Dudas Wahlsieg und die häufig deutsch kontrollierten Leitmedien Polens

Dass der Mehrzahl der linksdurchseelten deutschen Medien die Wiederwahl des konservativen Andrzej Duda nicht gefällt, ist kein Geheimnis. Dass aber der alte und neue Präsident Polens auch mit polnischen Medien konfrontiert ist, die sich im Besitz deutscher Medienhäuser mit linker politischer Schlagseite befinden, wird hierzulande gerne unter den Teppich gekehrt.

Wahlsieger Andrzej Duda ist verheiratet mit Agata Kornhauser-Duda, deren Großvater als einer der wenigen Juden von Krakau die Schoah überlebte.
© JANEK SKARZYNSKI , AFP

Von Filip Gaspar

Die journalistische Devise „Schreiben, was ist“ gilt beim Hamburger „Spiegel“ nicht erst seit Relotius nicht mehr. Und bei vielen anderen deutschen Leitmedien sieht es nicht viel besser aus. Eigentlich müsste das „Schreiben, was ist“ durch ein „Schreiben, wie es sein soll“ ersetzt werden. Dieses Narrativ zieht sich durch alle wichtigen Themen. Angefangen bei der Klimadebatte, (illegaler) Migration und dem Nahostkonflikt. Schuld an allem sind natürlich alte weiße Männer, allen voran Donald Trump.

Im Vorfeld der Wahlen in Polen und die damit einhergehende deutsche mediale Berichterstattung zeigten deutlich auf, dass viele Journalisten ihren Beruf nicht mehr als Handwerk, sondern als Propagandainstrument, sehen. Wen die Polen in den Augen deutscher Journalisten zu wählen hatten, das stand schon vorher fest.

Zur Auswahl standen auf der einen Seite der Amtsinhaber Andrzej Duda von der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), die je nach Medium entweder konservativ, national-konservativ, rechts-nationalistisch oder bloß nationalistisch ist. Andrzej Duda, verheiratet mit Agata Kornhauser-Duda, deren Großvater Jakub Kornhäuser als einer der wenigen Juden von Krakau die Schoah überlebte. Zusammen haben sie zwei Töchter, und die Familie steht zum Katholizismus und der Bedeutung der katholischen Kirche für Polen. Diese spielt nicht eine weitaus größere Rolle als in Deutschland, wo beide Amtskirchen auf dem Rückzug sind. Duda wehrt sich erfolgreich gegen ein Brüsseler Diktat des Multikulturalismus, versucht die polnische Identität und Kultur zu bewahren und einen Schlüssel zur Umverteilung der sogenannten Flüchtlinge auf andere EU-Staaten stimmt er sowieso nicht zu. Vielleicht rührt daher auch sein abfälliger Spitzname „Kaczyńskis Kugelschreiber“, der ausdrücken soll, dass Duda keinen eigenen Kopf hat und von einer finsteren Macht aus dem Hintergrund gesteuert wird. Es darf ebenfalls angenommen werden, dass es Begriffe wie Gruppenvergewaltigung oder Ehrenmord nicht ins alltägliche Polnisch geschafft haben oder es sie gar gibt. Da ich aber bloß vier Semester polnisch vorzuweisen habe, und dieses noch deutlich ausbaufähig ist, lasse ich mich gern eines Besseren belehren.

 

Soros-Stipendiat Trzaskowski

Doch werfen wir einen Blick auf den Gegenkandidaten und Liebling der deutschsprachigen europäischen Medienvertreter: Rafal Trzaskowski, den Bürgermeister Warschaus von der Bürgerplattform (PO). Trzaskowski spricht nicht nur mehrere Sprachen – okay, Duda auch, aber wen juckt das? –, sondern studierte darüber hinaus mithilfe eines Stipendiums der Soros-Stiftung in Oxford und saß sogar im Europäischen Parlament. Sozusagen der perfekte Schwiegersohn-Kandidat. Zwar lehnt er die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe nicht so strikt wie Duda ab, und hat immerhin an den städtischen Schulen im Sexualkundeunterricht auch die Behandlung von LGBT-Themen eingeführt, aber ganz so offen ist er dann doch (noch) nicht.

Man darf nicht die Wirkung unterschätzen, die ein Hauch von Kosmopolität gerade in ehemals kommunistischen Ländern hat. Ein weltgewandter Politiker mit Manieren kommt in den polnischen Großstädten gut an. Der Soros-Stipendiat Trzaskowski lag in allen elf polnischen Großstädten mit mehr als 250.000 Einwohnern deutlich vorn und darf statt mit der polnischen Anrede Pan auch mit Monsieur angesprochen werden, und isst statt deftigen polnischen Pierogi lieber Brüsseler Mitraillette. Kurzum, ein polnischer Präsident Trzaskowski wäre der Traum westlicher Relotiusse und der Albtraum konservativer Polen gewesen.

Natürlich hat die PiS-Regierung nicht alles richtig gemacht. Die Erhöhung des Kindergeldes, von dem Familien auf dem Land mehr profitieren als Großstädter, könnte man auch als Wahlgeschenk geißeln. Doch war es eben die PiS, die endlich lang erforderliche Marktreformen in Gang brachte, die die polnische Wirtschaftsleistung kontinuierlich wachsen lassen. Außenpolitisch verlässt man sich auf die USA und hier auf die Regierung Trump, was zu Unstimmigkeiten führen könnte, sollte Joe Biden gewählt werden. Das sogenannte „Holocaust-Gesetz“, das die Andeutung einer Mittäterschaft Polens an der Schoa im besetzten Polen unter Strafe stellte und erst nach internationalen Protesten seitens Israel und anderer Länder entschärft wurde, könnte gelinde gesagt als „nicht fertig durchdacht“ bezeichnet werden. Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind laut deutscher Presse in Polen entweder in Gefahr oder schon ganz abgeschafft worden. Außerdem sollten die Polen endlich mal Dankbarkeit für die ganzen EU-Hilfsgelder zeigen und sich nicht permanent dem Brüsseler Diktat widersetzen und einen polnischen Abgang machen, wenn es um die Umverteilung von Flüchtlingen geht.

Ansonsten könnten beim nächsten EU-Gipfel Hilfsgelder an rechtsstaatliche Forderungen geknüpft werden und dann ist Schluss mit lustig. Vollends meschugge wird es, wenn der „Spiegel“ schreibt, dass internationale Beobachter von einer einseitigen Berichterstattung in den polnischen öffentlich-rechtlichen Medien sprechen, die angeblich von einer intoleranten Rhetorik begleitet gewesen sei. Dies wirkt umso absurder, wenn man bedenkt, wie viele der polnischen Medienhäuser sich mittlerweile in deutscher Hand befinden. Die Axel Springer AG gehört mit seiner Tochtergesellschaft Ringier Axel Springer Polska zu den größten Herausgebern von Zeitschriften und Zeitungen in Polen. Andrzej Duda warf der zu dieser Tochtergesellschaft gehörenden Zeitung „Fakt“ eine aktive Einmischung in den Wahlkampf vorwarf.

Andrzej Duda gewann die Stichwahl mit 51 Prozent der Stimmen und ist somit eine weitere Amtszeit lang Präsident Polens. Man darf ihm Glück im Amt und der deutschen Presse wünschen, fairer und objektiver mit ihm und seiner Arbeit umzugehen.

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