Trotz massiver antisemitischer Auswüchse: Das aus unerfindlichen Gründen einzig den „Palästinensern“ gewidmete UNO-Hilfswerk UNRWA verlangt immer mehr Geld

Der US-Kongress hat seine Zahlungen der massiven Hilfsgelder für das UN-„Palästinenser“-Hilfswerk aus vielfach gegebenem Anlass zwar an die Bedingung geknüpft, Antisemitismus in den eigenen Reihen zu bekämpfen. Die unter Donald Trump richtigerweise eingestellten Zahlungen wurden unter Biden jedoch wieder aufgenommen, obwohl es keinen dementsprechenden Sinneswandel bei der UNRWA gibt.

UNRWA-Chef Philippe Lazzarini
© MAHMUD HAMS / AFP

Von Stefan Frank

Philippe Lazzarini, der Generalkommissar des „Palästinenser“-Hilfswerks der Vereinten Nationen, UNRWA, hat davor gewarnt, dass seine Organisation vor dem Kollaps stehe, sollte sie nicht mehr Geld bekommen. „Die finanzielle Situation ist eine wirklich existenzielle Bedrohung für die Organisation“, sagte er Reportern. „Wir sollten das nicht unterschätzen, denn es könnte die Organisation zwingen, Dienstleistungen zu verringern“.

Solche Reden hört man von der UNRWA seit vielen Jahren. Die Warnungen vor einem angeblichen Geldmangel haben nichts damit zu tun, dass der damalige US-Präsident Donald Trump 2018 die amerikanischen Zahlungen an die UNRWA einstellte (die sein Nachfolger Joe Biden wiederaufgenommen hat), die „Geldkrise der UNRWA“ gab es schon lange vorher. Sie ist in der Funktionsweise der UNRWA begründet.

Die UNRWA wurde 1950 für die Flüchtlinge des Arabisch-Israelischen Kriegs von 1948 gegründet. In Israel konnte die UNRWA schon 1952 die Arbeit einstellen, weil die israelische Regierung ab da die Verantwortung für alle Kriegsflüchtlinge auf israelischem Staatsgebiet übernahm.

Von den arabischen Flüchtlingen von 1948 leben heute schätzungsweise noch rund 20.000. Mit ihrem Jahresbudget von derzeit 804 Millionen US-Dollar könnte die UNRWA also jedem 1948er-Flüchtling 40.000 US-Dollar pro Jahr zahlen.

Zum Vergleich: Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat ein Jahresbudget von derzeit 9,15 Milliarden US-Dollar und fühlt sich der Hilfe für weltweit 26,4 Millionen Flüchtlinge verpflichtet. Es hat also nur etwa 340 US-Dollar pro Jahr und Flüchtling zur Verfügung.

Selbst erzeugte Mittelknappheit

Die permanente Mittelknappheit verursacht die UNRWA selbst, indem sie aus politischen Gründen – um Israel schlecht aussehen zu lassen – permanent neue Pseudoflüchtlinge registriert, die Anspruch auf Unterstützung haben. Ein Zitat von der UNRWA-Website zeigt dies:

„Als die Agentur 1950 ihre Tätigkeit aufnahm, reagierte sie auf die Bedürfnisse von rund 750.000 palästinensischen Flüchtlingen. Heute haben rund 5 Millionen palästinensische Flüchtlinge Anspruch auf die Dienste der UNRWA.“

Der Text wurde offenbar seit einigen Jahren nicht aktualisiert: An anderer Stelle der Website ist bereits von 5,7 Millionen Flüchtlingen die Rede. Es werden immer mehr. Gemeint sind aber nicht etwa Menschen, die wirklich geflohen sind, sondern Nachfahren von Flüchtlingen des Arabisch-Israelischen Kriegs von 1948, die schon mit dem Flüchtlingsstatus geboren wurden.

In einer Art Festschrift, die die UNRWA 2010 aus Anlass ihres 60. Jubiläums veröffentlichte, wird das „Flüchtlings“-Kriterium wie folgt definiert:

„Dies sind Personen, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort während des Zeitraums vom 1. Juni 1946 bis 15. Mai 1948 Palästina war, und die sowohl ihre Wohnung als auch ihre Unterhaltsmittel durch den Konflikt von 1948 verloren haben.

Palästina-Flüchtlinge und Nachfahren von männlichen palästinensischen Flüchtlingen, einschließlich legal adoptierter Kinder, sind berechtigt, sich für UNRWA-Dienste zu registrieren. Die Agentur nimmt neue Anträge an von Personen, die sich als Palästina-Flüchtlinge registrieren lassen möchten.“ [Hervorhebung des Autors]

In demselben Dokument grenzt sich die UNRWA vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ab: Das UNHCR habe die Aufgabe, „dauerhafte Lösungen“ für Flüchtlinge zu finden. Die UNRWA hat diese Aufgabe nicht. Wer sich als „Flüchtling“ registrieren lässt, bleibt das für den Rest seines Lebens und vererbt – wenn er ein Mann ist – den begehrten Status an seine Kinder.

