Das Olympia-Massaker von München 1972: Schwere Fehler Deutschlands führten zur Tragödie

Das Versagen der deutschen Einsatzkräfte hat den israelischen Geiseln beim Olympia-Attentat von 1972 das Leben gekostet. © HANDOUTIP PA AFP
Das verheerende Attentat der „palästinensischen“ Terrororganisation Schwarzer September im Jahr 1972, bei dem 11 der damals 14 israelischen Olympiateilnehmer ermordet wurden, jährt sich nun zum 52. Mal. Bei den diesjährigen olympischen Spielen in Paris mussten die 88 israelischen Sportler ständig von Sicherheitskräften beschützt werden, ihr Trainingsort und die Unterkunft wurden vor der Öffentlichkeit verheimlicht – alles, um ihr Leben nicht in Gefahr zu bringen. Ein unfassbarer Zustand, 79 Jahre nach der Shoa. Die aus Sicherheitsgründen erfolgte Absage der Gedenkveranstaltung, die an das Münchner Olympia-Attentat vom 5. September 1972 erinnern sollte wurde stattdessen im kleinen Rahmen im Hinterhof der israelischen Botschaft abgehalten. Dieses Vorgehen ist bezeichnend für die prekäre Situation der Juden nicht nur in Frankreich – das Land kann, wie zwischenzeitlich auch schon Deutschland aufgrund des fahrlässig und ideologisch vor allem von der woken Politik eingelassenen islamischen Juden-Hasses kaum noch für ihre Sicherheit sorgen und sie hinreichend vor Beleidigungen, Diffamierungen und körperlichen Angriffen schützen. (JR)
Bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen in Paris werden israelische Sportler heute rund um die Uhr von Sicherheitskräften beschützt. Das war nicht immer so. 1972 gelang der „palästinensischen“ Terrororganisation Schwarzer September ein Anschlag auf die israelische Delegation, bei dem aufgrund haarsträubender Fehler letztlich 11 der 14 Olympiateilnehmer aus Israel ermordet wurden. Weniger bekannt ist, dass Israel die Geiselbefreiung eigentlich selbst in die Hand nehmen wollte, was die Bonner Regierung aber nicht zuließ.
Fast könnte man meinen, jene 88 israelischen Sportler, die an den Olympischen Spielen in Paris teilnahmen, seien in einem Hochsicherheitstrakt untergebracht worden. Nirgendwohin durften sie während ihres Aufenthalts ohne vorherige Absprache mit den Sicherheitskräften gehen, nicht einmal auf die Toilette. Eine Eliteeinheit der französischen Gendarmerie beschützte sie rund um die Uhr. Mehrmals mussten die Athleten ihre Unterkünfte und Reiserouten wechseln. Bei ihrer Ankunft in Paris waren Teile des Flughafens Charles de Gaulle abgesperrt. In den sozialen Medien mussten sie Stillschweigen über den Ort ihres Trainingslagers bewahren. Auch der Name ihres Hotels wurde streng geheim gehalten.
Dank der massiven Sicherheitsvorkehrungen verliefen die Olympischen Spiele letztlich ohne größere Zwischenfälle. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Daran hätte auch eine Gedenkveranstaltung zum Münchner Olympia-Attentat vom 5. September 1972 erinnern sollen, die aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde.
Das verheerende Attentat der „palästinensischen“ Terrororganisation Schwarzer September vor nunmehr 52 Jahren, bei dem 11 der damals 14 israelischen Olympiateilnehmer ermordet wurden, hat einen massiven Lernprozess ausgelöst, vor allem in Israel. Der Terroranschlag ist ein Mahnmal für die katastrophalen Folgen unzureichender und unprofessioneller Antiterrormaßnahmen.
Unzureichende Sicherheitsvorkehrungen im olympischen Dorf
Am 26. August 1972 wurden in München die Olympischen Spiele feierlich eröffnet. Deutschland wollte sich der Welt als demokratischer und friedliebender Staat präsentieren und die Erinnerung an die Nazi-Olympiade von 1936 vergessen machen. Doch im selben Jahr hatten pro-„palästinensische“ Terroristen bereits mehrfach israelische Zivilisten ins Visier genommen, man denke nur an die Entführung des Sabena-Fluges 571 oder das Massaker auf dem Flughafen von Lod. Auch in Deutschland gab es Warnungen vor einem möglichen Anschlag des Schwarzen September, allerdings nicht im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen. Die Sicherheitsvorkehrungen im olympischen Dorf waren daher unzureichend.
