Regierung finanziert Anti-Abschiebungs-Ratgeber

Innenministerin Nancy Faeser konterkariert die Instrumente für effiziente Abschiebungen.© JOERG CARSTENSEN AFP
Obwohl die Ampel-Koalition immer wieder betont, angesichts der steigenden Zahl und der fast täglich mehrfachen entsprechenden Vorkommnisse, sich stärker gegen islamische Rechtsverachtung, Gewalt und Juden-Hass zu wenden und nun konsequenter abschieben zu wollen, fördert sie selbst eine Online-Plattform, die in neun Sprachen Tipps gibt, wie man einer Abschiebung entgehen kann. Gefördert wird das Projekt „Handbook Germany“ maßgeblich von Reem Alabali-Radovan (SPD), der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, dem Bundesinnenministerium und der EU. Diese Aktion zeigt, dass die gesamte Debatte um Abschiebungen längst zur Farce verkommen ist, insbesondere da man heute bevorzugt gut integrierte Migranten abschiebt, während man die falschen und gewalttätigen Migranten fast durchweg behält. (JR)
Erweiterte Grenzkontrollen sollen Deutschland nun vor weiteren Überlastungen durch illegale Massenmigration schützen. Sinnvoller wäre es, abgelehnte Asylbewerber konsequent abzuschieben. Doch das Bundesinnenministerium füttert trojanische Pferde.
„Kein Staat der Welt kann unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen.“ Mit diesem Satz überraschte jüngst Innenministerin Nancy Faeser: Mitte September rechtfertigte sie in einem Schreiben an die EU-Kommission die Einführung von Kontrollen an allen deutschen Grenzen. Allein bis Juli dieses Jahres seien 50.000 Fälle von irregulär einreisenden Migranten registriert worden, Deutschland sei schon jetzt „an der Grenze des Leistbaren“, eine „Überforderung des (solidarischen) Gemeinwesens“ müsse verhindert werden. Noch überraschender: Faeser argumentierte auch mit dem eklatanten Anstieg der Kriminalität in Deutschland: „Neben den Gefahren durch den islamistischen Terrorismus“ hätten „zuletzt Vorfälle von Messer- und Gewaltkriminalität durch Geflüchtete zu einer massiven Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls und des inneren Friedens geführt“.
Die Verantwortung dafür sieht Faeser allerdings bei der EU, da sich das Dublin-System vorrangig durch „zunehmende Dysfunktionalität“ auszeichne. Allerdings: Der Fall des Attentäters von Solingen wirft Fragen darüber auf, inwieweit deutsche Behörden geltendes EU-Recht tatsächlich durchsetzen. Der Syrer Issa al-Hasan hätte 2023 gemäß der Dublin-III-Regelung in sein EU-Einreiseland Bulgarien überstellt werden sollen, wurde aber nicht in seiner Flüchtlingsunterkunft angetroffen. So verstrich die Rückführungsfrist von sechs Monaten, da keine weiteren Überstellungsversuche unternommen wurden und man ihn auch nicht als flüchtig eingestuft. Stattdessen waren nun die deutschen Behörden zuständig, die dem Mann prompt subsidiären Schutz gewährten.
Halbherzige Abschiebungsversuche
Faeser, nicht zuletzt durch das Attentat von Solingen unter massiven Druck geraten, erwartet eine „massive Ausweitung der Zurückweisungen“ durch die erweiterten Grenzkontrollen. Das klingt, als habe die SPD-Politikerin nach den verheerenden Ergebnissen ihrer Partei bei den vergangenen EU- wie Landtagswahlen nun Wählers Stimme erhört. Immerhin wollen 77 Prozent der Deutschen „eine grundsätzlich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen zu uns kommen“, wie der aktuelle Deutschlandtrend von infratest dimap ergab.
Doch selbstredend ist es nicht damit getan, illegale Migration zu beschränken; angesichts von Wohnungsnot und weiterhin explodierenden Sozialausgaben müsste auch dafür gesorgt werden, dass Menschen mit abgelehntem Asylantrag das Land tatsächlich wieder verlassen. Dies fordern laut YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sogar 82 Prozent der Deutschen. Jedoch: In Deutschland lebten schon 2023 rund 280.000 Menschen mit abgelehntem Asylantrag, rund 50.000 davon unmittelbar ausreisepflichtig. Laut Bundesinnenministerium scheitert aber mehr als jeder zweite Abschiebeversuch; von geplanten 24.066 Abschiebungen im ersten Halbjahr 2024 konnten 14.061 nicht durchgeführt werden. Der Grund sei zumeist eine "nicht erfolgte Zuführung" an die Bundespolizei gewesen; die abzuschiebende Person war in mehr als 8.200 Fällen nicht auffindbar. In mehr als 5.700 Fällen wurde das Abschiebeersuchen allerdings wieder storniert, teils erst einen Tag vor dem geplanten Rückführungstermin. Die Gründe für diese Fälle erläuterte das Ministerium nicht.
Werbeplattform zum Bleiben
