Bibi, die Taube, und der Süden Israels
Für Israel-Feinde ist die notwendige Abwehrbereitschaft eines Landes immer „Hardliner“-mäßig. Aus Sicht der fast täglich raketen-bedrohten süd-israelischen Bevölkerung ist Benjamin Netanjahu jedoch alles andere als ein Falke
Alon Davidi, Bürgermeister von Sderot nahe des Gaza-Streifens
Alon Davidi, der Bürgermeister von Sderot, ist wie viele Israelis unzufrieden, denn er denkt, dass er und die Bewohner Sderots, ja, eigentlich des ganzen Südens von Israel von den Politikern in Jerusalem im Stich gelassen werden. Und nein, es geht dabei nicht um den Preis von Hüttenkäse oder ob Sara Netanyahu, von wem auch immer, Schmuck bekommen haben soll. Es geht um etwas viel Existenzielleres.
Es geht darum, dass die Menschen in Sderot nur 15 Sekunden Zeit haben, um den nächsten Schutzraum zu erreichen, wenn die Hamas wieder Raketen auf den israelischen Süden regnen lässt. Bürgermeister Davidi ist der Meinung, dass es eine großangelegte, militärische Operation mit dem Ziel der Vernichtung der Hamas braucht, um dafür zu sorgen, dass die Menschen in Sderot, Aschkelon und Aschdod wieder einigermaßen in Frieden leben können. Nach Ansicht des Bürgermeisters von Sderot versteht die Hamas nur eine Sprache, nämlich die der harten Hand, und er will und kann es nicht mehr akzeptieren, dass die Regierung in Jerusalem die israelischen Bürger im Süden im Stich lässt – denn die Macht der Zahal ist enorm und diese Macht sollte man dazu einsetzen, die Hamas, die sich im Gaza-Streifen hinter Zivilisten versteckt und verschanzt, militärisch zu vernichten.
Während Israel-Korrespondenten verschiedener Medien in Tel Aviv sitzen, die Hamas nur von der Lektüre der «Haaretz» kennen, denken und schreiben, dass Benjamin «Bibi» Netanjahu, der am längsten amtierende Premierminister Israels, ein Hardliner, fast schon ein Kahanist oder ein Faschist sei, wären die Menschen in Aschdod, Aschkelon und Sderot dankbar, wenn Bibi die Hamas etwas härter anfassen würde. Denn die jetzige Situation, die nach der Räumung des Gaza-Streifens durch die Zahal entstanden ist, ist keinem Menschen zumutbar. Selbst Schulen und Spielplätze brauchen Schutzräume und Bunker aufgrund der Tatsache, dass die Hamas und andere Terrorgruppen im Gaza-Streifen regelmäßig den Süden Israels mit Raketen beschießen. Die Situation ist derart dramatisch, dass es erst kürzlich einen Protest vor der Knesset in Jerusalem gab, bei der die NGO «The Israel Victory», mit einem 10 Meter großen, aufblasbaren Huhn über die vermeintliche Feigheit gegenüber der Hamas protestierte. Auf dieser Protestveranstaltung sprachen auch Simcha Goldin, der Vater des gefallenen Soldaten Hadar, dessen Leiche immer noch von der Hamas als Geisel gehalten wird und Herzl Hajaj, der Vater der ermordeten Shir Hajaj.
Gantz will Militärschlag
Selbst Politiker von «Blau-Weiß», dem zentristischen Oppositionsbündnis, wie Yair Lapid und Benny Gantz, kritisieren den laschen Umgang von Benjamin Netanjahu mit der Hamas. Der ehemalige Generalstabschef Benny Gantz sagte, dass wenn er an der Macht wäre und die Hamas wieder Raketen regnen lasse, er sicherstellen würde, dass dies das letzte Mal sei, dass die Hamas so etwas tun könne. Benny Gantz will keine Einigung, auch keinen Waffenstillstand, sondern einen militärischen Sieg über die Hamas. Ins gleiche Horn bläst auch Yair Lapid. Der ehemalige Nachrichtensprecher sagte nämlich, dass man in Gaza einsehen solle, dass, wenn das nächste Mal israelische Bürger unter dem Raketenhagel aus dem Streifen zu leiden hätten, Israel Katar nicht mehr erlauben werde, Koffer mit Millionen von Dollars nach Gaza zu schicken, sondern stattdessen Lenkraketen in die Häuser der Führungsriege der Hamas schicken werde.
Sowohl Benny Gantz als auch Yair Lapid sind keine Radikalen, sondern solide Zentrumspolitiker. Aber auch sie haben, wie die Menschen in Aschkelon, Aschdod und im ganzen Süden Israels, genug vom Raketenterror aus dem Gaza-Streifen. Und deshalb kritisieren sie Benjamin Netanjahu für seine Atonie gegenüber der Hamas.
