Wie Weltkrieg und „Endlösung“ eins wurden

Schon in seinem Buch „Mein Kampf“ aus dem Jahr 1925 sprach Adolf Hitler offen über seine mörderischen Kriegspläne.
© FREDERIC J. BROWN /AFP

Der von Hitler-Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg, der sich nahezu über ganz Europa erstreckte und auf weitere Kontinente übergriff, dauerte sechs Jahre und kostete mehr als 50 Millionen Menschen das Leben. Sechs Millionen europäische Juden fielen dem Rassewahn der Nationalsozialisten zum Opfer. Bereits Jahre vor der Machtübernahme, beließ es Hitler nicht bei verbalen Zweideutigkeiten. In „Mein Kampf“ kam er unverhohlen zur Sache und gab ungeniert Auskunft über seinen Hass auf die Juden, die künftige Erweiterung des sogenannten „Lebensraums im Osten“ und über die von ihm, im Falle seiner Machtergreifung, beabsichtigte sogenannte „Rassenhygiene“, die den Juden nur wenig später Verzweiflung, Mord und Vernichtung brachte. (JR)

Von Theodor Joseph

„Außenpolitik ist die Kunst, einem Volke den jeweils notwendigen Lebensraum in Größe und Güte zu sichern“, so Adolf Hitler in seinem Propaganda-Buch „Mein Kampf“ im Jahre 1925. Mit der schwammigen Formulierung „einem Volke“ meinte er nicht irgendein Volk – gemeint war das deutsche Volk, das „arische“ Volk. Was die „Legitimität“ von Krieg betraf, so der spätere „Führer des Großdeutschen Reiches“ gab es auch hier keinerlei Skrupel, wenn er unerbittlich feststellte: „Staatsgrenzen werden durch Menschen geschaffen und durch Menschen geändert“. Daraus folgert er, dass dies nur durch die „Gewalt eines siegriechen Schwertes“ geschieht. Und im gleichen Zusammenhang schwadronierte er über die Innenpolitik, diese sei die Kunst, einem Volke den „dafür notwendigen Machteinsatz in Form seines Rassenwertes und seiner Zahl“ zu erhalten. Die Erhaltung und Förderung des „Rassewertes“ als Hauptaufgabe der Innenpolitik sei also allein durch die Schaffung des dafür notwendigen Lebensraumes möglich – also Krieg.

Hitler machte die zukünftige Rolle Deutschlands als Weltmacht davon abhängig, dass es einem seiner Volkszahl und seiner rassischen Höherwertigkeit zustehenden entsprechenden Raum erhielt. „Jedes gesunde, urwüchsige Volk sieht deshalb im Bodenerwerb nichts Sündhaftes, sondern etwas Natürliches“. Das Wort „Krieg“ euphemistisch in „Bodenerwerb“ umgelogen, das ist nichts als rhetorische Rabulistik.

Hitler sprach immer frank und frei

Doch Hitler beließ es nicht bei verbalen Zweideutigkeiten. In „Mein Kampf“ kam er ungeschminkt zur Sache und gab Auskunft über das Ziel eines künftigen Raumerwerbs: „Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund und Boden reden, können wir in erster Linie nur an Russland und die ihm untertanen Randstreifen denken“. Das sind Worte, die er lange vor seiner Inmachtsetzung zu Papier brachte. Was seine politischen Pläne betraf, so mangelte es ihm nie an Offenheit.

Viele seiner Zeitgenossen, aber auch die Nachwelt, haben das, was der spätere Diktator bereits in den frühen 1920er Jahren von sich gab als leeres Gerede, als verschwurbelte Kriegsfantasien, abgetan. Doch Hitler war es bluternst. Er machte kein Hehl aus seinen kriegerischen Absichten. Bereits am 3. Februar 1933, 4 (vier!) Tage nach seiner Machteinsetzung, nahmen etwa 30 führende Militärs am Esstisch von General Kurt von Hammerstein-Equord, seit 1930 Chef der Heeresleitung, Platz, um mit dem neuen Kanzler über dessen Ziele auf dem Weg zum Rassenkrieg zu sprechen. Hitler sprach ganz frank und frei: Der deutschen Rasse, führte er ungeschminkt aus, drohe das Aussterben, es sei denn, sie reinigte und stählte sich für die Eroberung neuen Lebensraums im Osten. Die Ursachen des inneren Zerfalls auszumerzen und die Streitkräfte wieder aufzubauen würde sieben bis acht Jahre dauern. Erst dann könne das Heer in der Lage sein, den Lebensraum für das deutsche Volk zu erweitern.