Ohnehin hatte Nancy Faeser durch Bleiberechtserleichterungen und vorgezogene Legalisierungen dafür gesorgt, die Zahl der Ausreisepflichtigen kräftig zu verringern. Doch damit nicht genug. Das Innenministerium finanziert auch das „Handbook Germany“ mit. Es handelt sich dabei um eine Internetseite, die Asylbewerber unter anderem darüber informiert, wie sie eine drohende Abschiebung verhindern können. So wird empfohlen, eine Klage gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einzureichen - „Sie können nicht abgeschoben werden, während Ihre Klage läuft“. Oder: Werde ein Asylantrag aufgrund der Dublin-Regelung als unzulässig eingestuft, beginne durch Einreichen eines Eilantrags die sechsmonatige Überstellungsfrist erneut. Auch könne ein Asylfolgeantrag gestellt werden, wenn eine schwere Kriegstraumatisierung vorliegt, „die bislang nicht erkannt wurde“. Im Akutfall darf eine Familie nicht abgeschoben werden, „wenn ein minderjähriges Kind zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht auffindbar ist“. Ganz unvorhergesehen natürlich.
Das „Handbook Germany“ kann mit „über 150 Themen“ durchaus als umfassend eingeschätzt werden und ist in neun Sprachen verfügbar. Das „mehrsprachiges Redaktionsteam aus Journalist:innen sowie Community-Manager:innen mit vorwiegend eigener Migrations- oder Fluchtgeschichte“ rät immer wieder dazu, sich einen Rechtsbeistand zu suchen und verlinkt hilfreich auf weiterführende Hilfsorganisationen wie Pro-Asyl-Vereine oder örtliche Beratungsstellen. Tatsächlich ist die Asyl- und Anti-Abschiebe-Lobby groß; nicht zuletzt finden zahlreiche sogenannte Nichtregierungsorganisationen sowie eine erkleckliche Anzahl an Rechtsanwälten ein mehr als akzeptables Einkommen durch Hilfeleistungen auch für bereits abgelehnte Asylbewerber. Das Handbuch für den Asylbewerber in Deutschland dürfte für sie eine willkommene Werbeplattform darstellen.
Dort wird dem Antragsteller auch versichert: „Alle genannten Beratungsstellen sind nichtstaatlich. Die Mitarbeiter*innen arbeiten nicht für eine Behörde und geben keine Informationen an Behörden weiter.“ Es stellt sich allerdings die Frage: Gilt diese Versicherung dem Wohl der Asylbewerber – oder dem der zuständigen Behörden, insbesondere des Innenministeriums? Immerhin hat die Bundesregierung auf Anfrage der partei- und fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Joana Cotar bestätigt, dass der Ratgeber gegen Abschiebungen durch das Bundesinnenministerium und von der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie Antirassismusbeauftragten, Reem Alabali-Radovan (SPD), finanziert wird. Wenn auch nur zu zehn Prozent, der Rest von annähernd neun Millionen Euro stammt aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU. Laut einem Sprecher der Europäischen Kommission hatte die Organisation Neue deutsche Medienmacher*innen (NdM) einen Förderantrag für ein Projekt namens Zentrale digitale Anlaufstelle beantragt und erhalten (Laufzeit 01.01.2023 - 31.12.2025). Der EU-Sprecher betonte: „In Deutschland wählt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die zu finanzierenden Projekte aus und übernimmt die Verantwortung für die laufende Verwaltung der Projekte im Rahmen des deutschen AMIF-Programms. Die Kommission führt keine systematischen Kontrollen einzelner Projekte durch.“
Eine Hand wäscht die andere
Die Journalistengruppe NdM, übrigens ebenfalls vom Bundesinnenministerium gefördert, zielt bekanntlich auf Vielfalt in Redaktionen sowie in „Planungsstäben, Führungsetagen und Aufsichtsgremien“ ab. Offensichtlich mit einigem Erfolg. Gründungsmitglied und eine der ehemaligen Vorsitzenden ist die heutige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman. Der Verein, der sich auch gegen „Hass im Netz“ einsetzt, zeichnet einmal jährlich Berichterstattungen, die er nicht goutiert, mit dem Preis „Die goldene Kartoffel“ aus. Mit „Kartoffeln“ sind natürlich die Deutschen gemeint – ein gern verwendeter Begriff auch der Publizistin und ehemaligen Spiegel-Kolumnistin Ataman, die in der Bundesrepublik geboren wurde. Soviel zum Kampf gegen Hass und Diskriminierung.
Vor einem Jahr wünschte sich Bundeskanzler Olaf Scholz Abschiebungen „im großen Stil“. Ein Wunsch, den ihm Bundesinnenministerin Faeser nicht erfüllte, hatte sie doch schon vorsorglich die Erwartungen an eine durchgreifende Wirkung durch das neue "Rückführungsverbesserungsgesetz" gedämpft. Ob das Innenministerium tatsächlich daran interessiert ist, "Straftäter und Gefährder konsequenter abzuschieben", kann nicht zuletzt angesichts des aus Steuermitteln finanzierten Abschiebungsratgebers durchaus bezweifelt werden. Erweiterte Grenzkontrollen ändern trotz immensem Personalaufwands der Polizei kaum etwas an weiteren irregulären Einreisen, sind sie doch ohnehin leicht zu umfahren. Das einzige Mittel, sie einzudämmen, wäre eine konsequente Abschaffung von Pull-Faktoren. Nur dies würde eine Erleichterung für Deutschland und die EU bewirken - und nicht zuletzt auch für jene, die tatsächlich Asyl benötigen.
Sehr geehrte Leser!
Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:
alte Website der Zeitung.
Und hier können Sie:
unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen

in der Druck- oder Onlineform

Werbung