Kulturelle Aneignung des jüdischen Identitätsbegriffs „Palästinenser“

Die Römer gaben Judäa den Namen Palästina© WIKIPEDIA

Arabische und linke Israel-Feinde werfen dem jüdischen Staat immer wieder Kolonialismus vor, dabei wurde gerade die historische Heimat der Juden im Laufe der Geschichte selbst mehrfach von fremden Mächten kolonialisiert. Auch den identitätsstiftenden Begriff „Palästinenser“, der während der römischen Besatzung und der britischen Mandatszeit ausschließlich die Juden meinte, haben sich die Araber im Zuge ihrer Anti-Israel-Propaganda faktenwidrig angeeignet. Doch über diese identitätsvernichtende Aneignung durch Terroristenchef Jassir Arafat und seine willfährigen linken Helfershelfer echauffiert sich im Westen kein einziger, der sonst für jede Form vermeintlicher ethnischer Integrität einstehenden Bessermenschen. (JR)

Von Mirjam Lübke

Da steht es nun seit 2016 nördlich von Ramallah – das Museum für „palästinensische“ Geschichte. Der Bau an sich wirkt modern und imposant, umgeben von traditionellen Gärten. Allerdings fehlt das, was ein Museum gewöhnlich zu einem Museum macht: Die Ausstellungsstücke. Derzeit findet dort die Veranstaltung »a people by the sea« statt, mit der wieder einmal bewiesen werden soll, wie weit die Geschichte des »palästinensischen Volkes« zurückreicht. Man soll den Eindruck gewinnen, Israel hätte einen florierenden Staat von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Region vernichtet. Den Beweis allerdings bleiben die Macher der Ausstellung schuldig: Es gibt ein paar computeranimierte Grafiken, Fotos von Fischerbooten und sogar eine Zugfahrkarte mit der obligatorischen Aufschrift »Palestine« zu sehen. Wir ahnen es: Es handelt sich dabei um eine von den Briten in ihrem Mandatsgebiet gebaute Zug-Linie. Auch ein wenig Touristenkitsch darf nicht fehlen, insgesamt wirkt der Versuch, hier eine Historie zu konstruieren, recht dürftig. Man muss die erzählte Geschichte schon glauben wollen.

Mit der Aneignung des Begriffs »Palästinenser« konnten die Araber der Region durch einige geschickte Propaganda-Aktionen Yassir Arafats einen Erfolg erzielen, kaum jemand verbindet mit dem Begriff heute noch die ersten jüdischen Siedler, die sich bereits Jahrzehnte früher so bezeichneten. Auch die legendäre Golda Meir verkündete stolz, Palästinenserin zu sein. Mit der Gründung des Staates Israel fanden die Juden der Region jedoch rasch zu ihrer historischen Namensgebung zurück, der Begriff wurde gewissermaßen »vakant«. Dabei ist er seiner Wortbedeutung nach wenig schmeichelhaft, denn die »Plischtim« waren die »Eindringlinge«, von den Ägyptern im 13. Jahrhundert v.d.Z. angesiedelte Piraten aus dem östlichen Mittelmeer. Schon in der Antike war das Prinzip »Land für Frieden« bekannt, auch die Römer wandten es an: Sie boten Seeräubern einen Waffenstillstand an, wenn sie sich im Gegenzug als Kolonisten in einem neu eroberten Gebiet niederließen. Wie man es dreht und wendet: Die Juden waren zuerst da, aber die Philister machten ihnen bekanntlich das Leben schwer. Von den Ägyptern unterstützt, besaßen sie bereits gehärtete Eisenwaffen, während die Israeliten noch mit Bronzeschwertern kämpften. Wenn sich die heutigen »Palästinenser« auf die Philister berufen, dann führen sie sich selbst auf die ägyptische Kolonialisierung Israels zurück – und ist es nicht gerade »Kolonialismus«, der dem Staat Israel von ihrer Seite immer wieder vorgeworfen wird?

 

»Syria Palaestina«

Das Gebiet, auf dem Israel gegründet wurde, erhielt von den Römern den Namen »Syria Palaestina« bekanntlich nach dem Bar Kochba-Aufstand im 2. Jahrhundert, um die Erinnerung an die vertriebenen Israeliten auszulöschen. Heute sind Kolonialismus und »kulturelle Aneignung« zentrale Punkte der antirassistischen Bewegung, welche vielfach auch den Staat Israel zu ihrem Gegner erklärt hat. Die Debatte ist auch in Deutschland nicht unbekannt: Aufgrund des harschen Protestes einiger »Aktivisten« nahm der Ravensburger-Verlag jüngst die »Abenteuer des jungen Winnetou« aus dem Programm, denn das Werk könne die indigene Bevölkerung Amerikas kränken, die das Buch wahrscheinlich noch nicht einmal kennen. Indianisch inspirierte Karnevalskostüme sind schon seit Jahren tabu. Nachdem uns jahrelang der Multikulturalismus als das Nonplusultra der modernen Gesellschaftsformen angepriesen wurde und man den Eindruck gewinnen konnte, für die Verfechter dieser Ideologie sei das interkulturelle Zusammenleben ein einziges Folklorefestival voller lebensfroher Musik und exotischer Speisen, wird nun ein komplett gegenteiliger Kurs verfolgt: Alles, mit dem der weiße Mitteleuropäer seine Sympathie für fremde Kulturen ausdrücken möchte, ist plötzlich verpönt. Rasta-Locken, einst zuverlässiges Erkennungszeichen des toleranten Linken, müssen abgeschnitten werden. Indisches Curry und der Toast Hawaii, obwohl er in Deutschland erfunden wurde, sollen vom Speiseplan gefegt werden. Manchmal wünschte man sich zwar, einige von Nichtjuden gegründete Klezmer-Bands wären so sensibel im Umgang mit der jiddischen Sprache, aber kann sich jemand ernsthaft vorstellen, Juden würden Nichtjuden den Genuss von Shakshuka oder gefilltem Fish verbieten wollen? Wahrscheinlich nicht, denn man weiß letztlich, dass sie damit auch ihre Zuneigung zur jüdischen Kultur ausdrücken wollen. Nur als Didi Hallervorden im Film »Knödel braucht der Mensch« anfing, sich an Jiddish zu versuchen, dachte ich einen Moment darüber nach, ob »cancel culture« tatsächlich in jedem Fall von Übel ist – aber ich wurde schließlich nicht gezwungen, das Werk zu schauen.

