Die vergessenen säkularen Terrororganisationen der „Palästinenser“

Neben den islamischen Terroristen von Hamas, Hisbollah und „Islamischer Dschihad“ sind die weltlichen „palästinensischen“ Mörderbanden von PFLP und DFLP trotz ihrer umfangreichen Terroraktivitäten und der hohen von ihnen verursachten Opferzahlen nahezu vergessen.

Souhaila Andrawes war 1977 als Mitglied der PFLP an der Entführung des deutschen Flugzeuges „Landshut“ beteiligt. Sie war nach der Befreiung durch die GSG 9 die einzige Überlebende der Terroristen, die zuvor den Kapitän Jürgen Schumann ermordet hatten.© AFP

Von Tina Adcock

Kommt man heutzutage auf „Palästinensische Terrororganisationen“ zu sprechen, so denken die meisten Menschen bei dem Begriff als allererstes an die den Gazastreifen regierende radikal-islamische Hamas und den „palästinensischen“ „Islamischen Dschihad“ (PIJ). Dies dürfte vor allem daran liegen, dass in den letzten Jahren die Proteste in Gaza an der Grenze zu Israel und die mannigfachen Raketenbeschüsse von Seiten der beiden Terrororganisationen in den deutschen Medien für Aufsehen gesorgt haben.

Die Ideologie der beiden Gruppierungen fußt zu einem Großteil auf dem Fundament des islamischen Extremismus. Es gibt allerdings auch noch andere Organisationen, die der Spielart des „palästinensischen“ säkularen Terrorismus zuzuordnen sind und die trotz der von ihnen zahlreich verübten Terroranschläge weitaus weniger bekannt sind: Fatah, „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP), „Volksfront zur Befreiung Palästinas – Generalkommando” (PFLP-GC) und die „Demokratische Front zur Befreiung Palästinas“ (DFLP).

Vor allem der arabische Nationalismus, der mit der islamischen Intellektuellenbewegung und der kulturellen Revolution Ende des 19. Jahrhundert entstand, spielt eine wichtige Rolle. Zwei primäre Ziele sind hierbei insbesondere hervorzuheben: Die Unabhängigkeit und Einheit. Konkret umfasst dies die Unabhängigkeitsbewegungen der verschiedenen arabischen Staaten und den pan-arabischen Traum, nach dem alle Muslime, Araber und arabischsprachigen Gruppen in einem arabischen Nationalstaat zusammenleben sollen. Eine weitere wichtige Komponente dieser Ideologie ist das Streben nach der Beseitigung jeglicher kolonialer Fragmente in der arabischen Welt, wenn nötig mit Gewalt.

Dem arabischen Nationalismus zu Folge ist Israel eine koloniale Besatzungsmacht, die über arabisches Land herrscht. Es handelt sich hierbei also um einen Kampf zwischen dem „palästinensisch“-arabischen Nationalismus und dem Zionismus. Hinzu kommt eine religiöse Komponente, die vor allem bei der Hamas und dem „Islamischen Dschihad“ zu finden ist. Laut dieser ist es ein Affront, dass Juden, also sogenannte Dhimmis, über Muslime herrschen. Dies kann wiederum als Konflikt zwischen einem arabisch-islamischen und einem jüdischen Staat verstanden werden und spiegelt die theologische Komponente wider, die beim „palästinensischen“ säkularen Terrorismus kaum eine Rolle spielt.

 

Die PLO kam erst nach der Fatah

Die im Jahr 1959 von den damaligen Studenten Jassir Arafat, Chalid el-Wesir, Saleh Kahlen und Faruk al Kaduwi gegründete Fatah hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Israel mit Waffengewalt zu bezwingen und auf seinen Trümmern einen „palästinensischen“ Staat zu errichten. Dies wird bereits im Namen der Organisation deutlich, da das Wort „Fatah“ ein Akronym ist und „Eroberung“ bedeutet. Die im Jahr 1964 gegründete „Palästinensische Befreiungsorganisation“ (PLO), welche von der Arabischen Liga und dem ägyptischen Präsidenten Gamal Abdul Nasser hauptsächlich koordiniert wurde, war der Fatah ein Dorn im Auge, insbesondere, da ihre Organisation unter den „Palästinensern“ weitaus weniger Popularität genoss. Trotzdem schlossen sie sich nach dem Sechs-Tage-Krieg im Jahr 1967 der PLO an und residierten fortan als eine der vielen Tochterorganisationen an ihrer Seite. Als Vorbilder der Fatah galten die „Front de Liberation National“, die mittels ihres bewaffneten Widerstandes den französischen Kolonialismus in Algerien beendet hatte und die Schriften des Revolutionärs Franz Fanon. Aufgrund der fehlenden Unterstützung von Seiten Nassers begaben sich die Anführer der Fatah nach Kuwait und Katar, und lenkten von dort aus den militärischen Arm der Organisation in Gaza und im Westjordanland, al-Asifa (der Sturm), der im Jahr 1995 durch „Tanzim“ (die Organisation) ersetzt wurde. Später verlagerten Arafat und die anderen Anführer ihren Lebensmittelpunkt nach Jordanien und sie fusionierten im Jahr 1968 endgültig mit der PLO. Im selben Jahr kam es zwischen der Organisation und den israelischen Streitkräften zur sogenannten Schlacht von Karameh, die heute noch in der „palästinensischen“ Gesellschaft glorifiziert wird. Nur kurze Zeit später übernahm Arafat die Führung der PLO.

