Die drei Leben der Hannah Arendt
Eine Rezension der neuen Graphic Novel über das Leben der jüdischen Totalitarismus-Kritikerin
„Wenn man als Jude angegriffen wird, muss man sich als Jude verteidigen“, das ist eine der prägendsten Aussagen der Hannah Arendt, die 1906 im heutigen Hannover geboren wurde und 1970 in New York verstarb. Hannah Arendt war eine jüdische deutsch-US-amerikanische Philosophin, Publizistin und Freidenkerin. Sie setzte sich unter anderem mit der Existenzphilosophie und den Formen der totalen Herrschaft auseinander, insbesondere beschäftigte sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Nationalsozialismus und verfasste das Werk „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“.
Die Graphic Novel „Die Drei Leben der Hannah Arendt“ von Ken Krimstein, zum ersten Mal erschienen auf Englisch im Jahr 2018 im amerikanischen Bloomsbury-Verlag und seit 2019 auch in Deutschland erhältlich, gibt das Leben bzw. die drei Leben der Hannah Arendt mit anschaulichen Illustrationen wieder und verschafft eine Übersicht über die komplexen Zusammenhänge und Ereignisse im Leben der jüdischen Philosophin. Wobei zu bemerken ist, dass dieses Buch nicht als eine Biografie, sondern vielmehr als eine Interpretation des Lebens von Arendt wahrgenommen werden sollte, so der Illustrator selbst über sein Werk.
Das Buch versucht Arendts Art zu denken wiederzugeben und gewährt Einblicke in die Weltsicht und das Leben der zu Anfang noch kleinen Hannah, welche im Verlauf des Buches zu einer starken, klugen, und selbstbewussten Frau heranwächst und sich schon in jungen Jahren zu einer tiefgründigen Denkerin entwickelt hat. Ihre Liebe zur Philosophie hat sich im Laufe ihres Lebens nie abgeschwächt. Nein, man könnte sagen, dass sie sogar stärker geworden ist, je älter sie wurde. Sie ließ sich weder vom Nationalsozialismus noch vom Kommunismus beeindrucken. Sie war der Überzeugung, dass es für eine freie Gesellschaft Pluralität geben müsse, die darin bestehe, dass alle Meinungen akzeptiert würden.
Das grüne Oberteil
Die drei Abschnitte des Lebens von Hannah Arendt werden durch humoristische karikaturartige Illustrationen dargestellt, die das ernste und komplexe Leben der Hannah Arendt in einer leichten und vereinfachten Art darstellt, ohne die Geschichte ins Lächerliche zu ziehen und den Verlauf zu plätten. Die Illustrationen sind in schwarz-weiß gehalten, bis auf das Oberteil von Hannah, das in allen drei Abschnitten in einem dunklen Grün koloriert ist, das dem Leser sofort mitteilt, wer in dem Bild Arendt ist. Krimstein verwendet diese Bilder unter anderem, um die Nebenfiguren, deren Geisteseinstellung und deren Verhältnis zu Hannah einfacher darzustellen, was auch erheblich weniger Worte benötigt, als wenn er es als Roman geschrieben hätte. Auch verwendet er die bildliche Darstellung, um die Denkansätze und Theorien von Arendt einfacher darzustellen und sie dem Leser verständlich zu machen.
Krimstein benutzt in seinem Werk auch einige Zitate der Hannah Arendt und bezieht sich auch auf ihr Werk, dass ich anfangs schon erwähnt habe, „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“, wie aus diesem Zitat aus Krimsteins Werk hervorgeht: „Bevor totalitäre Herrscher die Realität an ihre Lügen anpassen können, bestehen ihre Signale aus einer unerbittlichen Missachtung der Fakten.“ (Seite 169) Viele der Aussagen, die Krimstein über den Totalitarismus, gespeist aus den Gedanken Arendts, in seinem Buch schreibt, sind heutzutage leider genauso aktuell wie damals und haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren.
Das Buch regt den Leser nicht nur zum Nachdenken über totalitäre Herrschaft an, sondern auch über Grundsatzfragen wie „Warum geschieht Schreckliches?“ oder „Was ist der Sinn des Lebens?“. Arendt beschäftigte sich mit den verschiedensten Philosophen von Immanuel Kant bis Friedrich Nietzsche, hat stets die Wahrheit gesucht und ist auch dann nicht davon abgewichen als die Nationalsozialisten sie gefangengenommen haben. Sowohl dem Nationalsozialismus als auch dem Kommunismus bot sie mit ihren Mitteln die Stirn, blieb ihrer eigenen Suche nach der Wahrheit treu und hat sich niemals vereinnahmen lassen.
Diese Graphic Novel ist durch und durch ein gelungenes Werk, dass ich herzlichst weiterempfehlen kann. Das Buch gibt den Anreiz mehr über Hannah Arendt in Erfahrung zu bringen und sich mit ihren Werken auseinanderzusetzen. Als Erstleserin eines Buches dieser Art bin ich von diesem Format begeistert und werde in Zukunft gerne öfters zu solchen Büchern greifen. Es hat mir richtig Freude gemacht „Die drei Leben der Hannah Arendt“ zu lesen und ich werde es bestimmt noch einmal lesen. Das Buch ist ein mitreißendes Leseerlebnis gewesen.
Zum Schluss noch eines meiner Lieblingszitate aus dem Buch: „Wie Feuer sich aus Sauerstoff speist, tut dies der Totalitarismus aus der Unwahrheit.“
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