Israel Defence Forces (IDF) nehmen in diesem Sommer eine wichtige und groß angelegte Armee-Reform in Angriff
Die Zahal modernisiert sich technisch und organisatorisch, um noch besser für die Risiken und Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein.
Aviv Kohavi präsentiert den Plan „Tnufa“.© PRESSEDIENST IDF
Der damalige israelische Verteidigungsminister Naftali Bennett genehmigte den Fünfjahresplan für die Entwicklung der IDF namens „Tnufa“ („der Schwung“), vorgelegt vom Generalstabschef, Generalleutnant Aviv Kohavi; einen Plan, der das Erscheinungsbild der israelischen Armee für die kommenden Jahre bestimmen sollte. Sollte, denn jedes Programm kann im realen Leben umgeschrieben werden, besonders bei einem Wechsel in der politischen Führung. Allein den Block „Kachol Lavan“ (Leitung: Benny Gantz, der neue Verteidigungsminister), der für sich die Hauptrolle in einer zukünftigen Regierung beansprucht, repräsentieren drei ehemalige Generalstabschefs, die, sollten sie das Amt des Ministerpräsidenten oder des Verteidigungsministers bekleiden – was im Fall Benny Gantz‘ inzwischen bereits geschah –, es sich nicht nehmen lassen werden, sich in die Pläne bezüglich der Zukunft des Militärs einzumischen.
0Außerdem endet die Amtszeit von Aviv Kohavi, der bereits ein Jahr lang den Generalstab leitet, noch bevor die Realisierung des Planes „Tnufa“ abgeschlossen sein wird. Den vorherigen Plan „Gideon“ von Gabi Eisenkot korrigierte Kohavi erheblich: Als erstes führte er eine Neuverteilung der Mittel für die Vorbereitung einer breit angelegten Militäroperation in Gaza durch. Man muss allerdings hinzufügen, dass der Großteil des Militärbudgets entsprechenden Bereichen zugeordnet ist. Ebenfalls kann selbst der Generalstabschef keine abgeschlossenen Verträge ändern.
Das Wahldebakel hat die Armee nicht beeinträchtigt
Die politische Krise in Israel dauerte an, dieser Umstand behinderte die Umsetzung des Plans „Tnufa“. Er existierte bisher nur auf dem Papier, und das neue Militärbudget ist immer noch nicht verabschiedet. Es ist demnach durchaus positiv einzuschätzen, dass der Staatshaushalt 2019 gleich für zwei Jahre geplant war: So bekam die israelische Armee eine gewisse finanzielle Stabilität – trotz der Wahlkampagnen des Jahres 2019, der Eskalationen und einer Kette sogenannter „Kampfoperationen zwischen den Kriegen“ (Bezeichnung meist geheimer Operationen, gerichtet gegen den Iran und seine Verbündeten). Dennoch war der Bedarf an zusätzlichen Geldern aufgrund der bestehenden Drohungen allein von der iranischen Seite aus bereits 2019 sehr groß.
Im Oktober 2019 wurde seitens der Führung des Verteidigungsministeriums ein Betrag in Höhe von vier Milliarden Schekel für 2020 genannt – eine enorme Summe, die dennoch den Eindruck erweckte, dass der damalige Regierungschef und Verteidigungsminister Netanjahu solch überzogene Forderungen billigend in Kauf nimmt. Es werden Maximalforderungen gestellt, um die notwendige Summe zu erhalten.
Da der Haushaltsplan 2020 noch nicht verabschiedet wurde, werden die Ausgaben automatisch vom Geld für 2019 bezahlt.
