Seine Kunst galt als „entartet“ - Vor 130 Jahren wurde der Künstler Otto Pankok geboren – er war, wie die Juden sagen, ein echter „Mentsch“
Otto Pankok: Rabbiner II (1942) - Kohle.© Copyright: Cyrus Overbeck
Otto Pankok war ein deutscher Künstler, Maler, Graphiker und Bildhauer, der in vielen seiner Werke das Leid der Juden in den Ghettos thematisierte. Durch seine deutliche Kritik an der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde der Künstler, obwohl er selbst kein Jude war, mit Malverbot belegt. Zu einer Zeit, als viele wegschauten, malte Pankok was er sah. Seine Kunst galt als „entartet“ und er musste bis 1945 mehrfach fliehen. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte 2014 Otto Pankok gemeinsam mit seiner Frau Hulda posthum als „Gerechte unter den Völkern“, weil sie beide ihren Malerfreund Mathias Barz und dessen jüdische Ehefrau Brunhilde vor der Gestapo versteckten. (JR)
Otto Pankok (1893-1966) ist ein deutscher Künstler, Maler, Graphiker und Bildhauer. Sein Lebenswerk umfasst etwa 6000 Kohlezeichnungen, 800 Holzschnitte, 800 Radierungen, 500 Lithographien, Steinschnitte und Monotypien, über 200 Plastiken. Sein Künstlerhaus im niederrheinischen Drevenack bei Hünxe ist heute Museum, das vielbesucht ist. Hier wird auch sein Nachlass bewahrt, der beredt Auskunft gibt über Pankoks humanistischen Gesinnung.
In seinen realistisch expressiven Kohlebildern zeigt uns der am 6. Juni 1893 in Mülheim/Ruhr geborene und an der Düsseldorfer Kunstakademie ausgebildete und später dort lehrende Künstler Otto Pankok Motive, die keine Farbe zulassen: die Gequälten und Verfolgten, Juden. Männer im Ghetto. Sie starren vor sich hin, jeder für sich, ohne Hoffnung, aussichtslos. Krass und unmissverständlich ist seine Bildsprache. Pankok ist ein radikaler Künstler der modernen Malerei, der es ablehnte, sich der Darstellung des äußerlich Schönen in der Malerei, sich den geforderten Stilrichtungen seiner Zeit anzupassen. Mit seinen Bildern mischte er sich später mehr und mehr ein in die sozialen und politischen Zusammenhänge der Zeit ein. Kompromisslos. Das neunte seiner von ihm selbst erlassenen zehn Gebote lautet: „Du sollst krass ablehnen, was dir nicht passt, und wäre es Rembrandt oder Chagall“. Und spätesten ab dem Zeitpunkt, als die Nationalsozialisten in Macht gesetzt wurden, gab es hinreichend viel, gegen das aufzulehnen ihm wichtig war, was Pankok nicht „passte“. Radikal auch seine Menschlichkeit.
Undurchschaubare Vielschichtigkeit
Auf ein künstlerisches Programm verzichtete er. Sein Programm war eines, das nicht formuliert werden musste. Sein Werk zu erklären, war ihm fremd. Erst nach dem Nationalsozialismus begann er zögerlich, sich im eigentlichen Sinne programmatisch in Wort und Bild zu äußern. Er selbst hielt sich als Künstler für progressiv. Vieles in seinem Werk ist nur vorderhand simpel, tatsächlich aber, so der Künstler Cyrus Overbeck, „vielschichtig bis zur Undurchschaubarkeit“.
Indem Pankok für den Mitmenschen und für verfolgte Minderheiten, namentlich Juden und „Zigeuner“, eintrat und dabei deutliche Kritik an der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft übte, wurde der Künstler mit Malverbot belegt. Seine Kunst galt als „entartet“ und er musste bis 1945 mehrfach fliehen.
