Der Schekel ist stark wie nie zuvor

Das Neueste zur Wirtschaft und Technik Israels

Israelische Banknoten© MENAHEM KAHANA, AFP

Von Michael Selutin

Israels wirtschaftliche Stärke nimmt immer mehr zu, was u.a. am Wechselkurs des Schekels zu anderen Währungen zu erkennen ist. Der Schekel steigt gegen den US-Dollar, das Pfund und den Euro bereits seit einigen Jahren, und gegen den Euro ist er vor einigen Wochen unter die wichtige Marke von 4:1 gefallen. Ein Euro ist heute also weniger als vier Schekel wert und der Trend zeigt weiter nach unten. Auch die Briten und Amerikaner müssen mehr bezahlen, wenn sie in Israel Urlaub machen, während sich israelische Touristen im Ausland über die günstigen Preise freuen können.

Es ist keine Überraschung, dass die europäischen Währungen Euro und Pfund seit Jahren schwächeln, da die EZB ihren Zinssatz auf null gesenkt hat und das Pfund aufgrund des sich hinziehenden Brexits geschwächt ist. Dass aber der US-Dollar ebenfalls so sehr an Wert verliert, ist merkwürdig. Die amerikanischen Zinsen sind mit 2,25 % vergleichsweise hoch und die Wirtschaft ist gesund, was eigentlich für einen starken Dollar spricht, während der Zinssatz in Israel bei nur 0,25 % liegt. Es ist also die wirtschaftliche Stärke, die den Schekel nach oben treibt.

Was Israel als „Start-Up-Nation“ so stark macht, ist vor allem die hohe Anzahl an neuen Technologieunternehmen. Diese werden oft für mehrere Milliarden Dollar an große, internationale Firmen verkauft, wie es bei Mobileye der Fall war. Dieses Unternehmen aus Jerusalem stellt Sicherheitsprodukte für Autos her, die man sich in sein Gefährt installieren kann und wodurch die Wahrscheinlichkeit von Unfällen deutlich gesenkt wird. Vor etwa zwei Jahren kaufte der amerikanische Chiphersteller Intel diese israelische Firma für 15,3 Milliarden Dollar. Intel erhofft sich, durch diese Akquise im Bereich der autonomen Autos ein wichtiger Player zu werden.

 

Zehnter Platz im Innovationsindex

In diesem Jahr schaffte Israel den Sprung in die Top Ten der innovativsten Länder der Welt, nachdem es im letzten Jahr noch auf den 11., und im Jahr zuvor auf den 17. Platz kam. Die Cornell-Universität in den USA, die INSEAD School of Business und die UN-Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization – WIPO) haben diesen Innovationsindex aus 80 verschiedenen Indikatoren zusammengestellt. Zu den Bereichen, in denen Israel besonders stark abschnitt, gehörten die Kooperation zwischen Industrie und höheren Bildungseinrichtungen wie Universitäten (zweiter Platz weltweit), ausländische Investitionen in Forschung und Entwicklung (dritter Platz) und Anteil der Frauen in hochqualifizierten Berufen (dritter Platz). Israel kam weiterhin auf den ersten Platz in den Bereichen Investition in Forschung und Entwicklung, Forschungstalent, Wikipedia-Einträge, Entwicklung von Apps und Exporten von High-Tech-Services. Allerdings schnitt Israel in den Bereichen Infrastruktur und Investitionen des Staats in seine Studenten relativ schlecht ab.

 

Tourismus auf Rekordniveau

Ein weiterer wichtiger Bereich der israelischen Wirtschaft ist der Tourismussektor, der 2018 ein Rekordjahr hatte und auch in diesem Jahr auf ein neues Rekordergebnis zuläuft. 2018 kamen 4.120.800 Besucher ins Heilige Land. Im ersten Quartal 2019 kamen bereits 1,14 Millionen Touristen ins Land, was 14 Prozent mehr ist als im gleichen Quartal vor einem Jahr. Die ausländischen Besucher spülten etwa sechs Milliarden Euro in die israelische Wirtschaft, wobei interessant ist, dass etwa 40 Prozent von ihnen nicht zum ersten Mal ins Land kamen. Israel ist also kein Reiseziel, das man einmal abhakt und nicht wiederkommt, sondern ein Land, in das man sich verlieben kann und wieder besuchen möchte. Etwa 61 Prozent der Touristen im letzten Jahr waren Christen, 22 Prozent waren Juden, 12,1 Prozent gehörten nach eigenen Angaben keiner Glaubensrichtung an und 1,8 Prozent waren Moslems. Gerade im Bereich der moslemischen Touristen hat Israel großes Wachstumspotential, da sich die Beziehungen zu vielen arabischen Staaten zurzeit verbessern.