Am 5. September um 8.30 Uhr übermittelte die israelische Botschaft in Bonn dem israelischen Außenministerium die Hiobsbotschaft: Acht Mitglieder des Schwarzen September waren in den frühen Morgenstunden unbemerkt in zwei der drei Wohnungen im olympischen Dorf eingedrungen, in denen die israelische Delegation untergebracht war. Zwei Mitglieder des Teams wurden sofort ermordet, neun weitere als Geiseln genommen. Die Terroristen forderten die Freilassung von 232 in Israel und zwei in Deutschland inhaftierten Terroristen.
Israel wollte seine Militär-Spezialeinheit nach München schicken, doch Bonn ließ das nicht zu
Außenminister Abba Eban ließ Deutschland umgehend wissen: Israel werde nicht auf die Forderungen der Geiselnehmer eingehen. Mit Terroristen werde nicht verhandelt. Ministerpräsidentin Golda Meir wollte sich nicht erpressen lassen, um das Leben anderer israelischer Staatsbürger im Ausland in Zukunft nicht zu gefährden. Gleichzeitig erwartete Israel von der deutschen Regierung, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Zeit zu gewinnen und die Geiseln zu retten. Die Deutschen sollten Verhandlungen aufnehmen, aber nur, um die Freilassung der Geiseln vorzubereiten. Genauso war Israels militärische Spezialeinheit Sajeret Matkal („Späher des Generalstabs“) im Mai desselben Jahres bei der Sabena-Entführung vorgegangen. Um die Rettungsaktion in München überdies zu überwachen, entsandte das israelische Kabinett Mossad-Chef Zvi Zamir nach Deutschland.
Tatsächlich wollte Israel aber noch mehr tun, wie Quellen, die nicht genannt werden wollen, der Jüdischen Rundschau bestätigten. Deutschland verfügte damals über keine Spezialeinheiten und hatte kaum Erfahrung mit solchen Einsätzen. Deshalb wollte Israel die Befreiungsaktion selbst in die Hand nehmen. Wieder sollte die Sajeret Matkal zum Einsatz kommen, von deren Existenz die Öffentlichkeit damals noch nichts wusste. Die Spezialeinheit untersteht dem Militärgeheimdienst Aman und hatte bereits mehrere erfolgreiche Anti-Terror-Operationen durchgeführt. Nach israelischem Plan sollte sie nach Linz geflogen und von dort mit Bussen über die deutsch-österreichische Grenze nach München gebracht werden. Dass es dazu nicht kam, lag am Unwillen Bonns und Wiens. Zur Überraschung Israels erlaubten weder der damalige österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky noch sein Amtskollege und Parteifreund, der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt, die Überstellung auf ihr Staatsgebiet.
In gewisser Weise war das verständlich: Nicht weniger als 160 Mann wären aus Israel eingeflogen worden. Empörenderweise lehnte die Bundesregierung aber generell jede Unterstützung aus Israel ab, obwohl die deutschen Einsatzkräfte für die Operation nicht ausreichend ausgebildet waren und weder über Geheimdienstinformationen über die Terroristen noch über die nötige Scharfschützenausrüstung verfügten. Israel ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie überfordert die deutsche Polizei bei der Durchführung des Einsatzes sein würde. Die Katastrophe nahm ihren Lauf. Die folgenden Stunden wurden zu einem nervenzerreißenden Drama.
Deutschlands Regierungssprecher sprach von einem erfolgreichen Abschluss der Geiselbefreiung, als vor Ort Chaos herrschte
Gegen 21 Uhr traf Mossad-Chef Zamir im Olympischen Dorf ein, begleitet von Victor Cohen, dem arabisch sprechenden Leiter der Verhörabteilung des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet. Den Männern durften die Ereignisse nur aus einiger Entfernung verfolgen. Überdies wurden sie über den deutschen Einsatzplan informiert, der zunächst vernünftig klang: Den Terroristen sollte mitgeteilt werden, dass sie zusammen mit den Geiseln per Hubschrauber zum Militärflugplatz Fürstenfeldbruck bei München gebracht würden, wo ein Flugzeug auf sie warten würde, das sie nach Kairo bringen sollte. Tatsächlich wartete dort eine bayerische Polizeieinheit, um die Terroristen zu töten und die Geiseln zu retten.
