Der Name im Judentum

Der Name des Menschen ist nicht nur sein lebenslanger Begleiter, er hat auch Einfluss auf sein Leben. Gerade jüdische Eltern messen der Namenswahl ihrer Kinder einen hohen Stellenwert bei.

© JACK GUEZ / AFP

Von Dovid Gernetz

Was denken Sie – wie lautet das Lieblingswort der meisten Menschen? Richtig: Es ist ihr eigener Name!

Viele Eltern zerbrechen sich den Kopf, welchen Namen sie ihrem Kind geben sollen, und das nicht ohne Grund, denn dieser wird ihn/sie ihr/sein ganzes Leben lang begleiten.

Im Judentum wird besonders viel Wert auf den Namen gelegt, weil der jüdischen Überlieferung nach dieser einen großen Einfluss auf die Zukunft des Kindes haben wird. Im Talmud (Yoma 83a) wird berichtet, dass Rabbi Meir (einer der wichtigsten Gelehrten der Mischna) die Menschen nach ihrem Namen beurteilte, die anderen Weisen aber der Meinung, er würde dessen Bedeutung überschätzen. Einst waren die Weisen auf einer gemeinsamen Reise und übernachteten in einer Gaststätte. Wie gewohnt fragte Rabbi Meir nach dem Namen des Besitzers. Sein Name deutete Unheil an und deswegen weigerte sich Rabbi Meir dem Besitzer der Gaststätte sein Geld zur Aufbewahrung während des Schabbats zu geben. Die anderen Weisen achteten nicht darauf und gaben ihm ihr Geld. Nach Schabbat wollten sie ihr Geld zurück, der Besitzer aber tat so, als hätte er niemals Geld von ihnen erhalten.

Sie schafften es, die Frau des Besitzers zu überlisten und sie gab ihnen schließlich ihr Geld zurück. Als der Besitzer der Gaststätte davon erfuhr, war er außer sich vor Wut und tötete seine Frau. Nach dieser Tragödie änderten die anderen Weisen ihre Meinung und gaben Rabbi Meir Recht.

Rabbi Yosef Karo, der Autor des Schulchan Aruch („Der Gedeckte Tisch“, jüdischer Gesetzkodex), wurde eine Zeit lang von einem Engel unterrichtet. Alles, was ihn dieser Engel lehrte, schrieb er nieder und fasste es in einem Buch namens „Maggid Mescharim“ zusammen. Unter anderem steht dort, dass auch wenn der Mensch ein Sünder und Verbrecher ist, sein Name (falls es ein guter Name ist) einen positiven Einfluss auf ihn hat!

Auch wenn die Eltern etwas Bestimmtes mit dem Namen meinten, können auch andere Bedeutungen des Namens das Kind in der Zukunft positiv beeinflussen. Ein Beispiel dafür finden wir auch in der Thora, im Wochenabschnitt Wajeze:

 

Die schwangere Schwiegertochter

Die Thora schreibt, dass Yehuda seinen Namen als Zeichen der Dankbarkeit (auf Hebräisch „Hoda´a“) gegenüber G´tt erhielt. Viel später, als Yehuda der Hauptrichter des jüdischen Gerichts war, half ihm sein Name zuzugeben (ebenfalls „Hoda‘a“), dass Tamar, seine Schwiegertochter, von ihm schwanger ist und sie somit vorm Tod durch Verbrennung zu retten.

Aufgrund des starken Einflusses, den der Name auf den Menschen hat, vermeidet man es in der jüdischen Tradition, Kindern die Namen von Sündern zu geben und nach Menschen zu benennen, die jung gestorben sind. Es gibt sogar Meinungen, dass man nur Namen, die im Tanach erwähnt werden, in Betracht ziehen soll.

Namen von Fußballstars, Filmfiguren etc. haben auf jeden Fall keinen besonders positiven Einfluss auf das Kind, und sollten daher nicht verwenden werden. Viele Familien haben den Bracht, das Kind nach einem kürzlich verstorbenen Verwandten zu benennen, vorausgesetzt, dass dieser ein guter Mensch gewesen ist.

Nachdem wir erläutert haben, wie wichtig es ist, einen guten Namen für das Kind auszuwählen und dieser möglicherweise die Zukunft des Kindes beeinflussen kann, müssen sich Eltern der großen Verantwortung bei der Wahl des Namens bewusst sein.

Jedoch können Eltern beruhigt sein, weil sie nicht alleine entscheiden müssen. Gerade weil der Name des Menschen so wichtig ist, bekommen sie Hilfe vom Himmel. Denn es steht im kabbalistischen Werk „Schaar HaGilgulim“, dass G´tt den Eltern dabei hilft, ihrem Kind den richtigen Namen zu geben, der zur Mission und Aufgabe des Kindes in dieser Welt passt. Bei der Wahl des Namens ruht auf den Eltern eine Art „Ruach HaKodesch“ (Geist G´ttes), der ihnen hilft. Im Talmud (Brachot 7b) entnehmen unsere Weisen dies aus einem Vers in den Psalmen (Kap. 46, Vers 9), dass G´tt die nötigen Namen in diese Welt setzt. Trotzdem obliegt es den Eltern gründlich zu überlegen und zu versuchen, den passenden Namen zu finden. Wenn sie das tun, können sie mit der versprochenen G´ttlichen Hilfe rechnen.

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