Der badische Anti-Israel-Sumpf

Ausgerechnet das Wort „israelisch“ im Namen des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises südlicher Oberrhein erregt Missfallen bei zwei lokalen CDU-Mitgliedern. Die örtliche Presse beschuldigt Gegner einer unsinnigen Umbenennung der „Netanjahu-Verherrlichung“.

Die Jüdin Simone Schermann ist kämpferisch für Israel und jüdische Kultur in Deutschland.

Von Simone Schermann

Am 18. Mai 2018 wurde ich die erste jüdische Vorsitzende in der Geschichte des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises Südlicher Oberrhein (DIA Ettenheim). Bei dieser Versammlung verfolgten die Mitglieder Achim Schwab und Margret Ölhoff die klare Agenda, „Israel“ aus dem Namen des DIA zu eliminieren.

Sie seien mit der Politik Israels nicht einverstanden. „Israel ist stark und Israel ist ein Staat“, er bedrohe die „Palästinenser“. Die Bezeichnung „deutsch-israelisch“ sei falsch. Ihnen gehe es nicht um Israel, sondern um „Juden und jüdische Kultur“. Herr Schwab meinte außerdem auf die alleinige „aggressive Sprache Israels“ hinweisen zu müssen. Beide freuten sich aber sehr auf die bevorstehende Außenrenovierung der Synagoge Altdorf, wo unsere Versammlung stattfand. Zudem sei, so Schwab, die „bisherige Erinnerungsarbeit ein großartiges Werk“.

Die Herrschaften kannten nur einen Schuldigen: Israel. Mit seiner Dämonisierung ließ man dem israelbezogenen Antisemitismus freien Lauf, in etwa so wie die UNO einzig Israel öfter als alle anderen Länder der Welt zusammengenommen verurteilt und sein Existenzrecht in Frage stellt. So forderten Ölhoff und Schwab in der Synagoge von Altdorf, deren Juden deportiert wurden, Israel aus dem Namen des Vereins zu tilgen.

Bis zum heutigen Tag vermisse ich von Ölhoff und Schwab eine Verurteilung des Raketenterrors von Hisbollah und Hamas oder eine Kritik an der Forderung des Irans nach der Zerstörung Israels.

 

Was tun sie für lebende Juden und jüdische Kultur?

Juden verstecken sich und ihre Identität hinter den Gettomauern ihrer Gemeinden. Wo war der Aufschrei von Ölhoff und Schwab, als das Außenministerium die Zusammenarbeit mit Nurhan Soykan ankündigte – einer Antisemitin, Israelhasserin und Islamistin, Funktionärin des Zentralrats der Muslime, die den „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“-al-Quds-Tag mit den Worten verharmlost, „der Ärger müsse halt auch mal heraus“. Parallel dazu wurde Rabbiner Brodmann in München von muslimischen Männern mit den üblichen „Fuck Israel“-Schmähungen und antisemitischen Beleidigungen attackiert. Alltag für Juden, bestehend aus Hass und Hetze.

 

Wo war ihr Aufschrei für jüdisches Leben?

Von welcher jüdischen Kultur reden sie, wenn Synagogen von Polizei bewacht werden, Juden keine Kippa mehr tragen können, Juden Schweden, Frankreich, die Schweiz und Deutschland verlassen, um nach Israel zu gehen, wo sie sich sicherer fühlen? Wenn jüdische Schüler in Berlin „Flüchtlinge im eigenen Land“ sind, weil sie nicht selten von muslimischen Schülern gequält und gedemütigt die Schule verlassen, oder wenn das Wort „Jude“ in Schulen nur noch Schimpfwort ist.

Es ist nicht wahr, dass sie am Erhalt jüdischer Kultur interessiert sind. Wenn sie mit der Politik Israels nicht sympathisieren, so ist das ihre Meinung, die sie haben dürfen. Wenn sie aber ein ganzes Land dafür in Sippenhaft nehmen und Israel aus dem Namen des DIA tilgen wollen, sind sie mit der Hamas, der Hisbollah und dem Iran im Schulterschluss vereint.

2018 trat Herr Schwab mit dieser Begründung aus: „Insofern erscheint mir der neue Schwerpunkt des Vereins unter der neuen Vorsitzenden, also das Beleuchten der Nahostpolitik aus israelischer Sicht, problematisch.“ Die Nahostpolitik aus israelischer Perspektive soll also keine öffentliche Plattform bekommen!