Unter höchster Anspannung verfolgte Ministerpräsidentin Golda Meir mit ihren Ministern und hohen Beamten in ihrem Haus in Jerusalem die Berichte über den Verlauf der Aktion. Gegen Mitternacht verkündeten ein Pressesprecher des Nationalen Olympischen Komitees und der Sprecher der deutschen Bundesregierung wahrheitswidrig, dass die Geiseln gerettet und alle Geiselnehmer getötet worden seien. Um 1 Uhr nachts wurden ihre Aussagen in zahlreichen internationalen Medien zitiert.
In Jerusalem war man jedoch zeitgleich mit dem israelischen Botschafter in Deutschland, Eliashiv Ben-Horin, telefonisch verbunden, dessen durchgegebene Meldungen ein völlig anderes Bild zeichneten. Als die Welt angesichts der vermeintlich glücklich verlaufenen Geiselbefreiung aufatmete, herrschte vor Ort in Wahrheit Chaos, berichtete er. Noch immer seien Schüsse zu hören. „Wenn es eine greifbare Manifestation von Schizophrenie gibt, dann war es diese Nacht“, sagte Golda Meir später.
Es folgten widersprüchliche Angaben über die Zahl der Verletzten und einen in Flammen aufgegangenen Hubschrauber. Um 2.55 Uhr meldete Ben-Horin schließlich den Tod aller Geiseln. Dies bestätigte eine Viertelstunde später auch Zwi Zamir in einem Telefonat mit Golda Meir: „Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass die Athleten nicht gerettet wurden. Ich habe sie gesehen. Keiner von ihnen hat überlebt.“ Alle neun Geiseln und fünf der acht Geiselnehmer waren tot.
Der Bericht des Mossad-Leiters schockierte Golda Meir und die israelische Regierung
Ganz Israel war in tiefer Trauer. Die Feierlichkeiten zum jüdischen Neujahrstag Rosch Haschana wurden abgesagt.
Die Regierungssitzung um 9 Uhr drehte sich vor allem um die Auswirkungen der Tragödie auf die Beziehungen Israels zur Bundesrepublik Deutschland. Auf ein Telegramm aus Bonn, in dem Bundeskanzler Willy Brandt sein Bedauern und Beileid aussprach, antwortete Golda Meir herzlich und betonte ihre Wertschätzung für die Bereitschaft Deutschlands, alles zu tun, um die Geiseln zu befreien. Sie sah in Brandt einen Freund Israels und wollte seine Chancen auf eine Wiederwahl bei den bevorstehenden Bundestagswahlen nicht schmälern. Außerdem nutzte Israel Brandts gute Beziehungen zu den Sowjets als Kanal, um Botschaften bezüglich der jüdischen Einwanderung zu übermitteln. Doch schon wenige Stunden später bereute Golda Meir ihre versöhnlichen Worte.
Am Abend des 6. September kehrte Zvi Zamir aus München zurück und erstattete Meir und den schockierten Ministern einen emotionalen Bericht. Alle Angebote Cohens und Zamirs, die Deutschen bei den Verhandlungen mit den Terroristen zu beraten, seien von deutscher Seite wiederholt abgelehnt worden. Umso erschreckender sei die Unprofessionalität und Apathie der deutschen Einsatzkräfte gewesen. Viele der deutschen Polizisten auf dem Flugplatz hatten noch nie auf Menschen geschossen und waren nicht über Funk miteinander verbunden. Als die gefesselten Sportler zu den Hubschraubern geführt wurden, stellte sich heraus, dass die deutschen Einsatzkräfte die Zahl der Terroristen falsch eingeschätzt hatten. Zamir war fest davon ausgegangen, dass auf jeden Terroristen fünf Scharfschützen kommen würden.
Als die Schießerei begann, fragte Zvi Zamir die Deutschen, warum die Terroristen nicht von einer Einheit gestürmt würden. Die deutsche Polizei warte auf gepanzerte Fahrzeuge, hieß es, die aber wegen der vielen Schaulustigen im Stau stünden. Schließlich warfen die Terroristen Handgranaten in die Hubschrauber, die dort explodierten. Als der Mossad-Chef zu den Maschinen eilte, fand er nur noch die verkohlten, teilweise brennenden Leichen der mit Handschellen aneinander gekettet gewesenen Israelis vor.