Das Geld fließt nicht mehr wie früher

Darum braucht die UNRWA immer mehr Geld. Doch die Geldgeber werden zurückhaltender. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters ist die arabische Unterstützung von 200 Millionen US-Dollar im Jahr 2018 auf 89 Millionen im Jahr 2019 auf 37 Millionen im Jahr 2020 zusammengeschmolzen, wurde also um mehr als 80 Prozent gekürzt.

Die EU hat Berichten zufolge eine Zahlung in Höhe von 20 Millionen Euro zurückgestellt und damit die Konsequenz daraus gezogen, dass von der UNRWA in ihren Schulen benutzte Schulbücher Antisemitismus verbreiten.

Eines dieser Schulbücher liegt mir vor. Der israelische Soziologe und Journalist David Bedein – Gründer und Leiter des Bedein Center for Near East Policy Research – der die UNRWA seit Jahrzehnten beobachtet, hat es mir freundlicherweise geschickt.

Auf Seite 51 ist ein großformatiges Schwarz-Weiß-Foto der Fatah-Terroristin Dalal Mughrabi. Sie wird den Schülern als Vorbild genannt, dem sie nacheifern sollen. Mughrabi war die Drahtzieherin des sogenannten „Küstenstraßenmassaker“ am 11. März 1978, bei dem 37 Israelis getötet wurden, darunter zwölf Kinder.

Terror und Antisemitismus

Die „Palästinensische Autonomiebehörde“ betreibt um Mughrabi einen Heldenkult und benennt öffentliche Einrichtungen und Sportfeste nach ihr. Bei einer Veranstaltung in einer Mädchenschule aus Anlass des Weltfrauentages 2018 pries die Schulleiterin Nida Abd Rabbo Mughrabi als Beweis für die in der Fatah verwirklichte Gleichstellung von Mann und Frau. Kindern wird Mughrabi als Vorbild ans Herz gelegt. Damals wurde bekannt, dass eine vom belgischen Staat finanzierte Schule nach Mughrabi benannt ist, woraufhin Belgien die Gelder kürzte.

„Nicht einmal in Schulbüchern der Nazis gab es explizite Aufrufe zum Mord“, sagt David Bedein im Telefongespräch mit „Mena-Watch“. „Und hier wird eine Frau, die die Mörderin von 35 Menschen, darunter 13 Kinder, ist, als Vorbild für Kinder gepriesen.“

Bedein berichtet, dass er diesen Skandal in zahlreichen Parlamenten bekannt gemacht habe, darunter dem US-Kongress, dem Deutschen Bundestag und den Parlamenten Kanadas, Großbritanniens, der Schweiz und Schwedens. „Doch dieser Text wird immer noch benutzt und von 300.000 UNRWA-Schülern in der Westbank, in Jerusalem und Gaza gelesen. Das ist nicht akzeptabel. Die Tatsache, dass die UNRWA ihn nicht sofort entfernt, ist schockierend.“

Als wäre das nicht schlimm genug, macht die UNRWA immer wieder damit Schlagzeilen, dass von ihr angestellte Lehrer im Internet Antisemitismus verbreiten, Hitler loben oder Gewalt gegen Juden legitimieren.

Reiche Juden hätten das Coronavirus geschaffen

Vergangenen Freitag stoppte die Präsidentin des UN-Menschenrechtsrats (UNHRC), Nazhat Shameem Khan, eine Videopräsentation von Hillel Neuer, dem Direktor der Menschenrechtsorganisation UN Watch, die bei der UNO akkreditiert ist. Als Begründung nannte Khan „beleidigende und hetzerische Bemerkungen“. Neuer hatte in der Präsentation zitiert, was UN-Lehrer in den sozialen Medien propagieren.

Etwa der Mathematiklehrer Nahed Sharawi aus dem Gazastreifen, der auf Facebook ein Video mit Hitler-Zitaten verbreitete, die, wie er schrieb, „eure Gedanken und Köpfe bereichern und erleuchten“ sollen.

Oder Mohammed M. Alhourani, Chef eines UNRWA-Gesundheitszentrums in Jordanien, der die Theorie verbreitete, reiche Juden hätten das Coronavirus geschaffen. Zudem postete er laut einem Bericht von „Times of Israel“ ein Foto von israelischen Soldaten mit dem Kommentar: „Der Tag wird kommen, wo auf die Köpfe der Juden uriniert wird, um sie von ihrem Dreck zu reinigen … Sie werden als Sklaven zu euch zurückkehren, wie sie es einst waren.“

Andere UNRWA-Lehrer priesen laut dem Bericht das Massaker von Hebron von 1929, das Massaker von München 1972 oder huldigten inhaftierten Mördern von Juden.

US-Kongress stellt Bedingungen

Die UNRWA kann Beziehungen zu Terroristen und Antisemiten nicht mehr länger vor der Öffentlichkeit verborgen halten und führt laut eigenem Bekunden „Ermittlungen“ durch. Der US-Kongress hat dieses Jahr die amerikanischen Gelder für die UNRWA an Bedingungen geknüpft, unter anderem soll sich die UNRWA an ihre Verpflichtung zu Neutralität halten und Aufstachelung zur Gewalt aus den Schulen fernhalten.

