„Palästinenser-Präsident“ Abbas: Im 16. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit

Dass der vermeintlich moderate Terror-gegen-Israel-Unterstützer Machmud Abbas schon seit Langem nicht mehr demokratisch legitimiert ist und sogar politisch missliebige Journalisten einsperren lässt, wird von der deutschen Politik und der EU wohlwollend geduldet.

Viele Akteure, mit denen der „ewige Präsident“ zu tun hatte, sind längst Vergangenheit: Machmud Abbas und Ariel Scharon, 2003.© MENAHEM KAHANA, AFP

Von Khaled Abu Toameh (Redaktion Audiatur)

Am 2. März, gingen die israelischen Wähler zum zehnten Mal seit der Unterzeichnung der Osloer Abkommen mit den „Palästinensern“ 1993 an die Wahlurnen. Die „Palästinenser“ hingegen hatten seither nur vier Wahlen – zwei für die Präsidentschaft der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ (PA) und zwei für das „palästinensische“ Parlament, den „Palästinensischen Legislativrat“ (PLC).

Die letzten „palästinensischen“ Wahlen fanden 2006 statt. Die Hamas, die islamistische Bewegung, die den Gaza-Streifen regiert, gewann 44,4 % der Stimmen (74 Sitze), während die rivalisierende Fatah-Fraktion von Präsident Machmud Abbas 41,4 % der Stimmen (45 Sitze) erhielt. Der „Palästinensische Legislativrat“ hat 132 Sitze.

Ein Jahr nach den Wahlen des PLC ergriff die Hamas nach dem Sturz des PA-Regimes von Abbas gewaltsam die Kontrolle über den Gaza-Streifen. Der Hamas-Putsch führte zu einer Spaltung zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen und hat seitdem das „palästinensische“ Parlament praktisch gelähmt.

Die „Palästinenser“ sind die einzigen Menschen im Nahen Osten, die kein funktionierendes Parlament haben. Im Jahr 2018 beschloss Abbas, den PLC aufzulösen und sagte, er werde innerhalb von sechs Monaten Wahlen abhalten. Dieser Schritt von Abbas wurde von vielen „Palästinensern“ scharf kritisiert und sie beschuldigten ihn, die „Palästinensische Autonomiebehörde“ und ihre Institutionen unter seine Kontrolle bringen zu wollen.

Der 84-jährige Abbas hat sein Versprechen, „innerhalb von sechs Monaten“ Parlamentswahlen abzuhalten, nicht eingehalten. Wer braucht ein Parlament, wenn man einen Präsidenten hat, der kürzlich in das 16. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit eingetreten ist? Wer braucht lästige Parlamentarier, die ihren Präsidenten und die Regierung belästigen, indem sie unbequeme Fragen stellen oder – noch schlimmer – die Leistung der „palästinensischen“ Führung kritisieren?

Das Fehlen eines parlamentarischen Alltags für die „Palästinenser“ war für Abbas, der seinen politischen Rivalen und Kritikern gegenüber weiterhin null Toleranz zeigt, in der Tat sehr praktisch.

Erst diese Woche befahl Abbas seinen Sicherheitskräften im Westjordanland, einen weiteren „palästinensischen“ Journalisten, Ayman Kawarik, zu verhaften, weil er kritische Kommentare auf Facebook gepostet hatte. Kawarik ist bei weitem nicht der erste „palästinensische“ Journalist, der in den Gefängnissen von Abbas landete, weil er seine Meinung geäußert hat. Niemand spricht jemals kritisch über die „palästinensische“ Führung.

Mit diesem harten Vorgehen gegen Kritiker begegnet Abbas also den wenig schmeichelhaften Kommentaren der „palästinensischen“ Journalisten. Auch die Fähigkeit, Kritik von Mitgliedern des (längst nicht mehr funktionierenden) Parlaments zu tolerieren, fehlt ihm.

Obwohl das „palästinensische“ Parlament eigentlich seit 2007 nicht mehr funktioniert, hat Abbas auf die Äußerungen bestimmter Parlamentsmitglieder reagiert, indem er ihnen ihre Immunität entzogen oder ihre Gehälter gekürzt hat.

Im Jahr 2016 entzog Abbas fünf Parlamentsmitgliedern die parlamentarische Immunität: Jamal Tirawi, Shami al-Shami, Najat Abu Bakr, Nasser Juma’ah und Mohammed Dahlan. Ein Jahr später beschloss Abbas auch, die Zahlung der Gehälter an mehrere Abgeordnete einzustellen, darunter einige, die seiner eigenen Fatah-Fraktion angehören.

