Der Israel-Komplex der Sozialdemokraten
Die Distanzlosigkeit der SPD zu Israel-Feinden ist schier symptomatisch. © WIKIPEDIA
Von Willi Brandt bis Olaf Scholz, die deutschen Sozialdemokraten haben ein gestörtes Verhältnis zu Israel. Im SPD-regierten Berlin fallen die Genossen notorisch mit ihrer Nähe zu Israel-Feinden auf. Nun hat die Senatskulturverwaltung ein Fest mit über 10.000 Euro aus öffentlichen Geldern mitfinanziert, das von Yakup Kilic moderiert worden ist. Kilic ist Vertreter des hiesigen Iran-Hauses, der Kulturabteilung des Mullah-Regimes, und hatte öffentlich den Tod des iranischen Terror-Generals Qassem Soleimani betrauert, der für Anschläge auf israelische und amerikanische Stützpunkte verantwortlich war. (JR)
Von Willy Brandt bis zum mehr als problematischen „Rosenfest“ in Berlin, das die SPD regierte Bundeshauptstadt mitfinanzierte. Seit über 50 Jahren manifestiert sich bei den Sozialdemokraten ein gestörtes Verhältnis zum Staat Israel. Den Protagonisten scheint das wenig zu stören. Bis auf halbgare Erklärungsversuche und verlogene Sonntagsreden selbsternannter Antisemitismusexperten ist auch in Zukunft nicht mit einer Kursänderung zu rechnen.
Berlin ist für vieles bekannt. Für die gemeine Currywurst nebst Museum, für kernige Ureinwohner und Klebekinder, für Verwaltungen, die ihre Bürger in den Wahnsinn treiben, aber auch für regelmäßige israelfeindliche Entgleisungen. Ob üble Schmäh-Angriffe auf ein jüdisches Restaurant, die steten Angriffe auf Kippa-Träger oder der jährliche, unsägliche Al-Quds-Tag, in dem antisemitische Parolen zum guten Ton gehören. Unter diesem Stern stand auch das diesjährige „Rosenfest am Rosenanger“ in Berlin-Frohnau, das die Hauptstadt mit 10.229 Euro förderte.
Die Veranstaltung, die am 3. und am 10. September stattfand, moderierte Yakub Kilic. Dieser ist kein Unbekannter und scheint ein großer Fan von Quassem Solemani zu sein. So heißt es in einem Video von Kilic über den iranischen General: „Einen Helden haben wir verabschiedet, er hatte ein Herz voller Glauben“.
Solemani wurde am 4. Januar 2020 auf Befehl des damaligen US-Präsidenten Donald Trump mit einer Drohne getötet. Der Iraner galt als einflussreicher Machthaber innerhalb seines Landes, aber auch weit darüber hinaus. Seine dunkle Seite war bekannt. So ordnete er laut Israel in der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 2018 Raketenangriffe auf ein israelisches Militär auf den Golanhöhen an. Der ehemalige US-Army General und ISAF-Kommandeur Stanley A. McChristal bezeichnete ihn 2019 als „Irans tödlichen Puppenspieler.“
Scholz fragwürdige Glaubwürdigkeit
Immer wieder tritt Kilic als Moderator in Erscheinung. Zum Beispiel bei einen Vortrag mit dem Betreiber des islamistischen Internet-Portals „Mulim-Markt“, Yavuz Özoguz, dem Bruder der heutigen Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Aydan Özuguz (SPD). Muslim-Markt ist für seine Nähe zum iranischen Terrorregime bekannt. Außerdem betreibt die Webseite regelmäßig antisemitische Hetze und steht daher auf dem Radar des Verfassungsschutzes. Der Senat selbst flüchtet sich in Allgemeinplätzen. Es sei üblich, dass Projekte erst nach erfolgter Förderzusage in die Detailplanung gehen. Auch die Moderation von Yakub Kilic sei von den Veranstaltern nicht erwähnt worden. „Die Position des Kultursenators wie der Verwaltung ist ganz klar – Antisemitismus in jedweder Form lehnen wir kategorisch ab“, so der Sprecher weiter.
Umso fragwürdiger ist die Ernsthaftigkeit des Bundeskanzlers Scholz, was seine Haltung zum Atomabkommen mit dem Iran angeht. Am Rande des Staatsbesuchs von Israels Regierungschef Lapid in Berlin betonte der SPD-Politiker: „Wir sind uns alle völlig einig, dass es darum geht, dass der Iran keine Atombomben bekommt, dass er auch nicht die Raketen besitzt, um sie zu transportieren. Das ist das, was wir als großes Ziel miteinander verfolgen“. Der Iran habe die nötigen Zusagen nicht gemacht, sagte Scholz.