 

Restitutionsforderung

Woher kommt dieser Hass gegen Israel, woher der obsessive Versuch, Andersdenkende zu diffamieren und mundtot machen zu wollen, die eine andere Sicht auf Israel haben? Wieso glaubt Herr Schwab, den Diskurs über Israel bestimmen zu dürfen? Vielleicht findet sich die Erklärung in bestimmten Altlasten.

In dem Buch „Reise in die Vergangenheit“ beschreibt Hanna Mayer-Moses, deren Familie aus Altdorf stammt, den Verkauf des Hauses ihrer Großeltern Bertha und David Dreifuss an die Familie Achim Schwabs in Altdorf sowie ihre spätere Restitutionsforderung. Anfang der 1950er Jahre hatten Frau Moses und ihre Schwester überlegt, Ansprüche beim „Wiedergutmachungsamt“ in Karlsruhe einzureichen. Dabei wurden sie aufgefordert, ihre und ihrer Eltern Verfolgungs- und Lagerzeit in Gurs zu beweisen.

„Ich habe alle diese Akten noch aufbewahrt, es ist keine erbauliche Lektüre“, so Frau Moses. „Im Herbst 1950 erhielten wir plötzlich einen Brief aus Altdorf von der Familie Schwab, die 1940 das großelterliche Haus gekauft hatte. Achim Schwab war von den Behörden in Freiburg/Br. aufgefordert worden, an uns eine Nachzahlung für das zu billig erstandene Anwesen zu leisten. Meine Schwester und ich hatten von den damaligen Vorgängen keine Ahnung und so fragte ich einen Bekannten, der meinte, es sei besser, Unrecht zu erleiden, als Unrecht zu tun, und so verzichteten wir auf eine Nachzahlung. Wir waren zu der Zeit ohne jeglichen finanziellen Rückhalt, ohne Nachricht über den Verbleib unserer Eltern, von der Ausweisung bedroht, mit wenig Berufsaussichten – aber wir haben verzichtet.“

Achim Schwab nennt „Erinnerungsarbeit ein großartiges Werk“. Die Judenverfolgung hat Schwabs Großvater ein billiges Haus von Juden eingebracht und seinem Enkel Achim ermöglicht, auf dem erduldeten Leid der Hanna Mayer-Moses ein „großartiges Werk“ zu vollbringen: die Erinnerungsarbeit. Eike Geisel nannte es die „Wiedergutwerdung“ der Deutschen.

Die Ermordung der Juden hat sich in „jüdischer (Gedenk-)Kultur“ ausgezahlt. Schwab renovierte mit staatlichem Geld und seinem anderen Gedenkverein die Fassade der Synagoge Altdorf. Das geht nur ohne Juden. So wurde aus der Untat der Vorfahren das Beste herausgeholt. Eine geschmacklose Version „jüdischer Kultur“ ohne Juden, bei der man gleichzeitig Israel hassen kann. Diese totale Wiedergutwerdung in Form von „Gedenken“ ist nichts als ein Feigenblatt aus toten Juden. Es ist ein Tarnschild, um Israel einfacher kritisieren zu können, da man sich gleichzeitig mit „toten Wohlfühljuden“ oder leeren Synagogen schmücken kann. Die Lebenden lässt man wieder im Stich.

„Man ehrt die toten Juden, um die Lebenden besser vergessen zu können.“

In der Datenbank von Yad Vashem finden sich meine ermordeten Verwandten. Sie begleiten mich von Kindesbeinen an. Manchmal schauen sie mir über die Schulter, als wollten sie sagen: „Du kannst dich wehren!“ Ich könnte mich im Spiegel nicht mehr anschauen, würde ich nicht für Israel einstehen und für meine Familie, aus der acht Kinder zur israelischen Armee müssen. Sie verteidigen das Land, das im Notfall meine Zuflucht ist.

Die Israel-Gegner wurden von Bernhard Pilz in der Mitgliedersammlung am 25. September 2020 vertreten, als Pilz sich selbst zum Kandidaten für den Vorsitz des DIA vorschlug. Sein Plan, mich aus dem DIA „bereinigen“ zu wollen, wurde von den Anwesenden mit hörbarem Missfallen goutiert. Dass Juden in Deutschland wieder Angst haben, ihre Identität öffentlich nicht leben können und sich hinter den Gettomauern ihrer Gemeinden verstecken, interessiert Pilz nicht.

