Skandal um den Rektor des Reform-Rabbinerseminars und jüdischen Konvertiten Walter Homolka

Der Konvertit Walter Homolka verstand es, das Judentum als „Karriereleiter“ zu nutzen© WIKIPEDIA

Hartmut Bomhoff, damals noch Dozent an der extrem-reformierten und von unserer Politik bevorzugt finanzierten Potsdamer Rabbiner-Ausbildungsstätte und ausgerechnet Ehemann des Rektors am Rabbinerseminar Walter Homolka, soll ein Selbstbefriedigungsvideo an einen Studenten verschickt haben. Dieser Skandal ist außerdem nur die Spitze des Eisbergs aus sexuellen Belästigungen und Machtmissbrauch im Verantwortungsbereich Walter Homolkas. Jahrelang soll Homolka auch in anderen Bereichen, die eigenen Interessen über das Wohl seiner Studenten gestellt haben. (JR)

Von Marcel Yaron Goldhammer

Anfang Mai wurde in deutschen Medien über Vorwürfe von Machtmissbrauch und sexueller Belästigung eines Studenten durch Hartmut Bomhoff berichtet.

Der betroffene Student, der in Israel aufgewachsen ist, hatte Anzeige gegen Bomhoff erstattet. Die Staatsanwaltschaft Potsdam sah jedoch, man höre und staune: „kein öffentliches Interesse“ an einer Strafverfolgung und stellte das Verfahren ein.

Danach vertraute sich der Student dem Professor Jonathan Schorsch an, der die Angelegenheit im Institutsrat zur Sprache brachte.

Erst jetzt räumte die Geschäftsführung ein, dass es „Verbreitung von Pornografie“ und weitere Vorkommnisse auch gegenüber anderen Studenten gegeben habe.

Bomhoff, der damals als Dozent und Pressesprecher am Geiger-Kolleg tätig war, soll dem Studenten via Facebook-Messenger ein u.a. der Zeitung “Welt” vorliegendes Video gesendet haben, in dem er sich selbst befriedigt.

Laut Aussage von Rabbiner- und Kantorenanwärtern soll Bomhoff sich bemüht haben, junge Studenten für sich und Homolka zum Sex zu rekrutieren, und auch zu illustren Ausflügen durch ganz Europa, getarnt als „Dienstreisen“, die dann diskret über das Budget des Geiger-Kolleg abgerechnet wurden.

Gegen Bomhoff wurden bereits im Dezember 2020 und im Februar 2022 Vorwürfe wegen sexueller Belästigung erhoben. Das Arbeitsverhältnis sei Ende Februar 2022 beendet worden.

Somit hat das jüdische Deutschland nun ein eigenes #METOO, und das nur einen Steinwurf von Potsdam-Babelsberg, dem “deutschen Hollywood”, entfernt. Doch anders als bei kommerziellen Filmproduktionen in den Traumfabriken dieser Welt handelt es sich bei der Ausbildung von Rabbinern und Kantoren nicht um die filmreife Vermarktung von Eitelkeiten im Schatten sexueller Gefälligkeiten, sondern um einen von Staat und Gesellschaft steuerlich finanzierten, universitären Ausbildungsbetrieb für religiöse und pädagogische Führungspersönlichkeiten. Für einen solchen Betrieb sind die moralische und fiskalische Integrität der Führung von größter Bedeutung. Daher ist eine gründliche Beleuchtung aller Vorgänge des Machtmissbrauchs und der sexuellen Belästigung am Geiger-Kolleg öffentlich zu untersuchen, genauso wie die politischen und wirtschaftlichen Verstrickungen der Beteiligten.

 

Vertuschungsversuche

m jedoch genau eine solche Aufklärung zu verhindern, beauftragte Bomhoff die Unter den Linden ansässige Berliner Anwaltskanzlei BEHM BECKER GEßNER, eine identifizierende Berichterstattung zu unterbinden, da es “kein öffentliches Informationsinteresse” gebe und da “keine sexuelle Belästigung vorliege”.