Benjamin Netanjahu, der kein Hardliner ist – sondern wie seine bisherige Politik gegenüber der Hamas im Gazastreifen beweist – zu massiven Zugeständnissen bereit ist, ist ein gemäßigter Konservativer mit einem Problem: Denn dadurch, dass Israel sowieso schon als Buhmann der Region gesehen wird – egal was Israel tut oder sein lässt – wird alles, was Israel in Bezug auf Gaza tut, mit antisemitischen Boykottaufrufen, Brandstiftungen auf Synagogen und dergleichen quittiert. Dies führt dazu, das Benjamin Netanjahu, der vermeintliche «Hardliner» und «Faschist», mit chirurgischer Präzision agieren muss, wenn es um Gaza und den Süden Israels geht.
Einerseits muss Netanjahu sicherstellen, dass israelische Bürger einigermaßen in Sicherheit leben können, und andererseits muss er verhindern, dass Israel international nicht noch mehr an den Pranger gestellt wird von Staaten wie Katar und der Islamischen Republik Iran, die den Terror aus Gaza finanzieren. Dies ist ein unglaublicher Balanceakt, der den meisten Menschen außerhalb von Israel nicht bewusst ist.
Israel-Korrespondenten, die kein Hebräisch sprechen
Denn wie schon erwähnt, sitzen die meisten Israel-Korrespondenten im schönen und sicheren Tel Aviv und sind nur ab und an in Aschkelon oder Sderot, um an Führungen teilzunehmen, wenn es keine Raketen aus Gaza regnet. Diesen Korrespondenten, die oft nicht einmal Hebräisch sprechen, ist es nicht bewusst, wie sich ein Leben unter dem Raketenterror der Hamas anfühlt. Stattdessen machen sie das Einfachste und, für sie, Naheliegendste: Sie geben Benjamin Netanjahu die Schuld an der Situation, weil etwas anderes nicht in das anti-israelische Narrativ passt. Hinzu kommt, dass die Feinde Israels, wie die Hamas und Katar und das Regime der Islamischen Republik Iran, Imperialisten in der Verkleidung von Revolutionären sind, die vom «Rassismus der tiefen Erwartungen» gegenüber nicht-westlichen Entitäten und Staaten profitieren.
Dieser Rassismus führt dazu, dass weder die Hamas noch die Machthaber in Doha oder Teheran jemals zur Verantwortung gezogen werden, dafür was sie den Menschen im Süden Israels antun. Stattdessen wird weiterhin das antisemitische Ressentiment kultiviert – vom Brunnenvergifter zum Kindermörder ist alles dabei, was man früher den Juden und heute dem Juden unter den Staaten, Israel, vorwirft.
Unter dem Terror aus Gaza leiden jedoch nicht nur israelische Staatsbürger. Die Menschen in Gaza leiden ebenfalls aufgrund der Terrorherrschaft von antisemitischen Islamisten, deren Führungsriege ein Luxusleben in Katar und der Türkei lebt, während die Bodentruppen der Terroristen in ihrem wahnwitzigen Kampf gegen Israel Zivilisten und zivile Einrichtungen als menschliche Schutzschilde missbrauchen. Aber nicht nur durch den Dschihad mit Israel leiden die Menschen in Gaza unter der Terrorherrschaft der Hamas und anderer Fanatiker wie dem «Islamischen Dschihad», sondern auch unter der verfallenden Infrastruktur, die sogar den Import von Strom und Wasser aus Israel nötig macht.
Alles muss dem Dschihad untergeordnet werden. Darum werden Kraftwerke und Wasseraufbereitungsanlangen nicht gewartet, und anstatt Zement zum Bau von Schulen, Krankenhäusern und Wohnungen zu verwenden, baut man Tunnel, die weit ins israelische Kernland reichen, um die Menschen dort zu terrorisieren und gegebenenfalls zu entführen.
Dass es zu einem Konflikt kommen wird, ist unvermeidlich, denn kein Staat der Welt kann sich regelmäßigen Raketenterror gefallen lassen. Wie der Bürgermeister von Sderot, Alon Davidi, sagte: Nur eine militärische Operation mit dem Ziel der Vernichtung der Hamas kann dem Süden Israels und den Zivilisten im Gaza-Streifen etwas Ruhe und Frieden verschaffen. Dazu braucht es nicht nur die Stärke der Zahal, sondern auch effektive Sanktionen gegen die Machthaber in Doha und Teheran, die Terroristen wie die Hamas und den «Islamischen Dschihad» finanzieren. Nur die Kombination aus militärischer Stärke gegen Terroristen und Sanktionen gegen deren Financiers im Hintergrund kann Erfolg bringen und damit auch potentiell friedensfördernd sein, damit in Zukunft die Kinder im Süden Israels ruhig schlafen können und die Kinder im Gaza-Streifen nicht mehr als menschliche Schutzschilde missbraucht werden.
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