Der „Nakba-Tag“ in Neukölln

Aus Gaza hagelt es Raketen – Deutschland aber belehrt Israel und duldet antisemitische Demos gegen die Ausrichtung des „Eurovision Song Contest“ in Jerusalem.

Ein Mann mit seiner Tochter beim „Nakba-Tag“© Jonathan NACKSTRAND, AFP

Von Jaklin Chatschadorian

Politisches Engagement und der Tod von Menschen stehen nicht immer in einer Verbindung. Manchmal aber läuft es darauf hinaus, etwa wenn man den islamischen und linken Hass auf Juden mit Israelkritik oder Antizionismus umetikettiert und gleichzeitig die sogenannte „Islamophobie“ als eine Form des Rassismus anprangert, gar sie mit der Situation der Juden vor und im Holocaust gleichsetzt. Diese Praxis will selbstverständlich nichts mit Antisemitismus zu tun haben. Viel zu gern ist man ein Freund der Juden, besonders am Gedenktag zum Holocaust – nur mit den lebenden Juden, da ist es eben kompliziert.

Schon Antisemitismus sei nicht immer das, was man darunter verstehen will.

Außenminister Heiko Maas verkündete vor wenigen Tagen, zum Gedenken an den Holocaust, Antisemitismus richte sich nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen unsere liberale Demokratie.

Auch der Antisemitismus-Beauftragte des Landes Baden-Württemberg, Dr. Michael Blume, übt sich aktuell darin, den Antisemitismus-Begriff so zu verwässern, dass dieser nicht mehr nur den Hass auf Juden beschreiben soll. Nach Blume, dessen staatliche Aufgabe es ist, sich gegen Judenhass einzubringen, behauptet, dass der Antisemitismus alle Angehörigen von abrahamitischen-semitischen Religionen betreffe, und damit natürlich auch Christen und Muslime.

Die gewollte Verschmelzung des Antisemitismus mit der „Islamophobie“

Über das Maß dieser Chuzpe brauchen wir nicht reden. Die Motivation zu dieser Verschmelzung des Antisemitismus mit dem Kampfbegriff des politischen Islam, der „Islamophobie“, zeigt sich aber, wenn man sich seine Schriften und Kooperationen ansieht: z.B. Auftritte bei JUMA 2015 und 2017 – obgleich dessen Aktivisten ideologisch der Muslimbruderschaft zuzuordnen sind – oder auch ein Artikel in der „Islamischen Zeitung“ (IZ):

Die IZ wurde von Andreas Abu Bakr Rieger gegründet, welcher zu der fundamentalistischen Murabitun-Bewegung gehört. Der Konvertit feierte bereits 1993 in öffentlicher Rede vor den Anhängern Cemaleddin Kaplans, dem Khomeini von Köln, seinen Antisemitismus. Michael Blume aber ließ sich offenbar weder 2003 vom Antisemitismus des Herausgebers stören, als er in seiner Magister-Arbeit der IZ bescheinigte innerhalb der deutsch-islamischen Publizistik „inhaltlich anspruchsvoll“ zu sein, noch am 15. Februar 2015 unter dem Titel: „Mit welchen Tricks gezielt Ängste geschürt werden“ auf der IZ selbst.

Nun hat der Antisemitismus tatsächlich nur ein Feindbild, nämlich den Juden, aber eben doch viele Facetten. Besonders hässlich wird es, wenn diese Facetten plötzlich Synergien bilden, so wie an diesem Wochenende Anfang Mai. Während man sich in Berlin „für Palästina engagierte“ (in Deutschland liebt man positive Formulierungen) starben gleichzeitig Juden in Israel im Rahmen des „palästinensischen“ Dschihad.

„Palästina“-Freunde versammelten sich in Berlin, um „an Al-Nakba, den 71. Jahrestag der Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seiner Heimat“ – gemeint ist die israelische Staatsgründung – zu erinnern. Obgleich eine Gedenkveranstaltung grundsätzlich die Erinnerung an ein subjektiv trauriges Ereignis mit einer entsprechenden Würde und Stille vermuten lässt, war die Veranstaltung als Tag der Folklore angemeldet – um engen Auflagen zu entgehen, die anstehen würden, wenn man die Stadt nicht über den Charakter einer politischen Kundgebung getäuscht hätte. Wobei auch hier zu fragen ist, warum die Behörden nicht auf Erfahrungen mit „al-Nakba“-Veranstaltungen aus den vergangenen Jahren zurückgegriffen haben.