 

Araber leben freier unter Juden als unter Arabern

Während „palästinensischen“ Parlamentsmitgliedern die Gehälter und die parlamentarische Immunität sowie die Meinungsfreiheit und die Möglichkeit, ihre parlamentarische Arbeit auszuüben, entzogen wurden, können arabische Knesset-Abgeordnete in Israel über die israelische Regierung und ihre Politik sagen, was immer sie wollen, ohne auch nur einen Gedanken an mögliche Folgen zu verschwenden.

Der arabische Knesset-Abgeordnete Ahmad Tibi zum Beispiel war ein vehementer und lautstarker Kritiker des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und der Politik seiner Regierung. Da Tibi und seine arabischen Kollegen in der Knesset in Israel leben, können sie bei Parlamentswahlen kandidieren und ihre Meinung ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen äußern. Würden die arabischen Knessetmitglieder unter dem Abbas-Regime leben, wären die wahrscheinlichen Szenarien eine Verhaftung oder Schlimmeres.

Die „palästinensischen“ Parlamentsmitglieder können ihre arabischen Kollegen in Israel nur beneiden über die grundsätzliche Existenz freier Wahlen – und über die außergewöhnliche Freiheit, welche die arabischen Bürger Israels genießen. Unter der Herrschaft der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ hätten Tibi und seine Kollegen nicht sehr lange durchgehalten.

Im September 2019 gelobte Abbas – diesmal während einer Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen – erneut, längst überfällige Parlamentswahlen im Westjordanland abzuhalten.

 

Schwätzer Abbas

Bislang haben jedoch noch keine Wahlen stattgefunden. Wie zu erwarten war, gibt Abbas die Schuld für sein eigenes törichtes Verhalten Israel: Es kann keine Wahlen geben, wenn Israel die Wahl nicht in Jerusalem zulässt. Obwohl Israel nicht gesagt hat, dass es den Arabern in Jerusalem die Teilnahme an den „palästinensischen“ Wahlen verbieten würde, hat Abbas – zusammen mit der Europäischen Union – versucht, es so aussehen zu lassen, als ob Israel die geplante Wahl absichtlich behindert. Dasselbe hat er zuvor auch der Hamas vorgeworfen: die Behinderung der Wahl.

Abbas, so scheint es, will keine Neuwahlen, nicht für die Präsidentschaft und nicht für das Parlament. Er würde es zweifellos vorziehen, die PA weiterhin als sein privates Königreich zu führen. Warum sollte sich Abbas, der im Januar 2005 gewählt wurde, mit einer neuen Präsidentschaftswahl beschäftigen, die ihm Zeit und Energie für den Wahlkampf abverlangt? Außerdem scheint Abbas keinem „Palästinenser“ das Vergnügen zu gönnen, ihn bei irgendeiner Wahl herauszufordern. Hat er sich, was ihn betrifft, nicht das Recht verdient, Präsident auf Lebenszeit zu sein?

So wird Abbas seinen Fehler von 2006, als die Hamas die Parlamentswahlen gewann, nicht wiederholen. Ein von der Hamas dominiertes Parlament wäre nur eine Qual für seine Helfer und ihn.

Während sich die israelischen Wähler zu den Wahlurnen begaben, sprach Abbas weiter über seinen Wunsch, seinem Volk die Möglichkeit zu geben, seine Parlamentsmitglieder und den Präsidenten zu wählen. Versuchen Sie auch nur einen „Palästinenser“ zu finden, der ihm glaubt.

Vorerst müssen die „Palästinenser“ im Westjordanland und im Gazastreifen weiterhin die Realität akzeptieren, unter den nicht gewählten und totalitären Machthabern der PA und der Hamas zu leben. Für die „Palästinenser“ ist jede israelische Wahl eine traurige Erinnerung an das katastrophale Versagen der „palästinensischen“ Führung und das völlige Fehlen von Demokratie unter der PA und der Hamas.

Unterdessen ignoriert die internationale Gemeinschaft weiterhin, dass den „Palästinensern“ die Möglichkeit verweigert wird, Wahlen abzuhalten. Israel zu verurteilen, kann eine Vollzeitbeschäftigung sein, die wenig Raum für die Erinnerung daran lässt, dass den „Palästinensern“ seit 14 Jahren das Recht, einen Wahlzettel anzufassen, vorenthalten wird.

 

Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.

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