Das sehen aber mindestens sechs frühere Studenten des Geiger-Kollegs anders, die sich deutlich an belästigende sexuelle Avancen des damaligen Dozenten und Pressesprechers erinnern.

Der Rektor des Kollegs, Walter Homolka, lässt seine Ämter vorerst ruhen zu lassen, darunter den Posten des stellvertretenden Direktors der “School of Jewish Theology“. Der nicht direkt in den Skandal verwickelte geschäftsführende Direktor Daniel Krochmalnik erklärte bereits seinen Rücktritt; er habe „nicht mehr die Kraft, das Institut durch die Krise zu führen“. Ein Schritt, den sich viele auch von Homolka wünschen, der jedoch, bis zum Redaktionsschluss Ende Mai, auf sich warten ließ. Statt endgültig zurückzutreten, lässt Walter Homolka seine Ämter als Rektor und Geschäftsführer des Abraham Geiger Kollegs bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen und zieht sich als Gesellschafter des AGK Kollegs zurück. Anstatt einen Schlussstrich zu ziehen und Tacheles zu reden, fabuliert Homolka lapidar von “Fehlern mir nahestehender Menschen” und „Befangenheit“.

Laut einem jüdischen Sprichwort stinkt der Fisch bekanntlich vom Kopfe her.

 

Ämter, Titel und Narzissmus

Homolka ist laut einem ehem. Rabbiner-Studenten ein Karrierist, dem Loyalität wichtiger ist als Qualifikation. Er gilt als bestens vernetzt mit vornehmlich sozialdemokratischen und linken Politikern und großzügigen Geldgebern jeglicher Couleur im In- und Ausland.

“Homolka spielt die jüdische Karte” und sei “unantastbar”, sagt der Professor für jüdische Religions- und Geistesgeschichte Jonathan Schorsch.

Laut dem Berliner Rabbiner Dr. Walter Rothschild verbreite Homolka durch seine schiere Ämterhäufung und sein bei Konflikten cholerisches und teils körperlich bedrohliches Auftreten eine “Atmosphäre der Angst”. Rothschild meint, die Welt teile sich in zwei Gruppen von Menschen: “Die, die schon mit Homolka gestritten haben, und die, die es noch tun werden…”.

“Ob Nadelstreifen und Regenbogen eine dauerhafte Allianz eingehen können?”, fragte sich die „Welt“ schon im Jahr 1999 über Walter Homolka,–wohl ohne sich damals der tieferliegenden Ironie dieser Frage bewusst gewesen zu sein.

Homolka, der damals Greenpeace-Chef von Deutschland war, zog sich bereits nach kurzer Zeit auf diesem Chefsessel den Argwohn der Umweltaktivisten-Basis zu: „Er beteilige sich zu wenig an Aktionen, kümmere sich mehr um Organisation und Geschäftliches als um Umweltthemen. Statt mit dem Fahrrad fahre er häufig mit dem Taxi zur Arbeit, statt mit der Bahn reise er lieber mit dem Flugzeug.”

Vorher war Homolka im Vorstand bei Bertelsmann in Gütersloh, davor bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in München.

Der Name Homolka bzw. „Ha Malkah“ bedeutet auf Hebräisch „die Königin“; und nicht minder royal erstrahlt für den Betrachter die Schatztruhe an Titeln, Orden und Trophäen, die er im Laufe seines Lebens angehäuft hat.

Homolka ist u.a. Ritter des Verdienstordens der Italienischen Republik, Offizier des Treudienst-Ordens, Ritter des Ordens der Eichenkrone des Großherzogtums Luxemburg und sogar Ritter der französischen Ehrenlegion.

Doch damit nicht genug der Ehre. Des Weiteren verlieh man Homolka die Ehrendoktorwürde des Hebrew Union College, das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold, das Verdienstkreuz 1. Klasse der BRD, den Verdienstorden des Landes Berlin und den Verdienstorden des Landes Brandenburg.

