Wir haben es nicht geschafft!
Die Spaltung der Gesellschaft und Zerstörung der bürgerlichen Mitte gehören zur Bilanz von 16 langen Jahren Merkel-Kanzlerschaft. Nach den Wahlen im September wird die Regierungszeit Merkel vermutlich zu Ende gehen. Eine frühe Weggefährtin und ein Israeli blicken zurück auf die Regierungsjahre einer Bundeskanzlerin, die die Bevölkerung polarisiert und die eigene Partei beschädigt hat wie kein Regierungschef vor ihr (JR).
Merkel mit ihrem Kanzleramtsminister Braun© John MACDOUGALL / AFP
Die „Story“ der Angela Merkel ist die eines Kleinstadt-Mädchens, das eigentlich keine Absicht hatte in die Politik zu gehen, aber dann doch dazu inspiriert wurde durch ein Ereignis von nationaler Tragweite, und sich aufmachte und der erste weibliche Kanzler in Deutschlands Geschichte wurde.
Merkel wurde 1954 in Hamburg geboren, im Westen Deutschlands. Kurz nach ihrer Geburt zog die Familie nach Templin in Ostdeutschland. Ihr Vater, Horst Kasner, war lutherischer Pfarrer, daher wurde Merkel christlich erzogen, obwohl Ostdeutschland zu dieser Zeit kommunistisch war. Merkel hat niemals offen gegen das Regime opponiert. Sie wurde sogar Mitglied der offiziellen kommunistischen Jugendbewegung FDJ (Freie Deutsche Jugend) unter den Fittichen der marxistisch-leninistischen SED.
Als junge Frau zeigte sie kein Interesse an Politik. Stattdessen begann sie Physik zu studieren. Doch der Fall der Berliner Mauer im November 1989 wurde zum Wendepunkt für Angela Merkel, die sich plötzlich dazu entschloss Politikerin zu werden. Zu dieser Zeit war sie bereits mit ihrem ersten Ehemann Ulrich Merkel verheiratet. Sie wurde Mitglied der Partei „Demokratischer Aufbruch“ und 1991 als jüngste Bundesministerin verantwortlich für das Ressort Frauen und Jugend in der ersten Regierung des vereinigten Deutschlands. Rasch erklomm sie die Karriereleiter und wurde 2005 die erste weibliche Kanzlerin in der Geschichte der Republik. In wenigen Monaten wird sie dieses Amt nach 16 Jahren Amtszeit abgeben, während derer sie das Gesicht Deutschlands entscheidend verändert hat.
Bis vor kurzem, so scheint es, konnte sich Merkel in der Rolle eines „politischen Superstars“ gefallen. Jahrelang wurde sie als eine der mächtigsten Frauen der Welt bezeichnet und erfreute sich einer fast beispiellosen öffentlichen Verehrung, sogar der Vergleich mit Mutter Teresa wurde nicht gescheut. Der frühere US-Präsident Barack Obama nannte Merkel seine „engste Verbündete“. Außerdem erhielt sie Dutzende Orden von anderen Staatsführern und Ehrendoktorate von Universitäten. Doch das alles änderte sich nach ihrer Entscheidung, 2015 Deutschlands Grenzen für Hunderttausende muslimische Zuwanderer zu öffnen – eine Tat, die ihr sowohl die Ernennung als „Person of the Year“ des Magazins „Time“ einbrachte, als auch eine Lawine von Kritik und Verurteilungen.
Merkel gegen Trump
Die Ankunft der Zuwanderer führte zu einem sprunghaften Anstieg von Gewalt, Kriminalität, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Terrorismus, und veränderte vollkommen das allgemeine Urteil über Merkel. Enge Vertraute behaupten, sie hätte schon 2017 ihren Rücktritt erwogen, doch rückte von diesem Vorhaben ab, als Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Sie blieb im Amt, um die „westliche liberale Demokratie“ gegen den „nationalistischen Populismus“ des neuen Präsidenten zu verteidigen.
Bei den Wahlen 2017 erreichte Merkels Partei, die Christlich Demokratische Union (CDU), ihr bis dato niedrigstes Ergebnis von 32,9 % der Stimmen. Über Nacht wurde die rivalisierende, auf Merkels Machtverlust zielende neue Partei „Alternative für Deutschland“ drittstärkste Partei im Bundestag.
