Wer sich gegenwärtig mit Juden und Israel solidarisiert, erfährt den geballten Antisemitismus aus jeder politischen Richtung am eigenen Leib

Cyrus Overbeck (re.) und Dr. L. Joseph Heid (li.) im Atelier© Foto: Christoph Wojtyczka


Nachdem der deutsch-persisch-jüdische Künstler Cyrus Overbeck in der ostfriesischen Stadt Esens ein neonazistisches Netzwerk rund um den damaligen NS-Rassenmaler Wilhelm Petersen aufgedeckt hatte, bekam er die aggressive Judenfeindlichkeit aus rechtsextremer Richtung in Form von Hassmails und sogar durch Gewaltdrohungen zu spüren. Das Fenster an seinem Atelier wurde mit „Judensau“ beschmiert und sogar sein Auto manipuliert. Seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober ist nicht nur der linke und islamische Antisemitismus eskaliert, sondern es häufen sich wieder die rechten antisemitischen Angriffe auf Cyrus Overbeck. Die JR traf den Maler zum Gespräch. (JR)

Von Dr. L. Joseph Heid

Cyrus Overbeck gehört zu den führenden bildenden Künstlern der Bundesrepublik Deutschland. Als Maler, Gestalter der Gesellschaft, durch seine sozialen Plastiken von nationaler Relevanz, mit der er die mangelnde Aufarbeitung des Nationalsozialismus thematisiert, als Objektkünstler und Holzschnitter hat er seinen künstlerischen Mittelpunkt in Düsseldorf und Duisburg und ist darüber hinaus in New York, in Salzburg und im ostfriesischen Esens künstlerisch zu verorten. Overbeck, 1970 als Sohn eines persischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren, hat einen familiären christlichen, islamischen und jüdischen Hintergrund. Er musste schon vielfach diverse judenfeindliche Attacken über sich ergehen lassen. Er wurde beleidigt, angegriffen, körperlich bedroht. Derzeit muss er sich in einem antisemitisch motivierten Beleidigungsprozess vor dem Duisburger Landgericht verantworten. Der Fall erinnert gewissermaßen an die Dreyus-Affäre am Ende des 19. Jahrhunderts und wirft zugleich ein bezeichnendes Schlaglicht auf die gegenwärtig antisemitisch aufgeladene Stimmung in Deutschland.

 

JR: Zwischen 2003 und 2020 arbeiteten Sie auf Einladung der Stadt Esens als Künstler in Ostfriesland und lebten dort in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem Maler Hans-Christian Petersen, Sohn des berüchtigten NS-Rassemalers Wilhelm Petersen, den Sie, so wurde Ihnen vorgeworfen, verunglimpft haben sollen, indem Sie ihm eine ideologische Nähe zu seinem Vater vorwarfen und herausfanden, dass er den väterlichen Nachlass über rechtsextreme Foren vertrieben hat. Wie hat die Stadt Esens auf diese Anwürfe reagiert?

Overbeck: Ich sah mich Anfeindungen und Angriffen aus der rechtsextremen Szene ausgesetzt, nachdem ich die ideologische Nähe Hans-Christian Petersens zu seinem Vater, dem NS-Rassemaler Wilhelm Petersen - dessen Kunstwerke Adolf Hitler persönlich kaufte - angeprangert hatte. Als die Stadt Esens sich auf mein Verlangen hin weigerte, dessen Kunst aus dem öffentlichen Raum zu verbannen und meine Vorwürfe als unbegründet und „absurd“ zurückwies, warf ich dem Stadtrat vor, neonazistische Strukturen zu decken. Ich hatte nämlich herausgefunden, dass Hans-Christian Petersen 1993 zusammen mit dem Vordenker der Neuen Rechten in Frankreich, Alain de Benoist, die Biografie seines Vaters im rechtsextremen Grabert-Verlag veröffentlicht und sich damit selbst im neo-nazistischen Milieu positionierte hatte. Zudem bietet er noch immer die NS-kontaminierten Bilder von seinem Vater Wilhelm Petersen über rechtsextreme Foren - wie z. B. Galeria Thule Italia oder dem Nordland-Verlag - zum Verkauf an – ohne historische Einordnung. Als Mitglied einer Spezialeinheit der SS hatte Wilhelm Petersen am Überfall auf Polen teilgenommen. Das gesamte Werk W. Petersens ist antisemitisch, rassistisch, völkisch identitär, Kriegs- und Gewalt-verherrlichend. Er hat nie, auch nach 1945 nicht, von seiner nationalsozialistischen und antisemitischen Gesinnung gelassen. Selbst in seine harmlos wirkenden „Mecki“-Zeichnungen, die in dem TV-Magazin „Hörzu“ und in Kinderbüchern veröffentlicht wurden, ließ er seine NS-Weltbild einfließen.

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