Vor 100 Jahren wurde das Völkerbundmandat für Palästina an Großbritannien übertragen

Die Briten erhielten im Juli 1922 das Völkerbundmandat über Palästina. Allerdings lag die Gründung eines jüdischen Staates keinesfalls in ihrem Interesse. Um einen Zuzug und Anstieg der jüdischen Bevölkerung in ihrem dortigen Einflussgebiet zu unterbinden, verhinderten sie schikanös und vorsätzlich die Rettung hunderttausender Juden aus Nazi-Deutschland. (JR)

Trotz des Widerstands der Araber und der Briten betonte das Mandatsgebiet Palästina mit seiner Flagge, dass es die nationale Heimat des jüdischen Volkes ist
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Von Alexander Kumbarg

Vom 16. bis Anfang des 20. Jahrhunderts war das historische Palästina ein Teil des Osmanischen Reichs. Dies änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg. Die Britische Armee eroberte das Territorium von Palästina, und das Vereinigte Königreich erhielt am 24. Juli 1922 kraft Beschlusses des Rates des Völkerbundes das Mandat über eine vorläufige Verwaltung Palästinas.

 

«Zwischen zwei Stühlen»

Das temporäre Mandatssystems, das auch andere Gebiete des Nahen Osten einschloss, bezog sich auf die Zeit, «bis diese in der Lage sein werden, sich selbstständig zu verwalten». Das erklärte Ziel des Mandats war die Umsetzung der Balfour-Deklaration vom November 1917, in der der britische Außenminister Arthur Balfour verkündete: «Die Regierung Seiner Majestät betrachtet mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird sein Bestes tun, die Erreichung dieses Ziels zu erleichtern…». Der Völkerbund sprach über «die historische Verbindung des jüdischen Volkes mit Palästina», über die Notwendigkeit, die entsprechenden wirtschaftlich-politischen Bedingungen für die «sichere Bildung einer jüdischen nationalen Heimstätte» im Land zu erschaffen, über die Entwicklung von Infrastruktur der Selbstverwaltung, die Unterstützung der jüdischen Einwanderung bei der Einhaltung der bürgerlichen und religiösen Rechte aller Einwohner Palästinas «unabhängig von Rasse und Religion».

Das war die Erkenntlichkeit für die Hilfe, die Juden während des Ersten Weltkrieges an die Länder der Entente – Allianz zwischen Großbritannien, Frankreich und Russland – leisteten, wie auch das Bestreben, diese Hilfe für die Zukunft zu sichern.

Während des Ersten Weltkrieges versprachen die Briten dem Scharif von Mekka, Herrscher von Hidjaz, Hussein ibn Ali, für die militärische Hilfe im Kampf gegen das Osmanische Reich die Unterstützung bei der Erschaffung eines arabischen Staates, der die Arabische Halbinsel und eine Reihe anderer Territorien im Nahen Osten umfassen sollte (Hidjaz/Hedschas ist eine Landschaft im Westen der Saudi-Arabien, wo sich die beiden Heiligen Stätten des Islams – Mekka und Medina - befinden, - Anm. d. Übers.). Die Araber halfen – und beanspruchten später eine Einhaltung des Versprechens und auch das Gebiet Palästinas für sich; in der Balfour-Deklaration sahen sie einen Wortbruch.

Diesen Knoten der Widersprüche ergänzte noch im gleichen Jahr 1922 das Transjordanien-Memorandum, das die Gebiete östlich vom Jordan aus den für jüdische Siedlungen nutzbaren Territorien ausschloss. Somit signalisierte Großbritannien, dass es die Vereinbarungen mit Hussein ibn Ali nicht vergessen hat und dass es den jüdischen Anteil Palästinas so verkleinert, dass auf diesem Gebiet die Entstehung eines arabischen Staates möglich wäre.

Die gesamte Zeit der britischen Verwaltung des Mandatsgebiets Palästina war durch Manöver der Brieten zwischen jüdischen und arabischen Führern gekennzeichnet; es waren Versuche, „zwischen zwei Stühlen“ zu sitzen in der Bestrebung, die Kontrolle über Palästina halten zu können.

