Iran: Vermutlich kann nur ein Sturz der Mullahs die Atombombe verhindern

Stephan Grigat bei der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Nürnberg

Mitte Dezember diskutierte die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Nürnberg mit dem Buchautor und Politikwissenschaftler Stephan Grigat über die Proteste im Iran und das Atomprogramm des Mullah-Regimes. Grigat erklärte, dass die Feindschaft des iranischen Mullah-Systems gegenüber Juden sich vor allem aus drei Quellen speise: traditionelle islamische Judenfeindschaft, Schoa-Leugnung und Hass auf Israel, der in seinem Ausmaß nur als „eliminatorischer Antizionismus“ bezeichnet werden könne und fundamental mit dem heutigen Regime verbunden ist. (JR)

Von Felix Lehmann

Die vermeintliche Stabilität des Mullah-Regimes im Iran ist ins Wanken geraten. Seit dem Tod von Mahsa Amini im vergangenen September hat sich die angespannte Lage im Land dramatisch zugespitzt. Die 22-Jährige war von der Teheraner Sittenpolizei in Gewahrsam genommen worden, weil sie ihren Hijab nicht korrekt getragen hatte. Drei Tage starb sie in einem Krankenhaus. An einem Herzinfarkt und einem Hirnschlag, wie die Behörden behaupteten. Computertomographische Aufnahmen ihres Schädels zeigten ein Hirnödem, Blutungen und einen Knochenbruch. Ihr Bruder, der vor der Polizeiwache wartete, hatte ihre Schmerzensschreie aus dem Keller dringen hören. Hunderttausende, allen voran mutige Iranerinnen, gehen seitdem gegen das Regime auf die Straße. Doch das schlägt erbarmungslos zurück: Mehrere Hundert Tote soll es bisher gegeben haben; Zehntausende wurden verhaftet. Über das iranische Atomprogramm und die Folgen für Israel diskutierte der Iran- und Antisemitismusexperte Stephan Grigat Mitte Dezember bei Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Nürnberg.

„Seit seiner Gründung im Jahr 1979 ist die Islamische Republik in jeglicher Hinsicht ein antisemitisches Regime“, stellt Grigat klar. Die Feindschaft gegenüber Juden speise sich aus drei Quellen: traditionelle Judenfeindschaft, Schoa-Leugnung und Hass auf Israel, der nur als „eliminatorischer Antizionismus“ bezeichnet werden könne. Die Schriften des Revolutionsführers Ayatollah Khomeini bieten genug Anschauungsmaterial; Juden gelten darin als gefährliche und minderwertige Gruppe von Menschen. Muslime, so heißt es, müssten sich gegen die Errichtung eines „jüdischen Weltstaates“ zur Wehr setzen. Etwa so, wie die Nazis ihre Wahnvorstellung von der „jüdischen Weltherrschaft“ als Vorwand für die Verfolgung und Ermordung von rund sechs Millionen Juden nahmen. Die Parallelen sind kein Zufall: Khomeini war in seinen jungen Jahren regelmäßiger Hörer des Radiosenders für NS-Auslandspropaganda „Radio Zeesen“.

 

Plan zur Vernichtung Israels

Die Parallelen zu dem von dem großen jüdischen Historiker Saul Friedländer geprägten Begriff des „Erlösungsantisemitismus“ der Nationalsozialisten liegen auf der Hand: Der Wahn, demzufolge die „arische Rasse“ nur durch die Ermordung aller Juden ihr eigenes Überleben sichern könne, war für Hitler, Himmler & Co die Prämisse allen Handelns und bereitete den Weg nach Auschwitz, Majdanek, Treblinka. „Israel ist ein Krebsgeschwür, das ausradiert werden muss und ausradiert werden wird“, heißt es in den regelmäßigen Verlautbarungen des iranischen „Revolutionsführers“ Ali Chamenei. Just am 9. November 2014 veröffentlichte er passend dazu einen Neun-Punkte-Plan zur Vernichtung Israels.

Die Kombination aus Vernichtungs-Antisemitismus mit islamistischer Märtyrerideologie und dem Streben nach der Technologie der Massenvernichtung verleiht dem iranischen Atomprogramm seine besondere Brisanz. Die Abschreckungsdoktrin der Israel Defense Forces sieht notfalls vor, gegen alle arabischen Regierungen gleichzeitig Krieg zu führen. Die Politik der Abschreckung hat sich bewährt. Doch wie schreckt man ein Regime ab, dass in der Vernichtung Israels die Voraussetzung für die religiöse Heilserwartung sieht?

Seit Menachem Begin, dem von 1977 bis 1983 amtierenden ersten israelischen Ministerpräsidenten des Likud-Blocks, gilt die eiserne Doktrin: Niemals darf Israel es zulassen, dass seine Feinde auch nur in die Nähe der Technologie der Massenvernichtung gelangen können. Und seit die israelische Luftwaffe im Juni 1981 den irakischen Kernreaktor Osirak bombardierte, weiß jeder, dass Israel nicht einfach abwarten wird, bis der Iran sein Atomprogramm mit dem Bau der Bombe vollendet.