Die MLPD, Anhänger des Millionen-Mörders Mao, sind mit im Boot

Wie bereits 2018 waren die MLPD und die BDS-Bewegung mit antisemitischen Plakaten und Reden vertreten. Letztere rief u.a. dazu auf, Kapital aus israelischen Banken abzuziehen, den Sportartikel-Hersteller Puma zu boykottieren und im Besonderen den „Eurovision Song Contest“ (ESC) in Israel durch Absagen zu vereiteln. Zu dieser Kampagne wurde ein Plakat aufgestellt, auf dem das Zeichen der nationalsozialistischen SS in das Logo des ESC eingearbeitet ist. Die Strafbarkeit wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen steht ebenso im Raum wie die wegen Volksverhetzung. Der Publizist Henryk M. Broder und andere Juden bzw. Israelfreunde wurden auf Flyern verunglimpft und dem Internet ist ein Grußwort von Zaklin Nastic (MdB, Die Linke) zu entnehmen. Ein antisemitisches Pamphlet, das von der Einhaltung des Völkerrechts sprechen will, während es von den Grenzen des Jahres 1967 ausgeht. Es ist bezeichnend, was alles unter linker und pro-„palästinensischer“ Folklore zu verstehen ist.

Am selben Abend starteten die Raketenangriffe auf Israel. Über 700 Raketen, mehrere tote und verletzte Juden, Israelis. Die Angriffe werden der Organisation „Palästinensischer Islamischer Dschihad“ (PIJ) zugerechnet, welche sich nicht nur für die Tötung eigener Kämpfer habe rächen wollen, sondern auch ausdrücklich in Opposition zum ESC den Beschuss auf Israel begann.

Der „Islamische Dschihad“

Die PIJ ist eine 1981 gegründete terroristische Organisation, die sich aus der Muslimbruderschaft entwickelte, aber in kurzer Zeit dem Iran näherte. Seitdem tritt sie mit Selbstmordanschlägen, Autobomben und Raketenangriffen in Erscheinung. Nach der Ermordung ihres Gründers, Fathi Shikaki, in Malta, übernahm Ramadan Abdullah al-Shallah, welcher sich seit 2006 auf der FBI-Liste der meistgesuchten Terroristen befindet. Aktuell steht Mohamed al Hindi der PIJ vor. Die Geldmittel fließen großzügig aus dem Iran und man steht in enger Kooperation mit der Hisbollah. Das Raketenarsenal der Gruppe soll größer als sein als das der (in Grenzen konkurrierenden) Hamas.

Die Al-Quds-Brigade ist der militärische Arm der PIJ. Weiterhin betreiben die Terroristen eine Vielzahl von Vereinigungen, Moscheen, Schulen und Erziehungscamps und sie bieten kostenlose medizinische Dienstleistungen an.

Deutsche Belehrung für Israel

Während die islamischen Raketen in den Süden Israels fliegen, erlaubt sich das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft eine beschämende Kaltschnäuzigkeit, die mitnichten für die deutsch-israelische Freundschaft als Staatsräson steht, aber Antisemitismus präsentiert: Fehlende Empathie, absurde Distanz und ein Aufruf an „alle“ Seiten, welcher eben durch diese Ausrichtung den terroristischen Angriff der PIJ mit der Verteidigungshandlung der israelischen Streitkräfte gleichsetzt.

Deutschland plädiert in vermeintlicher Neutralität für die Beruhigung der Gemüter und die Aufnahme von Gesprächen, anstatt den terroristischen Angriff deutlich zu verurteilen. Damit wird darüber hinweggetäuscht, dass einerseits die PIJ auch von der Europäischen Union als terroristische Vereinigung geführt wird, und dass sie bereits das Existenzrecht Israels und folglich Friedensgespräche kategorisch ablehnt. Diese Islamisten werten die Gründung des jüdischen Staates als Ausdruck des westlichen Imperialismus, welcher mit Napoleons Einzug in Ägypten 1798 begonnen und 1918 mit dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches seinen Höhepunkt erreicht habe. Aus dieser Perspektive begründet sich schließlich der Kampf gegen die „Ungläubigen“ und findet seine Rechtfertigung im Koran mit entsprechendem Vernichtungsauftrag.

Die deutsche Medienlandschaft tritt auf einen ähnlichen Pfad, wenn sie wieder einmal von einem Vergeltungsangriff Israels spricht. Vergeltung bedeutet Rache, ist verwerflich, von Genugtuung angetrieben. Ein Angriff ist der Beginn eines Kampfes in feindlicher Absicht. Verteidigung hingegen bedeutet die Abwehr eines Angriffes ebenso wie die Verhinderung weiterer. Davon sprechen nur wenige mit Blick auf Israel. Deutschland will einfach nicht verstehen, dass man mit Terroristen nicht verhandelt.

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