Israels Justizreform und die Dämonisierung des Gegners

Israels Oberstes Gericht untergräbt die Gewaltenteilung.© MENAHEM KAHANA/POOL/AFP

Israels Oberstes Gericht hat mit einer knappen Mehrheit von acht der fünfzehn Richter eine im Juli verabschiedete Gesetzesänderung der Justiz-Reform für nichtig erklärt. Damit kann das Oberste Gericht wieder Entscheidungen der Regierung aufheben, wenn es diese als „unangemessen“ einstuft. Was von Netanjahu-Kritikern als Sieg der Demokratie bejubelt wird, ist allerdings exakt das Gegenteil: In einer Demokratie dürfte sich die Judikative selbst keine gesetzgebenden Kompetenzen anmaßen. Mit dieser Entscheidung untergräbt das Oberste Gericht zum wiederholten Male die demokratische Gewaltenteilung. (JR)

Von Gerd Buurmann

In einer durch Gewaltenteilung strukturierten Gesellschaft kann es immer wieder passieren, dass sich die Judikative gesetzgebende Kompetenzen anmaßt. Für gewöhnlich verhindert eine Verfassung so eine Anmaßung, denn sie verlangt vom Obersten Gericht, ausnahmslos nach den Worten der Verfassung zu urteilen. Da es in Israel jedoch keine Verfassung gibt, sondern „nur“ ein Grundgesetz, passiert es dort öfter, dass sich die Judikative die Aufgabe der Legislative anmaßt. Diese Anmaßung sollte durch die Reform der Exekutive beendet werden.

Auch in Ländern mit einer Verfassung kann eine gesetzgebende Anmaßung durch das Oberste Gericht passieren. Ein aktuell bekanntes Beispiel ist die Abtreibungsdebatte in den Vereinigten Staaten von Amerika rund um die Grundsatzentscheidung „Roe v. Wade“ zum Abtreibungsrecht, die der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten am 22. Januar 1973 fällte und das im Jahr 2022 vom Obersten Gericht wieder gekippt wurde. Es war klar, dass diese Entscheidung des Obersten Gerichts irgendwann einmal fallen würde, da sich das Gericht mit dieser Entscheidung ebenfalls eine Kompetenz der Legislative angemaßt hatte. In der US-Verfassung steht nun mal nichts über Abtreibung, aber darüber, dass die Bürger der Staaten in allen Dingen, die durch die Verfassung nicht geregelt werden, selbst und ohne Einfluss vom Bund entscheiden dürfen und eigentlich sogar müssen.

„Roe v. Wade“ war somit eine Anmaßung des Supreme Court und musste unweigerlich irgendwann fallen. Wenn man will, dass das Oberste Gericht über etwas entscheidet, muss die Legislative die Gesetze dazu in die Verfassung bringen. Versuche dazu werden im Fall der Abtreibung in den USA immer wieder unternommen.

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