Entwertung des Theodor-Herzl-Preises
Charlotte Knobloch und der WJC vergessen offenbar, dass die Politik der Bundeskanzlerin auf vielfältige Weise offenes jüdisches Leben in Deutschland erschwert, wenn nicht verunmöglicht hat.
Merkels Fan Charlotte Knobloch bei der Verleihung des unverdienten Preises.© Christof STACHE , AFP
Statistiken des Bundesinnenministeriums behaupten, dass 90 % der 2018 in Deutschland gemeldeten antisemitischen Hassverbrechen von „rechtsextremen“ Personen begangen wurden. Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) mit Sitz in Wien stellte jedoch fest, dass nur 13 % der Angriffe auf diejenigen mit einer „rechtsgerichteten politischen Sichtweise“ zurückzuführen waren.
Deutschland stellt laut „NGO Monitor“ jährlich Millionen Euro für Organisationen bereit, die sich für anti-israelische BDS (Boykott, Devestition und Sanktionen) und „Lawfare“-Kampagnen, Antizionismus, Antisemitismus und Gewalt einsetzen.
„Wofür soll ihr der Theodor-Herzl-Preis verliehen werden? Dafür, dass ihr Mann bei der UNO sich bei Anti-Israel-Resolutionen der Stimme enthält, das heißt de facto gegen Israel stimmt? Dafür, dass derselbe Apparatschik den Raketen-Terror der Hamas auf israelische Zivilisten mit dem Abriss von Häusern gleichgesetzt hat? Dafür, dass sie nicht nur die deutsche Botschaft nicht von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt hat, wie es die USA getan haben, sondern auch andere Staaten vor einem solchen Schritt gewarnt haben soll? Für all das bekommt sie den Theodor-Herzl-Preis?“
(Henryk M. Broder, deutscher Politkommentator, Die Achse des Guten)
„Und das ist erst der Anfang. Es besteht große Aussicht, dass Deutschland dank der heutigen Politik doch noch judenrein wird. Wir schaffen das.“
(Dr. Rafael Korenzecher, Verleger, JÜDISCHE RUNDSCHAU)
Die Entscheidung des World Jewish Congress (WJC), die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem renommierten Theodor-Herzl-Preis für Zionismus zu ehren, hat bei jüdischen Meinungsführern in den USA und Europa Wut und Verwirrung ausgelöst.
Der WJC, der im August 1936 in Genf gegründet wurde, um dem Aufstieg Adolf Hitlers und der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Europa zu begegnen, vergibt seinen jährlichen Preis an Personen, die sich für die Ziele des verstorbenen Theodor Herzl, dem Gründer der modernen zionistischen Bewegung, „für die Schaffung einer sichereren und toleranteren Welt für Juden“ einsetzen.
Kritiker sagen, dass Merkel, da ihre Innen- und Außenpolitik in den letzten Jahren die Welt für Juden weniger sicher gemacht hat, der Auszeichnung auf ganz besondere Weise unwürdig ist. Zu dieser Politik gehört:
a) Das Versagen der Bundesregierung, den zunehmenden Antisemitismus zu bekämpfen.
Insgesamt 1.799 antisemitische Hassverbrechen – durchschnittlich fünf pro Tag – wurden 2018 in Deutschland angezeigt, so das Bundesinnenministerium. Dies entspricht einem Anstieg von 40 % gegenüber 2013, als 1.275 solcher Verbrechen registriert wurden. Die tatsächliche Zahl der antisemitischen Hassverbrechen in Deutschland ist wahrscheinlich viel höher.
Obwohl Merkel den Antisemitismus regelmäßig verurteilt hat, war ihre Regierung nicht in der Lage oder nicht bereit, wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung des Problems zu ergreifen.
b) Die Unterstützung der Bundesregierung für die Massenmigration aus der muslimischen Welt.
Der Anstieg des Antisemitismus in Deutschland fiel mit der Entscheidung der Bundesregierung zusammen, mehr als eine Million Migranten aus der muslimischen Welt ins Land zu lassen. Die Bundesregierung bestreitet, dass die beiden Dinge miteinander verknüpft sind. Statistiken des Bundesinnenministeriums behaupten beispielsweise, dass 90 % der 2018 in Deutschland gemeldeten antisemitischen Hassverbrechen von „rechtsextremen“ Personen begangen wurden. Die Umfrage der Universität Bielefeld ergab jedoch, dass 81 % der physischen Übergriffe gegen Juden in den letzten 12 Monaten auf muslimische Angreifer zurückzuführen waren.
c) Unterstützung der Bundesregierung für anti-israelische Resolutionen bei den Vereinten Nationen.
