Ein Jude, ein Freund und ein ganz besonderer Mensch
Zum Tode von Dr. Roman M. Skoblo – Ein Nachruf des Herausgebers Dr. Rafael Korenzecher
Dr. Roman Skoblo prägte das jüdische Leben Berlins erheblich mit.
Das Wunder, auf das wir – seine Familie und seine Freunde –, auf das wir alle sehnsüchtig gehofft hatten, ist nicht eingetreten.
Dr. Roman M. Skoblo, Arzt, Unternehmer, engagierter Jude, jüdischer Philanthrop und vielgebildeter musikalischer Schöngeist erlag am 20. November im Alter von 72 Jahren seiner kurzen, schweren und heimtückischen Krankheit.
Er war seit unseren gemeinsamen Studienjahren und unserer Zeit im Berliner Klinikum Steglitz jahrzehntelang mein enger Freund und mein immer verlässlicher und selbst guter Rat. Seine Freundschaft bedeutete mir sehr viel. Das Wissen um die Endgültigkeit seines Abschieds und der Gedanke an den viel zu frühen Tod dieses vertrauten und nahezu omnipräsenten steten Wegbegleiters finden nur langsam den Weg in das eigene Bewusstsein. Sie machen fassungslos und erscheinen auch jetzt noch allzu unwirklich.
Wenn ich mir etwas niemals vorstellen konnte und wollte, dann war es der Gedanke, dass ich jemals in der traurigen Pflicht sein könnte, einen Nachruf auf diesen ganz besonderen Menschen, nicht nur in meinem Leben, zu schreiben. Entsprechend schwer fällt mir das und ich setze zum dritten Mal an.
Ich bin sicher, diese Aufgabe werden detailgenaue Chronisten mit weniger emotionaler Beteiligung als ich erheblich besser bewältigen.
Dabei bietet das Lebenswerk des Verstorbenen trotz seines vorzeitigen Todes mehr als genügend Stoff, um gleich mehrere Nachrufe zu füllen.
Dr. Skoblo blickt zurück auf ein niemals müde gewordenes, erfülltes und tatenreiches berufliches, gesellschaftliches und jüdisches Leben voller schöpferischer Anstöße und einer – neben seiner grenzenlosen Liebe zu seiner Familie – aus ganzem Herzen kommenden Liebe für die jüdische Sache, für jüdische Werte und für jüdische Tradition. Besonders wenn es um jüdische Tradition und die Wiedererrichtung, Rettung und Erhaltung der in der finstersten Zeit der Schoah vernichteten und verschwundenen jüdischen Welten ging, war Romi, wie wir ihn alle nannten, ein absoluter und durch nichts aufzuhaltender Überzeugungstäter. Genau das machte ihn zu einer wertvollen und unverzichtbaren Stütze der jüdischen Gemeinde in Berlin und der jüdischen Gemeinschaft in ganz Deutschland.
Es ist alles andere als ein Zufall, dass die Schaffung jüdischer Erziehungseinrichtungen wie Kindergarten, Grundschule und Oberschule ebenso wie die der jüdischen Kulturtage vor allem auch auf seine Anstöße und Initiativen während seiner Mitarbeit in dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Berlin und im Zentralrat erfolgte.
Besonders am Herzen lag ihm nach der Vereinigung Berlins die ehemalige Synagoge in der Brunnenstraße, die er gekauft, restauriert und erfolgreich wieder in Funktion gesetzt und mit der Schaffung einer Yeshiwah und Rabbinerseminar wieder mit jüdischem Leben gefüllt hat.
„Ich musste das tun“, sagte er mir anlässlich unserer letzten nahezu drei gemeinsamen Urlaubwochen zum Jahreswechsel, die wir bis in den Januar dieses Jahres hinein das Glück hatten mit einem Teil unserer Familien zusammen auf einer Schiffsfahrt zu verbringen. Besonders aus heutiger Sicht betrachte ich diese Zeit und die vielen in der Urlaubsmuße geführten gemeinsamen, häufig spätabendlichen Gespräche als ein großes Geschenk, das mir noch einmal sehr nahen Zugang zu den Gedanken verschaffte, die ihn in dieser letzten Phase seines Lebens besonders bewegten.
„Ich musste und ich muss das tun, das war und das ist jede Anstrengung wert – ich habe das für meine Eltern und für meinen durch die Schoah gegangenen Rest meiner Angehörigen getan. Aber ganz an erster Stelle habe ich es für meine Kinder und die von mir geschaffene Familie getan“, wiederholte er nicht nur bei einem Gespräch. Ganz so als hätte er schon damals noch Monate vor der fatalen Diagnose seiner Erkrankung geahnt, was dieses schreckliche Jahr für ihn bringen würde. Dabei lagen Zufriedenheit und Stolz auf seinem Gesicht und in seinen Worten. Zufriedenheit über das Erreichte und endloser Stolz auf seine Kinder.
