TuS Makkabi Berlin schreibt Geschichte: Zum ersten Mal hat sich ein jüdischer Verein für den DFB-Pokal qualifiziert
Die Mannschaft von TuS Makkabi Berlin.
Nachdem Makkabi das Duell der Außenseiter um den Berliner Landespokal gewann, zog er als erster jüdischer Klub in die Hauptrunde des DFB-Pokals. Trotz Niederlage gegen den Erstligisten VfL Wolfsburg hat das Team von Trainer Wolfgang Sandhowe Geschichte geschrieben und sich selbst, seinen Fans und dem deutschen Fußball gezeigt: man muss mit uns rechnen. Besonders auch für den Vereinsältesten und Shoah-Überlebenden Marian Wajselfisz ist dieser sportliche Erfolg eine Herzensangelegenheit und eine Anerkennung seiner jahrzehntelangen und für ihn zum Lebenswerk gewordenen engagierten Vereinsarbeit. (JR)
Schon vor dem Spiel war die Geschichte bereits in den Büchern niedergeschrieben, um die alte, düstere Geschichte mit neuen, großartigen Momenten zu erblassen. 1933 ergriff Adolf Hitler die Macht in Deutschland, kurz darauf mussten jüdische Fußballer auf eigenen Plätzen ihre eigenen Meisterschaften austragen. 90 Jahre später spielt mit dem TuS Makkabi Berlin erstmals ein jüdischer Verein im DFB-Pokal. Hierbei handelt es sich um viel mehr als eine Zäsur im positiven Sinne, ein lautes, gut hörbares: “Wir sind da und bleiben sichtbar.” Egal, wie das Spiel ausgehen würde: Makkabi Berlin wird
Vorstand Michael Koblenz fasst das so zusammen: „Für alle, die mit diesem Verein verbunden sind, ist das emotional gesehen ein riesiges Erlebnis. Für die jüdische Gemeinde in Deutschland hat die Partie eine Bedeutung, die über die Grenzen Berlins hinausgeht. Was uns vor allem freut: Endlich wird nicht nur über den Verein berichtet, wenn es antisemitische Vorfälle gibt. Das macht uns unglaublich stolz, es ist die Erfüllung eines Traums.“
Für die turbulente Geschichte des Vereins ist es nicht nur ein emotionaler Höhepunkt, sondern auch eine Art Genugtuung, angesichts der zahlreichen Anfeindungen, die der Verein in den letzten Jahren erleiden musste. Dabei ist Makkabi ein echter Traditionsverein; eine Tatsache, auf die gerade deutsche Fußballfans großen Wert legen.
Heute zählt der Verein rund 600 Mitglieder
Die Ursprünge des Vereins gehen nämlich weit über das Gründungsjahr hinaus. Im Jahr 1898 gründete sich Bar Kochba Berlin und gilt als der erste jüdische Verein Deutschlands überhaupt. In Friedrichsfelde im heutigen Bezirk Lichtenberg verfügte der Verein über einen selbst erbauten Sportplatz, der für bis zu 2500 Zuschauer Platz bot. Ab 1926 zogen die Kicker dann nach Marienfelde. Vier Jahre später zählte Bar Kochba Berlin 40.000 Mitglieder aus 24 Ländern. Das multikulturelle Fußballprojekt schien zu funktionieren.
Zwar gewann Bar Kochba noch 1934 und 1938 die Fußballmeisterschaft des Deutschen Makkabi-Kreises, doch dem Wettbewerbsverbot 1933 durch die Nazis, folgte 1938 im Zuge der Reichspogromnacht dann das vollständige Berufsverbot für Juden.
TuS Makkabi Trainer Wolfgang Sandhowe (Mitte) mit VfL Wolfsburg Trainer Niko Kovač (links) und Co-Trainer Robert Kovač (rechts), den Sandhove vor knapp 30 Jahren in Nürnberg trainierte.
Erst viel später, am 26. November 1970, gründete sich der Verein mit dem Namen TuS Makkabi Berlin neu. Der Schrecken der Shoah schien so weit weg zu sein, dass Juden wieder den Mut fassten, ihre alten Vereine wieder aufzubauen. Doch nicht nur Juden beteiligten sich am Wiederaufbau der Sportstätten. Makkabi Berlin zählt heute 600 Mitglieder und verfolgt laut eigener Auskunft das Ziel, Juden und Nicht-Juden im Sport zusammenzubringen. Der Verein ist zwar jüdisch, steht aber gleichzeitig jeder Konfession und jeder Art von Herkunft offen. Neben Fußball bietet Makkabi Berlin auch Volleyball, Basketball, Schach, Tennis, Tischtennis und vieles mehr an.
Nächstes Jahr wollen sie wieder im DFB-Pokal spielen
Es sind genau die Worte des Vorstands, Michael Koblenz, die wahr sind. Endlich steht Makkabi eben nicht in den Schlagzeilen, weil bei einem Auswärtsspiel Fans und Spieler wieder einmal judenfeindlich angegriffen werden, sondern wegen sportlicher Höchstleistung. Denn als Amateur überhaupt im DFB-Pokal spielen zu können, muss der Verein den jeweiligen Landespokal gewinnen.
Und das tat Makkabi Berlin. Am 3. Juni dieses Jahres gewann der Verein erstmals den Berliner Landespokal. Im Finale setzte sich die Mannschaft mit 3:1 nach Verlängerung gegen den Berlin-Ligisten Sparta Lichtenberg durch und durfte gegen die Werkself aus Wolfsburg ran.
Wenig überraschend hatte Makkabi gegen den Verein aus der ersten Bundesliga und den ehemaligen DFB-Pokalsieger von 2014, damals noch mit dem blutjungen Kevin De Bruyne, keine Chance und verlor mit 0:6. Was bleibt, ist ein historisches Ereignis, das Fans und Beteiligte noch lange in Erinnerung haben werden.
Denn nach dem Spiel heißt vor dem Spiel In der Oberliga will Makkabi um den Aufstieg in die Regionalliga mitspielen und im Berliner Landespokal ist die Titelverteidigung das erklärte Ziel, um dann wieder im DFB-Pokal zu spielen. „Wir haben jetzt erstmal Zeit bis zum nächsten Jahr, bis wir uns hier wieder in der ersten Runde zeigen können“, sagte Kapitän Doron Bruck gegenüber der BZ mit einem Lächeln.
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