Zahlencheck: Die Hitzepanik beruht auf heißer Luft
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will mit einem Hitzeschutzplan gegen Sommertemperaturen ankämpfen.© TOBIAS SCHWARZ AFP
Ende Juni hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den nationalen Hitzeschutzplan vorgestellt. Gerade ältere Menschen, Vorerkrankte, Schwangere und Kinder will die Ampel-Regierung damit vor Hitzewellen schützen. Gleichzeitig warnen Experten, Deutschland drohe eine gefährliche Wasserknappheit, obwohl laut Umweltbundesamt aktuell nur rund 13 Prozent des Wasserangebots genutzt werden. Bezieht man sich hier auf kontinuierlich erhobene Mess-Werte, so sind seit Langem keine dramatischen Entwicklungen zu erkennen. Viel eher dient die politisch-mediale Panikmache ganz offensichtlich dem eigennützigen Anliegen ideologischer Weltuntergangspropheten mit Selbstbereicherungsabsichten. JR)
Kontinuierlich über längere Zeiträume erhobene Wetter-Daten zeigen allenfalls geringfügige Temperatur-Anstiege. Auch die Informationen des Gesundheitsministeriums, des Deutschen Wetterdienstes und des Umweltbundesamts lassen keine dramatischen Trends erkennen.
Am 26. Juni ist die Website hitzeservice.de online gegangen, mit der uns das Gesundheitsministerium mit Fakten und Grundlagen informieren will. Dort heißt es: „Für die Beurteilung der gesundheitlichen Belastung durch Hitze sind Heiße Tage, Tropennächte und Sommertage relevant.“ Ein „Heißer Tag“ ist definiert als „ein Tag, dessen höchste Temperatur oberhalb von 30 Grad Celsius (°C) liegt“. Lag die mittlere Anzahl an „Heißen Tagen“ zwischen 1961 und 1990 bei 4,2 Tage pro Jahr, habe sie zwischen 1991 und 2020 bei 8,9 Tage gelegen. Differenz: 4,7 Tage. Für die Tropennächte werden erst gar keine Zahlen genannt, sie „treten in Deutschland noch selten auf“. Sommertage sind solche, an denen „die Tageshöchsttemperatur 25°C oder mehr erreicht“. Sie werden mit durchschnittlich 27,3 Tagen für den Zeitraum zwischen 1961 und 1990 sowie 39,8 Tagen zwischen 1991 und 2020 angegeben. Differenz: 12,5 Tage.
Das heißt: Um einen gefährlichen Trend in Sachen „gesundheitlicher Belastung durch Hitze“ zu belegen, hat das Gesundheitsministerium gerade einmal fünf zusätzliche „Heiße Tage“ bzw. zwölfeinhalb zusätzliche Sommertage pro Jahr auf der Hand. Dem Sommer zugeneigte Menschen könnten darin sogar eine erfreuliche Tendenz erkennen.
Inzwischen soll in Deutschland sogar das Wasser knapp werden. „Deutschland droht Wasserknappheit im Sommer – Experte befürchtet bundesweite Einschränkungen“, titelt die HNA am 18. Juni 2023. Vor knapp einem Jahr, im August 2022, postulierte dieselbe Zeitung ebenfalls, dass das Wasser in Deutschland knapp werden könnte, was selbstredend ausblieb. Eine elegante und überzeugende Entkräftung von Hysterie besteht darin, sich auf offizielle Informationen und Daten zu beziehen, um sie gegebenenfalls gegen den Strich zu lesen. So hält das Umweltbundesamt aktuell fest: „Deutschland ist ein wasserreiches Land. Nur rund 13 Prozent des Wasserdargebots werden genutzt. Die Wasserentnahme geht in allen Sektoren zurück.“ Auch hier besteht demnach kein Anlass zur Beunruhigung. 2017 konnte man dort übrigens noch lesen, was wohl aus politischen Gründen gelöscht wurde, aber per Wayback-Machine noch abrufbar ist: „Wasserstress ist in Deutschland nicht zu befürchten.“
„Fast 100 Hitzetote im Norden Indiens“
Es gibt in Deutschland also genug Wasservorräte, die im Angesicht bedrohlicher Klima-Entwicklungen infrastrukturell nutzbar gemacht werden könnten. Aber gibt es überhaupt eine dramatische Klima-Entwicklung? Der Deutsche Wetterdienst stellt unter „Zeitreihen und Trends“ langfristige Entwicklungen in Sachen Niederschlag, Sonnenschein und Temperatur dar. Den Diagrammen zufolge gibt es eine minimale Tendenz zu weniger Niederschlag im Sommer sowie einen Anstieg der durchschnittlichen Sommertemperatur von 1,7 Grad von 1881 bis 2022. Beunruhigen lässt sich davon nur, wer ein harmonisches Natur-Ideal voraussetzt, demgegenüber jede Abweichung problematisch und schuldhaft bedingt ist.