 

Flugzeugentführungen und der israelische Einmarsch im Libanon 1982

Als die PFLP im Jahr 1970 erfolgreich drei Flugzeugentführungen in Jordanien durchführte, entschied der jordanische König Hussein gegen die vielen „palästinensischen“ bewaffneten Terrorgruppen gewaltsam vorzugehen, was als „Schwarzer September“ in die Geschichte eingehen sollte. Daraufhin verlagerte die PLO ihr Hauptquartier in den Libanon. Vor allem die PFLP, die mit ihren internationalen Terrorattacken einige Aufmerksamkeit auf sich zog, galt bereits in frühen Jahren als starker Konkurrent der Fatah in der PLO. Dieser Faktor und die Rachegelüste gegenüber Jordanien führten zur Gründung der Terroreinheit „Schwarzer September“, die vor allem durch die Ermordung des jordanischen Premierministers Wasfi Tal und den Terroranschlag auf die israelischen Olympioniken in München 1972 traurige Berühmtheit erlangte. Die Fatah breitete sich im Laufe der Zeit immer weiter im Libanon aus, sodass der Süden des Landes als „Fatahland“ bekannt wurde. Seit den 1970er Jahren konzentrierte sich die Gruppe primär auf Angriffe auf den Norden Israels anstatt sich dem internationalen Terrorismus zuzuwenden. Als Reaktion auf die anhaltenden Angriffe, das Eindringen in israelisches Territorium und die Geiselnahmen von Seiten durch verschiedene „palästinensische“ Terrororganisationen griff der jüdische Staat im Jahr 1978 und 1982 zu den Waffen und marschierte in den Libanon ein.

 

Die Odyssee der PLO durch die arabischen Länder

Die Spitze der Fatah und PLO floh daraufhin nach Tunesien, Algerien, in den Jemen und den Irak, was ihre Position im Westjordanland und Gaza weiter schwächte. Dies änderte sich allerdings wieder im Zuge der Intifada im Jahr 1987. Die PLO erregte mittels dieses gewaltsamen Aufstandes internationale Aufmerksamkeit und wandte sich immer weiter der politischen Weltbühne zu, was schlussendlich zu den Verträgen von Oslo 1993 und der Schaffung der „Palästinensischen Autoritätsbehörde“ (PA) führte. Laut der Oslo-Verträge sollte eine Voraussetzung für die Schaffung eines „palästinensischen“ Staates ein gemeinsames Vorgehen der „Palästinenser“ mit den israelischen Streitkräften gegen den Terror sein. In der Konstitution der Fatah ist jedoch nach wie vor zu lesen, dass die Zerstörung Israels eines der primären Ziele ist, und auch die Terroranschläge wurden nicht gestoppt, sondern werden vielmehr nach der „Pay-for-Slay“-Methode finanziell unterstützt.

Während der zweiten Intifada, im Jahr 2000, ermutigten Fatah-Mitglieder die „Palästinenser“ dazu, Terroranschläge auf israelische Zivilisten zu verüben. Zur selben Zeit gründete sich eine weitere Splittergruppe der Fatah, die Al-Aksa-Brigade. Dass die PA-Führung die Beschlüsse der Oslo-Verträge missachtete und sich sogar auf einen Angriff auf Israel vorbereitet, war jedoch spätestens nach ihrer Verwicklung in den Waffenschmuggelversuch mittels des Karine-A-Schiffs im Jahr 2002 klar.

 

Die kommunistische PFLP wurde von einem Christen gegründet

Die PFLP, auch als „Roter Adler“ bekannt, ist nach der Fatah die zweitgrößte Gruppierung der PLO. Sie wurde als direkte Folge des Sechs-Tage-Krieges im Jahr 1967 durch George Habash, einen christlichen Araber, gegründet. Die PFLP vereint drei Aspekte: (1) Die Arabische Einheit, (2) die „palästinensische“ Einzigartigkeit, (3) die marxistisch-leninistische Philosophie. Das primäre Ziel der Organisation ist es, alle „Palästinenser“ unter eine marxistisch-säkularen Regierung zu vereinen und ganz „Palästina“ von den zionistischen Kolonialherren zu befreien. Eines der Vorbilder der PFLP sind die Guerilla-Lehren von Fidel Castro. Verhandlungen mit Israel werden kategorisch abgelehnt und terroristische Aktivitäten befürwortet und unterstützt. Ihrer Vorstellung nach soll, nach der Befreiung „Palästinas“, die ganze Arabische Welt unter einer marxistischen Führung geeint werden. Bereits kurz nach ihrer Gründung und der Niederlassung der Führungsspitze in Jordanien wurde die PFLP als eine der gewaltbereitesten „palästinensischen“ Terrororganisationen bekannt, die sich zunehmend auf den internationalen Terrorismus spezialisierte.

