In Israel genießt die Bildung der Jugend oberste Priorität
Israel gehört auch durch das große Engagement jüdischer Eltern zu einem der pädagogisch fortschrittlichsten Länder der Welt.
Schulklasse in Israel© JACK GUEZ / AFP
Israel gehört zu den drei am besten ausbildenden Ländern. Nur Kanada und Japan verzeichnen prozentual mehr Hochschulabschlüsse als die jüdische Nation. Dennoch gehören die öffentlichen Investitionen pro Kind in Israel zu den niedrigsten in der Welt. Die Ausgaben für höhere Bildung rangieren am unteren Ende, knapp vor Ländern wie der Tschechischen Republik, Saudi-Arabien und Argentinien. Die niedrigen Investitionen pro Schüler in Israel sind teilweise eine Folge des hohen kindlichen Bevölkerungsanteils.
Aber mehr Kinder bedeuten auch überfüllte Klassenzimmer. Mehr als 30 Schüler sitzen im durchschnittlichen israelischen öffentlichen Grundschul-Klassenzimmer, oft sind es bis zu 40 (in Nicht-Corona-Zeit). Der Durchschnitt in den OECD-Ländern liegt bei 21, in Finnland sind es 19, in Griechenland 17 und in den USA 20 Kinder pro Klasse. In normalen Zeiten erhält das israelische Bildungsministerium täglich Beschwerden von Eltern wegen zu großer Klassen.
Mit den geringen Investitionen in die Bildung gehen niedrige Gehälter einher. Ein Lehrer in Israel verdient nur 70 Prozent des durchschnittlichen Gehalts eines Lehrers in anderen entwickelten OECD-Ländern. Die Lehrer streiken daher regelmäßig zu Beginn des Schuljahres.
Trotz aller Schwierigkeiten hat Israel eine sehr niedrige Abbrecherquote.
Bildung konnte den Juden niemand wegnehmen
Wie lassen sich Israels hervorragende Bildungsergebnisse erklären, trotz des gravierenden Mangels an Ressourcen, überfüllter Klassenzimmer, niedriger Lehrergehälter, regelmäßiger Streiks und nicht zu vergessen jahrzehntelanger Kriege, bewaffneter Wachposten vor jeder Schule und internationaler Boykotte israelischer Professoren?
Lernen und Bildung sind der Kern des jüdischen Lebens. Sogar während des größten Teils der Pandemie fanden die Israelis Wege, die Kinder im Unterricht zu halten oder zumindest für das Lernen zu Hause zu sorgen. Das jüdische Volk wird seit langem „das Volk des Buches“ genannt, und von biblischen Zeiten bis heute, im Exil und in ihrer Heimat, durch Feindseligkeiten und Hass hindurch, sind Juden dem Lernen verpflichtet geblieben. Bildung, so verstanden sie, war die eine Sache, die ihnen niemand wegnehmen konnte.
„Lernen – lernen – lernen: das ist das Geheimnis des jüdischen Überlebens“, schrieb Achad Ha-Am, einer der berühmtesten Essayisten des Zionismus. Juden verstanden, dass ohne die Weitergabe von Bildung an ihre Kinder das Glaubenserbe, das sie in die Welt brachten, verloren gehen würde.
Dies spiegelt sich auch im Talmud vielfach wider. „Wer seinen Schülern eine Lektion vorenthält, beraubt sie des Erbes ihres Vaters. Wer das Kind eines anderen die Thora lehrt, ist so, als hätte er es geboren“ (Sanhedrin 91b); „Die Welt existiert durch den Atem der Schulkinder“ (Schabbat 119b).
Ein moderner jüdischer Gelehrter, Raphael Werblowsky, fasste die Bedeutung der Bildung in Israel mit diesen Worten zusammen: „Jüdisches Lernen war immer die Wurzel und die Quelle jüdischen Lebens … ohne jüdisches Lernen können wir keine Juden sein.“
Es steht schon in der Bibel
„Halte fest an der Lehre, lass sie nicht fahren; hüte sie gut, denn sie ist dein Leben.“ (Sprüche 4,13)
Die Bedeutung der Erziehung in Israel reicht bis in biblische Zeiten zurück. Vätern und Müttern wird befohlen, ihre Kinder zu unterrichten, und seit den frühesten Tagen der Geschichte Israels war das Elternhaus Zentrum des Lernens.
Es sollte beachtet werden, dass das hebräische Wort für „Eltern“, horeh, direkt mit der Rolle des Lehrers verbunden ist. Das Substantiv horeh ist, wie Thora, von dem Verb jarah abgeleitet, das „werfen“, „schießen“, „lenken“ bedeutet. Thora bedeutet also, Richtung und Führung zu geben. Dementsprechend soll ein Horeh („Elternteil“) der Familie Thora („Unterweisung“) geben.
Der hohe Stellenwert von Bildung in der jüdischen Familie wurde von Generation zu Generation weitergegeben und ist so charakteristisch für Israels nationale Identität geworden, dass auch dadurch Kinder in der Schule gehalten werden. Die Zugehörigkeit zur jüdischen Nation gibt Kindern und jungen Erwachsenen das Gefühl, Teil von etwas zu sein, das größer ist als sie selbst. Die Traditionen, als Gottes auserwähltes Volk Gottes Wort zu studieren und zu bewahren und „ein Licht für die Nationen“ zu sein, prägt israelische Kinder bis heute. Hierin liegt das Geheimnis all dieser jüdischen Mütter und ihrer hohen Erwartungen an „einen Arzt oder einen Anwalt“ als Schwiegersohn.
Dies wird in Israel auch durch das traditionelle Engagement der Familien in den öffentlichen Schulen weiter gefördert. Eltern streichen Klassenzimmerwände neu, führen Spendenaktionen durch, um Geräte anzuschaffen, und begleiten Klassen auf Ausflügen und bei anderen Aktivitäten.
Das ist eine Bildung, die man für Geld nicht kaufen kann.
Interessante Fakten über Bildung in Israel
- Israel gibt weniger als 4000 Euro pro Kind und Jahr für die kindliche Bildung aus. Zum Vergleich: Norwegen fast 12.000, die Schweiz etwa 15.000 für einen Gymnasiasten. Israel liegt knapp vor Chile, Mexiko und der Türkei.
- Anders als die privaten Internate in vielen entwickelten Ländern sind israelische Internate nicht für wohlhabende, privilegierte Schüler. Israelische Internate werden von der öffentlichen Hand finanziert und nehmen in der Regel Schüler aus Familien auf, die sich eine reguläre Ausbildung nicht leisten können, Jugendliche mit Schwierigkeiten oder Kinder aus dysfunktionalen Familienverhältnissen.
- Sobald jüdische Schüler die Schule abgeschlossen haben, leisten sie ihren obligatorischen Armeedienst. Wenn sie dann zur Universität kommen, haben sie die dafür nötige Reife.
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