Wenn ich es als Jüdin wage, jeden Antisemitismus tabulos beim Namen zu nennen, werde ich angegriffen und verleumdet. Wenn ich mich als Jüdin nicht konform verhalte und eine eigene Meinung zu Israel oder über den Judenhass der Hamas äußere, dann diffamiert man mich öffentlich dafür, die Wahrheit gesagt zu haben. Denn eben die will niemand hören, und die soll auch niemand hören. In Deutschland wird der islamische Antisemitismus noch immer unter den Teppich gekehrt.

Ölhoff und Schwab werfen mir nun in Kooperation mit der „Lahrer Zeitung“ (LZ) und der „Badischen Zeitung“ (BZ) „uneingeschränkte Loyalität mit Israel“ vor. Nun, ich bin uneingeschränkt solidarisch mit dem Land Israel. Ich bin Zionistin, Jüdin, Israelin und Deutsche in Personalunion. Ich bin sozusagen reichlich beschenkt, da der Schwarzwald mir zur Heimat geworden ist. Meine andere Heimat, Israel, wo das Wenige an Familie lebt, dass mir Nazideutschland gelassen hat, und wo ich geboren bin, nenne ich mein Mutterland. Deutschland ist mein Vaterland. Wie mein Vater, der ein Czernowitzer Jude war, spreche ich keine andere Sprache so gut wie Deutsch. Ich bin eine deutsch-israelische Patriotin.

Seit meiner Wahl zur Vorsitzenden läuft eine Hetzkampagne gegen mich, die bis heute anhält. Juden, die sich wie ich mit ihrem zugewiesenen Platz nicht abfinden, nur der Pausenclown für den Erinnerungszirkus von Synagogenrenovierern und Israelhassern zu spielen, sollen mundtot gemacht werden. Der moderne Antisemitismus ist der Hass auf Israel und auf jene, die den Hass offen benennen.

Am 5. Oktober 2019 schrieb der Mitstreiter von Herrn Schwab und Frau Ölhoff, Jürgen Milde: „Dem wieder aufkeimenden Antisemitismus in Europa muss der Nährboden entzogen werden durch eine Veränderung der Haltung des politischen Israels und nicht durch Verbreitung von Ängsten.“

Manche Dinge verändern sich nie. Am Antisemitismus sind die Juden selbst schuld, damals wie heute. Wenn die Journalisten Felix Bender (LZ) und Michael Masson (BZ) einer Jüdin ihre Loyalität zu Israel vorwerfen, entlarven sie sich damit nur selbst. Wäre ich israelkritisch, würden mir diese Anwürfe nicht passieren. Die Berichterstattung von BZ und LZ über mich ist einseitig und tendenziös. So forderte Bender im Oktober 2019 von mir die Beantwortung von vier Suggestivfragen innerhalb von drei Stunden, andernfalls würde ein Artikel über mich erscheinen. Ein persönliches Interview lehnte er ab, woraufhin Herr Bender titelte, der „DIA hülle sich in Schweigen“. Beide Zeitungen fordern mit Schwab und Ölhoff, die gar nicht mehr im Verein sind, meinen Rücktritt, den aber außer Bernhard Pilz, dem „Bereiniger“, im DIA sonst niemand fordert.

 

Unveröffentlichtes Interview

Beide Zeitungen arbeiten mit Vertuschung, Leugnung von Tatsachen und Verleumdung. Die BZ machte mit mir und Robert Krais, dem Gründer des DIA, im Dezember 2019 ein dreistündiges Interview. Es wurde bis heute nicht gedruckt.

Die Zeitungen tadeln auch meine „Verunglimpfung“ Steinmeiers, ohne jemals zu berichten, was genau ich über Steinmeier eigentlich gesagt habe. Also werde ich das hier nachholen: Herr Steinmeier gratuliert wiederholt dem klerikal-faschistischen Mullah-Regime des Iran zum Jubiläum. Einem frauenfeindlichen, homophoben, rassistischen Terrorregime, das Frauen steinigt, homosexuelle Jugendliche an Baukränen aufhängt, Oppositionelle hinrichtet und seine Vernichtungsfantasien gegenüber Israel offen zum Ausdruck bringt, ohne dafür von der Bundesregierung konsequent geächtet zu werden. Wenn Steinmeier gleichzeitig in Gedenkveranstaltungen den Holocaust betrauert und den Kampf gegen Hass und Hetze propagiert, halte ich das für Doppelzüngigkeit und Heuchelei.

