Eklat um deutschen Botschafter in Tel Aviv:

Israel mahnt Steffen Seibert ab

Ist Steffen Seibert als Botschafter in Israel eine Fehlbesetzung?
© MICHAEL KAPPELER /POOL/AFP

 

Steffen Seibert, seines Zeichens ehemaliger Regierungssprecher Angela Merkels und nun deutscher Botschafter in Israel, musste vom israelischen Außenministerium abgemahnt werden. Grund hierfür war sein Besuch beim sogenannten „Alternative Memorial Day“, einer gemeinsamen Veranstaltung der israelischen Linken und sogenannten „palästinensischen“ Organisationen. Dabei ging es um die vermeintlichen „Opfer der israelischen Politik seit 1948“. Verschwiegen wird dabei allerdings, dass diese Opfer zum einen aus den vier, von den Arabern begonnenen, Angriffskriegen gegen Israel resultierten, zum anderen aus der Notwehr des Landes gegen, seit Gründung Israels, verübte und bis heute anhaltende arabische Terrorangriffe. (JR)

Von Mirjam Lübke

Wie heißt doch gleich die Hauptstadt Israels? Da kommt so mancher deutsche Diplomat ins Grübeln. Die Israelis würden sagen, ihre Hauptstadt hieße Jerusalem, aber bekanntlich gefällt es machen Staaten nicht, wenn Israel diese Entscheidung für sich selbst trifft. Der jüdische Staat muss erst Deutschland um Erlaubnis fragen und Deutschland selbst hat wiederum Angst, die „Palästinensische“ Autonomiebehörde zu düpieren. Fragt man also das Auswärtige Amt, so wird man wahrscheinlich nach fünf Wochen Wartezeit die Antwort „Tel Aviv“ erhalten. Dort befindet sich auch die deutsche Botschaft, in der Steffen Seibert, einst Regierungssprecher Angela Merkels, seinen Dienst versieht.

Steffen Seibert, der in Israel eigentlich einen gewissen Sympathiebonus genoss – seine Chefin fand schließlich stets salbungsvolle Worte über die „Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson“ - ist gerade dabei, in die Fußstapfen doppelzüngiger deutscher Diplomaten zu treten und sich dort unbeliebt zu machen. Ein großes liberal-konservatives Magazin titelte jüngst „Ein Botschafter auf Abwegen“ - gemessen an dem, was in der deutschen Außenpolitik üblich ist, kann man diesen Titel jedoch nicht so stehen lassen. Denn Seibert macht eigentlich genau das, was in der deutschen Israel-Politik nur zu üblich ist: Er verspricht den Israelis Solidarität, flirtet aber nur zu deutlich mit den „Palästinensern“. Vielleicht ist seine Abmahnung durch das israelische Außenministerium deshalb den meisten deutschen Medien auch keine Zeile wert – „same procedure as every year“. Denn im Grunde wird die „kritische Freundschaft“ mit Israel von ihnen offen befürwortet. Beim letzten Besuch von Annalena Baerbock etwa wurde anerkennend darüber berichtet, welche mahnenden Worte sie für die israelische Regierung fand, die sie zur „Mäßigung“ im Umgang mit den „Palästinensern“ aufrief. In Ramallah ging es anschließend zum entspannten Teetrinken mit dem Präsidenten der „Palästinensischen“ Autonomiebehörde. Wir erinnern uns: Mahmud Abbas verweigert der Bevölkerung seit Jahren freie Wahlen und verhält sich Israel gegenüber alles andere als gemäßigt. Damit schien unsere Außenministerin jedoch kein Problem zu haben.

 

Seibert beim „Alternative Memorial Day“

Wie die Chefin, so der Botschafter. Denn Seiberts Abmahnung basierte auf derselben liebevollen Rücksichtnahme gegenüber den „Palästinensern“. Man will es sich mit ihnen einfach nicht verderben. Das muss echte Zuneigung sein, denn begründete sich diese Haltung früher aus dem Erhalt stabiler Handelbeziehungen zu den arabischen Staaten, so normalisiert sich mittlerweile zunehmend der Austausch zumindest zwischen einigen Golfstaaten und Israel. Daran kann es also nicht mehr liegen. Spekulieren könnte man eventuell, Deutschland wolle den Iran nicht verärgern, der weiterhin an seiner Vernichtungspolitik gegenüber dem jüdischen Staat festhält und ein wichtiger Geschäftspartner der deutschen Industrie ist. Stein des Anstoßes war jedoch der Besuch Steffen Seiberts beim „Alternative Memorial Day“, einer gemeinsamen Veranstaltung der israelischen Linken und „palästinensischen“ Organisationen. Wäre Israel tatsächlich ein so brutaler Unterdrückerstaat, wie es auch in Deutschland häufig von Linken kolportiert wird, so könnte dieser „Memorial Day“ wahrscheinlich gar nicht in seiner derzeitigen Form stattfinden: Es geht dabei nämlich um die „Opfer der israelischen Politik seit 1948“.

Verschwiegen wird dabei allerdings, dass diese Opfer zum einen aus den vier arabischen Angriffskriegen gegen Israel resultierten, zum anderen aus der Selbstverteidigung des Landes gegen arabische Terrorangriffe. Im Sprachgebrauch der Feinde Israels nennen diese sich „Freiheitskampf“ - auch wenn sie sich gegen ahnungslose Zivilisten richten.

