Das Todesurteil für die europäischen Juden: Die berüchtigte Wannseekonferenz der Nazis jährt sich am 20. Januar 1942 zum 80. Mal

Zum 80. Mal jährt sich am 20. Januar die Wannsee-Konferenz – jenes schreckliche Treffen hochrangiger Nazi-Funktionäre. Sie ordneten im Südwesten Berlins die zu dem Zeitpunkt schon laufende systematische und industrielle Ermordung der Juden in Deutschland und Europa. Das ZDF widmet diesem Jahrestag einen Programmschwerpunkt, der auch Schulen einbezieht. Die korrekte Aufarbeitung in Schulen aber wird durch den immer höheren islamischen Schüleranteil zunehmend schwieriger.

Die Villa der Wannseekonferenz im Südwesten von Berlin© WIKIPEDIA

Von Mario Thurnes

Eine mit tiefem Schnee bedeckte Landschaft. Pferde galoppieren durch den Schnee. Wilde Reiter sitzen auf ihren Rücken – mit Bärten, langen filzigen Haaren und gezückten Schwertern. Eine Frau erwartet die Horde. Sie hat ein Kind an der Hand. Der Anführer der Horde geht auf sie zu. Ein Schwert in Großaufnahme. So etwas wie ein fallender Kopf. Mord kann – zumindest filmisch – ein leicht umzusetzendes Motiv sein, wie in der Auftaktszene von „Conan – der Barbar“. Körperlicher Mord ist filmisch leicht umzusetzen. Selbst wenn es ein brutaler Mord ist.

Doch was, wenn der Täter aus der Distanz tötet? Und wenn der einzelne Mord nicht die weitreichendste Dimension des Verbrechens ist, sondern dessen millionenfache Wiederkehr? Der Plan dahinter? Und die Planer? Genau das einzufangen müssen fiktive oder dokumentarische Beiträge aber leisten können, wenn sie die Wannsee-Konferenz darstellen wollen und all das Leid, das sie nach sich gezogen hat. Das die Runde um Reinhard Heydrich geordnet hat und in die unbarmherzige Konsequenz eines bürokratischen Automatismus geführt hat.

Das ZDF stellt sich im Januar mit einem Programmschwerpunkt dieser heiklen Aufgabe. Der Sender hilft sich dabei mit Wucht, mit Masse aus diesem Dilemma: Ein Fernsehfilm, eine Dokumentation, Wiederholungen und Produktionen fürs Netz, die in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte entstanden sind. Viel Sehenswertes ist dabei. Aber bei mancher Ankündigung gruselt es einen:

„ZDF-Morgenmagazin mit ,Moma vor Ort‘ live aus dem Haus der Wannsee-Konferenz“, kündigt der Sender sein Spektakel an. Ausschnitte aus dem Film, der am gleichen Abend gezeigt werde, würden den historischen Ort in die Übertragung einbeziehen. Warum das Einbeziehen des Ortes notwendig ist, teilt der Sender nicht mit. Schließlich kommt doch die Übertragung von eben dort. Da drängt sich schon eher der Verdacht auf, das Morgenmagazin preise mit den Einspielungen nur eigene Programm-Angebote an. So wie es das fast jeden Morgen macht. Doch der Verdacht ist unfair. Schließlich hat sich der Werbetexter viel Mühe gegeben, dass es anders wirkt. Und die Programmmacher werden ihm da sicher nacheifern:

„Moderator Andreas Wunn begrüßt Gäste aus Gesellschaft und Politik, die Stellung beziehen und aus verschiedenen Perspektiven berichten, warum die Wannsee-Konferenz auch achtzig Jahre danach noch aktuell für uns sein muss“, kündigt der Sender an. Die verschiedenen Perspektiven sind angesichts des vielschichtigen Themas ja noch leicht nachvollziehbar. Doch Stellung beziehen? Ist die Stellung zur Wannseekonferenz und somit zur Schoa nicht einfach? Nicht eindeutig? Ist das Menschheitsverbrechen nicht einfach für jeden halbwegs gesund denkenden Menschen zu verabscheuen? Aber das Buzzwort heißt „aktuell“ und angesichts des selbst erteilten politischen Missionierungsauftrags des ZDF stehen inhaltliche Klammern zu befürchten, die schnell zu Relativierungen werden und neben dem eigentlichen Verbrechen Versatzstücke enthalten wie: „Holocaust ... sieht man auch ... Klimaschutz, Coronaleugner, AfD...“ Natürlich gut gemeint – aber letztlich eine Aneignung des Gedenkens für persönliche Zwecke.

Gut gemeint ist der Programmschwerpunkt natürlich. Im negativen Sinn, dass manches nach hinten losgehen wird. Etwa wenn Teile des Programmschwerpunkts um 2 Uhr nachts ausgestrahlt werden. Aber auch im positiven: Das ZDF nimmt an dieser Stelle seinen Bildungsauftrag mal ernst. Etwa mit einem digitalen Bildungsangebot für Schüler, das der Sender in Kooperation mit der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ erstellt hat.

Der Film indes scheitert. Muss scheitern. Die Wannsee-Konferenz ist zu abstrakt, ihre Bedeutung nur relativ. Am Konferenztisch ist eben nicht der Mord an den Juden entschieden worden. Dafür hätte ein Heinrich Himmler mit am Tisch sitzen müssen, ein Hermann Göring – und natürlich Adolf Hitler. Und zu erklären, warum das Banale an Menschen deshalb so erschreckend ist, weil es das Wesen des Bösen ist, banal zu sein, daran sind schon ganz andere gescheitert, etwa Hannah Arendt, obwohl sie dabei Großes geschaffen hat.

Die Schoah bleibt unfassbar. Kaum begreiflich. Am besten vermittelt das noch die Dokumentation „Krieg und Holocaust – Der deutsche Abgrund“. Diese hat „ZDF Info“ zwar bereits öfters wiederholt, doch auch mehrfaches Sehen lohnt sich. In zehn Teilen nähert sich die Serie vom Jahr 1918 an den Ereignissen der NS-Zeit. Aus den vielen Facetten werden Zusammenhänge, das Unbegreifliche wird so in manchen Momenten begreiflich. Auch für ein filmisches Medium. Ganz ohne dazu gehöriges Rahmenprogramm.

Die Höhepunkte des Programmschwerpunkts:

„Krieg und Holocaust – Der deutsche Abgrund“: Mittwoch, 19. und 26. Januar, jeweils ab 0.45 Uhr fünf Folgen

Acht Videos mit jeweils zehn bis 20 Minuten Spieldauer: ab Donnerstag, 20. Januar, nur online

Extra-Ausgabe des Morgenmagazins Moma: Montag, 24. Januar 2022, 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr

Fernsehfilm „Die Wannseekonferenz“: Montag, 24. Januar, 20.15 Uhr

„Die Wannseekonferenz. Die Dokumentation“: Montag, 24. Januar, 22 Uhr

„Ganz normale Männer. Der ,vergessene Holocaust‘“: Dienstag, 25. Januar, 20.15 Uhr

„Ein Tag in Auschwitz“: Freitag, 28. Januar, 2 Uhr

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