Roman Skoblo hinterlässt vier erwachsene Kinder aus zwei Ehen. Ihnen und seinen Enkelkindern galt vor allem anderen seine ganze Liebe und Fürsorge. Es kennzeichnete den besonderen Menschen Dr. Skoblo, dass er in Liebe und Wärme alles dafür getan hat, das Verhältnis innerhalb seiner gesamten Familie mit Harmonie und gegenseitigem Verständnis zu füllen. Umso mehr würde es ihm größtes Glück und Genugtuung bereiten, wenn er heute stiller Zeuge der gemeinsamen Nähe sein könnte, die alle seine geliebten Familienmitglieder in ihrer Trauer um den verstorbenen Familienvater, Großvater und Ehemann vereint.
Dr. Roman Skoblo (links) 1982 mit dem Herausgeber der JÜDISCHEN RUNDSCHAU, Dr. Rafael Korenzecher, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verband.
Die Chronisten haben bereits zu Recht viel über die zahlreichen und durchweg erfolgreichen Aktivitäten und Bereiche seines jüdischen und übrigen öffentlichen gesellschaftlichen und Gesellschafts-relevanten Wirkens berichtet. Sie werden es ganz sicher noch mehr tun, wenn nach diesen schweren Stunden des Abschieds noch mehr erkennbar wird, welch kaum zu schließende Lücke durch seinen viel zu schnellen Weggang aufgerissen worden ist.
„Er hat Berlin verändert“, sagte Rabbiner Ehrenberg bei seiner Totenrede. Roman Skoblo stand für die Zukunft jüdischen Lebens nach dem Kahlschlag der Schoah in diesem Land, äußerte sinngemäß Rabbiner Joshua Spinner. Sein Ableben stellt einen immensen Verlust für die jüdische Gemeinschaft dar, betonte Gideon Joffe, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Einen guten Juden und Menschen und einen großzügigen Spender für alle jüdischen Belange, nannten ihn Rabbiner Teichtal und Rabbiner Nachama. Sie haben alle Recht und noch viel, viel mehr. Unser Romi war ein ganz besonderer Mensch mit Eigenschaften wie man sie vereinzelt finden mag, aber so gut wie nie in einem einzigen Menschen vereint.
Es ist müßig zu versuchen an dieser Stelle alle seine Leistungen aufzuzählen. Das sprengt den Rahmen jeden Nachrufs. Angefangen von seiner beruflichen Betätigung als dedizierter Mediziner und seine unternehmerische Tätigkeit in der Hotel- und Immobilienwirtschaft, über seine ehrenamtliche Tätigkeit als zweiter Logenpräsident der von uns gemeinsam gegründeten Raoul-Wallenberg-Loge, seine diversen Funktionen als langjähriger Vorstand der Jüdischen Gemeinde, über seine Verbandsgründung für Jüdische Ärzte, über seinen Wirkungsreis bei halachischen Fragen der Medizinethik bis hin zu seiner Hochschultätigkeit – die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen und ist schier endlos. Das werden die Chronisten an geeigneterer Stelle besser darlegen als ich.
Mir geht es hier vor allem darum mir meinen Schmerz über seinen schicksalhaften und viel zu vorzeitigen Weggang von der Seele zu schreiben und den großartigen und über alles jiddischen Menschen und Freund Romi zu würdigen. Ebenso wie ich im heutigen Polen geboren und als authentischer Nachkomme von Schoah-Überlebenden aus der nahezu gänzlich vernichteten und verschwundenen Welt des originären polnischen Judentums stammend, sprach er neben perfektem Deutsch und mehreren westlichen Sprachen wie ich polnisch und vor allem auch jiddisch. Diese gemeinsame Liebe zu unseren Wurzeln, das Stück ostjüdische und jiddische Heimat, die wir – so oft wir konnten – praktizierten und die wir uns in unserem Herzen bewahrt haben, war ein wesentliches Element unserer lebenslangen engen und freundschaftlichen Verbundenheit.
Diese Verbundenheit wird in meinem Leben auch über seinen Tod hinaus für immer erhalten bleiben.
Sein Andenken werde uns allen, die wir ihn sehr vermissen, zum Segen!
Baruch Dayan Ha’Emet
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