In der Zwischenzeit versprach er neben der Wiederaufrüstung die Souveränität des Militärs, solange es die politischen Aufgaben der inneren Säuberung und die Gleichschaltung den neuen nationalsozialistischen Autoritäten überließ. Kurzum, er bat die versammelten Repräsentanten der Wehrmacht, sich eine Arbeitsteilung vorzustellen, die ihren Höhepunkt in der Vertreibung oder Auslöschung von Millionen Menschen in Polen, dem Baltikum und der Sowjetunion finden sollte.

Hitler sagte in dieser Runde nichts, was er nicht bereits zuvor deklamiert oder in „Mein Kampf“ geschrieben hatte. Hitler hatte die Maske fallen gelassen und eine verzückte Zuhörergruppe lauschte andächtig dem neuen mächtigen Mann. Die Militärs verstanden, dass er ihnen Unabhängigkeit und Waffen zu versprechen bereit war. Einige in der Runde mögen seine Visionen vom Rassekrieg skeptisch oder gar nicht ernst aufgenommen haben – indes nicht einer protestierte!

 

Krieg und Vernichtung der Juden

Hitler war Bellizist, durch und durch, lange bevor er Reichskanzler wurde. Er wollten den Krieg – und er „kriegte“ ihn. Nachdem er sich im Jahre 1938 bereits Österreich und Teile der Tschechoslowakei einverleibt hatte, richtete er seine kriegerischen Ambitionen nun auf Polen. Im Winter 1938/39 war bereits absehbar, dass die aggressive Expansionspolitik des NS-Regimes über kurz oder lang zu einem militärischen Konflikt in Europa führen würde. Für den Fall, dass dieser Konflikt sich zu einem „Weltkrieg“ ausweiten würde, sollte die Schuld daran dem „internationalen Finanzjudentum“ zugeschoben werden, so hatte er es im Reichstag am 30. Januar 1939 verkündet und bedeutungsschwanger hinzugefügt, Europa könne „nicht mehr zur Ruhe kommen, bevor die jüdische Frage ausgeräumt ist“. Von der Bühne des Reichstags drohte Hitler unter dem frenetischen Jubel der Anwesenden erstmals öffentlich den Juden mit Auslöschung. Krieg und Vernichtung der Juden hatte der Diktator der nationalsozialistischen Doktrin entsprechend in eins gesetzt.

Im Nachgang der Ereignisse des November-Pogroms 1938 hatte Reichsmarschall Hermann Göring die Idee entwickelt, den Juden in Deutschland als „Strafe“ für das Pariser Attentat des Herschel Grynspzan als Kontribution 1 Milliarde Reichsmark aufzubürden. Göring schwelgte geradezu in seinem eigenen Vorschlag, rieb sich die Hände und meinte: „Das wird hinhauen. Die Schweine werden einen zweiten Mord so schnell nicht machen“. Doch da war noch etwas anderes, was Göring bei seiner Überlegung mit einbezogen hatte: Er selbst hatte am 18. November 1938 die Lage der Reichsfinanzen als sehr kritisch bewertet und sich die Abhilfe zunächst durch die der „Judenschaft“ auferlegten Milliarde und durch die Reichsgewinne bei der Arisierung jüdischer Unternehmen vorgestellt. Die eine Milliarde Kontribution war der Betrag, den er als Reichswehrminister für seine Panzerwaffe benötigte, um den geplanten Angriffskrieg gegen Polen durchzuführen. Im Umkehrschluss heißt das: Die Juden haben mit dieser Milliarde ihre eigene Vernichtung vorfinanziert!

