Aus der Reihe jüdische Miniaturen: „Ostjüdische Arbeiter im Ruhrgebiet 1915–1923“

Der enorme Bedarf an Arbeitskräften während des Ersten Weltkrieges veranlasste Militär und Wirtschaft, zur Ankurbelung der deutschen Rüstungsindustrie, ausländische Arbeiter auch schon im Weltkrieg I unter Zwang für die deutschen Fabriken zu rekrutieren. Unter den Arbeitern aus dem russisch-polnischen Besatzungsgebiet befanden sich auch etwa 150.000 sog. Ostjuden. Allein 4.000 von ihnen arbeiteten als Kumpel in den Kohlegruben des rheinisch-westfälischen Industriegebietes unter Tage. Die Geschichte der ostjüdischen Arbeiter ist von der deutschen wie der deutsch-jüdischen Historiographie lange Zeit unbeachtet geblieben. Dieser Band schildert die spezifischen sozialen, politischen, kulturellen und religiösen Beziehungen der ostjüdischen Proletarier in einer ihnen ablehnend gegenüberstehenden deutschen Gesellschaft. (JR)

Von Daniel Hoffmann

Als Band 326 ist jetzt in der verdienstvollen und seit vielen Jahren etablierten Buchreihe „Jüdische Miniaturen“ des Hentrich & Hentrich Verlages das Buch „Ostjüdische Arbeiter im Ruhrgebiet 1915-1923“ des Duisburger Historikers L. Joseph Heid erschienen. Die Themen „Juden in der Arbeiterbewegung“, „Juden im Sozialismus“ sowie „Juden im Ruhrgebiet“ gehören seit vielen Jahrzehnten zu den Forschungsschwerpunkten von Heid.

2011 ist im Essener Klartext Verlag bereits eine umfangreiche Studie von Heid zu den Ostjuden im Ruhrgebiet erschienen. Sie trägt den Titel „Ostjuden. Bürger, Kleinbürger, Proletarier. Geschichte einer jüdischen Minderheit im Ruhrgebiet“. Heids Neuerscheinung ist jedoch nicht einfach eine Fassung der großen wissenschaftlichen Studie zu den Ostjuden „en miniature“ oder eine zusammenfassende Information für ein größeres Publikum. Seit 2011 hat sich nämlich die politische Haltung bzw. Einstellung dieses größeren Publikums in Deutschland und anderswo so einschneidend verändert, dass sich Heids kleine Studie über die „Ostjüdischen Arbeiter“ nicht mehr nur einfach als historische Studie lesen lässt, sondern auch als hochaktueller Kommentar zur gegenwärtigen politischen Situation und Diskussion über das Thema „Antisemitismus“ sowie das Thema „Fremd-, Saison- und Sklavenarbeiter“ verstanden werden kann.

 

Erschreckende Aktualität

In zahlreichen Formulierungen in Heids Text steckt eine schneidende Aktualität, die erschreckt. Das trifft bereits auf den Untertitel dieses Buches „Mehr Intelligenz als körperliche Kraft“ zu, die heute nach der Wiederaufnahme zahlreicher antisemitischer Stereotype in den öffentlichen Diskurs über jüdisches Leben nicht mehr als historische Reminiszenz gelesen werden kann. Die Formulierung steht 1917 in einem Erlass des preußischen Innenministers Friedrich Wilhelm von Loebell, der die aufgrund von Mangelernährung in einer schwächeren körperlichen Konstitution befindlichen ostjüdischen Arbeiter in Berufe einzusetzen empfahl, die „mehr Intelligenz“ erforderten. Dahinter steckt jedoch das antisemitische Stereotyp vom arbeitsscheuen, für körperliche Arbeit ungeeigneten Juden, das sich auch heute noch unverändert im Arsenal einfallsloser Antisemiten befindet.

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