So hat Deutschland 2018 von 21 Anti-Israel-UNO-Resolutionen 16 verabschiedet und sich bei vier weiteren enthalten. Im Mai 2016 verabschiedete Deutschland eine besonders verabscheuungswürdige UNO-Resolution, die von der arabischen Staatengruppe und der „palästinensischen“ Delegation gemeinsam unterstützt wurde und Israel auf der Jahresversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als den einzigen Übertreter gegen die „psychische, physische und ökologische Gesundheit“ brandmarkte.
d) Unterstützung der Bundesregierung für anti-israelische Boykotte.
Deutschland stellt laut NGO Monitor jährlich Millionen Euro für Organisationen bereit, die sich für anti-israelische BDS (Boykott, Devestition und Sanktionen) und „Lawfare“-Kampagnen, Antizionismus, Antisemitismus und Gewalt einsetzen.
e) Die Weigerung der Bundesregierung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.
f) Unterstützung der Bundesregierung für den iranischen Atomvertrag.
Merkel hat das iranische Atomabkommen vom Juli 2015, das offiziell als „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA) bekannt ist, entschlossen verteidigt, von dem Kritiker sagen, dass es den Iran „auf einen legalen Pfad zur Bombe bringt“. Im Mai 2018 zog Präsident Trump die Vereinigten Staaten von der Vereinbarung zurück und verhängte erneut Sanktionen. „Das JCPOA bereicherte das iranische Regime und ermöglichte sein bösartiges Verhalten, während es bestenfalls seine Fähigkeit, Atomwaffen zu entwickeln, verzögerte und ihm erlaubte, die nukleare Forschung und Entwicklung aufrecht zu erhalten“, sagte Trump.
g) Das Schweigen und die Untätigkeit der Bundesregierung gegenüber den Drohungen des Iran, Israel zu zerstören.
Am 30. September sagte Generalmajor Hossein Salami, Leiter des Islamischen Revolutionswächtercorps (IRGC) des Iran, dass der Iran die notwendigen Voraussetzungen für die „Zerstörung des illegitimen zionistischen Regimes“ geschaffen habe. In Äußerungen in der von der iranischen Regierung kontrollierten „Teheran Times“ sagte Salami: „Dieses Regime [Israel] sollte aus der Welt geschafft werden, und das ist kein Traum mehr.“ Am 1. Oktober beschrieb das Auswärtige Amt die Kommentare als „anti-israelische Rhetorik“, weigerte sich aber, sie als „antisemitisch“ zu bezeichnen.
In einem Interview mit der „Jerusalem Post“ sagte der Präsident von „NGO Monitor“, Professor Gerald Steinberg:
„Die Deutschen, und insbesondere Merkel, sollten die ersten sein, die die völkermörderischen Drohungen des Iran gegen den jüdischen Staat als Antisemitismus verurteilen. Indem sie sich stattdessen hinter die Ente flüchten, dass sich die ‚anti-israelische‘ Sprache vom Antisemitismus unterscheiden lässt, untergraben sie den internationalen Konsens hinter der Arbeitsdefinition [des Antisemitismus] der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance). Jeder Aspekt der iranischen Kampagne zur Zerstörung Israels ist im Judenhass und in der jüdischen nationalen Selbstbestimmung verankert, einschließlich vieler der Bilder, die die Nazi-Propaganda widerspiegeln. In der Zeit, in der sie im Amt bleibt, sollte Merkel der Beseitigung des Schadens, den sie angerichtet hat, indem sie den Iran nicht konfrontiert hat, hohe Priorität einräumen.“
Der Leiter des Simon Wiesenthal Centers, Rabbi Abraham Cooper, sagte zur „Jerusalem Post“, dass Merkels „business as usual“-Haltung gegenüber der Mullakratie der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber dem jüdischen Volk nach der Schoah und ihrer Zusicherung der Solidarität mit Israel spotte.
Demonstration anlässlich des rechtsextremen Anschlags von Halle am 13. Oktober 2019.© AXEL SCHMIDT, AFPr
h) Bemühungen der Bundesregierung zur Umgehung der US-Sanktionen gegen den Iran.