 

Das erfundene Volk

Dabei findet durchaus ein reger Austausch zwischen den Kulturen statt, etwa zwischen europäischer und afrikanischer Musik. Hier genau liegt aber das Problem der »Palästinenser«, die als erfundenes Volk in die arabische Kultur und Geschichte eingebunden sind, ohne eine eigene vorweisen zu können, die in die Zeit vor 1967 zurückreicht. Wir kennen alle jene Israelhasser, die uns voller Selbstbewusstsein eine Karte des britischen Mandatsgebiets Palästina als Beweis eines früher vorhandenen eigenen Staates zeigen. In den sozialen Medien geht daher das ironisch gemeinte »Palästina-Quiz« um, in dem nach den „palästinensischen“ Präsidenten vor Yassir Arafat, den Städten des sagenumwobenen Landes und seinen Universitäten gefragt wird. Da die Befragten die Antworten mangels Substanz schuldig bleiben müssen, erhält man in der Regel als Entgegnung nur noch wüste Beschimpfungen. Die Wahrheit tut weh.

Den »Palästinensern« bleibt also nichts anderes übrig, als das zu tun, was der westlichen Gesellschaft als Vergehen angekreidet wird: Sich eine Kultur anzueignen. Die Region ist reich an archäologischen Schätzen, aber man wird nicht eine „palästinensische“ Münze finden, die vom Antlitz eines antiken Herrschers geschmückt wird. Die einzigen Münzen, welche Palästina erwähnen, wurden von den Briten geprägt. Römer, Griechen und Juden hinterließen ihre Spuren in Form von Gebäuden, Statuen und Gebrauchsgegenständen – Schmuck aus antikem römischem Glas ist noch heute populär und bei Kunsthandwerkern zu erwerben. Man findet alte Synagogen und Kirchen, doch keinen vorislamischen „palästinensischen“ Kultort. Natürlich hat auch die arabische Kultur dort ihre Spuren hinterlassen, schon architektonisch, das bestreitet niemand. Der im 7. Jahrhundert errichtete Felsendom ist weltberühmt – gehört aber zur islamischen Tradition und ist nichts spezifisch „Palästinensisches“.

 

Keine eigene Kultur und Geschichte

Es ist wohl kein Zufall, dass sich ausgerechnet im Eröffnungsjahr des „Palästina“-Museums der dreistete Versuch ereignete, sich ein Stück jüdischer Kultur als die eigene einzuverleiben: Plötzlich forderte die „palästinensische“ Autonomie-Behörde von Israel die Herausgabe der Qumran-Funde, wandte sich sogar an Deutschland, weil hier einige der Rollen als Leihgabe ausgestellt waren. Qumran mag auf einem von der Autonomiebehörde beanspruchten Gebiet liegen, das ändert aber keinen Deut daran, dass es sich bei den Schriftstücken eindeutig um eins der wichtigsten Zeugnisse jüdischer Kultur handelt. Seit ihrer Entdeckung ranken sich viele Mythen um die Funde, sogar ein Fluch soll darauf liegen – das fanden wir als Studenten besonders aufregend. Der Vatikan, das British Museum und auch die Universität Heidelberg rissen sich darum, wenigstens einige Fragmente zur Forschung zu bekommen – aber niemand wäre auf die Idee gekommen, sie als Teil der eigenen Kultur auszugeben. Und damit gleichzeitig ein Stück jüdische Kultur in der Region auszulöschen.

In Deutschland wurde zwar darüber berichtet, allerdings wieder einmal mit viel Sympathie für das „palästinensische“ Anliegen. Man erwog tatsächlich der Bitte der „Palästinenser“ nach Herausgabe der an Deutschland verliehenen Exponate nachzugeben. Da ist er wieder, der rote Faden, der mit zweierlei Maß misst: Niemand, der Rasta-Locken trägt, sich ins Indianer-Kostüm wirft oder der indischen Küche zugeneigt ist, verfolgt dabei böswillige Absichten – im Gegenteil, er möchte, auch wenn das neuerdings kritisch gesehen wird, seine Begeisterung für das »Imitierte« ausdrücken. Die »Palästinenser« allerdings arbeiten mit ihrem »Kulturklau« an der Auslöschung der jüdischen Geschichte und treffen dabei auf sehr viel Nachsicht. Wahrscheinlich, weil es ihren Freunden im Westen so gut gefällt, die mit diesen Bestrebungen ihr eigenes Narrativ von der »Kolonie Israel« betonieren können. Wenn man sich dazu mit fremden Federn schmücken muss, ist die Idee vom »Volk der Palästinenser« allerdings auf Sand gebaut.

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