Das lange verschleppte Verbot der Hisbollah – bei gleichzeitiger Hofierung ihres Geldgebers Iran

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erließ am 30. April 2020 ein Betätigungsverbot für die Anhänger der libanesischen Terrororganisation. Mit deren Sponsoren in Teheran hält man jedoch weiterhin gute Verbindungen.

Innenminister Horst Seehofer (rechts) im Gespräch mit Außenminister Heiko Maas.© John MACDOUGALL, AFP

Von Birgit Gärtner

Der Hauptvorwurf des Bundesinnenministeriums (BMI) in der Verfügung zum Betätigungsverbot der Anhänger der Hibollah („Partei Gottes“) lautet: Die „Terrororganisation [ruft] offen zur gewaltsamen Vernichtung des Staates Israel auf und stellt dessen Existenzrecht infrage“. Iranische Exil-Oppositionelle wie Kazem Moussavi, Mitbegründer und Sprecher der „Green Party of Iran“, geht der Schritt nicht weit genug, er fordert, auch die iranische „Revolutionsgarde“ auf die Terrorliste zu setzen, diese seien schließlich die Finanziers der Hisbollah.

Das Ganze ist ein schwerer Schlag für die Organisation, die selten, dafür aber wirkungsvoll in Erscheinung tritt, z. B. auf „Free Palestine“-Demos oder beim alljährlichen Al-Quds-Marsch in Berlin am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan.

Zu Erklärung ist auf der Webseite des BMI zu lesen:

„Sicherheitsbehördlichen Erkenntnissen zufolge werden in Deutschland bis zu 1.050 Personen dem extremistischen Personenpotential der Hizb Allah zugerechnet. Diese und sonstige Sympathisanten der Organisation sind nicht in einer einheitlichen Struktur organisiert. Eine ‚Hizb Allah Deutschland‘ oder ein zusammenfassender Dachverband existiert nicht, vielmehr treffen sich die Anhänger der Organisation in einzelnen örtlichen Moscheevereinen. Ein Hizb Allah-Bezug wird hier häufig durch bewusst konspirative Verhaltensweisen und Abschottung vermieden. Zum Teil bekunden die Anhänger der Organisation jedoch auch offen ihre Anhängerschaft auf Internetseiten und in sozialen Medien. Gerade die junge Anhängerschaft der Hizb Allah vernetzt sich in Deutschland verstärkt über das Internet. Darüber hinaus wird Deutschland von der Hizb Allah auch als Rückzugs- und Rekrutierungsraum genutzt, sowie für Beschaffungs-, Anschlags- und Spendensammelaktivitäten.“

Künftig ist es verboten

„Kennzeichen der Hizb Allah öffentlich, in einer Versammlung oder beispielsweise in Schriften sowie Ton- und Bildträgern zu verwenden. Zudem wird das im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes vorhandene Vermögen der Hizb Allah beschlagnahmt und zugunsten des Bundes eingezogen.“

In der Pressemitteilung des BMI heißt es:

„Um zu verhindern, dass durch die Bekanntgabe des Verbots Hinweise zu möglichen Teilorganisationen in Deutschland vernichtet werden, durchsuchten Polizeibehörden der Länder Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin heute Morgen, 6 Uhr, insgesamt vier Vereinsobjekte sowie die Privatwohnungen der jeweiligen Vereinsführung. Die von den Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Vereine stehen aufgrund ihrer finanziellen und propagandistischen Unterstützung der Hizb Allah im Verdacht, Teil der Terrororganisation zu sein. (…)

Damit richtet sich die Organisation in elementarer Weise gegen den Gedanken der Völkerverständigung – unabhängig davon, ob sie als politische, soziale oder militärische Struktur in Erscheinung tritt.“

 

Schwierige Debatte im Bundestag

Bereits am 6. Juni 2019 stellte die AfD-Fraktion im Bundestag den Antrag, die Hisbollah zu verbieten, da diese „eine schiitisch-islamistische Organisation aus dem Libanon sei, die das Existenzrecht des Staates Israel leugne und einen bewaffneten und terroristischen Kampf gegen Israel führe“ und „zudem mit ihren Bestrebungen eine Bedrohung für die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland“ darstelle. Der Antrag wurde debattiert, allerdings wurde nicht darüber abgestimmt, sondern er wurde „zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen“.