Die Sensationsberichterstattung versucht aktuell mit Indien und Pakistan, also traditionell sehr heißen Ländern, für Klima-Angst zu sorgen. „Fast 100 Hitzetote im Norden Indiens“ titelte neulich Tagesschau.de in einer Meldung, die diese Zahlen nicht in Relation (etwa zur Anzahl der täglichen Sterbefälle setzte), nichtsdestotrotz beängstigende Trends suggerierte.
Wer zu langfristigen Klimaentwicklungen recherchiert, stößt zügig auf die Seite laenderdaten.info, die öffentlich zugängliche Archiv-Daten des Deutschen Wetterdienstes nutzt, um klimatische Langzeitentwicklungen darzustellen. Dabei greifen die privaten Seitenbetreiber – methodisch reflektiert und transparent – stets auf nur auf jene wenigen Wetterstationen zurück, die im entsprechenden Zeitraum kontinuierlich Daten geliefert haben. Schon bei den Corona-Daten wurde grob missachtet: Die Messbedingungen müssen gleichbleiben, um über einen längeren Zeitraum erhobene Daten in Relation zueinander setzen zu dürfen.
Ein-Grad-Anstieg in Europa seit 1950
Für Indien kommt die Seite zu dem Ergebnis: Die Jahresdurchschnittstemperatur „lag in den Jahren nach 1990 bei ungefähr 26,9°C und in den letzten Jahren vor 2022 bei rund 27,4°C. Sie hat sich also in den vergangenen 33 Jahren eher moderat um ungefähr 0,5°C erhöht.“ Für Pakistan wird eine Erhöhung von lediglich 1 Grad angegeben.
In Kanada, dessen Waldbrände jüngst als Symptom einer „Klimakatastrophe“ gedeutet wurden, bemisst sich die Temperaturerhöhung „um ungefähr 0,7°C“ zwischen 1954 und 2022. In Deutschland habe sich „in weniger als 72 Jahren“ die Jahres-Durchschnittstemperatur „um ungefähr 2,1°C erhöht“. In Irland, wo man erwägt, aus Klimaschutzgründen 200.000 Kühe zu töten, verzeichnet die einzige Wetterstation, die kontinuierlich Temperaturen veröffentlichte, einen Minimal-Anstieg von 0,3 Grad. Man muss kein religiöser Inder sein, um klimapolitische Kühe-Opfer als archaische Barbarei zu werten.
Um den globalen Anstieg der Temperatur zu beziffern, betrachtet laenderdaten.info die Langzeitentwicklung von 1950 bis heute jeweils für die sieben Kontinente, wobei „von den weltweit über 4.000 Wetterstationen lediglich 220 übrig[bleiben]“, die kontinuierlich Daten produziert haben. „Die allerdings liefern aus weiten Teilen der Erde aufschlussreiche Daten und zeigen einen allgemeinen Anstieg der Lufttemperaturen. Vor allem in den letzten 10 bis 20 Jahren stieg die Temperatur stärker als in den Jahrzehnten zuvor.“
Klima ist chaotisch
Möglicherweise dient der letzte Satz dazu, nicht der „Klima-Leugnerei“ verdächtigt zu werden, die präsentierten Daten belegen ihn jedenfalls nicht. Vielmehr fügt sich der Anstieg seit 2010 unauffällig in den Anstieg seit 1950, der wiederum für Europa mit 1 Grad und für Asien, Nord-Amerika, Afrika und Australien mit leicht über 1 Grad angegeben wird. Bedenkt man, dass das Klima ein „gekoppeltes, nicht-lineares, chaotisches System ist“ (IPCC-Definition bis heute), für das langfristige Prognosen – dem IPCC zufolge – „nicht möglich“ seien, sind das doch recht bescheidene, zu erwartende Veränderungen, die man auf Jahrzehnte und Jahrhunderte in die Zukunft verlängern müsste, um sie bedrohlich wirken zu lassen. Und das verbietet bei non-linearen, chaotischen Systemen die statistische Seriosität.
Bezieht man sich auf geographisch begrenzte und kontinuierlich erhobene Mess-Werte, sind keine dramatischen Entwicklungen zu erkennen. Dementsprechend bleibt der Klimapanik nur die anekdotische Evidenz, mathematische Modellierungen und Berufung auf höhere Experten-Autoritäten, die als orakelnde Wichtigtuer gefragt sind. Das ist freilich zu wenig, um die Notwendigkeit von Maßnahmen zu begründen, die mit erheblichen materiellen und freiheitlichen Nachteilen verbunden sind. Denn sie widersprechen dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeits-Prinzip.
Felix Perrefort ist Redakteur und Autor der Achse des Guten, wo dieser Artikel zuerst erschien.
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