Längst überfällig: Islamisches Zentrum Hamburg endlich verboten

Die „Blaue Moschee“ wurde vom Innenministerium geschlossen und beschlagnahmt. © Birgit Gärtner

Das „Islamische Zentrum Hamburg“ (IZH) ist als Außenstelle der iranischen Mord-Mullahs bekannt und verbreitete über Jahrzehnte - von unseren Behörden nahezu ungehindert - anti-israelische Hass-Propaganda. Nach drei Jahrzehnten der Beobachtung durch den Verfassungsschutz wurde das IZH und seine Teilorganisationen nun endlich verboten. Teile der Führungsriege des extremistischen Vereins sind eng mit Teheran vernetzt. Dem politischen Druck geschuldet und angesichts der bevorstehenden Wahlen in mehreren Bundesländern wirft das Faeser-Ministerium dem IZH endlich vor, seit langem die verbotene Terrororganisation Hisbollah und anderen Terror zu unterstützen. (JR)

Von Birgit Gärtner

Am 24. Juli 2024 geschah das Unerwartete: Um 6 Uhr früh verschafften sich Polizeibeamte Zutritt zur Imam-Ali-Moschee an der Alster, besser bekannt als „Blaue Moschee“. Diese wurde Anfang der 1960er Jahre in Abstimmung, enger Zusammenarbeit und unter Aufsicht der theologischen Hochschule in Qom (Iran), einem der beiden geistigen Zentren des Schiitentums, erbaut. Später wurde sie zum Sitz des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH), aus dem die „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (IGS) hervorging, ein Dachverband mit rund 150 Mitgliedsvereinigungen. Das IZH war Mitglied der SCHURA, dem Rat der islamischen Gemeinschaften Hamburg, IZH und IGS Mitglied im Zentralrat der Muslime Deutschland (ZMD).

Bereits im November 2023 kam es zu Razzien im IZH und verschiedenen anderen Mitgliedsvereinigungen der IGS, insgesamt 55 Einrichtungen in sieben Bundesländern. Diese Maßnahme hatte Konsequenzen, das IZH wurde aus der SCHURA ausgeschlossen und der ZMD beschloss, dessen Mitgliedschaft ruhen zu lassen.

Am 24. Juli 2024 wurden erneut Dutzende Untergliederungen in verschiedenen Bundesländern durchsucht: Insgesamt 53 Objekte in acht Bundesländern, darunter das private Wohnhaus der Gebrüder Yavuz und Gürhan Özoğuz sowie deren Geschäftsräume, ein Verbot gegen das IZH und mehrere Untergliederungen ausgesprochen, die „Blaue Moschee“ sowie drei weitere schiitische Moscheevereine geschlossen und das Gebäude an der Alster beschlagnahmt. Noch am späten Nachmittag waren Einsatzkräfte dabei, selbiges leer zu räumen. In Medien war zu lesen, es sei „säckeweise Geld“ gefunden worden.

„Das Islamische Zentrum Hamburg ist Geschichte“ verkündete Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) siegessicher in den Medien. Ob das tatsächlich so ist, ob alle Vorwürfe gegen das IZH vor Gericht Bestand haben werden, wird die Zukunft entscheiden, denn eines ist klar: IZH, bzw. IGS, werden vermutlich rechtliche Schritte gegen die Maßnahme einleiten.

Schon in der Vergangenheit erwies sich das IZH als äußerst klagefreudig: So wurde ein Verfahren angestrengt, in dem es um die Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg sowie die daraus resultierende Erwähnung im Verfassungsschutzbericht ging. Gestritten wurde darüber, inwieweit das IZH von den religiösen Führern in Teheran gesteuert werde. Das LfV sieht es als erwiesen an, dass das IZH sozusagen die Propagandazentrale der Mullahs nicht nur für Deutschland, sondern ganz Europa sei. Das IZH bestreitet das und behauptet, eine rein religiöse Vereinigung zu sein. Auch Verbindung zu Hamas und Hisbollah werden in Abrede gestellt. Bis auf einige wenige Nebensächlichkeiten, einige konkrete Formulierungen, urteilte die Kammer letztlich zu Gunsten des LfV.

