Tscherkessen in Israel: Kämpfer aus dem Kaukasus sind stolze Israelis

Die Tscherkessen sind ein Beispiel dafür, wie die Integration von Minderheiten in Israel gelingt. Sie sind stolze Muslime und stolze Israelis. Sie haben ihre eigene Kultur bewahrt und unterstützen den jüdischen Staat, der ihnen alle Freiheiten gewährt. (JR)

Von Jürgen Th. Müller

Das Paar tanzt, fröhlich und schnell. Er in roter Uniform mit Fellmütze, sie in einem anmutigen weißen Kleid. Ihr Tanz ist einige Hundert Jahre alt. Die Bekleidung erinnert an die kalten Berge des Kaukasus, wo Fellmützen Kopf und Ohren warm hielten. Aber auch in der warmen nordisraelischen Sonne bezaubert das Tanzpaar: Es sind Tscherkessen, ein traditionsreiches Volk von Kämpfern, überzeugte Israelis, aber voller Hoffnung auf einen eigenen Staat in ihrer alten Heimat.

„Leider liegt Tscherkessia, unser Land im Kaukasus, in einer strategisch wichtigen Region. Die Großmächte haben dieses Land immer wieder besetzt“, erklärt Aibek Napso, der Leiter des tscherkessischen Kulturzentrums in der nordisraelischen Kleinstadt Kfar Kama. Die Hoffnung auf eine Rückkehr in einen eigenen Staat im heutigen Südrussland sei in jedem Tscherkessen lebendig.

1864 brachte die Armee des russischen Zaren rund 1,5 Millionen Tscherkessen um. Ein Großteil der Überlebenden floh ins Ausland, die meisten in die Türkei. Rund 5000 von ihnen leben heute in Israel. Sie sind gemäßigte sunnitische Muslime, stehen loyal zu Israel und dienen in der Armee. Viele sind bei Sicherheits- und Wachdiensten beschäftigt. Ihr Ruf sorgt dafür, dass sich niemand mit ihnen anlegt. Als zwei junge Beduinen bei Einbrüchen in Kfar Kama erwischt wurden, haben die Tscherkessen die Täter splitterfasernackt zurück in ihr Dorf gejagt. Seither herrscht Ruhe.

 

Kinder lernen vier Sprachen

Viele Häuser in Kfar Kama (3500 Einwohner) sind aus schwarzen Basaltsteinen erbaut, ganz typisch für Tscherkessen-Dörfer. Auf der Straße wird tscherkessisch gesprochen. Die Kinder wachsen viersprachig auf. In der Schule lernen sie tscherkessisch, hebräisch, englisch und arabisch.

Der malerische und blitzsaubere Ort in Untergaliläa wurde als erste israelische Gemeinde in eine Liste der Vereinten Nationen aufgenommen, die sehenswerte touristische Ziele in aller Welt empfiehlt. In dem Dorf kann man eine fremde Kultur authentisch erleben. Das Kulturzentrum in Kfar Kama beherbergt ein Museum, das tiefe Einblicke in die Lebenswelt des Kaukasusvolkes bietet. Zu sehen sind beispielsweise alte Uniformen aus der Zeit, in der die Tscherkessen noch als Krieger auf Pferden unterwegs waren.

Auch die Frauen tragen prachtvolle Gewänder. Die Kopfbedeckung signalisiert, ob eine Frau Single oder verheiratet ist. In der tscherkessischen Gesellschaft gelten Frauen als gleichberechtigt und haben die gleichen Bildungschancen wie Männer.

Fast alle Neugeborenen in Kfar Kama verbringen ihre ersten Lebensmonate in einer der traditionellen Kinderkrippen. Aibek Napso: „Die Krippe wird in eine ruhige Kammer gestellt, mit gedämpftem Licht, niemand berührt das Kind, das auf einer hohen Matratze schläft. Eine erstaunliche Besonderheit ist das Loch in der Unterseite der Wiege. Dieses Loch und der kleine Behälter darunter haben es ermöglicht, auf Windeln zu verzichten. Windeln waren früher nur irgendwelche Stoffe. Die mussten ständig gewechselt werden und haben verhindert, dass das Kind durchschlafen konnte.“

 

Akkordeon und Räucherkäse

Eine wichtige Rolle im Leben der Tscherkessen spielt die Musik. Neben Flöten, Kastagnetten und Trommeln wird vor allem Akkordeon gespielt, das als eine Art Nationalinstrument gilt – bei den Tscherkessen typischerweise ohne schwarze Tasten. Was das Essen angeht, ist Käse besonders wichtig. „Wir essen sehr viel Käse. Tscherkessischer Käse ist mittelhart, man kann ihn lange lagern, kochen oder frittieren, was immer man mag“, erläutert der Leiter des Kulturzentrums. Besonders stolz ist er auf ein einmaliges Ausstellungsstück in seinem Museum: Ein großer Dolch, der komplett aus Räucherkäse besteht.

Die Tscherkessen sind ein Beispiel dafür, wie die Integration von Minderheiten in Israel gelingen kann. Sie sind stolze Muslime und stolze Israelis. Sie haben ihre eigene Kultur bewahrt und unterstützen den jüdischen Staat, der ihnen alle Freiheiten gewährt.

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