 

Trump beendete das Theater

Doch für die Sachwalter der „internationalen Staatengemeinschaft“ erscheint nur eine einzige Möglichkeit geeignet: Eine Rückkehr zum „Joint Comprehensive Plan of Action“, dem gescheiterten Abkommen, das 2015 in Wien besiegelt wurde, und aus dem sich der frühere amerikanische Präsident Donald Trump am 8. Mai 2018 zurückzog. Mit einem Federstrich zur rechten Zeit schlug Trump die gesamte europäische Atomdiplomatie in Trümmer.

Zerstört hatte Trump aber nur die auf Selbstbetrug und Schönfärberei beruhenden Lebenslügen der Europäer, entlarvte ihre auf Blauäugigkeit beruhende Appeasement-Politik. Die vier wichtigsten der rund 300 bis 400 Knackpunkte des Abkommens: Die komplette nukleare Infrastruktur bleibt intakt. Keine einzige Zentrifuge wurde jemals verschrottet oder außer Landes gebracht. Und wer, wie der Iran behauptet, Uran auf sechzig Prozent anreichern kann, der ist technisch nur einen Schritt von einem Anreicherungsgrad von 90 Prozent entfernt, der für eine uranbasierte Atombombe erforderlich ist. Aber auch mit Plutonium lassen sich sehr gut Kernwaffensprengköpfe füllen. Befürworter des Atomabkommens brüsten sich damit, dass die Produktion von waffentauglichem Plutonium wirksam verhindert worden sei. Zu diesem Zweck unterhält das Regime seit spätestens 1996 in Arak einen Schwerwasserreaktor. Es muss wohl reiner Zufall sein, dass die Bauweise als Druckröhrenreaktor ausgelegt ist. Denn nur in solchen Reaktortypen lässt sich aus dem laufenden Betrieb ohne Mühe waffenfähiges Plutonium abzweigen. Der Chef des iranischen Atomprogramms verkündete vor einigen Jahren stolz, den aufgrund der JCPOA-Bestimmungen eigentlich „versiegelten“ Reaktor innerhalb einer Woche wieder hochfahren zu können.

 

Regionale Expansion des Iran

Und während die Sanktionen aufgehoben waren, hat der Iran die Zeit genutzt, um seine regionale Expansion munter voranzutreiben: In Bagdad, Beirut, Damaskus und Sanaa regieren iranische Proxies. Während die Europäer beseelt waren von ihrer „Diplomatie“ hat der Iran die Schlinge um Israel enger gezogen. Gleichzeitig haben die Mullahs ihr ballistisches Raketenprogramm ausgebaut. Dimension, Ausmaß und die Spezifik der Trägersysteme lassen nur den Schluss zu, dass die Raketen für Atomsprengköpfe ausgelegt sind, die dereinst auf Tel Aviv, Haifa und Be’er Scheva gerichtet werden sollen. Doch das JCPOA stellt sich für diese Gefahren völlig blind. Auf Drängen des Iran unterteilt das Abkommen die iranischen Atomanlagen in „militärische“ und „nichtmilitärische“ Anlagen. Theoretisch wäre der Zugang zu den als militärisch deklarierten Anlagen nach einem komplizierten Konsultationsverfahren grundsätzlich möglich. Tatsächlich weigert sich der Iran bis heute, irgendeine Inspektion seiner „militärischen“ Atomanlagen zuzulassen. Was das Atomabkommen vollends zur Farce verkommen lässt: Alle „Restriktionen“, die dem Iran auferlegt worden sind, sind sogenannte Sunset-Klauseln: Das Waffenembargo ist mittlerweile ausgelaufen, die Atomanlagen wurden durch das Abkommen legalisiert und die letzten Beschränkungen laufen vertragsgemäß spätestens im Jahr 2025 vollständig aus. Dass das Abkommen dem Iran spätestens dann den Weg zur Bombe ebnet, hat selbst Barack Obama zugegeben: Die Breakout-Time, also die Frist, innerhalb der der Iran durch vertragswidriges Verhalten genug waffentaugliches Material beiseiteschaffen kann, liege dann bei „nahezu null“. Das ist jetzt schon der Fall. Wie konnten sich die Europäer und die Obama-Regierung nur von so viel fehlgeleitetem Optimismus treiben lassen? Handlungsleitend für die westlichen Diplomaten war das Ziel, den Iran, so Obamas stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater Ben Rhodes, „zu einem verantwortlichen regionalen Akteur zu machen.“ Wenn der Iran nur mehr Geld habe und die Wirtschaft besser laufe, dann würde das doch irgendwie die Zivilgesellschaft stärken und der Iran würde letzten Endes eine verantwortliche Rolle im Nahen Osten spielen.

Am Beispiel der mutigen Frauen und Männer, die der blutigen Repression des Regimes zum Trotz noch immer auf den Straßen von Teheran und zahlreichen anderen iranischen Städten protestieren, können die Politikplaner des westlichen Appeasements zwei Dinge beobachten. Erstens: Ihre eigene Politik ist kolossal gescheitert. Zweitens: Nur ein Regime Change kann die iranische Bombe verhindern und Israels Sicherheit garantieren.

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