Bei der Razzia im November 2023 sollen Belege für die Anschuldigungen des LfV gefunden worden sein, die nicht nur dessen Sicht bestätigen, sondern auch das Verbot des IZH legitimieren sollen. So einfach, wie es auf den ersten Blick scheint, dürfte ein Verbot vor allem der privaten Unternehmen der Familie Özoğuz, z. B. dem Eslamica-Verlag, der religiöse Schriften und Bücher herausgibt, vermutlich nicht werden. Wie kürzlich bei dem Verbot des Compact-Magazins des von ganz links bis ganz rechten Publizisten Jürgen Elsässer bedienen die Behörden sich dabei eines Tricks und widmen ein Medienunternehmen in einen Verein um, um diesen dann dem Vereinsrecht gemäß verbieten zu können. Nun geht das Presserecht aber wesentlich weiter als das Vereinsrecht – Meinungs- und Pressefreiheit gehören zu den höchsten Gütern einer Demokratie. Unabhängig davon, ob uns die Medien- und Druckerzeugnisse gefallen oder nicht. Selbstverständlich unterliegen auch Publikationen der bundesdeutschen Gesetzgebung, u.a. § 130 StGB, Volksverhetzung. Ob beispielsweise dieser Paragraph für ein Verbot nicht nur einzelner Texte oder Publikationen, sondern der Verlage ausreicht, wird in vermutlich sehr langwierigen Prozessen geklärt werden müssen. Bis dahin aber bleiben sie geschlossen. Es sei denn, ein Gericht setzt im Eilverfahren die Verfügung des Bundesinnenministeriums außer Kraft.

Dafür, dass laut IZH-Führung selbiges unabhängig von Teheran sein will, kam die Reaktion aus Teheran sehr prompt: Dem NDR zufolge bestellte das iranische Außenministerium umgehend den deutschen Botschafter in Teheran ein. Ob weisungsgebunden oder nicht: Der Dienstweg von Hamburg nach Teheran scheint jedenfalls ein sehr kurzer zu sein.

 

Hollywood an der Alster

Laut NDR waren „Hunderte Beamtinnen und Beamte […] am Mittwochmorgen vor der Blauen Moschee an der Hamburger Alster und vor den Räumlichkeiten von bundesweit fünf Vereinen […], die dem Islamischen Zentrum Hamburg nahestehen“, im Einsatz. Eine Szenerie, wie aus einem schlechten Hollywood-Film, spielte sich demnach an der Alster ab:

„Vor der Blauen Moschee an der Hamburger Außenalster rückte die Polizei um Punkt 6 Uhr morgens mit einem Großaufgebot an. Vermummte Einsatzkräfte sprangen aus den Mannschaftswagen und stürmten das Gebäude. Mit teils schwerem Gerät verschafften sich die Polizisten Zutritt zu der Moschee und den dazugehörigen Gebäuden. In dem Gebäudekomplex traf die Polizei mehrere Personen an. Diese wehrten sich offenbar aber nicht gegen den Zugriff, auch habe es keine Festnahmen gegeben, berichtet ein NDR Reporter.“

„Nun hat es also auch meine Wenigkeit erwischt“, beschreibt Yavuz Özoğuz die Vorkommnisse in seinem Wohnsitz in Delmenhorst in dem Internetportal Muslim Markt. „Morgens um 6:00 stürmten maskierte Polizisten unser Haus und haben uns sechs Stunden lang durchsucht. Der Vorwurf lautete, dass unser Verlag Eslamica eine Unterorganisation des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) sei, was durch die Razzien bei mir und meinem Bruder (Inhaber des Unternehmens) und meinem Sohn (Verlagsleiter) nachgewiesen werden sollte. Eine Straftat oder Strafanzeige liegt nicht vor.“

Dem NDR zufolge wurden „eine große Zahl an IT-Geräten, zwei Fahrzeuge, mindestens 100.000 Euro Bargeld, Schriften sowie Unterlagen mit Bezug zu den verbotenen Terrororganisationen Hisbollah und Hamas“ sichergestellt. Ziel der Operation sei „Beweissicherung, aber auch um die Beschlagnahmung des Vereinsvermögens, das an den Bund fällt.“ Noch am späten Nachmittag waren Einsatzkräfte mit der Räumung beschäftigt. Beschlagnahmt wurde auch die Moschee, das Gebäude ist versiegelt und seit dem 24. Juli 2024 gilt: Betreten verboten.

