Die Deutsch-Israelische Gesellschaft am Scheideweg

Die DIG ist mit ca. 6.000 Mitgliedern und über 50 regionalen Arbeitsgemeinschaften deutschlandweit vertreten.

Im Juni wählt die DIG ein neues Präsidium. Die Delegierten haben die Wahl zwischen echter Israelarbeit und der Unterwerfung unter einem linken und überwiegend Israel-aversen Aktivisten-Block. Ein Linksruck würde die Glaubwürdigkeit der DIG schwächen und sie von einer echten und überzeugten Interessensvertretung Israels ein weiteres Stück entfernen. (JR)

Von Jaffa Lyn

Den Lesern der Jüdischen Rundschau ist die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) mindestens ein Begriff. Der 1966 gegründete Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die menschlichen und gesellschaftlichen Kontakte zwischen Deutschland und Israel zu fördern. Arbeitsgemeinschaften der DIG veranstalten Vortragsveranstaltungen, Buchlesungen, Proteste und Podiumsdiskussionen. Das alles auch mit Rednern, die Unliebsames zur Sprache bringen: Der israelfeindliche Linksterrorismus der 70er Jahre, das immer noch problematische Verhältnis der Linken zu Israel, die Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern oder auch der importierte islamische Judenhass. Die DIG kämpft gegen die Dämonisierung Israels, kritisiert das deutsche Abstimmungsverhalten in der UNO und fordert ein Verbot von BDS und Hizbollah in Deutschland. Die Redner, die einzelne AGs der DIG einladen, sind beim Mainstream zum Teil verschrien als wahlweise „rechte oder chauvinistische Apologeten einer bösen israelischen Siedlungspolitik“.

In den letzten Jahren hat das Profil der DIG gleichwohl gelitten. Insgesamt gibt es ca. 6000 Mitglieder in 53 Arbeitsgemeinschaften; vier davon sind selbständige Vereine unter dem Dach der DIG e.V. Eine zweistellige Zahl der Arbeitsgemeinschaften ist inaktiv. Mehrfach erschien das eigentlich zweimal jährlich veröffentlichte zentrale Medium der DIG, das DIG-Magazin, nicht. Insider kritisieren die unzureichende Erreichbarkeit der Geschäftsstelle. Am effektivsten zeigt sich innerhalb der DIG noch das Junge Forum (JuFo) unter der Leitung von Aras-Nathan Keul, das in den letzten Jahren großen Zulauf hatte und bundesweit in 25 Städten aktiv ist.

Die Existenz rechtlich verselbständigter Arbeitsgemeinschaften hat ihre Gründe. Die DIG Berlin-Brandenburg wurde rechtlich selbständig unter ihrem amtierenden Vorsitzenden, dem Ex-MdB Jochen Feilcke, weil sie der finanziellen Förderung der DIG durch das Auswärtige Amt (AA) misstraut. Die Fehlbedarfsfinanzierung des AA untergräbt, so Insider, zunehmend die Selbständigkeit der DIG. Wie soll die DIG denn auch Kritik an der Bundesregierung üben, wenn sie von genau dieser finanziert wird? Themen wie das Abstimmungsverhalten Deutschlands bei der UN oder die deutsche Millionenförderung des antisemitischen Hilfswerks UNRWA sind beim AA nicht gern gesehen.

Die Projektförderung der DIG soll unter Andreas Görgen, dem damaligen Leiter der Abteilung im AA und jetzigem Amtschef bei der Kulturbeauftragten Claudia Roth, mit neuen Auflagen schwierig bis unmöglich gemacht worden sein. Görgen hat sich u.a. für den linken BDS-Unterstützer und Israelkritiker Achille Mbembe eingesetzt und den überparteilich gefassten Beschluss des Deutschen Bundestags gegen die Israelboykotteure des BDS kritisiert. Da verwundert es nicht, dass Görgen auch in der DIG Kritik erfuhr.

Wie unabhängig ist die DIG?

Die politische Abhängigkeit, in die die DIG seit der Förderung durch das Auswärtige Amt geraten ist, wurde sogar in Israel registriert; Eldad Beck, der Deutschlandkorrespondent von Israel Hayom, warnte vor einer Instrumentalisierung der DIG durch antiisraelische Kräfte in der Bundesregierung. Die DIG setzt dieser Abhängigkeit kaum etwas entgegen, ja verschärft sie sogar noch auf personeller Ebene. Unter dem nun scheidenden DIG-Präsident Uwe Becker, hessischer Antisemitismusbeauftragter und Ex-Bürgermeister der Stadt Frankfurt, wurde die als Bundestagsabgeordnete gescheiterte Michaela Engelmeier (SPD) als Generalsekretärin eingesetzt. Die dem Vernehmen nach eigens für Engelmeier geschaffene (vergütete) Stelle des Generalsekretärs hatte es zuvor nicht gegeben. Kritiker stoßen sich daran, dass die Stelle des Generalsekretärs nie ausgeschrieben wurde.

