NS-Propaganda in der Unterhaltungsmusik: Eine kulturelle Selbstamputation

Zarah Leander © Roger-Viollet Roger-Viollet via AFP
Die NS-Diktatur zerstörte die deutsche Unterhaltungsmusik der Weimarer Republik, die von Ironie, Witz und Freizügigkeit geprägt war, indem sie jüdische Kunst als „entartet“ deklarierte und jüdische Künstler verfolgte, in die Emigration trieb oder ermordete. Die deutsche Unterhaltungsmusik wurde zu einem Propagandainstrument, das die Bevölkerung ablenken und die Kriegsstimmung aufhellen sollte. Angepasste Künstler wie Peter Kreuder oder Zarah Leander profitierten von der Nähe zum Nazi-Regime, während jüdische Kollegen um das nackte Überleben kämpfen mussten. Besonders absurd war der NS-eigene „Swing“, mit dem Goebbels Feindpropaganda betrieb, während dieselbe Musik in Deutschland offiziell verboten war. Der kulturelle Kahlschlag dieser Jahre, der durch die Vertreibung jüdischer Kultur entstanden ist, hinterließ eine Lücke, von der sich die deutsche Unterhaltungsmusik nie vollständig erholt hat. (JR)
Die kulturlosen Nazi-Barbaren verboten in ihrer zwölf Jahre währenden Gewaltherrschaft alles, was ihnen avantgardistisch erschien, was modern war, was sie als „jüdisch“ und/oder „bolschewistisch“ zu erkennen glaubten. Auch französische Chansons fielen unter dieses Verdikt. Alles, was sie nicht verstanden –und davon gab es eine ganze Menge -, war ihnen suspekt, wohl auch offensichtlich zu subversiv.
In Frankreich nennt man ein nationaltypisches Genre „Chanson“. Das deutsche Pendant heißt etwas despektierlich –„Schlager“. Zitat: „Ein Schlager ist nur gut, wenn er sich gut verkauft. Ein Chanson kann ein Meisterwerk sein, auch wenn es nur drei Kunden findet.“ So der deutsche Liedermacher Reinhard Mey.
Ein anderes Zitat von dem Publizisten Wolfram Weidner lautet: „Deutsche Chansons heißen Schlager, weil sie einen in die Flucht schlagen.“ Und von Kurt Tucholsky stammt diese „schlagende“ Definition: „Alles am Schlager ist echt, weil es so wunderschön falsch ist.“
In Deutschland konnte sich das Chanson und das deutsche Gegenstück erst in der Weimarer Republik als eigenständige Gattung etablieren. Es war vor allem im Umfeld von Kabaretts und Varietés beheimatet und zeichnete sich durch eine vergleichsweise große Freizügigkeit hinsichtlich sexueller Themen sowie seiner Ironie und seinem Zynismus aus. Bekannte Komponisten dieser Periode waren Mischa Spoliansky, Friedrich Hollaender und Rudolf Nelson.
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