 

Inszenierung als die neuen Juden

Yavuz Özoguz wertet das als generelles Verbot des Schiitentums in Deutschland: „Es war Mittwoch, der 24.7.24, der Tag, an dem die größte und bedeutendste Moschee der Schiiten in Deutschland und Europa, das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) mit der Imam Ali Moschee verboten, geschlossen und sämtlicher Besitz inklusive Gebäude konfisziert worden ist. Da kann die Innenministerin noch so sehr behaupten, der Schlag richte sich nicht gegen die Schia oder Schiiten, aber gleich vier große Moscheen in vier verschiedenen Bundesländern, darunter zwei die jeweils die größte schiitische Moschee in ihrem Bundesland waren, sowie das Zentrum des Vertreters gleich mehrerer Großgelehrten der Schia in der Welt wurde geschlossen.

Die höchste schiitische Autorität in Europa hat ein Betätigungsverbot in Deutschland und muss wohl bald das Land verlassen. Die in über 60 Jahren aufgebaute schiitische Infrastruktur in deutscher Sprache wurde an einem einzigen Tag nahezu komplett zerstört.“

Er scheut sich nicht, eine Assoziation zur Pogromnacht herzustellen: „Aber die Innenministerin stellt sich in ihrer geballten Dreistigkeit hin und verkündet, dass sich die Verbote nicht gegen die Schia richten würden. Sie wird in die deutsche Geschichte eingehen als erste Frau seit den Synagogenverboten in Deutschland, die eine komplette Religionsgemeinschaft verboten und eine der schönsten und größten Gotteshäuser Deutschlands verboten, geschlossen und konfisziert hat.“

Im Rahmen der Operation wurden auch die Bücher des Verlages Eslamica der Familie Özoguz beschlagnahmt: „In der Verbotsverfügung, die am 26.7.24 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist, wird darauf verwiesen, dass sämtliches Eigentum des Vereins und seiner Unterorganisationen und damit der beiden genannten Verlage eingezogen worden sind. Dazu gehört auch das Copyright für die herausgebrachten Bücher sowie die Bücher selbst. Zudem wird darauf verwiesen, dass jegliche weitere Verwendung oder Verbreitung verboten sei.“

Laut Bundesanzeiger ist es seit dem 24. Juli 2024 „verboten, Kennzeichen des Vereins ´Islamisches Zentrum Hamburg e.V.` einschließlich der Teilorganisationen gemäß den Buchstaben a bis e öffentlich, in einer Versammlung oder in einem Inhalt (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches), der verbreitet wird oder zur Verbreitung bestimmt ist, zu verwenden“.

§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches bezieht sich auf „Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.“

Yavuz Özoguz bezeichnet das als „moderne Bücherverbrennung“.

 

Vier Wochen Vorbereitungszeit

Bereits am 26. Juni 2024 erließ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) folgende Verfügung:

„Der Zweck und die Tätigkeit des Vereins „Islamisches Zentrum Hamburg e.V.“ (IZH) einschließlich seiner Teilorganisationen

a) ´Islamische Akademie Deutschland e.V.` (IAD)

b) ´Verein der Förderer einer iranischen-islamischen Moschee in Hamburg e.V.`

c) ´Zentrum der Islamischen Kultur e.V.` Frankfurt (ZIK)

d) ´Islamische Vereinigung Bayern e.V.` München (IVB)

e) ´Islamisches Zentrum Berlin e.V.` (IZB)

richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, gegen den Gedanken der Völkerverständigung und laufen den Strafgesetzen zuwider. Zudem laufen der Zweck und die Tätigkeit des IZH völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwider und fördern Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind.

2. Der Verein ´Islamisches Zentrum Hamburg e.V.` einschließlich seiner Teilorganisationen gemäß den Buchstaben a bis e ist verboten und wird aufgelöst.

3. Es ist verboten, Kennzeichen des Vereins ´Islamisches Zentrum Hamburg e.V.` einschließlich der Teilorganisationen gemäß den Buchstaben a bis e öffentlich, in einer Versammlung oder in einem Inhalt (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches), der verbreitet wird oder zur Verbreitung bestimmt ist, zu verwenden.“

Demnach wurde der große Coup vier Wochen lang vorbereitet – und zwar unbemerkt, denn ansonsten wären vermutlich Beweismaterial und auch das Bargeld gesichert worden.