Pankok war ein künstlerischer und menschlicher Freigeist, der auch nicht vor Autoritäten kuschte, schon gar nicht vor Nazi-Größen wie Alfred Rosenberg, Minister unter Hitler und NS-Chefideologe, dessen „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ während des 2. Weltkrieges Beutezüge in ganz Europa zum Raub von Kulturgütern unternahm. Ein Mitarbeiter des „Kampfbundes für deutsche Kultur“, dem Rosenberg vorstand, hatte veranlasst, einige Arbeiten Pankoks in einer Ausstellung zu entfernen, darunter die Bilder „Einzug in Jerusalem“ oder „Christus wird gegeißelt“, und den Künstler aufgefordert, stattdessen Landschaftsbilder aufzuhängen. Pankok protestierte in einem Brief vom 15. Oktober 1933 an Rosenberg gegen die ihm widerfahrene Zensur. Er, Pankok, sei der Meinung, dass es ein „Irrglauben“ sei, den „Anblick großen ewigen Geschehens auszumerzen“ zugunsten „angenehmer Lyrik“. Und dann unmissverständlich: „Sieht man in der Kunst aber einen Niederschlag des großen Lebens und der großen Ideen der Zeit, sollen in ihr die Mitlebenden sich selbst, ihre Freuden und Leiden, Klärung und Tröstung finden, so geschah hier Unrecht und Sünde gegen den Geist der Kunst und damit gegen das Volk“. Das war deutlich.
Und eine Aufforderung, ein Revers gegen Juden und „Judengenossen“ zu unterschreiben - was zahlreiche Künstler taten -, lehnte Pankok tapfer ab mit der Bemerkung, er sei kein solcher Opportunist, dass er einer Ausstellung zuliebe gegen seine jüdischen Freunde „als Schweinehund“ handeln könnte. Und damit kam keine Ausstellung mehr zustande, wenngleich sein erzwungenes Schweigen in der Folgezeit die Ausstellungsräume unüberhörbar laut erfüllte. Pankok war und blieb das moralische Gewissen der Künstlerschaft, wofür er von der kulturlosen staatlichen Obrigkeit als Künstler mit einem unerschütterlichen Bekenntnis zum Geist der Menschlichkeit gehasst und verfemt wurde.
Radikalpazifistische Bilder
Seit Ende der 1930er Jahre beschäftigte sich Otto Pankok mit jüdischen Motiven. Da galt er schon als „entartet“, war ihm zu malen verboten und gezwungen, zurückgezogen zu leben. 1937 beschlagnahmte man 56 seiner Werke aus deutschen Museen. In München und an den anderen Ausstellungsorten zeigte die propagandistische Hetz-Ausstellung „Entartete Kunst“ drei Druckgraphiken von Pankok, um sein Werk zu diskreditieren, und reihte es ein als „Werke der Verfallskunst“.
Je radikaler die NS-Politik voranschritt, desto radikalpazifistischer wurden Pankoks Bilder. Er malte seit 1937 eine ganze Serie von Atelier-Bildern mit jüdischen Motiven: Das „Haus der Juden“, den „Jüdischen Geiger“, „Pogrom“, die „Zerstörte Synagoge“ und weitere mehr. Die Hebraismen in diesen Bildern stehen für einen eindeutige Bildsprache. Die Vorlagen für seine Bilder fand er ironischerweise in der NS-Propagandazeitschrift „Der Untermensch“. Indem es ihm gelang, durch eine grundsätzlich andere erzählerische Haltung das „authentische“ NS-Material zu einer radikalen Anklage der nationalsozialistischen Verbrechen umzudeuten, erweist er sich als feingeistiger Widerstandskämpfer, der jederzeit gewärtigen musste, ins Konzentrationslager verschleppt zu werden. Um die Diktatur zu überleben, wählte Pankok in seiner Gegnerschaft zum NS-Staat eine feine Klinge.
Pankok hatte ein Herz für die Bedrängten und Leidenden. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte er Sinti und Roma porträtiert, mit ihnen gelebt und sie in zahlreichen Bildern gewürdigt. „Zigeuner“ und Juden blieben sein künstlerisches Thema, das ihn bis an sein Lebensende immer wieder fesselte, und mit ihnen verbrachte er viel Zeit: „Ach, Freunde, wohin seid ihr verweht, wo seid ihr zertreten, in welche Gruben haben euch schutzlose Kinder die Würger verscharrt wie Dreck? Man zerrte sie fort in die Todeslager und die östlichen Schlachthäuser. Wir hörten die Kinder schreien und die Mütter schluchzen unter den Peitschen der braunen Henker.“ Noch bevor die Synagogen aufloderten, waren die „Zigeuner-Familien hinter den Gittern des Stacheldrahtes zusammengepfercht, um später das jüdische Schicksal in den Todeslagern des Ostens zu teilen.“ So ein empathischer Pankok 1947 in seinem Vorwort zu seiner Schrift „Zigeuner“.