Neben ihrem eindrucksvollen Bestehen als Deutschlands führende politische Gestalt hat Merkel während ihrer Regierungszeit eine Reihe tiefer politischer Zerwürfnisse ausgelöst. Kritiker bezichtigen sie der Zerstörung ihrer eigenen politischen Partei durch Preisgabe von deren Prinzipien, der Überflutung Deutschlands mit illegalen Immigranten, der Spaltung Europas und zuletzt noch des Missmanagements in der Corona-Epidemie. Deutschland hatte 92.000 Corona-Tote seit Ausbruch der Epidemie. Lediglich 37 % der Bevölkerung wurden bisher geimpft, obwohl BionTech, der Partner des Pfizer-Konzerns bei der Entwicklung des Impfstoffes, eine deutsche Firma ist.
Einer der bekannten Kritiker Merkels ist der deutsch-israelische Schriftsteller Chaim Noll. Er wurde 1954 in Ost-Berlin geboren, seine Eltern waren Anhänger des Kommunismus, doch er selbst verweigerte den Wehrdienst in der ostdeutschen Armee, wofür er in psychiatrischen Gewahrsam genommen wurde. Ihm und seiner Frau blieb nur die Flucht in den Westen. Aufgewachsen ohne Kenntnis des Judentums, begann er sich als Erwachsener für das Studium seiner Religion zu interessieren. Er wurde observant, änderte den von seinen Eltern gegebenen Namen (Hans) in Chaim und wanderte 1995 mit Frau und Kindern nach Israel aus. Die Familie lebt in der Negev-Wüste, wo Noll weiterhin schreibt und viele Jahre an der Ben-Gurion-Universität unterrichtete.
In der vergangenen Woche hielt Noll einen Vortrag über die alarmierende Zunahme des Antisemitismus in einer Veranstaltung, die von der Alternative für Deutschland organisiert wurde. Wir trafen uns zum Interview in der kleinen Stadt Bamberg im Norden Bayerns. Wenige Tage zuvor, nur ein paar Kilometer entfernt, in Würzburg, hatte ein muslimischer Einwanderer drei Frauen durch Messerstiche ermordet und weitere sieben Menschen verletzt. Die deutschen Medien versuchten, wie dieser Tage oft, den Vorfall als zusammenhanglos darzustellen, nicht als motiviert durch muslimischen Extremismus. Merkel äußerte sich nicht zu diesem Anschlag.
Israel Hayom: Wie kam es dazu, dass du auf einer Veranstaltung der Alternative für Deutschland gesprochen hast?
Chaim Noll: Die „Alternative für Deutschland“ ist nicht ohne Fehler, aber das gilt für alle Parteien. Und ich nehme gern jede sich bietende Gelegenheit wahr, um vor deutschen Parlamentariern über die Bedrohung des jüdischen Lebens in Deutschland zu sprechen. Die CDU lädt mich nicht mehr ein, weil ich Merkel kritisiere. Die Sozialdemokraten boykottieren mich wegen meiner Kritik an Deutschlands Außenpolitik. Und die Partei „Die Linke“, die aus der kommunistischen Partei hervorgegangen ist, lädt mich niemals ein, weil ich in ihren Augen ein Verräter bin, der den kommunistischen Staat verlassen hat. Die „Alternative für Deutschland“ wurde in demokratischen Wahlen gewählt. Man kann so weit gehen zu sagen, dass sie ihren Platz im Bundestag Angela Merkel verdankt. Merkel hat das Ansehen der anderen Parteien beschädigt und steht selbst nur noch für Opportunismus und Festhalten an der Macht. Dadurch ist die Notwendigkeit einer konservativen Partei entstanden, für bürgerliche Wähler mit christlichen Werten.
Israel Hayom: Wie hat sich Deutschland während Merkels Herrschaft verändert?
Chaim Noll: Das Land ist spürbar ärmer geworden und die Menschen weniger hoffnungsvoll. Als Angela Merkel 2005 ihr Amt antrat, war Deutschland ein Land voller Hoffnung. Ich bin 2006 zum ersten Mal nach zehnjähriger Abwesenheit nach Deutschland zurückgekehrt, eingeladen zu einem Schriftsteller-Kongress in Berlin, und damals hat mich die Stadt wirklich beeindruckt. Die Atmosphäre war sehr positiv, überall wurde gebaut, es war eine vielbesuchte, beliebte Stadt. Man konnte sogar mit der Kippa auf dem Kopf ohne Angst durch die Straßen spazieren. Seither bin ich mindestens einmal im Jahr nach Deutschland geflogen und habe mitansehen müssen, wie das Land Schritt für Schritt heruntergewirtschaftet wurde. In Berlin, der Hauptstadt, funktioniert nicht mal mehr die Verwaltung. Meine persönlichen Dokumente wurden gestohlen und ich musste mich an die Behörden wenden, um neue zu bekommen. Ein Vorgang, der im digitalisierten Israel zwei Tage dauert, kostete mich in Deutschland Monate. Merkel und ihre Regierung haben die Digitalisierung verschlafen. Die haben, wie viele Experten sagen, die Gelegenheit versäumt, in Deutschland die Hightech-Revolution auf den Weg zu bringen. Die Vereinigten Staaten, China, Israel oder Singapur sind Deutschland inzwischen Lichtjahre voraus. Deutschland ist in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts steckengeblieben. Und das kann nicht mehr einfach so aufgeholt werden.
