„Demos gegen rechts“ – Wo waren diese Menschen, als das Hamas-Massaker gefeiert worden ist?

Wo waren die Großdemos, als Muslime den Terror gegen Israel auf deutschen Straßen gefeiert haben?© YING TANG_NurPhoto_NurPhoto via AFP

Wie ernst ist es der zuletzt so aktiven und sich moralisch so erhaben gerierenden „Demos gegen rechts“-Bewegung mit dem Spruch „Nie wieder ist jetzt“ wirklich? Es stellt sich die Frage, wo diese hunderttausend Menschen starken Demos nach dem Massaker durch die Hamas waren oder als auf deutschen Straßen die bestialischen Abschlachtungen jüdischer Menschen von Islamisten, Linken und anderen Antisemiten frenetisch mit Bonbon-Verteilungen bejubelt wurden? Dieser bis an Hysterie grenzende, in Wirklichkeit dem verdienten Stimmverlust der Ampel geltende, vermeintliche antifaschistische Aktivismus reicht für die Antisemiten aus den eigenen Reihen ganz offensichtlich leider nicht aus und schon gar nicht, wenn die Juden – wie es durchweg die Regel ist - die Opfer und Islamis die Täter sind. (JR)

Von Liyun Gothóni

In den vergangenen Jahren wurden wir vermehrt Zeugen unsäglicher Gewalt gegen Juden in Israel und erleben zudem noch eine dramatisch wachsende Bedrohung durch Islamisten und andere Extremisten hierzulande. Die Diskrepanz zwischen der weitgehenden Ignoranz gegenüber diesen Gräueltaten und der Empörung der Mehrheitsgesellschaft über bereits bekannte Positionen antisemitischer Akteure und Gruppierungen wird immer deutlicher. Die Frage nach dem Gedenken an die Verbrechen der Shoa drängt sich auf, insbesondere wenn antisemitische Übergriffe in der Gegenwart nicht mit derselben Empörung quittiert werden. Hier stellt sich einem die Frage, ob eventuell mit zweierlei Maß gemessen wird.

Der alljährliche Holocaustgedenktag am 27. Januar wird von vielen genutzt, um mit einem kurzen #NieWieder-Hashtag oder der Teilnahme an einer lokalen Anti-AfD-Demonstration vermeintliche Solidarität zu bekunden. Doch zwischen diesen Lippenbekenntnissen und tatsächlichem Handeln liegen scheinbar Welten. Denn am 7. Oktober hat die Mehrheitsgesellschaft bewusst weggeschaut, als 1.200 Juden, darunter Männer, Frauen und Kinder, von Terroristen der Hamas massakriert, gefoltert, vergewaltigt und in den Gazastreifen verschleppt wurden.

An keinem Tag seit 1945 sind mehr Juden gestorben, als am 7. Oktober, nur um einmal die Monstrosität dieser Taten zu betonen. Eltern wurden vor den Augen ihrer Kinder ermordet, Kinder mit Kopfschüssen hingerichtet und Frauen massenweise und systematisch vergewaltigt. Die Mehrheitsgesellschaft hat nicht nur vor einer eindeutigen Verdammung dieses Zivilisationsbruchs abgesehen, sondern auch zugelassen, dass Juden und die Unterstützer jüdischen Lebens in Deutschland massiver Bedrohung ausgesetzt sind.

 

Heuchlerischer Aktivismus

Mehrere Organisationen und Verbände veranstalten wie jedes Jahr deutschlandweite Mahnwachen, um an die bis zu 6,2 Millionen Juden zu erinnern, welche von der NS-Diktatur getötet worden. Ausgerechnet an solch einem Tag findet in Berlin jedoch auch eine „Pro-Palästina“ Demo statt – eine ekelhafte und klar bewusste Provokation. Abgesehen davon findet der Gedenktag zu turbulenten Zeiten statt. Bauernproteste, eine gesellschaftliche Spaltung am Anschlag, ein vermeintlicher AfD-Skandal und im Umkehrschluss bis zu einer Millionen Menschen, die „für die Demokratie“ und gegen die AfD auf die Straße gehen, scheinen das Gedenken dieses Jahr zu übertönen. Es ist der erste Gedenktag dieser Art nach dem genozidalen Massaker der Hamas am 7. Oktober. 

Wie ernst ist es der zuletzt so aktiven und moralisch so erhabenen Zivilgesellschaft mit dem Spruch „Nie wieder ist jetzt“ wirklich?