Apokalyptische Ausstrahlung
Otto Pankoks Bilder aus der Zeit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten hatten eine dunkle, apokalyptische Ausstrahlung. Der in den Jahren 1931 bis 1934 aus 60 Zeichnungen entstandene Zyklus „Passion“, von dem eine Buchausgabe zwar noch gedruckt werden konnte, aber vor dem Verkauf eingezogen und eingestampft wurde, war eine kalkulierte Provokation. In diesem Zyklus reflektierte er das Leiden des Menschen unter der Gewalt des NS-Staates, auch die Folterungen, die sein Freund, der Maler Karl Schwesig, erleiden musste. 1936 folgte der Zyklus „Jüdisches Schicksal“. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erinnerten seine Bilder wieder an die Zeit vor seinem Malverbot.
Pankoks „Judenbilder“, wie er sie selbst nannte, strahlen Pessimismus und Hoffnungslosigkeit aus und sie sind durch und durch politisch. Sie waren nicht für die damalige Öffentlichkeit bestimmt, konnten es nicht sein. Sie sind in ihrer Bildsprache extrem, krass, unmissverständlich. Ihre Stimmung ist finster, der Himmel meist schwarz, die Erde schroff und kalt. Die jüdischen Männer vor der „Zerstörten Synagoge“ blicken orientierungslos in alle Himmelsrichtungen, doch niemand scheint Rettung zu erwarten. Die Fensteröffnungen von „Pogrom“ sind zugemauert, kein Ausblick ins Freie ist möglich. Der „Geiger vor dem Friedhofsportal“ wirkt wie ein Geist. Er spielt seinem Volk den Totentanz vor, doch es ist niemand mehr zum Tanz da. Der industrielle Judenmord lässt keinen makabren Reigen mehr zu. Und dann das Portrait des Juden Max Stern und seiner Frau Alice, die Pankok unmittelbar nach der Pogromnacht im November 1938 in ihrem Haus besucht hatte. Dieses Bild entstand 1945. Die portraitierten Eheleute waren da bereits tot: Max Stern war bei einem Bombenangriff, bei dem er sich als Jude nicht in einem Bunker aufhalten durfte, ums Leben gekommen, woraufhin sich seine Frau das Leben genommen hatte.
Selbstermahnung an den Künstler
Als viele nichts gesehen haben wollten, malte Pankok was er sah. Und er thematisierte die Untaten, die an ihnen begangen wurden. Explizit zeichnete er den SS-Mann als Täter. Als es viele bequemer fanden wegzuschauen, malte Pankok die abgrundtiefe Verlassenheit der Juden und thematisierte die monströsen Taten der Nazis, markierte sie.
Pankoks Bilder in den Jahren des Nationalsozialismus sind zunächst als eine Selbstermahnung an den Künstler selbst zu verstehen, eine Aufforderung des Malers an den Menschen Pankok, die Augen nicht zu verschließen, vor dem, was um ihn herum vorging, sich nicht anzupassen und vereinnahmen zu lassen. Andererseits geht es ihm um Selbstbestätigung. Cyrus Overbeck schreibt: „In all seiner Hilflosigkeit entzieht Pankok sich nicht dem Schmerz des Mitleidens, obwohl dieser nicht nur unbequem, sondern sogar gefährlich ist. Nur durch diese Bilder kann er seine Selbstachtung wahren“.
Hauptthema in Otto Pankoks Werk: Ausgegrenzte und unterdrückte Menschen, denen seine Sympathie galt, und zwar in allen Schaffensphasen des Künstlers. Pankok hatte zum Zeitpunkt der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten sein künstlerisches Potential voll entfaltet, und obwohl er in gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen war, gehörte er durch die Arbeit als engagierter Künstler ebenfalls zu den von diesem Regime Geächteten.
Bildtext: Cyrus Overbeck: Otto Pankok. Holzschnitt (2018).© Copyright: Cyrus Overbeck
Jahre später, die Nationalsozialisten waren an der Macht: Im Pankokschen Atelierhaus in Münstereifel hatte das Künstlerehepaar Otto und Hulda Pankok 1944 den Maler Mathias Barz und seine jüdische Frau Hilda versteckt. Dahinter steckt eine bemerkenswerte Geschichte von Mut, Wehrhaftigkeit und der Selbstverständlichkeit, bedrohten Menschen zu helfen. Pankok und Barz kannten sich aus Düsseldorf, beide waren verfemte Künstler, beide erlebten eine Odyssee, um das Regime zu überstehen. Das Ehepaar Barz - er Künstler mit Berufsverbot belegt, sie Schauspielerin, die nicht mehr auftreten durfte - wurden 1936 verhaftet. Sie kamen wieder frei, mussten ihre Wohnung verlassen, fanden in Düsseldorf Unterschlupf. Voller Angst zogen sie in die Eifel weiter, wo die Pankoks im Städtchen Pesch selbst nach einem Irrweg untergekommen waren.