Die regierungstreue Zentralisierung in der DIG nimmt derweil selbstzerfleischende Züge an. Um Feilckes rechtlich selbständige DIG Berlin-Brandenburg zu schwächen, wurde, an den Berlinern vorbei, eine zuvor in der Berliner DIG aufgegangene DIG-AG Potsdam wiederbelebt, die gegenüber dem Präsidenten und seiner Generalsekretärin willfährig ist. Becker und Engelmeier sollen die Gründung persönlich vorangetrieben haben. Ansonsten waren Präsident und Generalsekretärin nicht sonderlich aktiv. Der zahlreiche andere Ämter innehabende Präsident sagte unzählige Termine im Laufe seiner Legislatur ab. Besonders erstaunlich ist, dass Becker trotz seiner Untätigkeit nun, in jenem Rundbrief, in dem er ankündigte, nicht mehr zu kandidieren, allen Mitgliedern der DIG gleich noch einen Nachfolger empfahl: ausgerechnet den MdB Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Der zum linken Flügel der FDP gehörende Lambsdorff soll FDP-Insidern zufolge seinen Kollegen Olaf in der Beek, heute außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, für den Beirat der BDS nahen „Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft“ benannt haben (aus der in der Beek inzwischen, nach öffentlichem Druck, ausgetreten ist). Innerfraktionell soll Lambsdorff den Vorstößen eigener proisraelischer Parteikollegen (insbesondere Bijan Djir-Sarai und Frank Müller-Rosentritt) in den Rücken gefallen sein und sich zudem gegen ein vollständiges Vereinsverbot der Hizbollah in Deutschland eingesetzt haben (welches die FDP schließlich auch nicht einforderte; sie beschränkte sich auf die Forderung nach einem sogenannten „Betätigungsverbot“). Dass ausgerechnet Lambsdorff nun auf Becker folgen soll, lässt um die weitere Entwicklung der DIG fürchten.

Michaela Engelmeier soll indes als Generalsekretärin kaum wahrnehmbar gewesen sein. Entscheidende Impulse für die Weiterentwicklung der DIG blieben aus. Die Bilanz: mehr als mau. Statt Inhalte voranzubringen, regiert der sozialdemokratische Parteiapparat. Gerüchten zufolge soll der über eine Spendenaffäre gestolperte EX-SPD-Politiker Johannes Kahrs auf der nächsten Hauptversammlung der DIG zum Schatzmeister gewählt werden. Die Stellen des Generalsekretärs (Engelmeier) und des Schatzmeisters (Kahrs) wären dann beide mit Leuten aus dem sozialdemokratischen „Seeheimer Kreis“ besetzt. Pikant dabei: Es war Kahrs, der 2020 die Mittel für die Generalsekretärsstelle im Haushaltsauschuss locker machte.

Fragwürdige Kandidaten

Neben Engelmeier treten die Präsidiumsmitglieder Vincent Wolff, Daniel Killy und Helge „David“ Gilberg aus Köln als SPD-Parteisoldaten auf. Zusammen war man in den letzten Jahren sichtlich bemüht, die skandalöse Nahostpolitik der SPD-Altvorderen Steinmeier, Gabriel und Maas vor allzu starker Kritik zu schützen. Insbesondere Gilberg fiel damit auf, alle Vorstöße der Generalsekretärin zu unterstützen, so es denn mal welche gab. Gegner überzieht er im Internet auf Twitter, Facebook und Co. mit Pöbeleien. Sich selbst beschreibt Gilberg als „SPD-Mitglied, Jude, Karnevalist und schwul“.

Bei der DIG Köln jedenfalls, in der er von 2017 an als stellvertretender Vorsitzender viel Unruhe stiftete, wurde er vor einigen Monaten nicht mehr in den Vorstand gewählt. Hintergrund war u.a., dass die dortige AG eine Auseinandersetzung mit der schon mehrmals antiisraelisch aufgefallenen Kölner Stadtverwaltung ausfocht. Bei einer von der Kölner AG in Kooperation mit der Stadt Köln organisierten Ausstellung über die Geschichte Israels wurde entgegen vorherigen Absprachen ein Drittel der Ausstellungsfotos zensiert. Sie verletzten wohl nach Auffassung der Stadt die Gefühle von „Palästinensern“. Gilberg war im DIG-Vorstand Köln der Verantwortliche für die Ausstellung und hatte die Unterschlagung der inkriminierten Ausstellungsstücke ohne Absprache mit seinen Vorstandskollegen abgenickt. Den skandalösen Deal mit der Stadt Köln verschwieg er bis zur Eröffnung der Ausstellung, wo seine Kollegen dann vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Noch mehr als jede andere Personalie steht Helge Gilberg dafür, dass die DIG nun ihrerseits am Scheideweg steht.

Besonders pikant ist Gilbergs Selbstdarstellung. Recherchen der Jüdischen Rundschau ergaben, dass es große Zweifel sowohl daran gibt, dass er Jude ist, als auch, dass er SPD-Mitglied ist. Bei der SPD Köln flog er jedenfalls 2019 raus. Er hatte seine Beiträge nicht mehr gezahlt. Passiert schon mal. Sein „Jüdischsein“ ist indes höchst zweifelhaft. Gilbergs Mutter ist aktives Mitglied der Neuapostolischen Kirche. Eine Anfrage bei seiner Mutter ergab: Niemand in Gilbergs Familie scheint jemals etwas mit dem Judentum zu tun gehabt zu haben. Ein Giur Gilbergs ist nicht bekannt. Eingetragenes Mitglied einer Jüdischen Gemeinde in Köln ist er auch nicht, wie der Gemeindevorsitzende Abraham Lehrer inoffiziell bestätigte. Allerdings steht Gilberg unter Lehrers Schutz. Er hat ihn beim Verein „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“, der sich aus Staatsmittel finanziert, angestellt. Mit diesem Deckmantel spricht er regelmäßig mit Kippa auf dem Kopf über den zunehmenden Antisemitismus. Ein von deutschen Steuergeldern lebender „Kostümjude“, der Juden das „Jüdischsein“ erklärt und echte Israelarbeit behindert. Noch mehr als jede andere Personalie steht Helge Gilberg dafür, dass die DIG nun ihrerseits am Scheideweg steht.

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