 

Bomben in Flugzeugen und Schulbussen

Nach einer Reihe interner Auseinandersetzungen spaltete sich die Gruppe im Jahr 1970 in die PFLP, die PFLP-GC und die DFLP auf. Die PFLP-GC waren u.a. der Meinung, dass die PFLP sich zu sehr auf die politischen Aspekte der Gruppierung konzentrieren würde. Ihr Ziel war es hingegen, den primären Fokus auf die gewaltsame Auseinandersetzung mit Israel zu legen. Zu den dramatischsten Anschlägen zählt der Sprengstoffanschlag auf ein Flugzeug der Swissair am 21. Februar 1970. Das Flugzeug nahm Kurs auf Tel Aviv als die Detonation einer Bombe allen 47 Menschen an Bord das Leben nahm. Ein weiteres Beispiel ist der Terroranschlag auf einen israelischen Schulbus im Jahr 1970. Die PFLP-GC beteiligte sich ebenfalls aktiv am Bürgerkrieg im Libanon in den frühen 1980er Jahren und attackierte US-Truppen in Beirut.

Die DFLP hingegen stieg sehr schnell zur drittgrößten Gruppierung unter den zahlreichen PLO-Fraktionen auf und forderte die Revolution der Arbeiterklasse, welche allerdings zu einem demokratischen Einheitsstaat für Juden und Araber führen sollte. Ab 1973 änderte sich diese Haltung jedoch und eine „Zweistaatenlösung“ wurde zur favorisierten Lösung erklärt. Abgesehen von der demokratischen Pointe stand die DFLP in Hinblick auf Terrorakte gegen zivile und militärische Ziele ihren Schwesterorganisationen in nichts nach. Im Jahr 1993 spaltete sich die Gruppierung in die „Palästinensische Demokratische Union“ (FIDA) auf, welche, im Gegensatz zur DFLP, Arafat zumindest nicht völlig ablehnte und im Jahr 2000 sogar als offizielle Delegation bei den Verhandlungen von Camp David teilnahm.

Der Gründer der PFLP, George Habash, begann während der Zeit der Spaltung der Organisation damit, Verbindungen zu anderen linken Terrororganisationen zu knüpfen, wie z. B. der RAF, was unter anderem zu der Flugzeugentführung der „Landshut“ führte, bei der PFLP-Mitglieder die Freilassung der Bader-Meinhof-Gruppe erreichen wollten, sowie zu der sogenannten „Operation Entebbe“, bei der sowohl PFLP-, als auch RAF-Mitglieder eine Maschine der Air France entführten und die Freilassung von 53 in Israel, der Schweiz, Deutschland und Frankreich inhaftierten „Palästinensern“ forderten.

Während der ersten Intifada (1987) verübte die PFLP zahlreiche Terroranschläge gegen Israelis, die in Judäa und Samaria lebten. Nach der Unterzeichnung der Oslo-Verträge trennte sich die PFLP formell von der PLO, da sie, wie bereits erwähnt, jegliche Verhandlungen mit Israel ablehnt und kehrte erste im Jahr 1999 zur Fatah zurück. Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem damit einhergehenden Fall der Sowjetunion, verloren die linksradikalen Terrororganisationen an Bedeutung und Einfluss. An ihre Stelle trat die radikal-islamische Hamas und der „Islamische Dschihad“. Aus diesem Grund rückte die PFLP von ihrer marxistisch-leninistischen Position ab und strebt heute nach einem „demokratisch-sozialistischen“ „palästinensischen“ Staat. Dem vormaligen Anführer der PFLP, George Habash, folgte Abu Ali Mustafa, dem es gelang, das Hauptquartier der Organisation von Syrien nach Ramallah zu verlegen und während dieser Zeit zahlreiche Terroranschläge gegen Israelis zu verüben. Nach seiner Liquidierung im Jahr 2001 durch die israelische Armee, folgte Ahmad Sadat als Anführer der PFLP. Unter seinem Kommando wurde u. a. der damalige Tourismusminister Rechavam Zeev ermordet.

Bis heute sind die beschriebenen „palästinensischen“ Splitterorganisationen aktiv und umso wichtiger ist es, ihre Existenz und ihre Ideologie zu verstehen. Denn, wie ein altes deutsches Sprichwort verlautet: „Wer den Feind und sich selber kennt, kann ohne Gefahr hundert Schlachten schlagen.“

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