Waffenlos – aber nicht wehrlos
Über die vielen Orte des zivilen, unbewaffneten Rettungswiderstandes für jüdische Menschen in großen Teilen des von Nazis besetzten Europa

Jacques Semelin ist französischer Historiker und Politikwissenschaftler und gehört eigener Einschätzung nach zu jenen Forschern, die es interessiert, Formen der Hilfeleistung für die jüdischen Opfer der Verfolgung und des Holocaust zu untersuchen. Die Rettung der Juden in den Jahren nationalsozialistischer Gewaltherrschaft war aktiver und dazu oft erfolgreicher Widerstand.
Zwar entwickelte sich die Hitlersche Ideologie zuerst in Deutschland, fand aber dann in ganz Europa Anhänger. Daraus folgt, dass diese schmerzliche Vergangenheit nicht bloß das Problem Deutschlands ist, sondern eines, das ganz Europa angeht. Jacques Semelin geht es in „Ohne Waffen gegen Hitler“ darum, Fälle unbewaffneter Opposition gegen den Nationalsozialismus darzustellen, an denen Tausende, wenn nicht Zehntausende beteiligt waren.
Ein Lied im Wald
Semelins wissenschaftliches Interesse gilt französischen Orten wie Chambon-sur-Lignon und Dieulefit, in denen man Juden vor dem Zugriff der Nationalsozialisten gerettet hat. Im protestantischen Dorf Chambon-sur-Lignon im Departement Haute-Loire, dem Land der Hugenotten, wo man Verfolgung aus eigener Anschauung kannte, wurden zwischen 1941 und 1944 Tausende Juden gerettet, indem man sie in Privatwohnungen und Bauernhöfen, aber auch in öffentlichen Einrichtungen versteckte, gefälschte Papiere ausstellte und über die Schweizer Grenze schleuste.
Die Taktik des Versteckens setzte voraus, dass die Opfer in den zahllosen Maschen des sozialen Gewebes sozusagen „versteckt“ werden konnten. Wenn Patrouillen der Deutschen anrückten, wurden sie auf dem Land außerhalb des Ortes versteckt. Zogen die Patrouillen wieder ab, gingen die Einwohner in die Wälder und sangen ein bestimmtes Lied, um den Juden anzuzeigen, dass die unmittelbare Gefahr vorüber sei. Das Rettungsunternehmen war insofern einzigartig, als sich eine ganze Gemeinde aus christlicher Nächstenliebe zusammenschloss, um Juden vor dem Tod zu bewahren.
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