Viele Menschen haben die Hoffnung verloren. Sie erwarten nichts Großes mehr. Jeder weiß, dass sich Deutschland von den Verlusten durch Corona nur langsam erholen wird, falls überhaupt. Wahrscheinlich wird sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern. Nimm Deutschlands Auto-Industrie: Deutschland hat sich auf die Herstellung von Luxus-Autos spezialisiert, doch das ist nicht mehr der internationale Trend. Die deutsche Autoproduktion, einst Stolz und Hoffnung, die das viele Geld ins Land brachte, schrumpft zusehends. Der Auto-Export nach China war schon vor der Pandemie eingebrochen.
Deutschland ist zu sehr vom Export abhängig. Die Wirtschaft eines Landes auf übermäßigem Export aufzubauen, ist ein Fehler. Die Regierung müsste die lokalen Märkte stimulieren. Die Deutschen verstehen, dass ihre Wirtschaft im Rückgang begriffen ist, und damit schwinden die Hoffnungen für eine bessere Zukunft, die zu Beginn von Merkels Herrschaft spürbar waren.
Israel Hayom: Wie steht es mit der Flüchtlingskrise?
Chaim Noll: Auch hier hat Merkel eine Reihe schwerer Fehler gemacht. Von Anfang an fehlte die Kontrolle, die Zahlen der Flüchtlinge aus dem Nahen Ost und Nordafrika sind niemals überwacht worden. Niemand weiß genau, wie viele von ihnen seit 2015 nach Deutschland eingelassen wurden. Es gibt Schätzungen, wonach Hunderttausende nicht registrierte Immigranten in Deutschland leben, und die Behörden kümmern sich nicht darum. Man weiß überall, dass man ohne polizeiliche Anmeldung in Deutschland leben kann. Merkel hat ein riesiges Problem geschaffen. Deutschland hat einfach nicht die Strukturen für so ein gewaltiges Projekt.
Israel Hayom: Und wie hat sich Merkels Herrschaft auf die jüdischen Gemeinden ausgewirkt?
Chaim Noll: Sie hat ihnen großen Schaden zugefügt. Zwischen den neunziger Jahren und 2005 sind 200.000 Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Sie hätten nach Israel gehen können, doch sie entschieden sich für Deutschland. Das war Ausdruck eines großen Vertrauens in dieses Land.
Bevor Merkel Regierungschefin wurde, hat die deutsche Regierung eine Menge Geld in die jüdischen Gemeinden investiert. Sie baute Gemeindezentren sogar an Orten, wo vor dem Zweiten Weltkrieg kaum Juden gelebt hatten. Merkel ruinierte all das an einem einzigen Tag, als sie Hunderttausende der schlimmsten Judenfeinde ins Land ließ. Man kann davon ausgehen, dass sie ihre Entscheidung traf, ohne überhaupt an die Juden zu denken. Und dadurch für sie eine ständige Bedrohung schuf. Die Synagogen sind wie Festungen und die jüdischen Schüler werden von Security nach Hause begleitet. Das ist kein jüdisches Leben. Viele verlassen Deutschland und gehen in andere Länder. Die Lage ist noch nicht so schlimm wie in Frankreich, doch wenn es so weitergeht, wird es bald sein wie dort.
Merkel versteht nichts vom Islam. Sie und ihre Minister haben Berater, die dafür bezahlt werden, Unwahrheiten über den Mittleren Osten und den Islam zu verbreiten. Einige wenige haben versucht, ihr die Gefährlichkeit ihrer Entscheidung zu erklären, doch sie war nicht bereit zuzuhören. Wenn man Hunderttausende Muslime ins Land holt, sollt man vorher wenigstens die Grundlagen des Islam kennen, nicht wahr? Aber was denkst du: Hat irgendwer in der deutschen Regierung jemals den Koran gelesen?