Bizarr wurde die Arbeit der Zeitungen, als sie den Schreiber Michael Masson am 25. September 2020 in unsere Versammlung schickten, aus der er tendenziös und falsch Bericht erstattete. Sein Auftritt schockierte mich und viele Teilnehmer. Offenbar alkoholisiert inklusive entsprechender Fahne, verlangte er von mir, ihm die Namen der Vorstandsmitglieder mit seinem Stift aufzuschreiben und ihm alle Veranstaltungen, die ich zuvor aus meinem neunseitigen Skript vorgelesen hatte, zu diktieren. Masson nannte in LZ und BZ die Zusammensetzung des neuen Vorstands eklatant falsch. Offenbar hatte der vermutlich nicht mehr nüchterne Journalist dessen Wahl mit der Entlastung des bisherigen Vorstands verwechselt.

 

Juden müssen sich selbst helfen

Am 25. September 2020 wurde ich fast einstimmig wiedergewählt. Ich habe wunderbare Menschen im DIA, die hinter mir stehen, inklusive altem und neuem Vorstand.

Antisemitisches Gedankengut nicht zu bekämpfen, weil es nicht braun, sondern in der grünen Farbe des Islam daherkommt, zeugt von doppelten Standards. Egal, ob Hass von Rechten, Linken, Christen oder Muslimen kommt: Solange es dieses Gedenktheater gibt, werden wir lebenden Juden uns in Deutschland selbst wehren und die Heucheleien lautstark anprangern müssen.

Jedem muss endgültig klar geworden sein, dass das staatlich geförderte Gedenken eine willfährige Ausrede für die völlige Gleichgültigkeit von Leuten wie Schwab, Ölhoff und Pilz ist, die den islamischen Judenhass ignorieren, dem in Deutschland lebende Juden ausgesetzt sind und gegen den auch Israel sich immer wieder zur Wehr setzen muss: Die arabische Welt ist nahezu „judenrein“, Gaza sogar komplett. Juden verlassen zu Tausenden Europa. Ihre Gemeinden in Deutschland verzeichnen mehr Sterbefälle als Geburten.

Michael Wolffsohn sagt klar: „Der gewalttätige Antisemitismus kommt heute nicht von rechts, auch wenn die irreführenden Statistiken etwas anderes sagen.“ Wie ich wurde auch Herr Wolffsohn schon antisemitisch bedrängt und er bezeugt, dass er in seinem jüdischen Bekanntenkreis von allen das Gleiche höre: „Gewalt gegen Juden geht ausschließlich von Muslimen aus.“

Wir befinden uns auf dem Weg zu einem judenfreien Deutschland. Ich überlege oft, meinen Davidstern-Anhänger lieber nicht zu tragen. Dann hätte ich kapituliert und mein Judentum freiwillig ins innere Exil verlagert. Eine judenhassende Meute zwingt Juden dazu, sich selbst zu gettoisieren und ihr Judentum zu verleugnen.

BZ und LZ machen sich zu Sprachrohren der lokalen Israelfeinde, schreiben seit zwei Jahren mit den nahezu immergleichen Textbausteinen über mich, ohne jemals mit mir zu reden oder ohne mein Interview zu drucken. Sie sind an einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung über mich ebenso wenig interessiert wie an einer fairen Information über die Nahostpolitik aus israelischer Sicht.

Eine Jüdin, die die Charta der Hamas öffentlich zitiert, stört nur. Daher für Frau Ölhoff und Herrn Schwab hier aus der Charta der Hamas: „Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!“

Wenn Sie wissen wollen, wie das damals vor über 70 Jahren passieren konnte? Es liegt daran, dass Sie so sind, wie Ihre Vorfahren damals waren (nach Henryk Broder).

2017 kam ich durch den Film des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises über den Freiburger Juden Günter Stein zum DIA. Stein erzählt darin über Judenverfolgung, seine Flucht nach Palästina und die Staatswerdung Israels im Krieg gegen die arabischen Staaten. Herr Steins Aussagen begleiten mich bis heute. Er sagt: „So ein Jude wollte ich nicht sein.“ Herr Stein war ein Kämpfer. Auch ich bin eine Jüdin, die sich wehrt.

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