Die jüdische Masseneinwanderung nach Palästina war in vollem Gange, größtenteils aus europäischen Ländern, wo sich zunächst der Antisemitismus und später der Nazismus ausbreitete. Die ankommenden Juden brachten in die patriarchale Gesellschaft Finanzen, europäische Technologien, ihre Bildung, Intellekt und Arbeitsbegeisterung. Sie waren erfolgreich: Die kapitalistische Wirtschaft entwickelte sich prächtig, in den Städten entstanden zahlreiche Unternehmen, die für die Landwirtschaft ungeeignete Böden wurden in geeignete umgewandelt.

Die jüdische Immigration, Landverkauf an Juden und die harte Konkurrenz führten zu wirtschaftlichen Problemen bei Teilen der arabischen Bevölkerung, in erster Linie bei Bauern – Fellachen -, die ihr gewohntes halbfeudales Leben nicht aufgeben wollten. Es hätte wesentlich mehr jüdische Immigranten geben können, wenn sich die jüdisch-arabischen Beziehungen nicht verschärften: Es häuften sich die arabischen Proteste bis hin zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Die Briten wollten keinen Streit mit den Arabern und reduzierten die jüdische Immigration stark, während die arabische nicht geändert wurde.

 

Die Zionismus-Unterstützer und die Antisemiten

Selbstverständlich verfolgten die britischen Politiker im Nahen Osten die Interessen des eigenen Landes. Einige sympathisierten jedoch mit dem Zionismus – auch ohne jüdisch zu sein, wie Arthur Balfour oder die angesehenen Staatsmänner Edward Grey und Herbert Samuel. In wissenschaftlichen Kreisen heißt es, der Philozionismus habe bei der britischen Elite viele Anhänger gehabt und selbst diejenigen, die Zionismus als solchen nicht unterstützten, äußerten sich für die breite jüdische Präsenz in Palästina, da diese für die wirtschaftliche Entwicklung der Region sehr vorteilhaft sein solle.

De Facto begann das britische Völkerbundmandat für Palästina bereits 1920 zu wirken; zum ersten Hochkommissaren (Juli 1920 – 25. August 1925) wurde Herbert Samuel ernannt: Der erste jüdische Minister in der Geschichte Großbritanniens, ein angesehener liberaler Politiker und Diplomat, Befürworter des Zionismus und der Idee eines Jüdischen Staates. In der Zeit seiner Verwaltung verdoppelte sich die Zahl der jüdischen Bevölkerung Palästinas; dem Hebräischen wurde der Status eines der drei Amtssprachen zugeteilt, jüdische Organisationen wurden offiziell anerkannt, es entstanden lokale Verwaltungsinstitutionen, das Oberrabbinat wurde gegründet, Juden hielten wichtige amtliche Posten inne. Gleichzeitig, bemüht um die Neutralität, schränkte Samuel die jüdische Immigration ein und ernannte den radikalen Amin al-Husseini zum Mufti von Jerusalem.

Ebenfalls waren die Jahre unter dem Hochkommissar Arthur Wauchope (1932 – 1937) eine Blütezeit für die zionistische Geschichte Palästinas: Die Immigration verdreifachte sich, Juden konnten ihren Landesbesitz vergrößern, der Handel und jüdisches Unternehmertum erlebten einen Aufschwung.

Es gab allerdings genug Politiker, die pro-arabische Position einnahmen. Gegner einer jüdischen „nationalen Heimstätte“ waren nicht wenige Vertreter des britischen Militärs in Palästina: Sie vermuteten einen starken arabischen Widerstand. Es fanden sich auch banale Antisemiten; der Historiker und Psychologe William Perl (1906 - 1998) schreibt in seinem Buch „The Holocaust Conspiracy“, dass die schärfsten antisemitischen Ansichten der damals zweite Mann in der Regierung Großbritanniens, Anthony Eden, hatte. Er war 12 Jahre lang der einflussreichste Mann des britischen Unterhauses, hatte zweimal das Amt des Außenministers inne, war auch Verteidigungsminister. „Bei einem Konflikt zwischen Arabern und Juden stand er stets auf der Seite der Araber“, so W. Perl.

