Die Strahlkraft eines großen Weisen

Was am Lag BaOmer in Israel gefeiert wird, und warum dieses Fest auch in der Diaspora von großer Bedeutung ist.

Das Grab von Rabbi Simeon Bar Yochai© WIKIPEDIA

Von Rabbiner Elischa Portnoy

Eigentlich gibt es in dem jüdischen Monat Ijar (Mai) heutzutage keine religiösen Feste: weder von der Thora noch von den Rabbonan. Jedoch ist der 18. Ijar (dieses Jahr 23. Mai) doch ein kleines religiöses Fest, und in wird vor allem in Israel sogar von säkularen Juden groß gefeiert.

Was wird an diesem Tag gefeiert und wie kam es dazu?

Laut der Überlieferung im Talmud gab es vor etwa 2.000 Jahre eine Epidemie unter den Gelehrten und innerhalb kurzer Zeit starben 24.000 Schüler des berühmten Rabbi Akiva daran. Das war eine unheimliche Tragödie, denn diese Schüler waren die Elite der Nation und ihr Hinscheiden hat eine klaffende Lücke hinterlassen.

Aus diesem Grund haben die damaligen Weisen Trauer für das ganze Volk Israel für alle Generationen angeordnet, die in verschiedenen Gemeinden heutzutage entweder gleich nach Pessach oder ab Rosch Chodesch Ijar (Anfang des Monats Ijar) beginnt. Deshalb wurde das eigentlich fröhliche Neunundvierzig-Tage(Omer)-Zählen von Pessach bis Schawuot zur Trauer-Zeit.

Wie das Fest zu seinem Namen kam

Jedoch gibt es einen Tag, der diese „dunkle“ Zeit, in der keine Hochzeiten gefeiert werden, keine Musik gehört wird und in der sogar Haareschneiden verboten ist, zum Fest macht. Laut erwähnter Überlieferung wurde die Epidemie unter den Gelehrten nach 33 Omer-Tagen beendet. Da die Zahlen auf Hebräisch mit Buchstaben geschrieben werden, wird 33 als Lamed und Gimel beschrieben. Damit wird der 33. Omer-Tag als LaG baOmer gelesen, was zum Namen dieses Festes wurde.

Jedoch – wie so oft im Judentum – gibt es für das Feiern gerade am 18. Ijar (der 33. Tag des Omer-Zählens) einen weiteren guten Grund. An diesem Tag ist der große Tana (Mischna-Gelernte) Rabbi Schimon bar Jochaj (RaSchbJ) gestorben.

Eigentlich ist der Tod eines großen Gelehrten ein Verlust für das jüdische Volk, der betrauert werden sollte. Jedoch hat der Rabbi Schimon selbst darum gebeten, dass die Juden sich an seinem Jorzeit (Jahrestag) bitteschön freuen sollen. Der Grund dafür ist, dass an seinem Tag der große Kabbala-Kenner Raschbi seinen Schülern solche Geheimnisse offenbart hat, dass die Welt dabei so erhellt wurde, wie seit den Tagen der Welterschaffung nicht mehr.

Rabbi Schimon bar Jochai lebte in Zeiten der römischen Besatzung und war einer der schärfsten Kritiker der grausamen Regierung. Deshalb wurde er von den Römern zum Tode verurteilt, konnte aber rechtzeitig fliehen und musste mit seinem Sohn Elieser 12 Jahre lang versteckt in einer Höhle leben, bis sein Urteil aufgehoben wurde.

Kabbala

In dieser schweren Zeit hat er seine ganze Energie dem Thora-Lernen gewidmet und sich dabei viel mit mystischer Lehre (Kabbala) beschäftigt. Vermutlich in dieser Zeit hat er sein berühmtestes Werk „Zohar“ verfasst, das bis heute die Grundlage der heutigen Kabbala bildet.

Schon zu seinen Lebzeiten war Raschbi wegen seiner Frömmigkeit und Gelehrsamkeit legendär. Es gibt viele Aussagen und Geschichten über Raschbi im Talmud und in Midroschim zu finden. Er war unter anderem der Lehrer des berühmten Mischna-Verfassers Rabbbi Jehuda haNassi.

Rabbi Schmimon wurde in Meron begraben und seine Grabstätte befindet sich in Meron in Galiläa, nicht weit von Zefat. Besonderes am Lag baOmer besuchen viele Tausende Menschen sein Grab und feiern dort seine Hillula (Jorzeit eines großen Gerechten). Es gibt viele Bräuche, die damit verbunden sind. Man zündet große Lagerfeuer („Zohar“ bedeutet „Scheinen“, „Strahlen“), Kinder spielen mit Pfeil und Bogen, den dreijährigen Jungs werden die Haare geschnitten. Es wird jedoch nicht nur in Meron gefeiert, sondern in der ganzen Welt. In Israel werden überall Lagerfeuer entzündet und es wird gegrillt.

Von Chabad organisierte Kinderparade

In der Diaspora werden auch kleine Feiern vor allem für Kinder organisiert. Der 7. Ljubawitscher Rebbe hat die sogenannte „Kinder-Parade“ am Lag Baomer eingeführt, die in allen großen Städten der Welt von Chabad-Gesandten bunt und fröhlich gestaltet wird. Denn es ist ein wirklich sehr passender Tag, um den Kindern und uns allen das Erbe von Raschbi näherzubringen: „Ahawat Jisroal“ – Liebe zum Nächsten und große Liebe zur Thora, das waren die Bereiche, in denen Rabbi Schimon besonders herausragend war.

Deshalb soll die Lag BaOmer-Feier nicht nur aus Grillen und Spielen bestehen, sondern vielmehr dem Gedanken gewidmet sein, was ich für meine Mitmenschen noch Gutes tun kann und ob ich genug Fleiß und Zeit dem Lernen unserer Tradition widme. Und wenn diese Gedanken in entsprechende Taten umgesetzt werden, dann wäre es ganz im Sinne dieses speziellen Tages.

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