Zamirs Fazit war vernichtend: Die Deutschen „haben nicht den geringsten Versuch unternommen, Leben zu retten. Sie sind nicht das geringste Risiko eingegangen, um Menschen zu retten, weder ihre noch unsere“. Auch als die deutschen Piloten um Hilfe riefen, seien die Einsatzkräfte untätig geblieben: „Ich sagte zu ihnen: ‚Um Gottes willen, da bluten Menschen im Hubschrauber. Ein verletztes Besatzungsmitglied ist 200 Meter weit gekrochen. Er kroch auf allen Vieren, er war verletzt, aber niemand machte Anstalten, ihn zu retten. Die Deutschen, so Zvi Zamir, wollten die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen, um mit den Olympischen Spielen weitermachen zu können. Tatsächlich weigerte sich Deutschland – sehr zur Enttäuschung Israels – die Olympischen Spiele zu unterbrechen, angeblich weil es kein Alternativprogramm für das deutsche Fernsehen gab. Die deutsche Schande ist unermesslich", resümierte Zamir.
Auf die Frage Golda Meirs, warum die israelische Delegation nicht bewacht worden sei, zitierte der Mossad-Chef den Sicherheitsbeauftragten der israelischen Botschaft in Bonn, der die örtliche Polizei um Schutz gebeten hatte. Als Antwort habe er erhalten: „Was glauben Sie denn? Hier herrscht olympischer Geist und es wird nichts passieren“.
Deutschland wollte keine Fehler bei der Operation erkennen
Meir verlangte daraufhin von Bonn eine sofortige Untersuchung. Darüber hinaus schickte Israel einen schriftlichen Bericht von Zamir an die deutsche Regierung, der mit der Feststellung endete: Die Operation habe „zu dem tragischen Ausgang geführt“, weil sie „schlecht und inkompetent durchgeführt wurde“.
In Deutschland sah man das anders. Der Bericht einer Untersuchungskommission behauptete, dass auch eine erhebliche Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen den Terroranschlag nicht verhindert hätte. Auch seien keine Fehler der Polizeieinheiten beim Einsatz am Flughafen erkennbar. Disziplinarmaßnahmen oder Amtsenthebungen folgten nicht.
Eine israelische Untersuchungskommission sprach dagegen von einem „totalen Versagen der Deutschen“. Zudem hätten sich die israelischen Delegationsmitglieder im olympischen Dorf tatsächlich unsicher gefühlt und einen Angriff befürchtet. Dass sie keine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen gefordert hätten, begründeten sie „mit ihrer Überzeugung, dass es verdeckte Sicherheitsabsprachen zwischen Deutschland und Israel gab“.
Schon bald sollten die Beziehungen zu Deutschland einer weiteren schweren Belastungsprobe unterzogen werden, die allerdings nicht ganz unerwartet kam. Unmittelbar nach dem Massaker wollte Zwi Zami von seinem deutschen Amtskollegen Gerhard Wessel, dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), wissen, was passieren würde, wenn die Terroristen eine Lufthansa-Maschine entführten, um Deutschland zur Freilassung der überlebenden Geiselnehmer zu zwingen. Er könne nicht versprechen, dass das nicht passiere, gestand Wessel. So kam es dann auch: In den Morgenstunden des 29. Oktober wurde eine Lufthansa-Maschine auf dem Flug von Beirut nach München von drei Terroristen entführt. Während das Flugzeug den Flughafen von Zagreb umkreiste, forderten die Entführer die sofortige Freilassung der drei am Anschlag beteiligten Terroristen, andernfalls würden sie den Flieger mit allen Passagieren in die Luft sprengen.
Freilassung von Terroristen: Deutsche Beziehungen zu Israel gelangen auf den Tiefpunkt
Israel lehnte dies strikt ab und drängte die Bundesregierung, nicht auf die Forderungen einzugehen. Doch schon wenige Stunden später gab Deutschland nach. Die Terroristen wurden nach Zagreb geflogen und von dort zusammen mit den drei Entführern nach Libyen gebracht. Die Empörung in Israel war enorm. Man zog sogar Parallelen zwischen dem deutschen Vorgehen und der eigenen Nazi-Vergangenheit. Israelische Organisationen sagten Delegationsreisen nach Deutschland ab. Es war die schwerste Krise zwischen der israelischen und der deutschen Regierung seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen im Jahr 1965.
