Brisante Falschbehauptung des Auswärtigen Amtes: Gaza angeblich bis heute von Israel besetzt

Auf den amtlichen Internetseiten des deutschen Außenministeriums steht seit 2019 die unwahre Behauptung, der Gazastreifen sei seit 1967 bis heute von Israel besetzt (JR).

Das Auswärtige Amt und seine Falschmeldung

Von Mirjam Lübke

Zwei Monate nach meiner Anfrage an das Auswärtige Amt, in der es um den rechtlichen Status des Gaza-Streifens ging, geruhte man mir nun endlich zu antworten. Damals hatte mir während einer Diskussion in den sozialen Medien ein junger Araber stolz einen Link zu dessen Homepage geschickt, um den Beweis dafür zu erbringen, dass Gaza israelisch besetzt sei. Wenn sogar das Auswärtige Amt das schriebe, dann müsse es ja wohl stimmen. 

Zunächst konnte ich es kaum glauben. Zwar ist bekannt, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – so wie einige andere Politiker der SPD – den „Palästinensern“ recht herzlich zugeneigt ist. Auch sind die finanziellen Zuwendungen an das „Flüchtlingshilfswerk“ UNWRA seitens der Bundesregierung kontinuierlich gewachsen. Aber eine israelische Besetzung des Gaza-Streifens zu behaupten und das auf einer amtlichen Seite – das erschien mir doch zu abwegig. 

Und doch, da stand es, unter dem genannten Link! Gaza sei seit 1967 von Israel besetzt – mit einem Datum vom November 2019! Seit 2005 sollte doch jemand die Gelegenheit gehabt haben, die Seite zu aktualisieren? Das war das Jahr des Abzugs der israelischen Truppen aus Gaza. Das Jahr, in dem auch die jüdischen Siedler aus Gush Katif und anderen Siedlungen für die Hoffnung auf Frieden alles zurücklassen mussten. Bekanntlich war diese Hoffnung umsonst – Gaza verwandelte sich in ein Cape Canaveral des Raketenterrors gegen Israel. 

Jeder mit ein wenig gesundem Menschenverstand sollte erkennen können, dass so etwas unter israelischer Besatzung wohl kaum möglich wäre, so auch mein Argument in Diskussionen – was sollten das für Besatzer sein, unter deren Augen derartige Abschussrampen errichtet werden können? Also fragte ich höflich beim Auswärtigen Amt nach, warum der Eintrag noch nicht aktualisiert worden sei. Schließlich diene er gerade in politischen Krisen als Informationsquelle, auf deren Verlässlichkeit die Leser vertrauen. 

 

Viel Meinung, wenig Ahnung

Denn Ende Mai dieses Jahrs, als die „palästinensischen“ Raketenangriffe auf Israel einen neuen Höhepunkt erreichten, tobte auch in den sozialen Medien wie Twitter der verbale Stellvertreterkrieg zwischen den Unterstützern des jüdischen Staates und den „Free Gaza“-Aktivisten aller Couleur. In letzterer Fraktion spielt es eigentlich fast keine Rolle mehr, ob man es mit Deutschen oder „Palästinensern“ zu tun hat, der Hass auf Israel, getarnt als Sorge um die Menschen im Gaza-Streifen, ist groß, die Unwissenheit über den Status des Areals noch größer. 

Sparen wir uns den komplizierten Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Staates Israel, es genügt zu wissen, dass das Narrativ des „geraubten Landes“ allgegenwärtig ist. Die Rolle der Terrororganisation Hamas in der Gegenwart allerdings eher weniger. Auch ich bin keine Nahost-Expertin und frage mich des Öfteren, welche Verflechtungen nun wieder am Werk sind, wenn es im Nahen Osten brodelt. Aber man muss auch kein Experte sein, um zu sehen, wie die Hamas immer wieder provoziert und welche öffentlichkeitswirksamen Taktiken sie dabei anwendet. Sie kultiviert ihr Image als schlecht ausgerüstetes Häuflein Rebellen, das tapfer Widerstand gegen die High-Tech-Nation Israel führt. Dass auch eine „selbst zusammengebastelte“ Rakete den Luftalarm in den betroffenen israelischen Orten auslöst und neben Sachschaden eine enorme psychische Belastung bei den Menschen verursacht, wird auch von vielen Deutschen nicht wahrgenommen. Dabei ist diese Zermürbung eine klassische Taktik eines asymmetrischen Krieges. 