Merkel nahm an, das wären nette Leute. Wie Polen oder andere Fremde. Sie wollte Deutschland unbedingt als ein Land darstellen, das keine Fremdenfeindlichkeit duldet. Aber die Menschen, die im Protest gegen die unkontrollierte Masseneinwanderung auf die Straße gingen, taten es nicht aus Fremdenfeindlichkeit, sondern weil die Einwanderer eine mit den hiesigen Werten unvereinbare Mentalität mitbringen. Sie behandeln Frauen wie Menschen zweiter Klasse und wurden von klein auf zum Hass gegen Christen und Juden erzogen.
Merkel hält niemals ihre Versprechen. Sie hat eine Menge Leute schwer enttäuscht, darunter auch viele, die einst mit ihr gearbeitet haben. Sie hat den Juden vorgegaukelt, Deutschland wäre für sie ein sicherer Ort, doch sie hat auch dieses Versprechen gebrochen.
Israel Hayom: Sie hat einst erklärt, dass die Existenz Israels von vorrangigem nationalem Interesse für Deutschland sei.
Chaim Noll: Ich bin nicht ganz sicher, was dieses Statement bedeuten soll. Merkel ist eine gerissene und opportunistische Frau, die versteht, was Israel Deutschland zu bieten hat. Sie sah, dass viele junge Israelis in Israel nicht wirklich den geeigneten Platz finden können und viele – wegen des starken demographischen Wachstums – keinen Job. Daher machte es ihre Regierung jungen Israelis leicht, für Deutschland Visum und Arbeitsgenehmigung zu bekommen, was Tausende von ihnen veranlasste, nach Deutschland zu ziehen. Sie ermöglichte es den Nachkommen deutscher Juden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Sie können daher in Deutschland studieren, ohne – wie in Israel üblich – dafür Studiengebühren zu bezahlen. Ein cleverer Schachzug.
Dennoch nahm sie allmählich in ihrer Außenpolitik pro-„palästinensische“ Positionen ein. Vielleicht ist „Verrat“ hier noch nicht das richtige Wort, um zu beschreiben, was Merkel getan hat. Aber sicher ist, dass sie immer weniger Rücksicht auf Israel nimmt.
Israel Hayom: Worin zeigt sich das?
Chaim Noll: Während der Israel-feindlichen Proteste anlässlich des letzten Israel-Hamas-Konflikts blieb sie stumm. Sie hätte sich klar positionieren können gegen die Leute, die vor deutschen Synagogen aufmarschiert sind und dort rassistische Beleidigungen gebrüllt haben. Keiner von ihnen wurde verhaftet. Die Behörden behaupten, sie könnten die Verantwortlichen nicht ausfindig machen, dabei wurde alles von Kameras gefilmt. Wenn Merkel gesagt hätte: Ich erwarte von der deutschen Justiz, dass sie die Leute vor Gericht bringt, die zum Judenmord aufgerufen haben, dann wäre das geschehen. Aber sie blieb stumm. Das war nun wirklich Verrat.
Vera Lengsfeld
Eine andere kritische Stimme gegen Merkel ist die Politikerin Vera Lengsfeld. Sie wurde 1952 in Ost-Deutschland geboren. Als junge Frau opponierte sie gegen das kommunistische Regime und nahm an Protestaktionen teil, weshalb man sie verhaftete und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilte. Später wurde ihr die Ausreise in den Westen nahegelegt. Gleich nach dem Fall der Berliner Mauer kehrte sie ins frühere Ost-Berlin zurück und wurde ins erste (und einzige) demokratische Parlament Ost-Deutschlands gewählt. 1990 wurde sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages und blieb es bis 2005, dem Jahr, als Angela Merkel Kanzlerin wurde. Obwohl immer noch Mitglied der CDU, verbirgt Lengsfeld nicht ihre Kritik an Bundeskanzlerin Merkel.
Vera Lengsfeld: Merkel übernahm eine funktionierende, starke deutsche Wirtschaft, doch nach 16 Jahren hinterlässt sie ein Land, das dringend erholungsbedürftig ist. Wer immer nach ihr Bundeskanzler wird, hat mit einer Menge Schwierigkeiten zu kämpfen. Deutschland wurde durch die von Merkel vorangetriebene Energie-Revolution beschädigt, als sie nach dem Fukushima-Desaster von 2011 entschied, die deutschen Atomkraftwerke abzuschalten. Dadurch wurde die Elektrizität in Deutschland eine der teuersten in der Welt, wenn nicht die teuerste. Seither braucht Deutschland ständig elektrischen Strom aus dem Ausland, wodurch das Land in (politische) Abhängigkeit gerät. Für ein Industrieland ist das eine nicht ungefährliche Situation.
