Ruhrgebiet: Schlachtfeld der Clans

Seit Mitte Juni eskaliert der Streit zweier syrischer und libanesischer Großfamilien im Ruhrgebiet. Die Beteiligten gehen im öffentlichen Raum mit Messern und Stöcken aufeinander los. In Castrop-Rauxel und Essen manifestiert sich auf gefährliche Weise für jedermann gut sichtbar eine Parallel- und Gegengesellschaft, die den Rechtsstaat nicht als Autorität respektiert und dessen Schwäche zutiefst verachtet. (JR)

Von Matthias Nikolaidis

Der Bürgermeister von Castrop-Rauxel, Rajko Kravanja, sieht die Sache recht nüchtern: Die Schlägerei in seiner Stadt fand nicht in einem Problemviertel statt. Solche gebe es auch gar nicht. „Es sind immer punktuelle Dinge, die uns da zu schaffen machen. Aber die haben Sie in jeder Stadt, und insofern ist es eben eher ein bundesrepublikanisches Problem.“ Das müsse man „gesamtgesellschaftlich lösen und nicht nur in Castrop-Rauxel“. Macht Kravanja sich hier einen schlanken Fuß oder benennt er eine „gesamtgesellschaftliche“, gesamtdeutsche Realität treffend beim Namen? Das ist eine der Fragen, die sich stellen.

Selbst der WDR scheint in seiner Kommentierung etwas zu japsen: „Massenschlägerei … am hellichten Tag“ – das ist den öffentlich-rechtlichen Redakteuren dann doch etwas zu viel. Es war zu einer Schlägerei in Castrop-Rauxel gekommen, bei der mindestens sieben Menschen verletzt wurden, einige davon schwer. Es geschah vor einem Netto-Markt. Ein 23-Jähriger musste mit lebensgefährlichen Stichverletzungen notoperiert werden. Eine Mordkommission mit 19 Mitgliedern ermittelt. Für Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte diese „Tumultlage“ mit dem „Clan-Milieu“ zu tun. Er sprach von 50 Beteiligten.

Ein zufällig aus einem Auto aufgenommenes Video zeigt die lebhafte Szene, auf der Männer mit Stöcken und Stangen aufeinander losgingen. Auf dem Netto-Markt-Parkplatz wurden mehrere Personen von einem Clan-Auto an- und umgefahren. Zugleich fand die Schlägerei aber auch in einem Hinterhof in der Nähe statt.

 

Eskalation, bis nur noch das Großaufgebot hilft

Schon Tage zuvor war der Streit schrittweise eskaliert, bis er schließlich nur noch durch ein Polizeigroßaufgebot halbwegs kontrolliert werden konnte. Am 16. Juni gab es erneut eine große Menschenansammlung. Polizisten durchsuchten 24 Autos und kontrollierten mehr als hundert Menschen in der Wittener Straße. Auch ein Polizeihubschrauber war im Einsatz. Zahlreiche Messer, Macheten und eine Schusswaffe wurden sichergestellt. Nur eine Woche zuvor hatte die Polizei übrigens in NRW zur ersten Messerkontrollnacht auf den Feiermeilen von Düsseldorf, Köln und Duisburg geblasen. Nun folgte die unfreiwillige Fortsetzung.

Am selben Tag kam es auch in Essen, vor einem syrischen Restaurant in der Innenstadt, zum Tumult. Es war die nächste Massenschlägerei mit „mindestens 80 Beteiligten“. Wieder gab es mehrere Verletzte, darunter auch zwei Polizisten. Später fand man Eisenstangen und Messer am Ort der Auseinandersetzung. Der Zusammenhang mit der Schlägerei in Castrop-Rauxel ist laut Polizei „offensichtlich“. Beide Orte liegen etwa 30 Kilometer voneinander entfernt.

 

Konflikt aus dem Bereich der Clankriminalität? – „Gegner kaputtschlagen“

Inzwischen hat die Polizei auch offiziell mitgeteilt, dass es wahrscheinlich um einen „Konflikt aus dem Bereich der Clankriminalität“ gehe. Nur nähere Erläuterungen der Ermittler können erweisen, was damit gemeint ist. Dass die beiden Schlägereien in Castrop-Rauxel und Essen wirklich miteinander zusammenhängen, dafür gibt es aber offenbar „Hinweise“.

Mindestens genauso interessant wie die Zahl der Kombattanten ist am Ende aber die Qualität des Konflikts, die sich unter anderem schon an den schwer und lebensbedrohlich Verletzten zeigt. Laut den Ruhr Nachrichten ging es den Beteiligten darum, ihre Gegner „kaputt zu schlagen“. Eine friedliche Klärung sei nicht mehr erwünscht gewesen.

Und das sonstige Medien-Echo? Die WAZ findet, dem „braven Bürger“ sei von den Streithanseln der Stinkefinger gezeigt worden. Man pfeife auf deutsche Gesetze, den Rechtsstaat und das Gewaltmonopol der Polizei. „Horden hunderter Krimineller marschieren ungeniert durch unsere Straßen und prügeln auf ihre Rivalen ein.“ Dagegen versichert das ZDF eilfertig, bislang gebe es „keine Hinweise auf einen kriminellen Hintergrund“. Dass die Taten selbst kriminell sind, das formuliert man am Mainz Lerchenberg nicht gern. Ansonsten gibt es laut Sender auch „Clans“, die „tragendes Element der Gesellschaft“ seien. Ja, die soll es geben… in Schottland.

 

Dieser Artikel erschien zuerst bei Tichys Einblick

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