Worauf die Welt gar nicht gewartet hat: „Juden gendern“
Der „jüdisch-queer-feministische“ Verein „Latkes*Berlin“ bezeichnet sich selbst als „linksradikal“ und gibt auf seiner Homepage Tipps, wie Juden richtig zu „gendern“ seien, womit er sich in bester Gesellschaft mit dem sehr weit nach links und grün gedrifteten jüdischen Studentenverband JSUD und dem ebenso gesinnten jüdischen Studienwerk ELES befindet. (JR)
Der Genderismus und die Identitätspolitik sind auch im Judentum angekommen
Der Verein „Latkes Berlin“ lässt nicht den Hauch von Zweifel an seiner politischen Haltung. Was wie ein Kochclub klingt, ist in Wahrheit ein Zusammenschluss linker politischer Aktivisten. So heißt es unter „über uns“: “Latkes*Berlin ist eine Gruppe von Leuten, die sich mit ihrem eigenen Jüdischsein auseinandersetzt und damit, was es bedeutet, in Berlin und Deutschland queerfeministisch, linksradikal UND jüdisch zu sein, und dabei auch noch gleichzeitig israelsolidarisch und rassismuskritisch“. Es bedarf schon einiges an Selbstbewusstsein, sich selbst als „radikal“ zu bezeichnen.
Wie sie den Spagat, linksradikal und rassismuskritisch hinbekommen, bleibt rätselhaft. Gar nicht rätselhaft jedoch ist ihre Haltung zum Gendern. Auch Juden, Judentum, jüdisch sein muss gegendert werden. Gendern bedeutet der Versuch, Begriffe der vielen Geschlechter, die vermeintlich existieren sollen, anzupassen. Was dabei herauskommt ist im Regelfall ein sprachlicher Krampf, der von Unlogik und Unlesbarkeit nur so strotzt. Allein Leute, die Deutsch lernen, eine ohnehin schon schwierige Sprache, verzweifeln am „Gendern“. Von Menschen mit Sprachbehinderungen, Leseschwächen und der Dinge mehr ganz zu schweigen.
„Queerfeministische, linksradikale Juden?“
„Immer mal wieder werden wir gefragt, wie „jüdische Menschen“ in geschlechtergerechter Sprache am besten abgebildet werden können“, so heißt es auf der Internetseite. Da würde man am liebsten fragen: „Von wem? Wer fragt so etwas?“ Die Antwort jedoch ist klar. Diejenigen, die, wie Robert Pfaller es so treffend beschrieb, die „Erwachsenensprache“ längst verlassen haben und aufgrund einer kruden politischen Korrektheit alle Kanten der Deutschen Sprache, die sie erst so liebevoll machen, glätten wollen, sind erst dann zufrieden, bis ein ewig gleicher, fader, seelenloser Sermon dabei herauskommt. Und lesbar ist das Gendern ohnehin nicht.
Doch der Verein hat eine Mission: „Eine ganz einfache Antwort mit klarer Handlungsanweisung können (und wollen) wir zwar nicht liefern, aber wir haben mal die uns bekannten Argumente und Überlegungen gesammelt. Quasi als kleines Serviceangebot für die gojische Welt. Gleichzeitig ist dieser Text als Diskussionsangebot gedacht, vor allem an andere Juden_Jüdinnen.“ Hierbei springt sofort das Zitat von Gerhard Polt ins Auge. „Wer ist „wir“? Ich bin nicht „wir!“ Ich war noch nie „wir“. „Wir“ sind immer die anderen. Und die wissen es ganz genau!“. Der bayrische Kabarettist meint hier die Hybris von Leuten, die meinen für ein Kollektiv zu sprechen. Von wem sprechen sie? „Wir“, die Juden? Oder nur die „qeerfeministisch, linksradikalen Juden?“ Man weiß es nicht. „Wie gendert ihr? Was ist euch dabei wichtig, was geht gar nicht?“ Schauen wir es uns an.
Jüd:innen und Jüd:außen
„Im Allgemeinen gendern wir mit Unterstrich, Sternchen oder neuerdings auch mit dem Doppelpunkt. Um die grundsätzliche Wahl zwischen diesen Optionen soll es hier nicht gehen, und schon gar nicht um die prinzipielle Sinnhaftigkeit dieser Form der geschlechtergerechten Sprache. Sondern um die Probleme in der Anwendung auf die Wörter „Juden“ und „Jüdinnen“.“
Das heißt konkret: Jüd:innen – übrigens ungleich Jüd:außen - oder JüdInnen, oder Jüd_innen. Wichtig hierbei ist der “glottale Stopp“. Der geneigte Gender_in muss vor „jüd“ einen kurze, prägnante Pause einhalten, so wie es beispielsweise Anne Will oder fast der gesamte Deutschlandfunk inzwischen tut. Nur dann ist man wirklich politisch korrekt. Gendern bedeutet auch, jedem seine politische Gesinnung, ohne diese zu verbalisieren, auf die Nase zu binden, was per se bereits übergriffig ist.