Hitlers Rede am 30. Januar 1939 war nichts als eine Lüge. Der Angriff auf Polen war von langer Hand geplant. Im August 1939 hatte sich der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop, ausgestattet mit allen Vollmachten Hitlers, auf den Weg nach Moskau gemacht, um einen Nicht-Angriffspakt mit der Sowjetunion zu schließen. Es war darin vereinbart, dass sich beide Staaten im Kriegsfall unterstützen - und dass sie sich nicht gegenseitig angreifen würden. In der Nacht vom 22. auf den 23. August 1939 unterschrieben die beiden Außenminister Molotow und Ribbentrop die Dokumente. Joseph Goebbels notierte in sein Tagebuch: „Nachricht vom Obersalzberg: Nichtangriffspakt mit Moskau perfekt. Das ist ein Ding!“

 

Der geheime Pakt

Der deutsch-russische Pakt hatte indes einen Zusatz, ein Geheimabkommen, von dem die Öffentlichkeit zunächst nichts erfuhr, in dem vereinbart war, dass vitale Gebiete Osteuropas, Polen, die baltischen Staaten, glatt zwischen den beiden Großmächten aufteilte. Der Tyrann des Ostens, Stalin, hatte dem Tyrann der Mitte, Hitler, freie Fahrt gelassen, im Westen überhaupt, im Osten bis zu einer noch unbekannten Grenze. „Jetzt habe ich die Welt in meiner Tasche!“ jubelte Hitler als der Pakt unterschrieben war. Und für ihn gab es nunmehr kein Halten mehr.

An diesem 22. August 1939 informierte Hitler seine Oberbefehlshaber und Generäle, dass er bereits im Frühjahr den Entschluss gefasst habe, die für ihn unvermeidlich gehaltene Auseinandersetzung mit Polen durchzuführen beabsichtige. Die Lage sei günstig, und Deutschland könne nicht länger warten. „Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen“. Nicht vor dem Kriege habe man sich zu fürchten, denn der Osten liefere alles, was Deutschland brauche. „Ich habe nur Angst“, so ein unsicherer Hitler, „dass mir im letzten Augenblick irgendein Schweinehund einen Vermittlungsplan vorlegt“. Doch wollte er nicht als der Beginner des Krieges dastehen. An einem Grund zum Angriff auf Polen sollte es ihm jedoch nicht fehlen: „Ich werde propagandistischen Anlass zur Auslösung des Krieges geben, gleichgültig ob glaubhaft. Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Bei Beginn und Führung des Krieges kommt es nicht auf das Recht an, sondern auf den Sieg“.

Auf den deutschen Straßen blieb der Jubel wie es ihn im August 1914 gegeben hatte aus. Hitler fuhr durch das fast menschleere Berlin zum Reichstag, um dort den Kriegsbeginn zu verkünden. Ein Satz, der noch Jahrzehnte nach seinem Ausspruch ein Symbol für Zerstörung und Leid ist. Hitler sagte ihn in seiner Rede vor dem deutschen Reichstag am 1. September 1939. Die „Wochenschau“ und alle Rundfunksender übertrugen die wütende Ansprache des Führers. Er selbst habe die Polen gebeten, die antideutschen Provokationen aufzuheben, doch diese hätten sich geweigert. Stattdessen erzählte Hitler von einem Überfall auf den deutschen Rundfunk in Gleiwitz. Die Redepassage im Wortlaut: „Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen. Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen! Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten! Wer mit Gift kämpft, wird mit Giftgas bekämpft. Wer selbst sich von den Regeln einer humanen Kriegsführung entfernt, kann von uns nichts anderes erwarten, als dass wir den gleichen Schritt tun.“ Er habe wieder jenen Soldatenrock angezogen, deklamierte Hitler, der ihm selbst stets „der heiligste und teuerste“ gewesen sei. Er werde ihn nur ausziehen nach dem Sieg oder – „ich werde dieses Ende nicht mehr erleben“. Damit sollte er recht behalten.

 

Blitzkrieg gegen Polen

Keine zwei Wochen nach Unterzeichnung des „Russenpakts“ griff Deutschland Polen an. Ohne formale Kriegserklärung. Ein Blitzkrieg. Aus dem Nichts eröffnete am 1. September um 4.45 Uhr im Hafen von Danzig ein deutsches Kriegsschiff die Westerplatte das Feuer auf das polnische Munitionslager in der Freien Stadt Danzig. Fünf Minuten vorher hatten deutsche Kampfflugzeuge bereits die Kleinstadt Wielun bombardiert. 1.200 Menschen starben. Parallel dazu marschierten mehr als 1,5 Millionen deutsche Soldaten auf dem Landweg in Polen ein.

