Linksextreme Israelfeinde schmücken sich mit Verfolgten
Die von den „Linken“ dominierte VVN-BdA verliert ihre Gemeinnützigkeit – mit Recht, wie ein Blick in ihre Geschichte verrät.
Heinrich Fink (rechts), langjähriger VVN-Vorsitzender und Stasi-IM.© WIKIPEDIA
Es gab einen gemäßigten Aufschrei: Das Auschwitz-Komitee und der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin waren zu Gast auf dem Parteitag der Berliner Linken, und protestierten lautstark gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit einer Organisation, die aufgrund linksextremistischer Betätigung immer wieder ins Visier des Verfassungsschutzes geriet:
1982 wurde die Westberliner „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ mit etwa 300 Mitgliedern als SEW-gesteuerte Organisation aufgeführt, die sich in erster Linie gegen die „NATO-Nachrüstung“ engagierte. 1990 wurde sie als mitgliederstärkste kommunistische Bündnisorganisation aufgeführt: „In ihr konnten Kommunisten weiterhin auf allen Ebenen einflussreiche Positionen besetzen.“ Allerdings bescheinigte der Bericht auch, dass sie ihre „antifaschistische“ Vorreiterrolle nur noch auf lokaler und regionaler Ebene durchsetzen konnte. Somit geriet sie zwischenzeitlich aus dem Fokus.
Mit der Auflösung der Verfolgtenverbände, die sich als Interessenvertretung verstanden – dazu gehören der „Zentralverband demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen“ (ZdWV) und regionale Verbände wie etwa der „Bund der Verfolgten des Naziregimes“ Berlin (BVN), der Ende 2016 unter Vorsitz der Autorin, Dr. Nikoline Hansen, aufgelöst wurde –, ging eine Ära zu Ende, und die VVN blieb als vermeintliche „Verfolgtenorganisation“ zurück. So beschreibt sie es selbst auf ihrer Webseite: „Die VVN-BdA ist ein überparteilicher Zusammenschluss von Verfolgten des Naziregimes, Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern, Antifaschistinnen und Antifaschisten aller Generationen.“
Dass es tatsächlich auch einige ehemals Verfolgte in diesem Verband gibt, gehört zu einer Strategie, die bereits während des Kalten Krieges ein erfolgreiches Überleben und Einbringen in die westdeutsche Erinnerungskultur ermöglichte. Dass dieser Verein jedoch, wie in der Selbstdarstellung behauptet, überparteilich sei, hält einer kritischen Überprüfung nicht stand – zumal sich die VVN-BdA nach wie vor kommunistisch und extrem links positioniert, und teilweise gewaltbereiten Vertretern dieses politischen Spektrums eine Heimat bietet. Vertreter bürgerlicher Parteien dürften sich in diesem Verband, der auch israelfeindlich agiert, nach wie vor schnell fehl am Platz fühlen.
Ehe man in den Chor derjenigen einstimmt, die den Entzug der Gemeinnützigkeit für einen Skandal halten, lohnt es sich außerdem einen Blick auf die Geschichte der Verfolgtenverbände und die Erinnerungskultur nach 1945 zu werfen. Umfassende historische Quellen dazu liefert das trotz Redundanzen spannende Werk des Historikers Gerd Kühling „Erinnerung an nationalsozialistische Verbrechen in Berlin. Verfolgte des Dritten Reiches und geschichtspolitisches Engagement im Kalten Krieg 1945-1979“, das 2016 im Metropol-Verlag erschienen ist. Er beschreibt die Gründung der Verfolgtenverbände im Osten und Westen des Landes, darunter auch die des VVN, der in der DDR 1953 aufgelöst wurde, weil die SED sie als eigenständige Organisation fürchtete. In Westberlin betrieb sie dagegen sogenannte Westarbeit im Sinne der SED. Schon zuvor hatte die VVN sich nicht durch ein Bemühen um Neutralität hervorgetan. Heinz Galinski, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde zu Berlin, trat bereits am 25. November 1948 wieder aus. Er war zusammen mit Jeanette Wolff und dem SED-Funktionär Walter Bartel erst im Januar 1948 auf der Gründungsversammlung zum Vorsitzenden gewählt worden.