Eine Woche vor der Genehmigung des Plans „Tnufa“ durch Bennett fand eine Sitzung statt, deren Ziel es war, die Finanzierungsquellen für die Reformen ausfindig zu machen. An der Beratung nahmen der Regierungschef, der Finanz- sowie der Verteidigungsminister und der Generalstabschef teil. Unter Berücksichtigung des Haushaltsdefizits und der politischen Hindernisse waren die Forderungen des Militärs durchaus realistisch: Laut unterschiedlicher Quellen bat Kohavi für 2020-2021 um 800 Millionen bis zu einer Milliarde Schekel zusätzlich. Daraufhin wurde eine wichtige Entscheidung getroffen: Die Zuweisung der Mittel für zwei Jahre in Höhe von bis zu zwei Milliarden Schekel, wobei über die zweite Milliarde – für 2021 – die neue, kommende, Regierung zu befinden hätte. Die Quelle dieser Zusatzmittel wurde bis dato nicht erläutert. Man darf davon ausgehen, dass die nötigen Mittel gefunden werden. In den kommenden Monaten erwarten uns einige bedeutsamen Ereignisse, die künftige Ausrichtung, darunter auch die finanzielle, beeinflussen können.
Enorme Kosten für Abwehrraketen
Der Plan „Tnufa“ ist zwar genehmigt und bereits in Arbeit, die Publikationen und inhaltliche Erläuterungen unterliegen dennoch einem Verbot. Einige Informationen stehen mittlerweile jedoch zur Verfügung, so soll der Großteil der Zusatzmittel für den Ausbau der Luft- und Raketenabwehr verwendet werden. Die Kosten einer Tamir-Rakete für die „Eiserne Kuppel“ belaufen sich auf 50.000 Dollar. Das bedeutet, dass man allein für die Anschaffung von etwa 2.000 Raketen, was relativ wenig ist, ca. 350 Millionen Schekel zahlen würde. Dabei sind die Kosten für die Munition der Raketenabwehrsysteme Chez-3 („Pfeil-3“) sowie David Sling („Davids Schleuder“) unvergleichlich höher.
Laut der Zeitung „Israel haJom“ plant Aviv Kohavi die Verantwortungsgebiete des Operativstabs zu ändern und die Planungsabteilung umzustrukturieren, die dann den Namen „Abteilung für den Aufbau des militärischen Potentials“ tragen und sich mit der Gründung einer Gruppe, die Vertreter verschiedener Militäreinheiten vereint, beschäftigen wird. Ein solches Schema entspricht mehr den komplizierten modernen Herausforderungen, die einer vielschichtigen Antwort bedürfen.
Extra-Abteilung für den Iran
Darüber hinaus wurde bereits eine Abteilung „Die Strategie und der Iran“ gebildet, die den Generälen Tal Kalman und Tomer Bar unterliegt. In der ersten Phase wird diese Abteilung aus Einheiten für strategische Planung und Beziehungen nach Außen bestehen. Insgesamt wird der Schwerpunkt bei der Koordinierung aller Maßnahmen im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Auseinandersetzung mit dem Iran liegen, dessen Bedrohung Schätzungen zufolge noch einige Jahre bestehen wird. Des Weiteren wurde die Gründung einer Abteilung für Qualitätskontrolle und Betriebsschutz bei der IDF bekanntgegeben.
Trotz diverser Finanzeinschränkungen bekam der Generalstabschef weitgehend die Möglichkeit, seine langfristigen Pläne der Entwicklung und Reformen bei der IDF zu verwirklichen. Es wäre wünschenswert, dass die besondere Aufmerksamkeit der erhöhten Kampffähigkeit der Bodentruppen gewidmet wäre, sowohl bei den regulären Einheiten, als auch bei den First-Line-Reservisten. Denn sie sind es, die an diversen Bodenoperationen teilnehmen werden, sei es in Gaza, im Norden des Landes oder in Judäa und Samaria. Derzeit lässt deren Ausrüstung zu wünschen übrig.