Wenn die Parole „Nie wieder ist jetzt“ gilt, stellt sich die Frage, wo diese hunderttausend Menschen starke Zivilgesellschaft nach dem Massaker durch die Hamas war und wo diese Menschen waren, als auf deutschen Straßen diese Schandtaten von Islamisten, Linken und anderen Antisemiten frenetisch bejubelt wurden. Es ist so einfach und auch bequem der sogenannten „Mehrheitsmeinung“ einfach zu folgen und im Nachhinein zu glauben, man habe die Demokratie vor einer Art „Machtergreifung 2.0“ gerettet. Doch dieser leidenschaftliche „antifaschistische“ Aktivismus gilt scheinbar nicht, wenn Juden die Opfer und Islamisten die Täter darstellen.

Denn wo waren sie, als Synagogen in Berlin vor wenigen Wochen noch mit Molotowcocktails angegriffen wurden? War das etwa „keine Gefahr für die Demokratie“? Warum wurde dort bewusst weggeschaut? Warum ist die akute Bedrohung der Juden scheinbar nicht problematisch genug, um demonstrieren zu gehen, ein Treffen zwischen Unternehmern, Konservativen und Rechten dagegen schon? Ein moralischer Kompass ist schlichtweg nicht zu erkennen. 

 

Situationselastische Courage

Stattdessen machen sie sich mit Linksextremen und „Pro-Palästina“-Propagandisten gemein und haben kein Problem damit, dass antisemitische Banner, die radikal gegen den jüdischen Staat hetzen, auf ihren „Pro-Demokratie“-Demonstrationen geduldet werden - wie es erst vor wenigen Tagen in München und in Berlin der Fall war. Auch antisemitische Sprechchöre waren zu hören, während die anderen Demonstranten wieder bewusst weggeschaut und weggehört haben, als ihre Courage wirklich gebraucht wurde. 

Es ist für manch einen an der Zeit, die eigenen Werte zu überdenken und sicherzustellen, dass der Einsatz gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben in Deutschland nicht von der eigenen ideologischen Voreingenommenheit beeinträchtigt werden sollte. Wenn "Nie wieder ist jetzt" eine wirkliche Bedeutung haben soll, müssen alle Formen des Antisemitismus konsequent und mit gleicher Entschlossenheit bekämpft werden – auch der israelbezogene Antisemitismus aus dem islamischen und linken Lager.

Seit dem 7. Oktober herrscht wieder Krieg im Gazastreifen. Der Angriff der Hamas brachte nicht nur unermessliches Leid über die israelische Gesellschaft, sondern auch furchtbares Leid über die Menschen, für die diese Terrororganisation zu kämpfen behauptet. Denn die Hamas kalkulierte mit der militärischen Reaktion Israels. Zudem bissbraucht die Hamas Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, als lebende Schutzschilde.

 

Sprunghafter Anstieg antisemitischer Straftaten

Auch wenn sich große Teile der politischen Eliten und der Öffentlichkeit vermeintlich solidarisch zu Israel bekennen, zeigt sich in deutschen Großstädten ein anderes Bild. Noch am selben Tag nach dem Massaker feierten Menschen aus dem arabischen Milieu die systematische Ermordung von Kindern und die Vergewaltigung von Frauen in der Berliner Sonnenallee. Sie verteilten Süßigkeiten an Passanten und stimmten arabische Lieder an. Dass es ihnen nicht „nur“ um Israel geht, sondern auch gegen jüdisches Leben generell, zeigen die über 2200 (!) antisemitischen Straftaten hierzulande seit dem 7. Oktober. 

Abschließend ist nur zu sagen, dass es sich bei der ganzen Thematik nicht mehr, als um eine moralische Bankrotterklärung handelt. Insbesondere in Deutschland ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Alarmglocken sofort schrillen, wenn Anschläge auf Synagogen erneut verübt werden und der radikale Judenhass weiter floriert. Auch in solchen Momenten ist es essentiell, dass die Gesellschaft gemeinsam gegen diesen blanken Hass und gegen die militante Gewalt aus diesen Milieus aufsteht und sich klar und deutlich gegen Antisemitismus engagiert. 

 

Liyun Gothóni kommt aus Berlin und arbeitet als Publizist und politischer Kommentator mit Schwerpunkt auf den Nahostkonflikt.

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