Unten SS, oben jüdische Flüchtlinge
Pankok bot den Flüchtigen ein Dachzimmer an. Monate lebte man zusammen, doch die Versorgung wurde immer schwieriger. Pankok entschloss sich, den örtlichen Pfarrer um Hilfe zu bitten, sagte offen, dass er Juden verstecke. Vergebens. Die Lage wurde kritischer. Pankok sprach den NS-Bürgermeister an, der das Unternehmen deckte.
Die Gefahr eskalierte in dem Moment, als 20 Soldaten in Pankoks Atelier einquartiert wurden. Der Offizier entdeckte die Dachkammer und wollte sie belegen. Pankok hielt ihn hin. Der Offizier wollte die Tür dennoch öffnen. „Als er sie aufmachen wollte, da klemmte sie zu unserem Glück“, erinnerte sich Pankok. Damit war klar, dass Barz und seine Frau flüchten mussten. Pankok sagte: „Mir fiel ein Mann ein, auf den ich mich verlassen konnte, ein Pfarrer …“ Hier sorgte ein Ring von Helfern, die bereit waren, verfolgte Juden zu verstecken. Im Pfarrhaus kam es zu einer bizarren Situation. „Das Haus war unten von der SS beschlagnahmt. In den unteren Zimmern saß der Divisionsstab. Es gelang uns, die Barz' auf den Speicher zu bringen und zu verstecken“, erzählte der Pfarrer. Unten SS, oben jüdische Flüchtlinge. Mathias und Hilde Barz überlebten das Regime am Ende in Düsseldorf, wo sie in der Kunsthalle Unterschlupf fanden.
Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte 2014 Otto Pankok gemeinsam mit seiner Frau Hulda posthum als „Gerechter unter den Völkern“, weil sie ihren Malerfreund Mathias Barz und dessen jüdische Ehefrau Brunhilde vor der Gestapo versteckten. Die Ehrung wurde im Berliner Kammergericht vorgenommen, dort befand sich während des „Dritten Reichs“ der Volksgerichtshof. Einer von Pankoks Schülern, der Schriftsteller Günter Grass, gründete 1997 den nach seinem Lehrer benannten Otto-Pankok-Preis.
Eines der bekanntesten Werke Pankoks ist der 1950 geschaffene Holzschnitt „Christus zerbricht das Gewehr“. Dieses Bild wurde im Rahmen späterer Friedensbewegungen häufig abgedruckt - unter anderem verwendete das Wochenmagazin Der Spiegel den Holzschnitt in koloriert abgewandelter Form im Juni 1981 (Ausgabe 25/1981) als Titelbild, Aufmacher für eine große Reportage über die zu der Zeit von einer öffentlichkeitswirksamen Massenbasis getragene Friedensbewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss.
Otto Pankok starb am 20. Oktober 1966 in Wesel.
Cyrus Overbeck als Wiedergänger Pankoks
Cyrus Overbeck war bereits als Pennäler auf Pankok aufmerksam geworden. Dessen „Schwarz-Weiß“ hatten in ihm ein Feuer ausgelöst. In einem Antiquariat hatte Overbeck Bilder von Otto Pankok entdeckt. Von seinem spärlichen Taschengeld stotterte Overbeck ein Blatt aus Pankoks Zyklus „Der tote Tag“ mühsam ab. Der junge Overbeck wollte mehr über den Künstler erfahren, auch seinen Nachlass sichten. Eine neue künstlerische Welt tat sich ihm auf. Er sprach im Haus Esselt, Pankoks letzter Wohnsitz, vor - und blieb bis auf Weiteres. Und als er das Haus nach einigen Monaten wieder verließ, hatte er das Material beisammen, um die erste umfassende Darstellung über Otto Pankoks künstlerisches Leben zu schreiben.