Bedenken des Wehrbeauftragten
In diesem Kontext ist es angebracht, sich an die Worte des ehemaligen Ombudsmannes, zuständig für die Beschwerden der Militärangehörigen, des Reservegenerals Yizhak Brick, zu erinnern. Die israelische Finanzzeitung „Globes“ veröffentlichte vor Kurzem seinen Text, worin er unter anderem beklagte, dass im Rahmen des Plans „Gideon“ unter Gadi Eisenkot (Generalstabschef vom Februar 2015 bis Januar 2019, - Anm. d. Übers.) die Kampffähigkeit der Bodentruppen stark zurückgegangen sei und sich auf einem inakzeptablen Niveau befinde. Möglicherweise übertreibt Brick etwas; allerdings, um seine Thesen richtig einschätzen zu können, bedürfte es einer zusätzlichen Information. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Reservegeneral in vielen Punkten recht hat. Es stellt sich lediglich die Frage, warum Brick während der Dienstzeit von Aschkenasi (Generalstabschef 2007-2011) und Gantz (Generalstabschef 2011-2015, zur Zeit Verteidigungsminister, - Anm. d. Übers.), als Einiges sich ebenfalls nicht einwandfrei entwickelte, seine Zweifel und Kritik nicht geäußert hatte. Wichtig ist dabei: In seiner Beschreibung von Problemen und Systemfehlern liegt Brick richtig. Das bedeutet, es ist vonnöten, die aktuelle Situation umgehend zu verbessern.
Dieser Verbesserung soll das neue Programm dienen, wo die Prioritäten bei der Einführung der fortschrittlichsten technologischen Entwicklungen, der Reduzierung von Panzertruppen, den neuen Luftwaffen-Kampfgeschwadern und der Bildung eines separaten „iranischen Militärbereichs“ liegen. Zu den im Dokument aufgeführten Hauptaufgaben gehören: Stärkung der militärischen Strukturen der israelischen Armee, Erweiterung der Fähigkeiten von Kampfflugzeugen und umfassende Umstellung der Streitkräfte auf neue Technologien. Gemäß dem „Tnufa“-Plan muss die IDF ihre Vorteile in den Angriffshandlungen auf dem Land, in der Luft und auf dem Meer durch die Verstärkung der Feuerkraft und der Genauigkeit von erzielten Treffern sowie qualitative Vorteile in der Cyberkriegsführung dank neuester Technologien beibehalten und ausbauen. Die qualitative Verbesserung der Kampfmöglichkeiten der IDF wird demnach die Dauer der zukünftigen militärischen Operationen, an denen Israel teilnehmen wird, verkürzen.
Zweifrontenkrieg mit Hamas und Hisbollah
Der „Tnufa“-Plan der strategischen Entwicklung ist mit der Berücksichtigung der größten Bedrohungen, denen die IDF in der letzten Zeit standhalten muss, ausgearbeitet. Im Fokus steht das Szenario eines möglichen Krieges mit zwei Fronten, wobei eine der Fronten besonders aufmerksam betrachtet wird. Die Feinde sind Hisbollah im Norden und die Hamas im Süden. Kohavi hob ein Aufgabengebiet besonders hervor: Die Ausarbeitung einer Liste der wichtigsten strategischen Objekte der Hamas wie auch der Hisbollah, die im Falle eines Konflikts als erste – im Laufe der ersten 24 Stunden – und in immer kürzeren Intervallen hätten zerstört werden müssen.
Darüber hinaus ist die Umstellung des Luft- und Raketenabwehrsystems „Eiserne Kuppel“ auf stationäre Positionen vorgesehen, so dass die Abfangbatterien nicht mehr disloziert werden müssen. Bereits 2020 werden verbesserte Module zum Abfangen von Mörsergranaten und Raketen vom Typ Grad, zusätzliche Komplexe der „David Sling“-Gruppe sowie weitere technische Innovationen zur Bekämpfung von Drohnen und Lenkflugkörpern in Betrieb genommen. Panzerreservebataillone, die mit veralteten Merkava-2-Fahrzeugen ausgerüstet sind, werden ebenfalls reduziert. Es ist geplant, das Geschwader der Kampfflugzeuge, die seit mehreren Jahrzehnten im Einsatz sind, zu liquidieren. Stattdessen werden neben zwei Einheiten von F-35-Jägern zwei neue gebildet. Die Luftwaffe der IDF erhält neue Transporthubschrauber und Vorräte an neuester Ausrüstung und Munition – doppelt so viel wie das derzeitige Volumen.
Übersetzung aus dem Russischen: Irina Korotkina
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