Vergleich des BIP pro Kopf seit 2002: Israel erreichte 38.127 US-Dollar, überholte Frankreich 
und Großbritannien.

 

Tikun Olam

Die Welt zu einem besseren Ort machen ist ein wichtiger Teil des jüdischen Glaubenssystems, der sich auch in der israelischen Wirtschaft wiederspiegelt. Tikun Olam könnte als „Verbesserung/Reparierung der Welt“ übersetzt werden, und es gibt kaum einen Lebensbereich, den israelische Tüftler nicht zu verbessern versuchen. Dabei geht es nicht nur um Medizintechnik, wo zum Beispiel die israelische Firma ReWalk gehbehinderten Menschen dazu verholfen hat, mit Roboterbeinen wieder aufrecht zu gehen. Es sind vor allem alltägliche Herausforderungen, die von Israelis immer wieder hinterfragt werden und für die sie neue, revolutionäre Lösungen anbieten. So haben Forscher der Universität von Tel Aviv Plastik entwickelt, das nicht wie bisher aus fossilen Elementen hergestellt wird, sondern von Mikroorganismen, die sich von Algen ernähren und deswegen biologisch abbaubar sind. Diese Entwicklung könnte die Verschmutzung der Meere und einen großen Teil der Müllberge auf dem Festland deutlich senken.

 

High-Tech mit Cannabis

Die Heilwirkungen der Cannabispflanze sind umstritten, aber sie versprechen hohe Gewinne für Unternehmen und relativ günstige Medizin für Patienten. Ob chronische Rückenschmerzen, oder Parkinson, Cannabis soll entzündungshemmende, antibakterielle und schmerzstillende Eigenschaften haben. Der CBD-Stoff, den die Pflanze produziert, kann sogar bei Tieren angewendet werden und die israelische Firma Weedly testet zurzeit den Effekt dieses Stoffes auf Pferde. CBD hat ähnliche Eigenschaften wie das THC, das high macht – der Unterschied ist, dass CBD eben nicht high macht und deswegen eingenommen werden kann, ohne dass der Patient (oder das Pferd) psychedelische Folgen erwarten muss. Nachdem Medizin auf Basis von Cannabis jahrzehntelang verpönt war, erlebt es heute weltweit eine Renaissance, an der Israel einen großen Anteil hat.

 

Spaß muss sein

Kreativität ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die Israelis besitzen und sie lässt sich vielleicht am besten im Bereich der Computerspiele ausleben, wo israelische Firmen zu den Marktführern weltweit gehören. Auch hier begannen viele Spielehersteller als kleine Start-Ups, um dann für Milliarden aufgekauft zu werden. So etwa Playtika, das vor etwa zwei Jahren von einem chinesischen Konsortium für 4,4 Milliarden US-Dollar gekauft wurde. Playtika entwickelt neben klassischen Online-Casinos vor allem Spiele für Mobilgeräte, die meistens kostenlos sind, aber durch sogenannte Mikrokäufe in den Spielen riesige Umsätze generieren. So kann man zum Beispiel im Spiel „Pirate Kings“ seine Pirateninsel verschönern, indem man nur einige Cent zahlt, aber wenn man schon eine schöne Insel hat, muss dann das Piratenschiff so schrecklich abgenutzt aussehen? Ein weiterer kreativer israelischer Spieleentwickler ist TabTale, der mit seinem Spiel „Run Sausage Run“ weltweit bekannt wurde. Hier läuft der Spieler als Wurst durch eine gefährliche Welt voller heißer Platten, Äxte und Messer, die die erschrockene Wurst angreifen. Es ist ein klassisches Jump-and-Run-Spiel wie Super Mario, aber um daraus eine schlabbrige Wurst zu machen, die im Zombie-Modus durch die Küche watschelt, braucht man schon die legendäre israelische Chuzpa.

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