Am 19. Dezember 2019 gab es erneut eine Debatte im Bundestag zum Thema Hisbollah, dazu lagen gleich drei Anträge vor: Einer der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP, einer von den Grünen sowie erneut ein Antrag der AfD. Der Koalitionsantrag wurde mehrheitlich angenommen. Die Abgeordneten der Partei DIE LINKE enthielten sich weitestgehend, einige stimmten für den Antrag der Grünen. Streitpunkt war die Listung der Hisbollah grundsätzlich als Terrororganisation, statt nur des militärischen Arms, wie es einige LINKEN-Abgeordnete forderten. Damit konnten sie sich indes nicht durchsetzen. Lediglich die Berliner LINKEN-Abgeordnete Evrim Sommer stimmte für den Koalitionsantrag. Sie hatte in der Vergangenheit mehrfach Demonstration gegen den Al-Quds-Marsch angemeldet.

Doch was ist mit dem Iran?

„Ohne die Mullahs keine Hizbullahs“, kommentierte Kazem Moussavi.

„Das schiitische Regime im Iran ist der Schöpfer, Organisator und Finanzier der libanesischen terroristischen Hizbullah, die im Dienst der iranischen ideologischen Expansionspolitik zur Vernichtung Israels steht.

Es widerspricht der Vernunft und den realen Interessen der westlichen Gesellschaften, dass die deutsche Regierung die Hizbullah zwar als Terror-Organisation einstuft, gleichzeitig aber – entgegen allen vorhandenen Fakten – die vollständige Abhängigkeit der Hizbullah von der iranischen Revolutionsgarde und vom Holocaustleugner-System im Iran nicht benennt.

Die schon überfällige Hizbullah-Terror-Listung ist richtig. Sie ist im Interesse der Sicherheit Deutschlands, vor allem der jüdischen Bevölkerung und der iranischen Exiloppositionellen hierzulande, aber auch eine Unterstützung der aktuellen Aufstände gegen die Hizbullah im Libanon. Sie ist aber unzureichend. Notwendig wäre, dass die deutsche Regierung über die guten politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran hinaus denkt und auch den eigentlichen Befehlshaber und Finanzier der Hizbullah – Irans Revolutionsgarde – dringend auf die Terrorliste setzt.

Dies wäre im Interesse der Freiheits- und Demokratie-Bewegung im Iran, das untrennbar mit dem Interesse des jüdischen Staats Israel verbunden ist.“

 

Glückwünsche an die Mullahs

Doch der Iran wird auch weiterhin auf die Unterstützung der Bundesregierung zählen können. Zwar wollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in diesem Jahr kein Glückwunschtelegramm zum Jahrestag der „Revolution“ versenden, wie er sagte, verschickte die Depesche dann aber doch. Angeblich versehentlich. Viele wussten gar nicht, was sie mehr schockierte: Dass das Staatsoberhaupt offenbar regelmäßig einem der repressivsten und israelfeindlichsten Regimes der Welt dazu gratulierte, dass dieses sich ein weiteres Jahr an der Macht halten konnte – oder dass vom Bundespräsidialamt „versehentlich“ Nachrichten verschickt werden.

Auch Heiko Maas, der eigenen Worten zufolge „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“ ist, fällt immer wieder negativ auf im Zusammenhang mit dem Iran. Im Februar 2020 brachte er dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif ein Geschenk mit zur Münchner Sicherheitskonferenz: Den Iraner Ahmed Khalili, der seit 2018 auf Wunsch der USA in Deutschland inhaftiert war. Die US-Regierung wirft ihm vor, seit 2013 gegen geltende Sanktionen verstoßen zu haben, indem er in den USA Technik für Flugzeuge der iranischen Revolutionsgarden beschaffte. Ahmed Khalili wurde gegen einen im Iran inhaftierten Deutschen „getauscht“, der Fotos von militärischen Einrichtungen im Iran gemacht hatte. Maas Deal führte zu Verstimmungen mit den USA. Die Revolutionsgarden sind in den USA als Terrororganisation gelistet. Es geht also – die Forderung Kazem Moussavis könnte auch in Deutschland problemlos erfüllt werden.

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