Darüber hinaus ist er auch noch Träger des Muhammad-Nafi-Tschelebi-Preises, des silbernen Ehrenzeichens der Stadt Wien und des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich.

Doch diese müde wie ratlos machende Liste wäre nicht komplett ohne seine Machtfülle im jüdischen Kosmos, denn in diesem ist er u.a. Vizepräsident der „European Union for Progressive Judaism“, Mitglied im Direktorium des Selma Stern Zentrums Berlin-Brandenburg, das den wissenschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet der jüdischen Studien fördert, im Vorstand des Verbands der Judaisten in Deutschland, im Vorstand des Jüdischen Versorgungswerks und im Kuratorium des Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Kurzum, ein Mann mit der Macht, Karrieren zu fördern und zu zerstören.

Eine solche zerstörte er laut „Spiegel“ bei einer Studentin des konservativen Zacharias Frankel College, ebenfalls vis-a-vis vom Potsdamer Neuen Palais, und ebenfalls eine von Homolka geführte Bildungseinrichtung.

Der kurz vor ihrer Ordination stehenden Rabbinerin wurde gekündigt, da sie sich intern für eine Aufklärung der Vorwürfe ausgesprochen hatte.

 

Ein Bärendienst am Judentum

Die jüdisch-orthodox lebende Akademikerin Dr. Hannah Tzuberi vom Institut für Judaistik der Freien Universität Berlin, die auch schon in Homolkas Schusslinie geriet, seziert ein deutsch-jüdisches Systemproblem in ihrer lesenswerten Schrift auf academia.edu:

“Reforesting” Jews: The German State and the Construction of “New German Judaism”, zu Deutsch in etwa: “Juden ‚aufforsten‘: Der deutsche Staat und die Schaffung des ‚Neuen deutschen Judentums‘”.

Darin beleuchtet sie u.a. die historisch schwierige Situation der Juden in Deutschland, flankiert von dem generell absurden Verhältnis zwischen “Kirche” und Staat und dem Zusammentreffen verschiedener, jüdischer Strömungen mit inkompetenten Berufspolitikern, die sich vor allem über politisch genehme “Hofjuden” und schöne gemeinsame Fotos bei Veranstaltungen freuen.

Mit ein Problem, so meinen Rabbiner Dr. Walter Rothschild und Prof. Jonathan Schorsch unisono, sei es, dass im “Neuen deutschen Judentum” von Regierungsgnaden überproportional viele Vertreter unterwegs seien, die nicht jüdisch geboren oder aufgewachsen sind und erst später im Leben zum Judentum konvertierten. Es fehle oftmals an Empathie für den jüdischen Alltag, an jüdischem Humor und am Verständnis dafür, was es heißt, “a Mentsch” zu sein.

So auch Homolka, der im Alter von 17 Jahren zum Judentum übertrat, sich aber zeitlebens eine große Faszination vor allem für den prunkvollen römischen Katholizismus bewahrte und als großer Bewunderer der Vatikanstadt gilt. Als solcher führte er auch schon Rabbiner-Studenten des Abraham-Geiger-Kollegs durch die Ewige Stadt und den Petersdom.

Doch nicht nur an seinem jüdischen Kaiserhof von Potsdam oder im glamourösen Bundeshauptslum Berlin treibt der titelgekrönte “Lausbuab” aus dem bayrischen Landau an der Isar sein Unwesen: auch im fernen Nordrhein-Westfalen kann eine kleine Landsynagoge im beschaulichen Ort Selm-Bork ein Lied von Homolka singen. Stein des Anstoßes war nämlich deren Gebetbuch.

Die ehemalige Synagoge Bork gehört zu den wenigen noch existierenden Landsynagogen im Münsterland, deren äußeres Erscheinungsbild die Zeiten fast unversehrt überstanden hat.