In Deutschland sorgte vor allem die Erwähnung der NS-Zeit für Irritationen. Willy Brandt, der in jungen Jahren ein erklärter Gegner des Nationalsozialismus gewesen war und im Untergrund gegen Hitlers Terrorregime gekämpft hatte, empfand die Vorwürfe als Kränkung. Nach einem persönlichen Brief an Golda Meir, in dem er die Freilassung der Terroristen mit dem Mangel an Alternativen begründete und zu gemeinsamen Anstrengungen aufrief, um die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht zu belasten, zeigte sich Golda Meir versöhnlich.
Eine neue Spezialeinheit des Mossad soll die Jäger zu Gejagten machen
Doch die traumatische Nacht vom 5. auf den 6. September war in Israel nicht vergessen. Der Chef des Mossad musste hilflos mit ansehen, wie die israelischen Athleten ermordet wurden. „Bis zu meinem Tod werde ich diesen Anblick nicht vergessen“, erinnerte sich Zamir fast 40 Jahre später in seinen Memoiren. Flankiert von den Terroristen mussten die Sportler in Handschellen zu den Hubschraubern gehen. „Das war ein schrecklicher Anblick, vor allem für einen Juden auf deutschem Boden, in München“. Das sollte nie wieder passieren. Künftig wollte sich Israel in Sicherheitsfragen vor allem auf seine eigenen Geheimdienste verlassen.
Zudem konnte das Massaker nicht unbeantwortet bleiben. Der Knessetabgeordnete Yaakov Hazan von der Mapam-Partei schäumte in einer geheimen Sitzung der Knesset: „Wir müssen uns nicht nur verteidigen, sondern auch angreifen. Wir müssen die Terroristen jagen und töten. Wir müssen sie von Jägern zu Gejagten machen“. Dem Vorschlag folgten Taten: Am 16. Oktober 1972 töteten Mossad-Agenten in Rom den „Palästinenser“ Abdel Wael Zwaiter. Er war der offizielle Vertreter der PLO in Italien und soll als Mitglied des Schwarzen September an der gescheiterten Entführung einer El-Al-Maschine beteiligt gewesen sein. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der Freilassung der Münchner Terroristen wurde schließlich die neue Mossad-Spezialabteilung Kidon – zu Deutsch „Bajonett“ oder „Speerspitze“ – gegründet. Sie ist bis heute für die Durchführung von Attentaten unter strengster Geheimhaltung zuständig.
Es folgten mehrere erfolgreiche Angriffe auf die Terroristen des Schwarzen September im Rahmen der Operation „Zorn Gottes“, die jedoch bereits ein Jahr später abgebrochen werden musste. Grund war die „Lillehammer-Affäre“: Ein marokkanischer Kellner in der norwegischen Stadt war mit dem Terroristenführer Ali Hassan Salameh – genannt der „Rote Prinz“ – verwechselt worden. Wie bei allen Attentaten zuvor waren zwei Einheiten im Einsatz: eine für Aufklärung und Planung, die andere für die Ausführung. Das neunköpfige Tötungskommando wurde diesmal von dem Mossad-Agenten Dan Arbel angeführt, der jedoch kaum in die gesamte Operation eingeweiht war. Schlimmer noch: Als er mit fünf Kollegen in Norwegen verhaftet wurde, stellte sich heraus, dass er unter Klaustrophobie litt - etwas, wovon man in Israel bis dahin nichts wusste. Nun legte er den norwegischen Behörden ein Geständnis ab und verriet sogar Staatsgeheimnisse. 1975 wurde Arbel nach Israel abgeschoben und durfte das Land zehn Jahre lang nicht verlassen, als Mossad-Agent war er ohnehin nicht mehr zu gebrauchen.
So traumatisch das Massaker von München war, so lehrreich war es auf lange Sicht. Heute verfügt der Schin Bet über eine umfassende, große Abteilung zum Schutz der israelischen Bürger. Sie ist in mehrere Einheiten unterteilt, von denen eine für Politiker und Prominente, eine andere für Flüge und Flughäfen und eine dritte unter anderem für den Schutz israelischer Sportler zuständig ist. Die Zusammenarbeit mit den europäischen Geheimdiensten funktioniert heute wesentlich besser – und die Spezialagenten von Kidon töteten 1979 nach fünfjähriger Unterbrechung den „Roten Prinzen“.
Deutschland verfügt seit dem Münchner Olympia-Attentat über die Polizeispezialeinheit GSG 9, in Österreich wurde nach mehreren Terroranschlägen in den 1970er Jahren das Einsatzkommando Cobra gegründet. Beide Spezialeinheiten sind in Israel ausgebildet worden.
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