Operation „Antivirus“ – ein Akt der Solidarität

Junge Israelis helfen älteren jüdischen Einwanderern aus der Sowjetunion durch den Pandemie-Alltag (JR)

Auch viele erfolgreiche Menschen fühlten sich in den letzten eineinhalb Jahren unsicher, hilflos und fürchteten sich vor der Zukunft. Das Verbot, sich mehr als 100, 500 oder 1.000 Meter vom Haus zu entfernen, hat beinahe Klaustrophobie und das Gefühl unüberwindbarer Einsamkeit hervorgerufen. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und es ist kein Geheimnis, dass seit dem Anfang der Pandemie die Anzahl der an Depressionen leidender Menschen stark gestiegen ist.

Während junge Leute mit Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und Problemen mit der Arbeit konfrontiert sind, stellen wir uns vor, wie die in ihren Wohnungen eingesperrten älteren Menschen leiden müssen – denn das Wichtigste in ihrem Leben sind unmittelbare Kontakte zu ihren Lieben, zu Verwandten und Freunden. Ältere Menschen stellen eine besondere Risikogruppe dar und müssen sich den strengsten Maßnahmen unterziehen. Wie fühlt sich das an, eingesperrt zu sein, ohne die Kinder und Enkel umarmen zu können, ohne die Möglichkeit, wenigstens mit den Nachbarn draußen im Park zu sitzen? Unter Einsamkeit leiden die Menschen wahrscheinlich fast genauso stark wie unter dem Coronavirus selbst. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

Die Teilnehmer des Projekts „Kinder des Krieges“ der Organisation „Atid ba-Midbar“ („Zukunft in der Wüste“) verstanden schnell, dass das Hauptproblem älterer Menschen in Israel während der Pandemie nicht das fehlende Essen daheim ist, sondern die Einsamkeit, verbunden mit Ängsten. Die jungen Leute arbeiten seit Jahren mit älteren Israelis – Repatrianten aus der ehemaligen Sowjetunion. Über 350 Freiwillige meldeten sich, um ältere Menschen zu unterstützen. So hat sich das Projekt weiterentwickelt und das Wort „Antivirus“ ergänzte seinen Namen.

 

Regelmäßige Telefonanrufe

Es ist nicht ganz einfach, einen Fremden anzurufen und einen Draht zu ihm zu finden. Es gibt kaum Neuigkeiten im Leben eines Isolierten, dennoch ist es sehr wichtig, einen einsamen Menschen sprechen zu lassen, ihm die Wertschätzung und Interesse für sein Leben entgegenzubringen; ihm zu zeigen, dass er wichtig ist. Das ist keine leichte Aufgabe, und die Freiwilligen telefonieren regelmäßig mit ihren Schützlingen und sind bei jedem Gespräch mit der ganzen Seele dabei. Solche Gespräche retteten womöglich viele davor, zu verzweifeln und sich verlassen zu fühlen. Die Teenager erstellen außerdem lustige Videos, wo sie singen, tanzen und spielen; diese Videos werden dann an die medizinischen Betreuern weitergeleitet, damit diese sie unter den Betreuten verbreiten. Solche Ideen werden gerne unterstützt. Man weiß: je besser die Laune, desto stabiler auch der gesundheitlicher Zustand.

Die jungen Helfern lassen sich immer etwas einfallen: sie gratulieren den älteren Menschen zu ihren Geburtstagen und anderen Feiertagen, verschicken die Grußkarten und lassen ihnen kleine Geschenke zukommen.

Vor der Pandemie trafen sich die Teenager aus der Organisation „Atid ba-Midbar“ oft mit den Senioren, feierten zusammen israelische Feste und studierten sowohl die Geschichte des Landes als auch die verschiedenen Familiengeschichten der Repatrianten. Im Rahmen des Projekts „Kinder des Krieges“ wurden bereits zehn Bücher auf Russisch und Hebräisch veröffentlicht, die über die Schicksale der Juden aus der ehemaligen UdSSR erzählen, die den Zweiten Welrkrieg überlebten. Zur Zeit ist genug Stoff für ein nächstes Buch der Reihe „Kinder des Krieges“ gesammelt worden, und es gibt Hoffnung, die Präsentation dieses Buches in Yad Vashem abhalten zu können.

 

Verbindung zwischen den Generationen auf Russisch

Unter jetzigen Pandemie-Bedienungen fanden die jungen Teilnehmer des Projekts „Kinder des Krieges – Antivirus“ die Möglichkeit einer internationalen Kommunikation zwischen jung und alt per Zoom in russischer Sprache. Für die Älteren wurden spezielle Lernkurse eröffnet, die unzähligen Menschen die Perspektive eröffneten, an den verschiedensten Treffen, Unterrichtsstunden, Vortragsabenden und den virtuellen Festen teilzunehmen. Das Wichtigste ist aber, dass sich Menschen nicht verlassen fühlen. Sie sehen Verständnis und Liebe, die diese Jungen und Mädchen ihnen entgegenbringen, und diese können ihrerseits von den Großmüttern und Großvätern erfahren, was in deren Leben alles geschehen ist und welcher historischer Ereignisse sie unmittelbare Zeugen gewesen sind. So wird die Verbindung zwischen Generationen wiederhergestellt und ihr Leben bereichert.

 

Das Projekt «Kinder des Krieges» wird finanziert von:

Gedenkstätte Yad Vashem, Sochnut (Jewish Agency), Stiftung EVZ (Erinnerung-Verantwortung-Zukunft), Genesis-Stiftung, The Jewish Federation of Greater Los Angeles.

 

Übersetzung aus dem Russischen von Irina Korotkina

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