 

Die Araber

Der arabische Nationalismus verstärkte sich. Zwar gab es keine Einigkeit bei der arabischen nationalen Bewegung – verschiedene Clans, Parteien und Führer führten einen erbitterten Kampf -, eine antijüdische Einstellung jedoch vereinte sie; ihre Bestrebungen waren, die Balfour-Deklaration außer Kraft zu setzen, die jüdische Immigration sowie den Verkauf der unbewirtschafteten Ländereien an Juden zu stoppen und einen unabhängigen arabischen Staat in Palästina zu gründen.

Es kam zu arabischen Ausschreitungen. Im Jahr 1929 folgten dem arabischen Aufstand Pogrome. Der Führer der arabischen Nationalisten war der Jerusalemer Mufti Amin al-Husseini. Ab Mitte der 1930er Jahre setzte er nicht nur auf offene antijüdische und antibritische Propaganda, sondern zunehmend auf einen bewaffneten Kampf.

1936 – 1939 erschütterte ein noch größerer Aufstand das Land. Die britische Armee musste eine groß angelegte Militäroperation durchführen, um ihn zu unterdrücken; die jüdischen paramilitärischen Organisationen Irgun und Hagana waren daran beteiligt. Der Aufstand wurde niedergeschlagen; al-Husseini verlor seinen Posten; etwa 200 angesehene arabische Persönlichkeiten wurden ausgewiesen, viele Rebellengruppen zerschlagen oder aus Palästina vertrieben.

 

Besänftigung der arabischen Welt

1937 schlug Lord Peels Königliche Kommission die Teilung Palästinas vor, in einen arabischen und einen jüdischen Teil, wobei Großbritannien die Kontrolle über einen Teil des Territoriums behalten sollte. Seitens der Araber wurde dieser Vorschlag größtenteils abgelehnt. Schließlich wurde der Teilungsplan von der britischen Regierung fallen gelassen. 1939 folgte das MacDonald–Weißbuch, konzipiert allein von den Briten mit dem Hinweis, dass Palästina nicht ausschließlich den Juden oder den Arabern gehören kann. Das Ziel wurde gesetzt: Binnen 10 Jahren sollte ein gemeinsamer arabisch-jüdischer Staat entstehen; für die jüdische Einwanderung beschloss man eine Quote: 75.000 Menschen innerhalb von fünf Jahren. Sollte danach kein Einverständnis der Araber folgen, müsste die jüdische Immigration eingestellt werden.

Dies war eine offensichtliche Bemühung Londons, die arabische Welt zu besänftigen, denn in Anbetracht der drohenden Gefahr eines Weltkrieges war es wichtig, die Versuche einiger nationalistischer arabischer Führer, mit Deutschland und Italien zu kooperieren, zu verhindern. Mit der jüdischen Unterstützung in einem Kriegsfall konnte Großbritannien aus verständlichen Gründen ohnehin rechnen, so brauchte man sich nicht zu zieren… Für die zionistische Bewegung war das Weißbuch ein Verrat an jüdischen Interessen, die Juden mussten eine Minderheit im Land bleiben ohne jegliche Perspektive eines eigenen Staates. Es begannen Proteste gegen die besagten Pläne, und sie beschränkten sich nicht nur auf Demonstrationen: Die paramilitärische Organisation Irgun führte Sabotageakten in britischen Einrichtungen und Terroranschläge gegen Araber durch. Doch dann begann der Zweite Weltkrieg.

Die Leitung der Jeschuws beschloss, den Briten - trotz Weißbuch - zu helfen. Der Großteil der Juden begriff die Lebensnotwendigkeit, das Nazi-Deutschland zu zerschlagen. Die Informationen über die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung der von den Deutschen besetzten Länder erreichten bereits Palästina, und obwohl es dort keine Wehrpflicht gab, meldeten sich ca. 30.000 jüdischer Männer und Frauen aus der eine halbe Million zählenden Gemeinde freiwillig bei der britischen Armee. Es gab insgesamt fast 130.000 Freiwillige, aber längst nicht alle wurden in die Kampfeinheiten aufgenommen.