David Bedein sagt, diese Herangehensweise sei „sehr gut“. Er sieht aber bei der UNRWA-Führung bislang keine Anzeichen für einen Sinneswandel. „Wir haben die Dokumente übersetzt, die die UNRWA auf Arabisch veröffentlicht hat: Sie danken den Vereinigten Staaten dafür, dass sie ihnen das Geld geben. Dass es dafür Bedingungen gibt, erwähnen sie nicht.“

Das sei „unglücklich“, so Bedein. „Ich berichte seit 32 Jahren über die UNRWA, dies ist das erste Mal, dass Gelder an Bedingungen geknüpft sind, und die UNRWA ignoriert diese Bedingungen.“ Er sehe „einen erstaunlichen Unterschied zwischen dem UNRWA-Verständnis der Vereinigten Staaten und dem UNRWA-Selbstverständnis“, sagt er.

„Die Vereinigten Staaten haben der UNRWA das Geld zu sehr konkreten Bedingungen zur Verfügung gestellt. Bevor sie das Geld erhalten, sollten sie diese Bedingungen erfüllen. Aber sie nahmen das Geld, ohne zu versuchen, diese Bedingungen zu erfüllen.

Auf Englisch haben wir einen treffenden Satz: ‚To take the money and run.‘ Einerseits unterzeichneten sie eine Vereinbarung. Auf der anderen Seite sagen sie nicht, dass sie ihre Politik ändern werden.“

Verteilung von Waffen an Schüler

So forderten die USA etwa von der UNRWA, die „Erziehung zur Hetze“ zu beenden. Das Problem sei jedoch, dass die UNRWA selbst entscheide, ob eine Anstiftung zu Terror, Hass und Gewalt vorliege.

„Jedes Kind, das eine Schule oder ein Sommerlager der UNRWA besucht, lernt, dass es wichtig ist, Juden zu töten“, sagt Bedein. „Wir sind seit vielen Jahren mit der UNRWA in Kontakt und haben ihnen sehr klares Hetzmaterial zum Terrorismus präsentiert.“ Reagiert habe die UNRWA aber nie.

Schulbücher seien nicht das einzige Problem. „Wir haben sorgfältig und akribisch gezeigt, wie die Schulen seit 1988 von Terrororganisationen übernommen wurden.“ Ein Beispiel dafür seien die Wahlen zur Lehrergewerkschaft der UNRWA, bei der die Kandidaten der Hamas seit 2009 stets bis zu 90 Prozent der Stimmen bekämen.

Eine auf den ersten Blick erstaunliche Forderung des US-Kongresses lautet, dass die UNRWA-Schulen eine „Keine-Waffen-Regel“ erlassen müssten. Ich bitte David Bedein, mir das zu erklären. „Das wäre vor 40 Jahren rein theoretischer Natur gewesen. Doch wie unsere Organisation in einer Dokumentation gezeigt hat, hat die Hamas diesen Sommer mehr als 10.000 automatische Waffen an UNRWA-Schüler verteilt.“

Das sei der Grund, warum an jedem Eingang einer UNRWA-Schule ein Schild angebracht ist, das eine durchgestrichene Kalaschnikow zeigt: „Keine Waffen erlaubt.“

Aufrufe verhallen ungehört

„Mena-Watch“ fragte das US State Department Anfang August, auf welche Weise es prüfen wird, ob die UNRWA sich an die Bedingungen hält, an die der US-Kongress die amerikanischen Gelder für die UNRWA geknüpft hat, erhielt aber keine Antwort.

David Bedein sagt, er habe in letzter Zeit zahlreiche amerikanische Abgeordnete für das Thema UNRWA sensibilisieren können. „Während Corona hatten wir Zoom-Sitzungen mit wichtigen Mitgliedern des US-Kongresses. Es gelang uns, mehr als hundert Abgeordnete beider Parteien mit unserem Material zu konfrontieren.“

Bedein macht mich auf einen Missstand aufmerksam, über den bislang im deutschsprachigen Raum noch gar nicht berichtet wurde: Diebstahl in den Krankenhäusern der UNRWA. „Ich bin nicht nur Journalist, sondern auch professioneller Sozialarbeiter. Eine der größten Sorgen, die wir haben, ist, dass medizinische Ausrüstung und Medikamente aus den UNRWA-Kliniken gestohlen und auf dem Markt verkauft werden.“

Die UNRWA müsse sicherstellen, dass das aufhört. Doch dazu fehle es ihr an einem Mechanismus zur Durchsetzung. „So etwas hat sie überhaupt nicht. Die PLO und die Hamas sind nicht gerade für ihr ethisches Verhalten bekannt.“

All das zeigt: Die Rufe der UNRWA nach mehr Geld sollten nicht einfach damit beantwortet werden, dass Europa und die USA das Portemonnaie zücken. Reformen sind notwendig, und bei der derzeitigen Führung wäre das Geld nicht gut aufgehoben. Jeder Euro, der an die UNRWA gezahlt wird, wäre beim Flüchtlingshilfswerk UNHCR besser aufgehoben.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei „Mena-Watch“.

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