„Das Gestrüpp einer blühenden Distel“ - Jenny Alonis Literatur zwischen Deutschland und Israel

Der deutsch-israelische Schriftsteller Chaim Noll in seinem Garten in Israel.


Das Kennzeichen von Jenny Alonis Sprache ist eine tapfer ausgehaltene Trauer. Sie schrieb sozusagen immer in Moll. Selbst die Schilderung glücklicher Stunden ist bei ihr niemals frei vom Wissen um das Wesen unseres Lebens als eines immerwährenden Verlusts. Die 1917 in Paderborn geborene jüdische Dichterin und Prosa-Autorin von „Ich möchte auf Dauer in keinem anderen Land leben“ oder „Ich muss mir diese Zeit von der Seele schreiben“ floh 1939 ins Britische Mandatsgebiet Palästina, den künftig wiedererstandenen Staat Israel, wo sie bis zu ihrem Tod 1993 lebte. Sie konnte im letzten Moment, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, als Begleiterin eines Kindertransports aus Nazi-Deutschland ausreisen, ihre Familie wurde in den deutschen Konzentrationslagern ermordet. (JR)

Von Chaim Noll

Neuanfang in Palästina

Das neue „Land der Berge und Ebenen, der Wüste und der anmutigen Talgründe“ war ihr zunächst ganz unvertraut und fremd. Aloni schrieb ihre Gedichte und Prosa weiterhin deutsch, nur die Tagebücher hebräisch. Ihr Deutsch, geprägt von der Poesiesprache des neunzehnten Jahrhunderts, im vergleichsweisen Liberalismus der Weimarer Republik auf eine fast snobistische Weise bewahrt, blieb fein und filigran, wurde daher, umgeben von allgemeiner Sprachverrohung, schon zu ihren Lebzeiten ein Anachronismus. Jenny Alonis Literatur bewahrt ein Deutsch, dessen Verlust zu bedauern ist.

Dabei fehlte es nicht an verstörenden Erlebnissen. In Deutschland sah sie ihr Elternhaus nach der „Reichskristallnacht“ in Trümmern und erlebte die allmähliche Degradierung der Familie von assimilierten deutschen Staatsbürgern zu Parias. In Israel arbeitete sie als Sozialarbeiterin, eine deprimierende Erfahrung in dem damals armen, kaum strukturierten, von Einwanderern aus über hundert Herkunftsländern überfluteten Land voll drückender Sorgen und zwischenmenschlicher Probleme. Schreiben ist in ihrem Fall durchaus als Kontrapunkt zum Alltäglichen und verstörend Profanen zu verstehen, als, wie ihr Zeitgenosse Victor Klemprerer es nannte, „Balancierstange“ über einem Abgrund, der viele Andere verschlang.

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