„Gemeinsame Ziele und Werte“ mit der Fatah
Doch wie glaubwürdig ist der Bundeskanzler, wenn seine Partei seit Jahrzehnten durch eine problematische Haltung bezüglich Israel auffällt? Als der damalige Kanzler Brandt (SPD) im Juni 1973 das Land besuchte, erklärte sich Premierministerin Golda Meir bereit, für einen Frieden mit Ägypten, die im Sechs-Tage-Krieg eroberten Gebiete zu räumen. Doch Brandt wollte nicht selbst nach Kairo reisen und schickte den Ministerialdirektor des Auswärtigen Amtes, Lothar Lahn. Dieser sei jedoch vom Präsidenten und seinem Stab „regelrecht abserviert“ worden. Offensichtlich fehlte Lahn die Bereitschaft, die Botschaft von Golda Meir mit Nachdruck zu überbringen. Die Historiker Tsoref und Wolffsohn kamen zum Ergebnis, dass es „eine, wenn nicht sogar die letzte Möglichkeit war, den Jom Kippur-Krieg zu verhindern.“ Für Brandt, so die beiden Historiker, habe der Sozialdemokrat „Israel als Störfaktor“ wahrgenommen.
Als Störfaktor würde sicher auch die Fatah das Land bezeichnen. Trotzdem hielt die damalige SPD-Generalsekretärin und heutige Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, nichts davon ab, in einem Papier mit der „palästinensischen“ Organisation „die gemeinsamen Ziele und Werte“ zu betonen. Die Fatah negiert das Existenzrecht Israels und war in der Vergangenheit an einigen Anschlägen beteiligt. In ein ähnliches Horn bliesen auch die Jusos, die die Fatah-Jugend als „Schwesterorganisation“ bezeichneten. In der entsprechenden Resolution aus dem Jahr 2020 werden die Themen „Grenzen und Siedlungsbau“ und „Besatzung und Annexion“ eigene Zwischenüberschriften gewidmet, das Wort „Terror“ kommt jedoch in dem Papier nicht einmal vor. Dazu passt der Juso-Vorsitzende Mohammed Baaquol, der vor wenigen Wochen gegen Israel wetterte, wie „Tichy“ berichtete.
Allgemeinplätze helfen nicht weiter
Auch der Vorgänger des jetzigen SPD-Vorsitzenden Klingbeil, Norbert-Walter Borjans, bewies sein gestörtes Verhältnis zum Staat Israel. Zwar sicherte der Sozialdemokrat dem Land weiterhin Waffen zu, jedoch nicht ohne Bedingungen: „Aber haben wir nicht dann auch den Anspruch, ein Stück gehört zu werden, wenn es darum geht, deeskalierend zu wirken, sich einer Zwei-Staaten-Lösung zu öffnen, Verhandlungen zu führen?“ Ist das der Anspruch der Sozialdemokratie, einem Land die Politik zu diktieren, weil man diesem Waffen liefert? Unvorstellbar – nicht nur in der heutigen Zeit, Stichwort Ukraine-Krieg, sondern generell. Diese Herrenreiterattitüde verbietet sich gegenüber einem aufgeklärten, selbstbewussten Land.
Aber dennoch werden Sozialdemokraten nicht müde, zu mahnen. "Die geschilderten Fälle zeigen, dass Antisemitismus in allen Lebensbereichen vorkommt und die Fälle zunehmen. Wir brauchen eine breitere öffentliche Wahrnehmung für Antisemitismus", sagte der Extremismus-Experte der Bayern SPD Florian Ritter im Zuge des Berichts der Recherche- und Informationsstelle (RIAS). "Antisemitismus muss man entgegentreten, wo immer er auftritt. Es muss klar sein, dass verbale Angriffe in unserer Gesellschaft nicht toleriert werden. Die Bayern SPD-Landtagsfraktion verlangt schon seit langem die Stärkung demokratischen Engagements und der Zivilgesellschaft im Umgang mit menschenfeindlichen Ideologien. Das von uns geforderte Landesprogramm für Toleranz und Demokratie soll Menschen ermutigen, Antisemiten klar entgegenzutreten,“ so Ritter weiter. Angesichts der jahrzehntelangen Entgleisungen sind solche Aussagen Hohn und Witz zu gleich. Die Partei sollte sich ehrlich machen und anerkennen, dass sie über Jahre das Problem verschleppt und verschleiert hat. Bedeutungsschwangere Worthülsen helfen hier nicht weiter, im Gegenteil: Sie zeigen die tiefe Unehrlichkeit und Ernsthaftigkeit, wie die SPD das Thema Israel und Judenfeindlichkeit angeht.
Doch danach sieht es nicht aus. Brandt, Özuguz, Borjans, Nahles, ein Vorsitzender der Jusos oder der rot-rot-grüne Senat. Immer wieder eckt die Sozialdemokratie an, wenn es um das Thema Israel geht. Halbgare Entschuldigungen und Allgemeinplätze helfen hier nicht weiter und ändern nichts an einer 50-jährigen antiisraelischen Geschichte, die das ach so moralisch sattelfeste Image der SPD nach außen beschädigt.
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