nicht wirklich vorausbestimmbaren Teils der jeweils Infizierten sein mag, so hat CoVid-19 nicht das Zeug – wie etwa die Pest oder die Cholera vergangener Zeiten – ganze Landstriche zu entvölkern oder gar die Menschheit auszurotten. Solange es aber nicht wirklich wirksam bekämpft werden kann, hat es das Potential, wegen der vermutlich wohl sogar weitgehend erforderlichen Schutzmaßnahmen, massivsten Eingriffen und Einschränkungen nahezu aller unserer in der modernen globalen Welt kompliziert miteinander verwobenen und interdependenten Lebensbereiche, sich zu einer echten Bedrohung unserer wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Existenz mit all ihren schrecklichen Folgen wie etwa inneren Unruhen, Umstürzen und Systemchange auszuwachsen.

Dies gilt besonders für unsere hiesige überaus verwundbare, und bereits vor Corona sichtbar und spürbar verwundete, noch bis in die erste Dekade dieses Jahrtausends wundervoll gedeihende, beispielgebend freiheitliche Nachkriegsdemokratie der Bundesrepublik Deutschland und das von der EU besonders jetzt auch unter deutscher Doppelleitung schmerzlich und suizidal fehlgeführte West-Europa.

(Um jedem Missverständnis zuvorzukommen: Hier schreibt kein Corona-Leugner. Ja, man muss sich sehr wohl Sorgen machen um die Heimtücke und die Gefährlichkeit der Corona-Erkrankung. Niemand kann vorhersagen, ob und wie schwer er im Infektionsfall daran erkranken wird. Und wenn man sogar selbst bereit ist, das Risiko einer Infektion auf sich zu nehmen, so sind Leichtfertigkeit, Geringschätzung und Fahrlässigkeit – um es hart zu sagen – ein Zeichen von Rücksichtslosigkeit, sozialer Unreife und ethischer Verwahrlosung. Vorsorge und Rücksicht auf die anderen, gegebenenfalls mehr gefährdete Mitmenschen sind ein unverzichtbares solidarisches Gebot. Man kann das Virus nicht dadurch bekämpfen, dass man es leugnet.)

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