 

IZH-Schließung – ein Grund zur Freude

Die Reaktionen auf die Schließung des IZH sind sehr unterschiedlich. Im Laufe der den ganzen Tag andauernden Räumung des IZH blieben immer mal wieder Passanten stehen, Einzelpersonen oder auch kleine Gruppen, Nachbarn oder Moscheegänger. Deren Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Einige begrüßten das IZH-Verbot, andere beklagten, dass mit dem IZH eine „offene Moschee“ geschlossen werde, die „absolut transparent“ gearbeitet habe. Am nächsten Tag versammelten sich dem NDR zufolge ca. 300 Menschen, nicht nur „aus Hamburg, sondern auch aus anderen Regionen wie beispielsweise dem Harz“, zum Gebet vor der Moschee. Bildern zufolge saßen die Gläubigen auf dem Bürgersteig und der Straße vor der Moschee – brav nach Geschlechtern getrennt, die Frauen züchtig verhüllt und hinter den Männern. Laut NDR war „die Polizei […] vorsorglich mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Versammlung verlief friedlich. Nach dem Gebet zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Kleingruppen ab.“

Die Exil-Iranerin und Vorsitzende des Zentralrats der Exmuslime, Mina Ahadi, kritisierte die Okkupation des öffentlichen Raums und die dort praktizierte Geschlechterapartheid. Sie hielt mit einem „Tanz- und Glücksprogramm“ der Räumung am folgenden Wochenende dagegen.

„Seit 20 Jahren kämpfen wir gegen das IZH“, erläuterte sie in einem Video, das in sozialen Medien verbreitet wurde. „Wir haben Hunderte Male Demonstrationen organisiert und sehr viel Aufklärungsarbeit gemacht. Und immer wieder haben wir gesagt: ´Dieses Islamische Zentrum ist ein Zentrum von Terror und Mord in Europa und auch weltweit`. Im Iran – schon seit mehr als 40 Jahren – kämpfen Menschen gegen das islamische Regime. Und besonders mit der Jina-Mahsa-Amini-Revolution haben Frauen und alle Menschen gesagt, das islamische Regime muss weg.“

Das Verbot des IZH sei „eine gute Nachricht“ für die iranische Opposition in Deutschland und Europa. Jetzt sei es an der Zeit, die Revolutionsgarden auf die EU-Liste der Terrororganisationen zu setzen. Das forderte auch die Journalistin Natalie Amiri in einem Kommentar in den Tagesthemen.

 

Die große imperialistische Verschwörung gegen das IZH

„USA und Israel werden ihr [Innenministerin Nancy Faeser, Anm. B.G.] gratulieren“ war Yavuz Özoğuz sich sicher. Kein anderes Land auf der Erde, nicht einmal die US-Amerikaner und Briten, die ihren Schiiten auch viele Steine in den Weg legten, hätten „ihre eigenen Schiiten derart verboten“, wie es Deutschland getan habe. In keinem anderen Land Europas seien Schriften einer Religionsgemeinde jemals so behandelt worden, wie jetzt in Deutschland. „USA und Israel werden ihr [Innenministerin Nancy Faeser, Anm. B.G.] gratulieren“ war Yavuz Özoğuz sich sicher.

Mit dieser Ansicht steht der Betreiber des Muslim Markts nicht allein: Eine Organisation namens „Sozialismus von unten“ tutete in einer Stellungnahme in dasselbe Horn: „Das Verbot geschieht im Dienste von Imperialismus in Nahost und antimuslimischem Rassismus hier in Deutschland.“ Dieser Rassismus schwäche auch die „Palästina“-Solidaritätsbewegung und ihr Ausgreifen in breitere Gesellschaftsschichten. Dein Wort in Allahs Ohr, möchten wir dem Verfasser Ramsis Kilani zurufen. Doch leider steht zu befürchten, dass der Antisemitismus, der sich seit dem 7. Oktober 2023 unter dem Deckmäntelchen der „Palästina“-Solidarität Bahn bricht, noch lange nicht am Ende ist.

Sehr geehrte Leser!

Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:

alte Website der Zeitung.


Und hier können Sie:

unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen

in der Druck- oder Onlineform

Unterstützen Sie die einzige unabhängige jüdische Zeitung in Deutschland mit Ihrer Spende!

Werbung


Alle Artikel
Diese Webseite verwendet Cookies, um bestimmte Funktionen zu ermöglichen und das Angebot zu verbessern. Indem Sie hier fortfahren, stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Mehr dazu..
Verstanden