Im Januar 2019 gründete Deutschland zusammen mit Frankreich und Großbritannien INSTEX, ein EU-Tauschsystem, das es europäischen Unternehmen ermöglichen würde, die US-Sanktionen gegen den Iran zu umgehen. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, hat ein sofortiges Ende der iranisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen gefordert und gesagt, dass der Handel dem Terrorismus der Islamischen Republik zugutekomme und dem Berliner Versprechen zuwiderlaufe, dass die Sicherheit Israels unverhandelbar ist:
„Es erscheint paradox, dass Deutschland – als ein Land, das angeblich aus seiner schrecklichen Vergangenheit gelernt hat und sich stark für die Bekämpfung des Antisemitismus einsetzt – einer der stärksten Wirtschaftspartner eines Regimes ist, das den Holocaust eklatant leugnet und täglich Menschenrechtsverletzungen begeht. Deutschland hat die Sicherheit Israels als Teil seiner Raison d'être angenommen. Das sollte natürlich Geschäfte mit einer fanatischen Diktatur ausschließen, die die Zerstörung Israels fordert, Atomwaffen entwickelt und Terrororganisationen auf der ganzen Welt finanziert.“
i) Die Weigerung der Bundesregierung, die Hisbollah zu verbieten.
Weil sie „wie keiner ihrer Amtsvorgänger in unverrückbarer Entschlossenheit, Eindeutigkeit und Glaubwürdigkeit beherzt und kämpferisch an der Seite der jüdischen Menschen in Deutschland und des Staates Israel“ stehe, verlieh Knobloch Merkel 2016 die Ohel-Jakob-Medaille der jüdischen Gemeinde München.
Knobloch sagte in ihrer Rede, dass Merkel, wie kein anderer deutscher Führer vor ihr, „steht wie keiner ihrer Amtsvorgänger in unverrückbarer Entschlossenheit, Eindeutigkeit und Glaubwürdigkeit, beherzt und kämpferisch an der Seite der jüdischen Menschen in Deutschland und des Staates Israel.“ Dies sei ein „Ausdruck eines gereiften Geschichts- und Verantwortungsbewusstseins und ihrer menschlichen Haltung“, sagte Knobloch. Sie fügte hinzu:
„Die Sicherheit und die Geborgenheit jedes einzelnen jüdischen Menschen in Deutschland sind für Sie Teil der Staatsräson unseres Landes – und mehr als das: Sie sind Ihnen Herzensangelegenheit, niemals verhandelbar, keine leeren Worte.“
Merkel sagte in ihrer Dankesrede, dass für sie eine solche Auszeichnung „alles andere als selbstverständlich“ sei.
Angesichts Merkels langjähriger Erfahrung mit israelfeindlicher Politik und Positionen zeigte sich der deutsche Politkommentator Henryk M. Broder erstaunt über die Entscheidung des WJC, Merkel den Theodor-Herzl-Preis zu verleihen:
„Vor ein paar Tagen habe ich in meiner Post eine Einladung gefunden, die wohl versehentlich an mich geschickt wurde. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, ‚beehren sich‘, mich anlässlich der Verleihung des Theodor-Herzl-Preises des Jüdischen Weltkongresses an Ihre Exzellenz die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Dr. Angela Merkel zu einem festlichen Abendessen in Anwesenheit des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, einzuladen.“
Der Herausgeber der monatlichen deutsch-jüdischen Zeitschrift JÜDISCHE RUNDSCHAU, Dr. Rafael Korenzecher, begrüßte die Nachricht von Merkels Auszeichnung mit einem sarkastischen Beitrag in seinem Blog:
„Die ‚Chefin vons Ganze‘ – wie der Berliner sagt –, unsere wundervolle Kanzlerin Frau Merkel bekommt von höchster jüdischer Vertretung den hohen Theodor-Herzl-Preis für besondere Verdienste um das jüdische Volk und um Israel.
Also ich finde völlig zu Recht. Ist es doch ihr Verdienst und das Verdienst ihrer politischen Entourage, dass die Abwanderung von Juden aus Deutschland endlich wieder zu einer nennenswerten Aliyah (Einwanderung) nach Israel geführt hat.“
Soeren Kern ist ein Senior Fellow am New Yorker Gatestone Institute.
Übersetzung aus dem Englischen von Daniel Heiniger
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