Haus Esselt ist ein ehemaliges Rittergut in Drevenack, einem Ortsteil im äußersten Norden der niederrheinischen Gemeinde Hünxe, Ortsteil Drevenack. Ein altes Herrenhaus, Atelierhaus von Otto Pankok, sein Rückzugsdomizil seit Ende der 1950er Jahre, heute: Otto Pankok Weg 4. Hier erschien 1987 der damals 17-jährige kunstinteressierte Cyrus Overbeck bei Pankoks Tochter Eva. Er kam immer wieder zurück, um über den Meister zu forschen, einen Menschen, dessen humanistisches Weltbild er erkannte, ein Künstler, der die Lessingsche „Ringparabel“ in die Gegenwart projiziert hatte. Nicht nur zum Arbeiten war er dort, er musste im Haus mit anpacken, die Hühner versorgen, das Erbe von Oskar Kokoschka („Das Hühnchen“). Dieser hatte die Hühner seinem Freund Pankok einst geschenkt. Von seinem Großvater erbat sich Overbeck Geld, um sich Werkzeug zum Holzschneiden zu kaufen. Das war der Beginn seines eigenen künstlerischen Weges.
Unter einer Treppe fand sich ein jahrzehntelang nicht geöffneter Koffer Pankoks, darin seine Tagebücher, Briefe von Else Lasker-Schüler und des expressionistischen Malers Julo Levin und vieler weiterer namhafter Künstler. Overbeck fühlte sich in die Weimarer Jahre zurückversetzt. Material für eine Arbeit über Pankok. Das Ergebnis war eine imposante Biographie: Cyrus Overbeck/Oliver Müller: Otto Pankok. Maler, Grafiker, Bildhauer. Eine Biographie, Düsseldorf 1995. Diese Studie ist eine – auch 28 Jahre nach ihrem Erscheinen - immer noch gut lesbare Biografie, eine Schilderung des Pankokschen Lebens und seiner Lebensumstände.
Pankoks berühmtester Schüler
Dass Pankok dem Unrecht einen, wenn auch stummen, Ausdruck verlieh, so Overbeck treffend, trennt ihn von all den Mitläufern, die eigenem Bekunden nach zwar „immer dagegen waren“, es sich dabei aber haben gut gehen lassen, solange es gut ging. Bei Pankok war das anders: Er war ein Mitleidender ohne die Hoffnung, dadurch irgendetwas zu bewirken. In dem Risiko, das er persönlich auf sich nahm, mag er die einzige Möglichkeit gesehen haben, die Hoffnungslosigkeit seiner Wünsche erträglich zu machen.
Pankoks berühmtester Schüler Günter Grass erwähnt seinen Lehrer in seinem Roman „Die Blechtrommel“, notdürftig verschlüsselt, als „Professor Kuchen“, als einen Mann mit „schwarzem Bart, Kohleaugen, schwarzem kühnen Schlapphut, schwarzen Ränder unter den Fingernägeln“ und zitiert ihn mit der Aussage: „Kunst ist Anklage, Ausdruck, Leidenschaft! Kunst, das ist schwarze Zeichenkohle, die sich auf weißem Papier zermürbt“. Das ist eine präzise Zuschreibung über den Meister, und gut formuliert ist es auch. An anderer Stelle urteil Grass über seinen früheren Lehrer mit despektierlichem Unterton: „Pankok war kein guter Lehrer, aber er war eine Person, hatte eine Ausstrahlung und hat dadurch viel mehr vermittelt, als wenn er ein guter Lehrer gewesen wäre im herkömmlichen Sinn“.
Otto Pankoks unverhohlene Anklagen der NS-Verbrechen entstanden zu einer Zeit, als an eine Veröffentlichung nicht mehr zu denken war. Heute findet man eines der wohl bedeutendsten Zeugnisse deutscher Kunst zu diesem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte in Hünxe. Das künstlerische Werk wie die Haltung seines Schöpfers, der Mensch Otto Pankok, sind von humanitären Werten durchdrungen und deshalb auch identitätsstiftend für die heutige Generation. Der Künstler und Biograf Otto Pankoks, Cyrus Overbeck, steht in und mit seiner eigenen Kunst ganz in der Nachfolge und Tradition von Pankok. Otto Pankok hat man den Künstler der Liebe genannt. Als ein solcher versteht sich auch der Künstler Cyrus Overbeck.
Sehr geehrte Leser!
Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:
alte Website der Zeitung.
Und hier können Sie:
unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen
in der Druck- oder Onlineform
Werbung