„Jude“ als Beleidigung akzeptieren
Doch Latkes Berlin wäre nicht Latkes Berlin, wenn auch Jüd:innen und Co nicht auch zu Problemen führen würden: „Erstens wird der Wortbestandteil „Jüd“ von vielen als problematisch empfunden, denn für sich genommen wurde er von den Nazis und anderen Antisemiten als diffamierender Begriff gesetzt, etwa indem sie gegen „die Jüden“ hetzten.“ Das ist natürlich nicht so schön. Und zweitens?
„Zweitens verschwindet dabei die männliche Form, „Jude“. Das wäre uns im Allgemeinen sowas von egal, nur hier nicht. Denn „Jude“ wird immer noch als Schimpfwort benutzt. Gleichzeitig tun sich viele deutsche Gojim unglaublich schwer, das Wort „Jude“ auszusprechen.“ ein wahres Problem. Da „Jude“ als Beleidigung genutzt wird, sollte man „Jude“ gar nicht mehr sagen.
Auch „jüdische Mitbürger“ ist nicht recht
Am Besten sollte man Kippa und Tefillin wegwerfen, denn erst dann ist man auf der sicheren Seite. Der Verein scheint nicht zu merken, dass er damit die Marginalisierung jüdisches Leben aktiv betreibt und damit im Kern bereits antisemitisch ist.
Auch der nächste Versuch befriedet nicht die Gefühle der politisch Korrekten Aktivisten: „Menschen jüdischen Glaubens.“ Selbsterkanntes Problem: Nicht jeder Jude ist auch gläubig. „Jüdische Mitbürger“ gefällt dem Verein ebenso wenig, da das „Mitbürger“, womit er ausnahmsweise einmal Recht hat, dem „Bürger“ gegenüber exklusiv wirkt.
Der Genderstern erinnere an den Judenstern
Doch es kommt noch absurder. Der nächste Versuch heißt „Juden und Jüdinnen“. „Das ist schon OK, aber es erfüllt nicht das Ziel einer gegenderten Form, die auch Positionen jenseits der Zweigeschlechtlichkeit repräsentiert, beziehungsweise die Zweigeschlechtlichkeit kritisiert, die der Sprache eingeschrieben ist,“ so der Verein. Auch wieder falsch. Gendern ist schon eine verflucht vertrackte Angelegenheit.
Die nächste Überlegung von „Latkes Berlin“: „Jude.*“ kein „innen“, kein „Mitbürger“, nichts. Lediglich ein Stern. Doch auch hier lauert die Gefahr, denn ist doch dieses Symbol auch selbst problembehaftet, der geneigte Leser wird es bereits erahnt haben: „Allerdings gibt es aus jüdischer Perspektive durchaus auch Kritik an der Verwendung des Gendersternchens, denn der Stern ruft schmerzhafte Erinnerungen des gewaltvollen Markiertwerdens durch die Nazis auf, vor allem in der gesprochenen Variante „Judensternchen““, so die Autoren. Wie man es macht, man macht es falsch.
Das Endergebnis, was der Verein von nun an nutzen wird, lautet: „Juden_Jüdinnen“ / „Juden:Jüdinnen“. Aber: „Das Thema ist aber alles andere als abgeschlossen“, so Latkes Berlin. Es darf befürchtet werden, dass die Herr- und Frauschaften auch noch auf absurdere Formulierungen kommen werden.
Angewandter Antisemitismus durch Marginalisierung
Bei aller Humorlosigkeit: Der Verein „Latkes Berlin“ betreibt nichts anderes als lupenreinen Antisemitismus. Mit „Juden_Jüdinnen“ oder „Juden:Jüdinnen“ wird das Jüdischsein entwertet. „Wörter machen Leute“, meinte der Journalistenlehrer und Autor Wolf Schneider einst. Das stimmt. Indem das Wort „Jude“, was im Übrigen die simple Version des Autors dieses Textes wäre, ganz ohne Sternchen und Binnen-I, pathologisiert wird, wird das Judentum in der Sprache problematisiert. Ist das das Ziel eines Vereins, der sich selbst „jüdisch“ nennt, der Angst zu haben scheint, „Jude“ zu sagen und zu schreiben?
„Latkes“ sind kleine, in Fett frittierte Kartoffelpuffer und stammen aus Osteuropa. Dahingehend sollte sich der Verein bemühen: Rezepte Online stellen, Restauranttipps geben, Kochabende organisieren, Foodblogs betreiben und neue Gerichte kreieren. Damit tut der Verein niemandem weh und tut nebenbei noch etwas, ganz im Gegensatz zu diesem Gender-Irrsinn, für die jüdische Identität. „Wer unrein spricht, der denkt auch unrein“, meinte einst der Journalist Karl Kraus. Und wie „Latkes Berlin“ denkt, haben sie mit diesem absurden Werk, das „Juden gendern“ heißt, eindrucksvoll bewiesen.
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