Die Medienberichterstattung in Deutschland springt auf diese Masche der Hamas bekanntlich oft mit Begeisterung an und berichtet über die israelische Gegenwehr ganz so als erfolge sie aus heiterem Himmel. Aus heiterem Himmel erreichte mich heute auch die Antwort des Auswärtigen Amtes, mit der ich schon gar nicht mehr gerechnet hatte. Auf ein „Wir entschuldigen uns für unser Versäumnis und haben den Seiteneintrag korrigiert“ wartete ich freilich vergebens. Stattdessen erklärte man mir, warum dort alles so stand, wie es dort stand:  

„Sehr geehrte Frau Lübke,

wir beantworten Ihr Schreiben vom 26.05.2021 zum völkerrechtlichen Status von Gaza.

Die Palästinensischen Gebiete (Ost-Jerusalem, Westjordanland und Gaza) und der Golan wurden 1967 von Israel besetzt. Die Bundesregierung unterscheidet strikt zwischen dem Gebiet des Staates Israel und den besetzten Gebieten.

In den 1990er Jahren schloss Israel mit der PLO (Palestine Liberation Organization) das Interimsabkommen über das Westjordanland und Gaza (sog. Oslo-II Abkommen), welches eine palästinensische Selbstverwaltung für das Gebiet vorsah.

Im Jahr 2005 zog Israel im Rahmen des sogenannten „Disengagement Plans“ seine Landstreitkräfte aus dem Gebiet Gazas ab und räumte dortige israelische Siedlungen. Am 12. September 2005 erklärte das israelische Kabinett die militärische Besatzung des Gazastreifen formal für beendet. Für die Palästinensische Autonomiebehörde erklärte Präsident Abbas, dass der rechtliche Status von Gaza sich nicht geändert habe.

In einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen wird Gaza weiterhin als Teil der besetzten palästinensischen Gebiete betrachtet.

Mit freundlichen Grüßen,

 

Ihr Nahostreferat“

 

Da war ich erst einmal platt. Nicht Deutschlands so oft beschworener Bündnispartner Israel bestimmt also durch Parlamentsbeschluss, dass die Besatzung beendet ist. Immerhin ist die Knesset demokratisch legitimiert und in ihr sitzen auch arabische Israelis. Nein, bedeutsam ist hier vor allem die Aussage des seit Jahren Neuwahlen verweigernden „Präsidenten“ der PA, Machmud Abbas. Für die notorisch israelfeindliche UNO ist Gaza sogar „weiterhin Teil der besetzten palästinensischen Gebiete“ – und das deutsche Außenministerium macht sich diese Lüge offenbar auch noch zu eigen!

Da wird die Bundesregierung nicht müde, ihre „besondere historische Verantwortung“ für Israel zu betonen, Präsident und Außenminister legen bei jeder Gelegenheit Kränze für ermordete Juden nieder, aber wenn es um ein einfaches Bekenntnis zu einem durch Fakten gestützten Beschluss der Knesset geht, hält man sich plötzlich an die Aussage der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ und die Fehleinschätzungen der israelfeindlichen UNO. Im Gesamtbild und in der Rückschau auf andere Entscheidungen – etwa die Nichtanerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels oder die eifrige Zusammenarbeit mit dem Iran – kann man nur feststellen: Auf solche Unterstützung durch Deutschland kann Israel gut und gerne verzichten. Das Auswärtige Amt hat hier zugleich ein Zeugnis seiner Rückgratlosigkeit abgelegt. Israel hat in Deutschland viele Freunde und Unterstützer, aber auf den deutschen Staat sollte es sich nicht verlassen. 

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