Steffen Seibert besuchte die Veranstaltung nicht in offizieller Funktion als Botschafter Deutschlands – das wäre ihm dann wohl doch zu heikel gewesen – sondern als Privatperson. Man fragt sich unwillkürlich, was er dort gewollt hat. Einfach nur mal gucken? Vielleicht halboffiziell doch ein paar Kontakte herstellen? Schließlich werden die „Palästinenser“ von Deutschland recht auskömmlich unterstützt, da will man eventuell einmal nachfragen, was mit dem Geld geschieht. Niemand hätte Seibert jedoch daran gehindert, auch in seiner offiziellen Funktion Kontakt zu den Vertretern linker israelischer Gruppen oder auch „palästinensischen“ Organisationen aufzunehmen, aber das hätte einer Transparenz der besprochenen Themen bedurft. So erhält der Privatbesuch jedoch erst recht ein Geschmäckle, weil man nur über dessen Sinn und Zweck spekulieren kann. Beim Spagat zwischen der Wahrung der israelischen Interessen und dem typisch deutschen „Kümmern“ um die Sorgen und Nöte der „Palästinenser“ hat sich Seibert eindeutig übernommen. Wie würde wohl die Bundesregierung reagieren, wenn der Botschafter eines sozialistisch regierten südamerikanischen Staates bei einem Deutschlandbesuch als erstes die „Rote Flora“ in Hamburg besucht? Zugegeben, in der derzeitigen politischen Lage hinkt der Vergleich, es könnte sogar geschehen, dass ihn Parteienvertreter dabei begleiten.

 

Vertane Chancen

Deutschland scheint das Radikale zu lieben, wenn es sich mit einem Hauch von Widerstandskampf und dem vorgeblichen Streben nach Gerechtigkeit schmückt. Die daraus folgende Neigung, die „Palästinenser“ wie rohe Eier zu behandeln, führte dann auch zu einem weiterem Fauxpas Seiberts, bei dem er sich vollkommen unnötig und in vorauseilendem Gehorsam bei der Autonomiebehörde andiente. Zum 75. Gründungsjubiläum des Staates Israel sollte sich auch die Bundeswehr an einer bei den Feierlichkeiten gezeigten internationalen Flugshow beteiligen. Zwar bestand schon seit Jahren eine Zusammenarbeit mit den IDF, aber das war doch etwas Besonderes, eine neue Dimension der Normalität des militärischen Bündnisses. Dabei sollten auch Judäa und Samaria überflogen werden, was in der zivilen Luftfahrt bisher keinerlei Probleme bereitete. Seibert jedoch befürchtete, die deutsche Teilnahme an der Flugshow könne Ramallah düpieren – und verbot kurzerhand den Überflug. Ein deutscher Botschafter, der das Kommando über die Bundeswehr übernimmt, ist verwunderlich genug – aber noch verwunderlicher ist es, dass es dafür aus Berlin keine Rüge gab. Obwohl dort doch sonst so viel Wert auf die Eingliederung unserer Streitkräfte in internationale Verbände gelegt wird. Somit war auch die Chance für die deutschen Piloten vertan, ihr Können öffentlich zu präsentieren. Und das alles wegen einer vermuteten Befindlichkeit der Autonomiebehörde.

Vor diesem Hintergrund verwundert es, wie hartnäckig sich auch hierzulande das Märchen hält, Israel übe unverhältnismäßig viel Druck auf die deutsche Politik aus, etwa wenn der israelische Botschafter einmal vorsichtig einen Missstand bemängelt. Erst kürzlich brachten die Ex-Staatssekretärin Sawsan Chebli und Naika Foroutan, Leiterin des deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung, in den sozialen Medien wieder das Narrativ vom auf Kinder schießenden israelischen Soldaten auf. Die dort auch von Deutschen hinterlassenen Kommentare verrieten nur zu deutlich, wie gern die Erzählung vom „Palästinenser als Daueropfer“ geglaubt wird. Es regte sich nur wenig Widerspruch von einigen Nutzern, die den Hintergrund des Ereignisses recherchiert hatten und enthüllten, dass keineswegs, wie von Chebli und Foroutan suggeriert, ein kleines hilfloses Mädchen erschossen worden war.

In Deutschland ist enormer Belastungseifer gegen Israel an der Tagesordnung, verbunden mit der ständigen Bestrebung, den jüdischen Staat zu belehren und zu „erziehen“. Es wäre zu begrüßen, wenn wenigstens der deutsche Botschafter in Israel genug Sensibilität dafür hätte, wie übel das den Israelis aufstoßen muss. Im Gegensatz zu unserer diesbezüglich ebenfalls wenig empathischen Außenministerin lebt und arbeitet er schließlich vor Ort und sollte hautnah erleben, wie Israel fast täglich den Angriffen arabischer Terrororganisationen ausgesetzt ist. Wenn Steffen Seibert sich mehr für die Wünsche aus Ramallah interessiert als für ein gutes Einvernehmen mit Israel, dann ist er für sein Amt eine Fehlbesetzung. Aber so lange auch Bundesregierung und Auswärtiges Amt sich nicht entschließen können, endlich Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staates anzuerkennen, liegt der eigentliche Grund für diese Fehlbesetzung nicht nur bei ihm, sondern bei der grundsätzlichen Haltung Deutschlands, das großzügigen Solidaritätsbekundungen keine Taten folgen lässt.

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