Die Jüdischen Kulturtage Berlin: Neue Brücken bauen
JR-Herausgeber Dr. Rafael Korenzecher mit Herrn Michael Bob, Premium-Sponsor der Kulturtage.
Die Jüdischen Kulturtage Berlin bieten seit 1987, gegen die heute wieder vor allem einwanderungsbedingt wahrzunehmende wachsende Verunmöglichung jüdischen Lebens in Deutschland, dem interessierten Publikum neben musikalischen Show-Acts internationaler jüdischer Musiker auch Einblick in die jüdische Kunst- und Kulturwelt. Ausgerichtet werden die Kulturtage von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Unter den Gästen der Eröffnungsveranstaltung in der Synagoge Rykestraße waren auch JR-Herausgeber Dr. Rafael Korenzecher und der Hotelier und Premium-Sponsor der Kulturtage Herr Michael Bob. Die Eröffnungsreden hielten der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Dr. Gideon Joffe und der hervorragend Deutsch sprechende israelische Botschafter Ron Prosor. (JR)
Im September geht es in Berlin hoch her, was das jüdische Leben von damals und heute betrifft: Da sind erstmals die Tage des Exils (siehe Jüdische Rundschau 9/23), der Tag des offenen Denkmals sowie das Internationale Literaturfestival, das in der Sparte 1933-2023 die Worte verbotener und verbrannter Bücher wieder lebendig werden lässt. In diesen Veranstaltungsreigen reihen sich auch die Jüdischen Kulturtage ein, die seit letztem Jahr wieder im September stattfinden und nicht im November um die Pogromnacht von 1938 herum. Die Jüdischen Kulturtage in die Jahreszeit der hohen Feiertage zu legen – diesjahr vom 5. bis 14. September, also kurz vor Rosh Hashanah – ist auch ein Zeichen, die Aufmerksamkeit mehr auf die Gegenwart zu lenken und das jüdische Leben von heute.
Von Mode bis Comedy
Abraham Toubiana, der letztes Jahr die Intendanz übernommen hat, bietet mit 38 Veranstaltungen unter dem Motto „Kaleidoskop - DAS Schöne*SEHEN“ ein breites Spektrum mit Konzerten, Mode, Comedy, Ausstellungen, Klassik und Literatur. Die Fashion Show ist neu im Programm. Der israelische Performer Uriel Yekutiel präsentiert jüdische Modedesigner verschiedener Länder. Fashion-Afficionados gehören wahrscheinlich weniger zum Stammpublikum der Jüdischen Kulturtage, die erstmals 1987 anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt ausgerichtet wurden. Historie und Aufklärung waren immer Teil des Programms. Dass sich hinter der Fashion Show auch eine Hommage an die jüdischen Bekleidungsfirmen verbirgt, die Berlin im 19. Jahrhundert zur Modestadt werden ließen, ist auf Anhieb nicht zu vermuten. So gibt es doch eine Brücke zu Berlin.
Die Kulturtage bieten auch Deutschlandpremieren, wie die des Stand-up Comedian Modi Rosenfeld aus den USA und der Sängerin Marina Maximilian, die in Israel aufwuchs. Die Vielfalt jüdischer Kultur zeigt sich nicht nur in den verschiedenen Genres, sondern auch in seiner Internationalität: Aus Odessa stammt die Band Kommuna Lux, die mit Klezmer einen musikalischen Akzent setzt. Die Band tourt mit ihren Songs quer durch Europa und Amerika.
Herr Michael Bob und Herr Dr. Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.
„Ein Zeichen des Überlebens“
In die Jüdischen Kulturtage ist zudem das israelische Film Festival „Seret“ mit acht Filmen eingebunden. Daraus ergibt sich eine starke israelische Präsenz im Programm. Vertraute Namen der einheimischen Kulturszene finden sich im Literaturzelt am Bebelplatz. Das Zelt ist ebenfalls ein Neuling und mit dem Standort, wo 1933 Bücher verbrannt wurden, ein Zeichen des Überlebens und des schöpferischen Geists der jüdischen Kultur. An zwei Tagen lesen Autoren aus ihren Werken. Zu hören sind mitunter die Rundfunkmoderatorin Shelly Kupferberg, die mit „Isidor“ ihrer Familiengeschichte im Wien der 1930er Jahre nachgeht, und der Schauspieler Lenn Kudrjawizki, der in Ost-Berlin groß wurde und in „Familienbande“ in eine ganz andere Welt blickt. Das Wesen der Jüdischen Kulturtage Berlin hat jedoch Jürgen Kuttner und Naomi Yoelis Videoschnipselvortrag „Kibbuz DDR“ inne. Darin decken sie auf äußerst unterhaltsame Weise auf, wie nah sich die DDR und Israel eigentlich waren. Ihr analytisch-humorvoller Blick auf die Schlagerwelt beider Länder ist erhellender als die gerade eröffnete Ausstellung „Ein anderes Land – Jüdisch in der DDR“ im Jüdischen Museum Berlin. Das besondere an der Show: sie knüpft nicht nur an die Kulturen beider Länder an, sondern verknüpft sie auch. Das wird im übrigen Programm vermisst und war bei vorherigen Kulturtagen stärker vertreten.
Zum Beispiel mag zwar in Sachen jüdischer Humor Stand-Up Comedy ein Teil sein, aber gefühlt näher am Berliner Publikum war Gerhard Kämpfes Abend „Lerne Lachen ohne zu weinen“, bei dem er 2017 in Renaissance-Theater jiddische Witze vortrug.
Die Jüdischen Kulturtage werden von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgerichtet. In vergangenen Jahren gab es Veranstaltungen, bei denen man die Jüdische Gemeinde der Stadt kennenlernen konnte. Das Knüpfen von Beziehungen ist gerade wichtig, um Antisemitismus Einhalt zu gebieten. Ein Anliegen der Jüdischen Kulturtage ist, laut Webseite der Jüdischen Gemeinde, einen Einblick in die jüdische Kultur und ins jüdische Leben in Deutschland heute zu geben.
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