BVN vs. VVN
Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Jeanette Wolff engagierte sich in dem Bemühen, die sozialistischen Kräfte zu bündeln, weiterhin in der VVN, trat aber 1951 schließlich dem 1950 gegründeten BVN bei, in dem die Parteien CDU, FDP und SPD vertreten waren. Dieser Verband hatte angesichts ehemaliger NSDAP-Mitglieder in einflussreichen Funktionen und der Masse an Heimatvertriebenen einen schweren Stand – der Kampf um die deutsche Erinnerungskultur in der Nachkriegszeit liest sich daher wie ein spannender Kriminalroman. Er zeigt allerdings auch zweierlei: Dass es die Verfolgten des Naziregimes trotz der Unterstützung der Alliierten nicht leicht hatten gehört zu werden, und dass der Kalte Krieg einen entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung der Arbeit hatte, besonders in Berlin. So unterstützten die Amerikaner die Gründung der „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“, die noch heute Verständigungsarbeit zwischen den Religionen leistet. Es war die unter Vorsitz des Berliner CDU-Abgeordneten Werner Goldberg begonnene Strategie des BVN, nach Regelung des Berliner Gesetzes der Renten für ehemals politisch, rassisch und religiös Verfolgte (PRV) und Installierung einer reichhaltigen Gedenklandschaft, die im Zentralorgan des Vereins, der Zeitschrift „Die Mahnung“ engmaschig kommentiert und in diversen Beiräten begleitet wurde, die Arbeit mangels Betroffener einzustellen und der nächsten Generation das Engagement in anderen Organisationen wie „Gegen Vergessen für Demokratie“ nahezulegen. Man sah sich eben nicht als politische Kampforganisation, auch wenn die Gründung 1950 eine Kampfansage gegen die von der SED gesteuerte VVN gewesen war.
Es ist bei der Beurteilung der Hintergründe für den Entzug der Gemeinnützigkeit wichtig, all diese Informationen zu betrachten und den Verein als das zu beurteilen, was er ist, und nicht als das, was er vorgibt zu sein. Dazu kommt, dass in einer Zeit, in der jeder auch vermeintlich neutrale Informationen entscheidend beeinflussen kann, Fehlinformationen an der Tagesordnung sind. Das betrifft besonders die gerne genutzte Quelle Wikipedia, die am Ende eine Mehrheitsmeinung engagierter Einzelpersonen darstellt. Masse macht historische Darstellungen aber nicht richtig, sondern bedeutet nur eine eigene Schreibung der Geschichte. Das wird im Israel-Palästina-Konflikt deutlich, aber auch im Hinblick auf die deutsche Gedenkkultur: So wird der „Bund der Verfolgten des Naziregimes“ in Wikipedia als „Christdemokratische und dezidiert antikommunistische Abspaltung der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ diffamiert.
Wir befinden uns in Deutschland in einem neuen Kalten Krieg: Nach der Wiedervereinigung ist die Version Kalter Krieg 2.0 an den Start gegangen. So hat sich „Die Linke“ nach einem Umweg über die PDS einen starken Start verschafft und arbeitet daran, die SPD in die Bedeutungslosigkeit zu drängen. Als Folge hat sich eine neue Rechte etabliert, die mit der teilweise auch konservativ gemäßigt auftretenden AfD ungeahnt erfolgreich ist. Der Kampf der Extreme hat begonnen und die ehemals bürgerlichen Parteien CDU, SPD und FDP, die demokratischer Prinzipientreue folgen, werden bedeutungsloser.
Auch wenn sie daran selbst mit Schuld haben, darf man die Tatsache nicht vergessen, dass eine Demokratie auch immer wieder gefordert ist, sich selbst zu verteidigen. Der Entzug der Gemeinnützigkeit für Organisationen, die sich verfassungsfeindlich betätigen, ist kein „Radikalenerlass“, wie das jetzt gerne behauptet wird, sondern notwendiger Selbstschutz. Es ist heute umso wichtiger, Organisationen zu unterstützen, die ohne vordergründige politische Interessen Antisemitismus entschieden entgegentreten – denn an antisemitische Einstellungen sind unter den Deutschen auch nach 1945 noch immer weitverbreitet, aller Gedenkkultur zum Trotz.
Nachtrag: Die VVN-BdA gibt als Sitz heute die Magdalenenstraße 19 in Berlin-Lichtenberg an. Ironischerweise sitzt sie damit in direkter Nachbarschaft der ehemaligen Zentrale des gefürchteten SED-Geheimdienstes Stasi von Erich Mielke. Die VVN ist somit gewissermaßen zu ihren Wurzeln zurückgekehrt – an den Sitz ihres ehemaligen Geldgebers.
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