Der Vorsitzende der Jewish Agency David Ben Gurion stellte die Aufgabe, die jüdischen Einheiten zu bilden - für eine zukünftige Erschaffung der jüdischen Armee und des jüdischen Staates, was allerdings von den Briten nicht begrüßt wurde: Sie befürchteten von solchen nationalen Strukturen eine Gefahr für die Erhaltung ihres Mandats.

Juden dienten in allen Truppengattungen der britischen Streitkräfte. Aufklärer und Saboteure der Palmach (Angriffstruppen der jüdischen paramilitärischen Organisation Hagana) wurden auf das syrische und libanesische Territorium und in die europäischen Länder eingeschleust und unterstützten den jüdischen Untergrundkampf. Palästina wurde zu einer britischen Militärbasis. Juden beteiligten sich an den Schiffsreparaturen, Unternehmen fertigten für die Briten Uniformen, Lebensmittel, Waffen, medizinische Ausrüstung uvm.

Großbritannien verteidigte Palästina gegen die deutsch-italienischen Truppen. Die Gefahr einer Landinvasion der Nazis ins Heilige Land aus Syrien und Libanon wurde im Juni 1941 beseitigt. Im Sommer 1942 marschierte das Afrikakorps der Wehrmacht unter dem Kommando des erfahrenen Generals Erwin Rommel nach Palästina. Laut Studien des deutschen Historikers K. M. Mallmann beinhaltete die afrikanische Kampagne der Nazis auch die Vernichtung der Juden im Nahen Osten; zu diesem Zweck hatte Rommel eine entsprechende Spezialeinheit. Während der Besatzung Tunesiens wurden von der Wehrmacht ca. 2.500 Juden ermordet.

Hochkommissar Sir Herbert Samuel (Mitte), Winston Churchill, Emir Abdallah und andere in Jerusalem, März 1921
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Palmach und das britische Militär arbeiteten einen Verteidigungsplan für Palästina aus. Im Falle einer deutschen Invasion sollte der Widerstand hauptsächlich im Norden, in den Bergen, aufgebaut werden. In den Bergen Galiläas baute man Befestigungsanlagen, Geheimverstecke in den Höhlen und Feldflugplätze. Ein Trainingscamp mit britischen Ausbildern nahm seine Arbeit auf.

Im November 1942 wurden die Nazis in Ägypten von den Briten geschlagen; im Mai 1943 zwangen britisch-amerikanische Truppen deutsch-italienische Truppen in Afrika zur Kapitulation. Der Holocaust kam nicht nach Palästina.

Im September 1944 wurde schließlich eine Genehmigung erteilt, eine jüdische Brigade innerhalb der britischen Armee zu bilden, die einzige rein jüdische Militäreinheit, die im Zweiten Weltkrieg in den Truppen den Alliierten unter der jüdischen Flagge kämpfte.

 

Der innere Feind

Vor dem Krieg und während der Kampfhandlungen mussten Juden stets auch die Anwesenheit eines inneren Feindes beachten. Die breitangelegte judophobe Nazi-Propaganda fiel auf fruchtbaren Boden: Amin al-Husseini traf sich in Berlin mit Hitler, träumte davon, mit der Nazi-Armee nach Palästina zurückzukehren. Die Frage der Massentötung der Juden in Palästina stand im Raum.

 

Die Rettung der Opfer wurde boykottiert

Der Historiker W. Perl schreibt: «Nicht ein einziges Land boykottierte die Rettung der Naziopfer mit solch einer Beharrlichkeit und Herzenskälte wie Großbritannien.

In keinem anderen Land beteiligten sich so viele einzelne Beamte und Regierungsstellen daran. Wenn wir über die Verteilung des Schuldgrades an diesem schrecklichen Zusammenbruch der moralischen Werte der Zivilisation sprechen, dann kommen die Briten unmittelbar nach den Deutschen, den direkten Urhebern und Henkern des Holocaust... Die Briten haben alle ihre diplomatischen, nachrichtendienstlichen, militärischen und polizeilichen Ressourcen mobilisiert, um die wichtigste Route der Rettung zu schließen...»