Die polnischen Bündnispartner Frankreich und England reagierten zunächst nicht. Sie hatten erst im Frühjahr einen Beistandspakt mit Polen geschlossen. Doch statt Truppen zur Unterstützung zu schicken, blieb die dringend benötigte Hilfe aus. Die polnischen Armeen waren sehr bald eingekesselt und aufgerieben. Hinzu kam, dass die Sowjetunion ihren Teil des Hitler-Stalin-Pakts einhielt und Ende September ebenfalls in Polen einmarschierte. Bei Brest trafen sie auf die deutschen Truppen. Hitlers Plan bei der „Gewinnung des Lebensraum Ost“ schien aufgegangen zu sein.

Mit seinem Überfall auf Polen hatte Hitler-Deutschland eine Kriegsdynamik in Gang gesetzt, die sich sehr bald zu einem Weltkrieg auswachsen sollte. Am 3. September 1939 erklärten Polens Bündnispartner England und Frankreich Deutschland den Krieg. In Warschau jubelten die Menschen auf den Straßen. An der französischen Grenze wurden fünf Millionen Soldaten aufgestellt. Obwohl die Franzosen den Deutschen zahlenmäßig um mehr als die Hälfte überlegen waren, griffen sie nicht ein. Von einem Weltkrieg konnte zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede sein, weil das Kampfgeschehen vorerst fast völlig auf den europäischen Kontinent beschränkt blieb. Mit dem britischen Empire und dem französischen Kolonialreich waren allerdings sofort große Teile der Welt einbezogen. Als baldige Bündnispartner der Kriegsparteien erschienen im Hintergrund bereits die Großmächte Japan und die Vereinigten Staaten, die ihrerseits auf einen Konflikt zusteuerten. Der europäische Krieg trug somit von Beginn an den Keim eines Weltkrieges in sich.

Das Schicksal Polens war endgültig besiegelt, als am 17. September 1939 die Rote Armee in Polen eindrang und innerhalb weniger Tage den schwach verteidigten Osten des Landes besetzte. Das polnische Territorium wurde am 28. September von den Besatzungsmächten neu aufgeteilt. Deutschland fiel die westliche Hälfte mit Warschau zu. Die Militärverwaltung wurde dort bald von einem nationalsozialistischen Besatzungsregime abgelöst, das mit brutaler Gewalt die Polen, vor allem die Juden, unterdrückten. Als Vorboten dieses Terrors hatten „Einsatzgruppen“ der SS bereits während der Kämpfe einen Vernichtungskrieg gegen die polnische Zivilbevölkerung begonnen. Ihren gezielten Mordaktionen fielen bis Ende 1939 mehrere zehntausend Menschen, hauptsächlich Juden sowie Angehörige der geistig und politisch führenden Schichten, zum Opfer.

 

Rassenideologischer Vernichtungskrieg

Als Deutschland am 22. Juni 1941 die Sowjetunion überfiel, war man selbst im deutschen Generalstab zu diesem Schluss gekommen, dass die NS-Propaganda gelogen hatte, die den deutschen Angriff als Präventivkrieg zu rechtfertigten suchte. Ein Erlass Hitlers erlaubte den deutschen Soldaten ein brutales Vorgehen gegen die sowjetische Zivilbevölkerung. Diesen Krieg hatte Hitler von Anfang an führen wollen. Er war das Kernstück seines ideologischen Programms, das sich gegen Kommunismus und Judentum richtete. Gegen die Sowjetunion, wo Hitler den „jüdischen Bolschewismus“ am Werk sah, sollte daher kein üblicher Eroberungskrieg, sondern ein rassenideologisch begründeter Vernichtungskrieg geführt werden. Vorgesehen war, einen Großteil der dortigen Bevölkerung zu töten, einen kleinen Teil zu „germanisieren“ und den Rest zu versklaven oder zu vertreiben. Hierdurch sollte „Lebensraum im Osten“ für die Ansiedlung von Deutschen entstehen. Im Sinne dieses mörderischen Konzepts wurde die Wehrmacht zu einer erbarmungslosen Kriegsführung verpflichtet.

In seinem „Führererlass“ vom 1. März 1942, der an alle Dienststellen der Wehrmacht, der Partei und des Staates ging, erinnerte Hitler noch einmal daran, um was es in dem laufenden Krieg ging: „Juden, Freimaurer und die mit ihnen verbündeten weltanschaulichen Gegner des Nationalsozialismus sind die Urheber des jetzigen gegen das Reich gerichteten Krieges. Die planmäßige geistige Bekämpfung dieser Mächte ist eine kriegsnotwendige Aufgabe“. Die sich daraus ergebenden völkerrechtswidrigen Befehle fanden nur vereinzelt Widerspruch und wurden weitgehend befolgt.

