Ruhrbaron und Judenretter Berthold Beitz: Ein Gerechter unter den Völkern

Berthold Beitz (li.) in Kiel, 1960 © Wikipedia/F. Magnussen, Stadtarchiv Kiel

Während des Zweiten Weltkriegs rettete Berthold Beitz im deutsch besetzten Generalgouvernement mehreren hundert jüdischen Zwangsarbeitern das Leben, indem er sie als unentbehrlich für die Erdölindustrie einstufte und in den von ihm verwalteten Fabriken beschäftigte. Dafür wurde er 1973 vom Staat Israel zum Gerechten unter den Völkern erklärt. Nach dem Krieg setzte er sich als Krupp-Manager für die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter ein. (JR)

Von Alexander Kumbarg

Oskar Schindlers Arbeit zur Rettung von Juden während des Holocaust ist weithin bekannt. Der Name von Berthold Beitz, dem deutschen Industriellen, der ebenfalls Juden rettete, ist weit weniger bekannt. Doch auch er hatte seine eigene lange „Liste".

Berthold Beitz wurde in Deutschland geboren, in dem Dorf Zemmin, in der Region Vorpommern. Der gelernte Bankkaufmann trat noch vor dem Krieg 1939 in die deutsche Niederlassung des berühmten Ölkonzerns Royal Dutch Shell ein und stieg schnell auf. Bei einem Abendessen lernte Beitz Reinhard Heydrich kennen, den Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (der bekanntlich einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Juden war), und bot ihm seine Dienste bei der Ölförderung in den besetzten Gebieten an. Nach der Übernahme der Stadt Boryslaw (damals UdSSR, heute Region Lviv in der Ukraine) durch die Nazis im Sommer 1941 wurde der 27-jährige Beitz Direktor der Karpatenölgesellschaft.

Boryslaw hatte eine beträchtliche jüdische Bevölkerung. Am Tag nach dem Einmarsch der Nazis in die Stadt kam es zu einem Pogrom. Etwa 350 Juden wurden getötet, Hunderte verwundet und ausgeraubt. Zwischen 1941 und 1944 wurden über 10.000 Juden aus Boryslaw in den Todeslagern ermordet. Viele verhungerten und starben an Krankheiten. Einigen Juden gelang es, das Ghetto der Stadt zu verlassen und in den Wäldern Partisanenverbände zu bilden.

Aber, wie der deutsche Schriftsteller und Journalist Lutz Kleveman in seinem Buch " Lemberg: Die vergessene Mitte Europas" schreibt, gab es unter den Mördern" noch einen guten Deutschen - Berthold Beitz. Er war protestantisch gesinnt, nicht von der NS-Propaganda durchdrungen und trat nicht in die NSDAP ein. Anfänglich kümmerte sich Beitz nach eigenem Bekunden jedoch wenig um die Juden im Ghetto Boryslaw. Später wurde er jedoch Zeuge der brutalen Nazi-Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung. Im August 1942 zerstörte die SS das jüdische Waisenhaus in Boryslaw mit unsäglicher Grausamkeit. Der Industrielle erlebte mit eigenen Augen, wie Säuglinge aus den Fenstern geworfen und ältere Kinder mitten in der Nacht barfuß zum Bahnhof getrieben wurden, von wo aus die Züge in die Vernichtungslager fuhren. Damals begann sein schlechtes Gewissen. Jahre später, nach dem Krieg, erinnerte sich Berthold Beitz in Interviews mit der New York Times freimütig daran, dass er keineswegs ein Anti-Nazi war, dass seine Motive für die Unterstützung der Juden nicht auf prinzipiellem Widerstand gegen den Nationalsozialismus beruhten, sondern einfach seine menschliche Reaktion waren: "Ich habe gesehen, wie Menschen erschossen wurden, wie sie nachts aufgereiht wurden ... Wir haben von morgens bis abends zugesehen, was mit den Juden in Boryslaw geschah. Wenn du siehst, wie eine Frau mit einem Kind auf dem Arm erschossen wird, und du hast selbst ein Kind, dann...".

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