Im Zuge der Renovierungsarbeiten am Gebäude, einem Traum aus Backstein und Fachwerk, das bis 1981 als Lagerraum genutzt, danach zum Abriss freigegeben und schließlich von der Stadt Selm angekauft wurde, entdeckte man 1992 auf dem Dachboden fünf alte jüdische Gebetbücher. Im Jahre 1994 wurde das restaurierte Gebäude als „Kulturstätte mit mahnendem und erinnerndem Charakter“ der Öffentlichkeit übergeben. So begannen Frau L. und ein paar jüdische Mitstreiter aus dem Münsterland und nördlichen Ruhrgebiet vor über zehn Jahren damit, regelmäßige Gottesdienste in dem Fachwerkbau abzuhalten, und bekamen sogar eine Torah-Rolle gestiftet. Als Gebetbuch nutzten sie Kopien der alten deutschen Gebetbücher, die Jahre zuvor auf dem Dachboden der Synagoge wiederentdeckt worden waren, – was den Zorn Homolkas auf sich zog, der zu dieser Zeit mit der Jüdischen Verlagsanstalt sein eigenes Gebetbuch, den Seder HaTefilot, an den Mann bringen wollte. Der Vorwurf Homolkas gegen die kleine Dorfsynagoge lautete, sie würde “die Einheit der Liberalen Gemeinden zerstören”. Das bedarf keines weiteren Kommentars.

Anstatt die Rettung der Integrität des Kollegs mit einem radikalen Neuanfang und Personalwechsel zu erleichtern, spielt Homolka nun auf Zeit und versucht, die Sache auszusitzen. Es wurden symbolträchtig ein paar Spielfiguren und Posten am Hofstaat verschoben, mehr nicht.

Die von Homolka gegründete Leo Baeck Foundation, ebenfalls ansässig am Neuen Palais in Potsdam, hat nun “unentgeltlich” alle Anteile an der gemeinnützigen Gesellschaft von Homolka übernommen. Die Stiftung sei damit alleinige Trägerin des Geiger-Kollegs. “Kanzlerin” bleibt Homolkas Vertraute und langjährige Sekretärin, Anne-Margarete Brenker.

Im Stiftungsrat dieser “jüdischen” Leo-Baeck-Foundation sitzen übrigens:

Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Aiman Mazyek – Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Erzbischof Dr. Heiner Koch, Bischof Dr. Christian Stäblein, Brandenburgs Bildungsministerin Manja Schüle (SPD) und sogar der Ministerpräsident von Thüringen Bodo Ramelow (Die Linke, SED-Rechtsnachfolgerin)… mit welchem Bomhoff und Homolka übrigens im Sommer 2013 eine Israelreise unternommen haben, um das außenpolitische Profil Ramelows zu schärfen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass natürlich vor allem politische Moraldefizite in Deutschland, Machtallüren und Postenhunger zu diesem nicht enden wollenden unglücklichen Skandal beigetragen haben. Zurück und alleine bleiben die Opfer mit zerstörten Karrieren und verletzten Seelen, die unter sexueller Belästigung, Bedrohung und Machtmissbrauch gelitten haben.

Alle Beteiligten, die den Hofstaat Homolkas über Jahrzehnte gestützt und geduldet haben, sollten jetzt endlich den Mut aufbringen, mit dem Wegschauen aufzuhören und stattdessen Tacheles zu reden. So wie das kleine Kind am Ende vom Märchen “Des Kaisers neue Kleider”, sollte man offen das Problem ansprechen:

“Der hat ja gar nichts an!”

 

Marcel Yaron Goldhammer, ist Schauspieler, Moderator und freier Autor. Sein Interesse für Politik und Journalismus entdeckte er als Wehrpflichtiger während des Gaza Krieges 2014 bei den Israelischen Verteidigungskräften in der IDF Spokesperson’s Unit. Er ist Mitglied der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und war früher in der liberalen Jugendorganisation Jung & Jüdisch e.V. und Tamar Olami aktiv.

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