Zu allem kommt nun das enorme Versagen im Umgang mit der Pandemie. Von Anfang an reagierte Merkel falsch. Sie machte jeden nur denkbaren Fehler. Zu Beginn war die Regierung ignorant, erklärte, es bestehe kein Grund zur Panik und zum Tragen von Masken. Dann erklärte man das Tragen von Masken plötzlich zur Pflicht, doch nun gab es keine zu kaufen. Daraufhin veranlasste die Regierung private Anbieter, Tonnen von Masken zu importieren und versprach, den Ankauf zu finanzieren. Sie bezahlte die Ankäufer dann aber nicht, die Schulden belaufen sich auf rund 600 Millionen Euro, und die irregeleiteten Anbieter beginnen nun, die Regierung zu verklagen.
Die Preise für Masken waren astronomisch. Abgeordnete bereicherten sich durch illegale Begünstigung der Maskenhersteller. Heute sitzt die Regierung auf Bergen von Masken. Dafür wurde der Schutz von Risiko-Gruppen versäumt. Als sich die Gefährlichkeit des Virus für ältere Menschen in Pflegeheimen herausstellte, hatte die Regierung lange keine Strategie, wie man sie schützen könnte. Bis heute gibt es keine Strategie für das Schulsystem, das sich in völligem Chaos befindet.
Vor allem aber versagte die Regierung bei der Impfung. Inzwischen sollten alle deutschen Staatsbürger geimpft sein, aber wir sind nicht annähernd so weit. Ich gehöre zu einer Risiko-Gruppe. Doch ich lebe in Berlin und bin bis heute nicht immunisiert. Als sich die Regierung schließlich entschloss, massenhaft Tests durchzuführen, wurden große Geldsummen für Test-Center bereitgestellt, doch die Tests wurden in vielen Fällen gar nicht durchgeführt. Keine der Aktionen der Regierung zur Eindämmung der Pandemie hat wirklich funktioniert.
Es gibt keine Demokratie mehr. Was wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, war die Unterminierung des Rechtsstaates. Von dieser Art waren auch die Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen das Covid-Virus: Restriktionen, Lockdowns, Ausgangssperren, das Verbot von Demonstrationen. Gegen die Beschränkungen konnte kein Rechtsanspruch geltend gemacht werden. Vieles erinnerte an die Situation in Ostdeutschland, als es gleichfalls unmöglich war, der Regierung durch das Rechtssystem Widerstand entgegenzusetzen.
Israel Hayom: Wie erklären Sie sich Merkels Transformation von einer gemäßigt konservativen und liberalen Politikerin zu einer, die immer mehr linke Positionen übernommen hat?
Vera Lengsfeld: Ich bin nicht sicher, dass sie eine Transformation durchgemacht hat, denn ich weiß nicht, ob sie überhaupt jemals irgendwelche Standpunkte hatte. Ich kenne sie persönlich seit 1990 und denke, sie tut, was sie im betreffenden Augenblick für am vorteilhaftesten hält. Eine Zeitlang war sie eine Reformerin. Die Reformen, die sie förderte, ehe sie Kanzlerin wurde, haben Deutschlands Wirtschaft geholfen. Sie unterstützte die Steuerreform, die Reform des Gesundheitswesens und die des Rentensystems. Doch kaum war sie Kanzlerin, setzte sie nicht eine ihrer Ankündigungen um. Sie gab das alles auf und verfolgte eine durchweg sozialdemokratische Politik. (Drei von Merkels vier Regierungen basierten auf einer sogenannten „Großen Koalition“ zwischen Konservativen und Sozialdemokraten.) Die Sozialdemokraten waren wenig erfreut, dass sich Merkel einfach ihre Politik aneignete, und betonten, alle Leistungen der Regierungen, in denen sie vertreten waren, seien eigentlich ihre Ideen.
Israel Hayom: Manche behaupten, Merkel hätte Deutschlands Position in der Welt gestärkt.
Vera Lengsfeld: Nein, sie hat nichts gestärkt. Nur ruiniert. Europa ist gespalten und Deutschlands Image als glaubwürdiger Partner beschädigt. Auch die Tatsache, dass Deutschland in den Vereinten Nationen auffallend oft für die Verurteilung Israels stimmt, ist kein Zeichen einer glaubhaften Politik. Schließlich hat sie einst vor der Knesset erklärt, die Existenz und Sicherheit Israels wären in Deutschlands nationalem Interesse. Das finde ich geradezu empörend.
Sehr geehrte Leser!
Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:
alte Website der Zeitung.
Und hier können Sie:
unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen
in der Druck- oder Onlineform
Werbung