Laut ursprünglichen Bedingungen verlor das britische Mandat seine Gültigkeit in dem Moment, wo ein jüdischer Staat gegründet werden würde. Und das war offensichtlich gegen die britischen Interessen.

Jedoch nicht alle in den politischen Kreisen Großbritanniens unterstützten die antijüdischen Ansichten und Pläne. Für die vollumfängliche Immigration der Juden nach Palästina, in Erfüllung der Mandatsbedingungen, sprachen sich Winston Churchill, der ehemalige Kolonialminister Leopold Emery sowie eine Reihe anderer Politiker aus.

 

25 Mandatsjahre

Der Krieg war zu Ende. Die Politik Großbritanniens, festgehalten im Weißbuch, hat sich nicht geändert. Die zionistische Bewegung führte den Kampf gegen die Mandatsverwaltung, der auch Terroranschläge umfasste. Die Briten wiederum agierten gegen Hagana, Irgun und Lechi. Erneut entflammte der arabisch-jüdische Konflikt.

1947 verkündete die britische Regierung, es sei für sie nicht möglich, eine Lösung zu finden, die sowohl für die jüdische als auch für die arabische Seite akzeptabel wäre. Folglich legte Großbritannien das Palästina-Mandat nieder und es wurde an die Vereinten Nationen übergeben; daraufhin kam es zur berühmten Resolution über die Gründung eines jüdischen und eines arabischen Staates in Palästina, wobei Jerusalem unter der UNO-Verwaltung stehen sollte. Im Mai 1948 erlosch das britische Mandat (am 14. Mai 1948 wurde der Jüdische Staat – Israel – ausgerufen, - Anm. d. Übers.).

Die 25 britischen Jahre in Palästina fielen mit epochalen Ereignissen des 20. Jh. zusammen - mit der Entwicklung der zionistischen Bewegung, dem weltweit wachsenden Antisemitismus, dem Nationalsozialismus, dem Zweiten Weltkrieg – und haben die jüdische Geschichte in Palästina sichtbar und nicht unumstritten beeinflusst. Die Idee einer „nationalen Heimstätte“, die eine jüdische Masseneinwanderung ermöglichte, trug dazu bei, die Basis des zukünftigen Staates Israel zu erschaffen und zu stärken. Es hätte jedoch wesentlich mehr Möglichkeiten geben können, und die Aufbauprozesse der nationalen Staatlichkeit hätten viel schneller verlaufen können. Ein Jüdischer Staat zählte aber nicht zu den Plänen Großbritanniens; vielmehr strebten die Briten die Kontrolle über Palästina oder wenigstens eines Teils davon an. Der Begriff „nationale Heimstätte“ wurde absichtlich nicht konkretisiert, was verschiedene Interpretationen erlaubte. Darüber hinaus stimmten die Briten ihre Pläne auf die Stärke des arabischen Widerstandes ab. Sowohl die jüdische als auch die arabische nationale Bewegung versuchten sie für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Letztendlich ist das nichts anderes, als das Beispiel der Kolonialpolitik mit ihrem traditionellen „Teile und herrsche“.

Und dennoch: Nicht zuletzt dank Großbritannien entging Eretz Israel der Gefahr, unter den Stiefel der Nazis zu kommen; das darf nicht vergessen werden. Der Dienst der Juden in der britischen Armee und ihr Heldentum stärkten das Selbstwertgefühl des jüdischen Volkes und generierten wertvolle Erfahrung, die im darauffolgenden Unabhängigkeitskrieg nötig war. Auf der anderen Seite, hätten während des Zweiten Weltkrieges Millionen von Juden nach Palästina wie auch in andere Teile des Empires gerettet werden können. Aber nicht einmal der Holocaust vermochte die „Migrationspolitik“ zu ändern.

 

Aus dem Russischen von Irina Korotkina

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