In konsequenter Weiterbildung der in „Mein Kampf“ ausformulierten Ideen einer Neugestaltung Europas, vor allem auf Kosten der Sowjetunion, hatte Alfred Rosenberg, Chef-Ideologe der NSDAP, eigene Vorstellungen über die Beherrschung der besetzten Gebiete entwickelt, die von Hitler ausdrücklich gebilligt wurden. Als Reichsminister für die besetzten Ostgebiete verfolgte Rosenberg im Rahmen seiner Ostpolitik das Projekt der Germanisierung der besetzten Ostgebiete bei gleichzeitiger systematischer Vernichtung der Juden. Heinrich Himmlers Pläne waren in ihrer Praxis noch radikaler. In diesen Plänen, die in den ersten Kriegsjahren heranreiften und angesichts der Möglichkeit ihrer Verwirklichung ihren Niederschlag nicht nur in zahlreichen Denkschriften, sondern auch in der Praxis fanden, enthüllte sich der wahre Charakter der nationalsozialistischen Rassenlehre.

Hitlers und seiner Gesinnungsgenossen Gedanken kreisten ständig um die Begriffe Krieg und „Endlösung“. Dabei schien dem Diktator längst klar geworden zu sein, dass sich Krieg und Judenvernichtung gegenseitig bedingten. In Goebbels Tagebucheintrag vom 27. März 1942 kommt diese Duplizität ungeschminkt zum Ausdruck, wenn er über den Vernichtungsprozess notiert: „Aus dem Generalgouvernement werden jetzt […] die Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel übrig. […] An den Juden wird ein Strafgericht vollzogen, das zwar barbarisch ist, das sie aber vollauf verdient haben. Die Prophezeiung, die der Führer ihnen für die Herbeiführung eines neuen Weltkrieges mit auf den Weg gegeben hat, beginnt sich in der furchtbarsten Weise zu verwirklichen.“ Und dann: „Gott sei Dank haben wir jetzt während des Krieges eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die uns im Frieden verwehrt wären. Die müssen wir ausnützen.“

 

„Alles oder Nichts“

Ein eigenes Drama vollzog sich während der letzten Kriegswochen im Kampf um die Reichshauptstadt Berlin, die damals noch etwa zweieinhalb Millionen Einwohner zählte. Der Diktator hatte sich entschlossen, in der Hauptstadt zu bleiben und ihr Schicksal mit dem seinen zu verbinden. Schon länger war er der Überzeugung, dass Deutschland und „das deutsche Volk“ mit ihm siegen oder untergehen würde. Diese Haltung des „Alles oder Nichts“ bestimmte nun erst recht Hitlers politisch-militärisches Handeln. Am 19. März 1945 erließ er den so genannten Nero-Befehl, der allen militärischen und zivilen Stellen gebot, beim Rückzug in Deutschland nur „verbrannte Erde“ zu hinterlassen. Auf die Zukunft der Deutschen, die sich in seinen Augen als zu schwach und deshalb „lebensunwert“ erwiesen hatten, wollte er erklärtermaßen keine Rücksicht mehr nehmen.

Während des Krieges wurden Millionen unschuldiger Menschen - unabhängig ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer sozialen Herkunft, Alte, Kranke, Kinder - quer durch Europa aus allen Himmelsrichtungen vom Atlantik, von Norwegen und aus Griechenland in blutroten Viehwaggons verfrachtet – und es gab immer nur ein Ziel: die Todeslager des Ostens. Menschliches Treibgut. Und mitten im Krieg fuhren die Züge leer zurück. Selbst in Zeiten höchster Transportknappheit, etwa im Winter 1942, während die Schlacht bei Stalingrad tobte, standen immer Züge für die Judendeportationen zur Verfügung, von der Reichsbahn freiwillig bereitgestellt. Das sagt viel aus über die tatsächlichen Absichten der Nazis, denen der Judenmord wichtiger war als der „Endsieg“.

Der von Hitler-Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg, der sich nahezu über ganz Europa erstreckte und auf weitere Kontinente übergriff, dauerte sechs Jahre und kostete mehr als 50 Millionen Menschen das Leben. Sechs Millionen europäische Juden fielen dem Rassewahn der Nationalsozialisten zum Opfer.

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