Rudi Weissenstein – Exil und Fotografie
Noch bis zum 21. September zeigt die Galerie Grisebach in Berlin eine Ausstellung mit bislang unbekannten Werken des jüdischen Fotografen Rudi Weissenstein

Der Fotograf im Einsatz© TIMOTHY A. CLARY , AFP
Shimon Rudolph Weissenstein wurde 1919 in Iglau (Böhmen) geboren und emigrierte 1935 nach Palästina. Er ist bekannt für seine umfangreiche Dokumentation des Alltags jüdischer Einwanderer seit den 30er Jahren, die er in hoher künstlerischer Qualität und mit einem geübten Blick für die Nachwelt festhielt. Damit wurde er zu einem wichtigen Chronisten der Gründungsgeschichte Israels.
Seine Fotos zeugen von der Liebe zum neu entdeckten Land und zu den Leuten, die sich um den Aufbau dieses Landes verdient gemacht haben, wobei der Eindruck bewegender Momentaufnahmen entsteht, die dennoch bis ins Detail perfekt in ihrer Komposition wirken. Die Fotos zeichnen sich nicht nur durch dramatische Inszenierungen aus, sondern sind oft einfach auch „nur“ im richtigen Augenblick und aus der richtigen Perspektive aufgenommen. Dabei ist die Vielseitigkeit der Genres, mit denen Weissenstein arbeitete, beeindruckend.
In einem Vortrag im Rahmen der Ausstellung wies Prof. Dr. Gertrud Koch von der Freien Universität daher auch auf die Perspektivwechsel hin, die Weissensteins Arbeit ausmachen und sie zum Zeugnis einer „Gegengeschichte“ werden lassen. Weissenstein hat nicht nur das wichtige Ereignis der Staatsgründung Israels dokumentiert mit Fotos von Ben Gurion, mit denen er vorrangig bekannt wurde, sondern er repräsentierte auch die Brücke zwischen Israel und Europa, indem er die ästhetischen Stile seiner Zeit mit den vorgefundenen Realitäten eines Landes verknüpfte, das im Aufbau begriffen war. So erzählte er realistisch vom sich etablierenden Alltag, dem Traum nach einer Normalität, die eben im Entstehen begriffen war. Das wiederkehrende Motiv der Kinder, die zum Teil sehr eindrucksvoll in Szene gesetzt wirken, deutet auf die künftigen Akteure im Land hin und weist in die Zukunft des im Aufbau begriffenen Landes.
Das umfangreiche Werk – mehr als 250.000 Negative – wurde bis zu ihrem Tod 2011 von seiner Witwe Miriam Arnstein betreut, die er 1940 geheiratet und mit der er gemeinsam in Tel Aviv ein Photogeschäft eröffnet hatte. Seitdem betreut sein Enkel Ben Peter Weissenstein den Nachlass im neuen Ladengeschäft The PhotoHouse in der Tshernichovsky-Straße im Herzen Tel Avivs. Das Archiv ist ein steter Quell von Erinnerungen an eine spannende Zeit der Hoffnung auf ein besseres Leben in einem neuen, anfangs kargen Land, das die neuen Siedler mit ihren eigenen Händen aufbauten und pflegen konnten. Es ist ein Land im Wandel, das in europäischer Tradition steht und sich an diesen kulturellen Errungenschaften orientiert, wie die Bilder der Kulturschaffenden, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind, eindrucksvoll zeigen.
Obwohl die Auswahl der in der Ausstellung gezeigten Fotos begrenzt bleiben musste, gibt sie doch einen Eindruck von der erstaunlichen Vielfältigkeit des Werks des Fotografen und zeugt davon, dass er nicht nur sein Handwerk perfekt beherrschte sondern auch die künstlerischen Visionen seiner Zeit sehr gut kannte und nutzte, um den Betrachter in den Bann zu ziehen.
Zu sehen ist auch eine Reihe signierter Porträts unter anderem von Marc Chagall, Artur Rubinstein, Kurt Weil und Leonard Bernstein. Ergänzt wird die Ausstellung mit Werken der Fotografin Ellen Auerbach, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 ebenfalls gezwungen war aus Deutschland auszuwandern und in Tel Aviv das auf Babyfotografie spezialisierte Fotostudio Ishon eröffnete. Allerdings verließ sie das Land bereits 1936 wieder zog mit ihrem Mann nach New York. Ein Hinweis darauf, dass nicht alle Europäer in dem fremden Land heimisch werden konnten. Die von Auerbach gezeigten Arbeiten befinden sich im Besitz der Akademie der Künste Berlin. Kuratorin der Ausstellung ist Dr. Sarah Hadda.
Fasanenstraße 27, 10719 Berlin
Öffnungszeiten Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr und Samstag 11 bis 16 Uhr
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