Kurt Tucholsky: Ein Warner, den Deutschland nicht hören wollte

Kurt Tucholsky© AWAD AWAD / AFP
Vor 90 Jahren nahm sich Kurt Tucholsky in schwedischem Exil das Leben – jener herausragende deutsch-jüdische Schriftsteller der Weimarer Republik, der mit der Schreibmaschine versuchte, die Katastrophe aufzuhalten. Als jüdischer Publizist, Satiriker und Pazifist gehörte er zu den hellsichtigsten Kritikern des deutschen Militarismus und des heraufziehenden Nationalsozialismus. Tucholsky verkörperte aber auch das Paradox einer assimilierten jüdischen Linken, die sich vom Judentum distanzierte und doch vom Antisemitismus ihrer Umgebung zutiefst verwundet blieb. Sein Leben und Werk erzählen von der Ohnmacht des Wortes gegenüber einer Gesellschaft, die den Weg in die Barbarei bereits eingeschlagen hatte – und sind gerade deshalb ein Prüfstein dafür, was engagierte Literatur vermag und wo ihre Grenzen liegen. (JR)
Tucholsky war der bedeutendste deutsche Publizist des ersten Drittels des vergangenen Jahrhunderts. Als politisch engagierter Journalist und Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Weltbühne“ war er ein scharfer Gesellschaftskritiker in der Tradition Heinrich Heines. Gleichzeitig war er der beliebteste und scharfsinnigste Satiriker der Weimarer Republik, Kabarettist und Liedermacher, Romancier, Dichter und Kritiker. Tucholsky galt als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist. Er warnte vor dem Erstarken rechtsextremer politischer Kräfte – insbesondere vor der Gefahr, die vom Nationalsozialismus ausging. An seinem Geburtshaus im Berliner Stadtteil Moabit ist eine Gedenktafel angebracht, heute befindet sich dort der Sitz des nach ihm benannten Projekts.
„Ein eigenartiger junger Mann”
Er wurde am 9. Januar 1890 als Sohn des Bankiers Alex Tucholsky geboren, der mit seiner Cousine Doris verheiratet war und mit der er drei Kinder hatte, darunter den ältesten Sohn Kurt. Seine frühe Kindheit verbrachte der Junge in Stettin, wohin sein Vater beruflich versetzt worden war. 1899 kehrte die Familie nach Berlin zurück, die Beförderung von Alex Tucholsky zum Bankdirektor war ein Zeichen für den sozialen Erfolg der assimilierten jüdischen Familie. Die Beziehung des Sohnes zu seiner autoritären Mutter war sein ganzes Leben lang schwierig, aber seinen Vater liebte und bewunderte er sehr. Im Elternhaus kam Kurt mit bildender Kunst, klassischer Musik, Oper, Operette und Unterhaltungsmusik in Berührung. Er war 15 Jahre alt, als sein Vater starb und der Familie ein beträchtliches Vermögen hinterließ, das es dem Sohn ermöglichte, frei zu studieren.
Ab 1899 besuchte Kurt das Französische Gymnasium in Berlin und lernte die Sprache gründlich. Von seiner Tante, einer Französischlehrerin in Paris, lernte er die „Kunst des Lebens”. Anschließend wechselte er an das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium, das er 1907 verließ, um sich auf das Abitur vorzubereiten. 1909 begann Kurt Tucholsky ein Jurastudium an der Universität Berlin und schloss im Frühjahr 1910 das zweite Semester in Genf ab. Schon in der Schule interessierte er sich für Literatur und Malerei. Die Wochenzeitung Ulk, eine satirische Beilage zum Berliner Tageblatt, veröffentlichte sein erstes Werk „Märchen“, in dem der 17-Jährige die Äußerungen Kaiser Wilhelms II. über moderne Kunstrichtungen verspottete.
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